Wer den Begriff «Museum» mit Musse, Stille und Kontemplation verbindet, der ist hier falsch am Platz. Die Eremitage ist ein Jahrmarkt. Ein Massenevent. Chinesische Gruppen, die hinter der Tafel ihres Reiseführers her stürmen. Menschentrauben, wo sich die Highlights der Sammlung befinden. Leonardo und so. Und dann entbrennt der Kampf um die beste Fotoposition.
Für Kunst bleibt keine Zeit. Es sei denn, man würde auf die Highlights verzichten und in ruhigere Räume ausweichen. Dieses Privileg war mir nicht vergönnt, denn auch ich war Teil einer dieser «Sturmgruppen» (keine chinesische). Auch ich musste hinter der Reiseführerin her hetzen, hopp-hopp. Eremitage in eineinhalb Stunden. Nicht die geringste Chance auf Kontemplation.
Die Paradetreppe.
Da tut man halt, was möglich ist: Eindrücke auf die Schnelle, mit der Kamera eingefangen und dann zu Hause geschaut, was man «gesehen» hat. Und was habe ich gesehen? Mehr als ein Museum, – einen Palast. Einen Zarenpalast. Mit allem Pomp und Prunk, wie man es sich vorstellt. Gold. Gold. Gold. Versailles lässt grüssen.
Heute, da die Zaren vertrieben sind, ist aus dem einstigen Winterpalast ein Museum geworden. Aber ein Palast ist es immer noch. Einzigartig, eindrücklich. Kunst eingebettet in Prunk.
1920 fand die erste öffentliche Ausstellung statt – drei Jahre nach dem Sturz der Zaren. Sie war der ägyptischen Antike gewidmet. Und seit 1922 ist die Eremitage nun ganz fürs Publikum offen.
Die Eremitage soll heute das drittgrösste Museum der Welt sein (hinter der National Gallery in London und dem Louvre in Paris). Mit angeblich 3 Millionen Exponaten. Davon habe ich jetzt 30 gesehen. Macht immerhin 0.00001%. Den Rest nehme ich mir ein andermal vor.