Die Borgia-Gemächer im Vatikan


Als der Spanier Rodrigo de Borja (italienisch: Borgia) sich 1492 den Papstthron erkämpft und erkauft hatte, belegte er im Apostolischen Palast den gesamten ersten Stock. Dort residierte und regierte er als Papst Alexander VI.

 

Keineswegs als Diener an der Kirche, sondern vielmehr als machthungriger Territorialfürst, der sich mit Intrigen und militärischer Macht seiner Gegner entledigte und alles daran setzte, die Territorien des Kirchenstaates wieder zu erobern, die seine Vorgänger verloren hatten. Dabei hatte er einen tüchtigen Verbündeten: Seinen unehelichen Sohn Cesare. Der war ein skrupelloser Krieger.

 

 

alexander_mit_kindern

Papst Alexander VI mit seinen Söhnen (!)
und mit Tochter Lucrezia.

 

 

In Borgias Gemächern sind die Fresken des Pinturicchio heute noch zu sehen. In sechs grossen Sälen. Eines der Bilder zeigt Alexander VI als frommen betenden Diener der Kirche am Grab Christi.

 

Und in einer anderen Darstellung ist der Papst ironischerweise mit seinen unehelichen Kindern zu sehen, die er noch als Kardinal mit der verheirateten Römerin Vanozza de' Cattanei gezeugt hatte. Die vier Kinder anerkannte er später als seine eigenen.

 

Sein Nachfolger >Julius II della Rovere weigerte sich, die Gemächer seines verhassten Vorgängers zu beziehen. An ihn wollte er nicht mehr erinnert werden.

 

Julius richtete seine Bleibe neu ein: im zweiten Stock des Papstpalastes, wo die >Stanzen des Raffael zu sehen sind.

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt):

Pinturicchio (1454-1513). Sala dei Misteri.

Die Auferstehung, 1492-95.

Musei Vaticani, Appartamento Borgia.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

alexanderVI

Alexander VI,
von Cristofano dell'Altissimo (1525-1605). Vasari Korridor, Florenz.

 

Papst Alexander VI Borgia (1492-1503)

 

Was für ein «Kirchendiener»! Sein machtgieriger und ausschweifender Lebenswandel war legendär. Vom Keuschheitsgelübde hielt er gar nichts. Er zeugte mit einer verheirateten Frau vier uneheliche Kinder (darunter Cesare und Lucrezia) und leistete sich auch noch mit 70 eine Geliebte. Damit nicht genug.

 

Bei seiner Krönung zum Papst liess er (sinngemäss) verkünden: «Rom hatte den grossen Menschen Cäsar, nun hat es den Gott Alexander VI».

 

>Zwingli warf ihm deshalb vor, gegen das 1. Gebot zu verstossen ('Du sollst keine anderen Götter neben mir haben').

 

Die Liste von Alexanders Verfehlungen ist endlos. Als er 1503 starb (ob er vergiftet wurde oder an Malaria starb, ist bis heute unbekannt), verweigerte man ihm ein ehrenvolles Grab.

 

 

cesare

Cesare Borgia als Herzog von Valentinois. Unbekannter Künstler, Museo di Palazzo Venezia.

 

Cesare Borgia (1475-1507)

 

Unehelicher Sohn von Papst Alexander VI, gezeugt mit seiner Geliebten Vanozza de' Cattanei. Um Cesare zum Kardinal erheben zu können, erliess Alexander eine päpstliche Bulle. Diese erklärte Cesare zum Sohn der verheirateten Vanozza und ihrem Ehemann Domenico da Rignano. Damit war Cesare nicht mehr unehelich und wählbar.

 

Cesare interessierte sich aber nicht für die Kirche und entledigte sich seines Kardinalspostens. Dafür war er als skrupelloser Feldherr höchst erfolgreich. Zusammen mit Truppen des französischen Königs Louis XII attackierte er Mailand, und in der Romagna holte er weite Gebiete für den Kirchenstaat zurück, die Alexanders Vorgänger verloren hatten.

 

 

lucrezia

Lucrezia Borgia, das Leben einer Papsttochter in der Renaissance.

 

Lucrezia Borgia (1480-1519)

 

Die von ihrem päpstlichen Vater heiss geliebte Tochter hatte zu Lebzeiten und jahrhundertelang danach einen miserablen Ruf als Ehebrecherin, als Giftmischerin und vor allem als Blutschänderin mit ihrem Vater und mit Bruder Cesare.

 

Schriftsteller wie Victor Hugo und Alexandre Dumas befeuerten diese Vorwürfe noch. Aber stimmen sie auch? Die moderne Geschichtsforschung kommt zu anderen Schlüssen: Sie soll eine gebildete und erfolgreiche Frau gewesen sein, von Ehebrecherin keine Spur. Eine aufschlussreiche Dokumentation bietet das Buch von >Maike Vogt-Lüerssen.

 

 

 

Die Borgia-Gemächer im Vatikan: Fresken des Pinturicchio

 

Die Borgia-Gemächer bestehen aus sechs grossen Sälen, die Papst Alexander VI renovieren und von 1492 bis 1495 durch Pinturicchio ausschmücken liess. Pinturicchio steht für «kleiner Maler». Er stammt aus Perugia, sein richtiger Name ist Bernardino di Betto di Biagio.
Zur Zeit von Papst Sixtus IV arbeitete er gemeinsam mit Perugino an Fresken in der >Sixtinischen Kapelle.

 

 

auferstehung

 

Pinturicchio (1454-1513)

 

Fresko im Saal der Mysterien. «Die Auferstehung», gemalt 1492-95, zeigt neben dem über dem Grab schwebenden Jesus den neben dem Grab kniend betenden Papst Alexander VI.

 

 

verkündigung

 

Pinturicchio (1454-1513)

 

«Die Verkündigung», 1492-95. Im Saal der Mysterien sind weiter die Geburt Christi, die Anbetung der Könige, Christi Himmelfahrt, Pfingsten und die Aufnahme Mariens in den Himmel illustriert.

 

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Fotos Borgia-Gemächer

Moderne religiöse Kunst

Die Werke moderner religiöser Kunst, die seit 1973 in den
Borgia-Sälen gezeigt werden, stammen aus der von Papst Paul VI
Montini (1963-1978) eingeweihten Sammlung. Papst Paul VI
wurde 2018 von Papst Franziskus heilig gesprochen.

 

bacon

 

Francis Bacon (1909-1992)

 

Studio per un Papa II, 1961.

Musei Vaticani, Borgia.

matisse

 

Henri Matisse (1869-1954)

 

La Vierge à l'Enfant, 1949.

Detail. Musei Vaticani, Borgia.

chagall

 

 

Marc Chagall (1887-1985)

 

Il sogno di Giacobbe, 1977.

Musei Vaticani, Borgia.

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Fotos Borgia-Gemächer Moderne Kunst

>Museen Rom im Überblick

   
   

 

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