Er war Maler, Dichter, Reisläufer, Staatsmann und Reformator in Bern. Er schuf Altarbilder, Porträts und Gemälde mit biblischen und mythologischen Motiven. Nach Holbein zählt er zu den bedeutendsten Schweizer Künstlern der Renaissance.
Niklaus Manuel um 1515.
Selbstporträt. Kunstmuseum Bern.
Man weiss wenig über ihn. Er soll um 1484 als Sohn eines Apothekers namens Alemanis in Bern zur Welt gekommen sein. Jugend und Ausbildung liegen im Dunkeln. Mit 25 heiratet er die Tochter eines Berner Hauptmanns. Er legt seinen Namen Alemanis ab und nennt sich jetzt Niklaus Manuel mit den Initialen NMD (das D könnte für Deutsch stehen, die eingedeutschte Fassung von Alemanis).
Um 1511 herum wird er Mitglied des Grossen Rats von Bern. Erste Belege, dass er in Bern als Maler tätig ist, stammen aus dem Jahr 1513.
1513 schliesst er sich einer Berner Söldnertruppe an, die in Italien gegen die Franzosen kämpft – erfolgreich. Nur an der Hand verletzt kehrt er zurück. Drei Jahre später zieht er mit den Bernern erneut in den Krieg.
Nach der Rückkehr folgt seine produktivste Phase. Er schafft die Chordekoration des Berner Münsters und den Totentanz an der Klostermauer. Und sein unbestrittenes Meisterwerk: Die Enthauptung des Johannes des Täufers.
1522 schleift er seine Waffen erneut und zieht nochmals nach Italien. In der blutigen Schlacht von Bicocca kommen 4000 Schweizer und ihr oberster Befehlshaber um. Jetzt sitzt der Schock tief bei Niklaus. Er kehrt nach Hause zurück und beginnt zu schreiben, – die Malerei gibt er auf.
1523 wird er Landvogt von Erlach. Er schliesst sich den Bernischen Reformatoren an und verfasst Schriften gegen den Papst und die katholische Kirche. Er – einst überzeugter Maler biblischer Szenen – nimmt jetzt selbst an Bilderstürmen der Reformatoren teil, die Gemälde in Kirchen und Klöstern zerstören.
1528 nimmt er Einsitz im Kleinen Rat, der obersten Behörde Berns. Seine letzten zwei Jahre widmet er sich der Politik und dem Reformationsprozess. Am 28. April 1530 stirbt er in Bern.
Titelbild (Ausschnitt)
Niklaus Manuel genannt Deutsch (1484-1530).
Der Heilige Antonius heilt Kranke und Besessene, 1518-20. Kunstmuseum Bern.
Niklaus Manuel
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1513: Niklaus als Reisläufer in Italien
1513 schliesst sich Niklaus Manuel der 13'000 Mann starken Berner Söldnertruppe an, die in Italien gegen die Franzosen kämpft. Die Berner siegen und Niklaus kehrt mit einer verletzten Hand zurück. Und ist bestürzt von der Brutalität und der Unmenschlichkeit der Kämpfe.
Noch mehr gibt ihm die berühmte Niederlage der Eidgenossen bei Marignano 1515 zu denken. Er sieht das Söldnerwesen immer kritischer.
Dennoch zieht er 1516 wieder in den Krieg. Und 1522 nochmals. In der Schlacht von Bicocca kommen 4000 Schweizer und ihr oberster Befehlshaber ums Leben. Dieser Schock treibt Niklaus endgültig zurück in die Schweiz, wo er zu Ehren seiner gefallenen Waffenbrüder das Gedicht «Bicocca-Lied» schreibt. Nun wird er zum Dichter – und gibt die Malerei auf.
Aber nicht nur das. Er steigt jetzt auch in die Politik ein, wird 1523 Landvogt von Erlach, schliesst sich den Berner Reformatoren an und klagt die katholische Kirche an.
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Niklaus Manuel genannt Deutsch (1484-1530). Heiliger Lukas,
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1515: Der Heilige Lukas malt die Madonna
Lukas gilt als der Verfasser des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte, die etwas zwischen 60 und 85 n.Chr. entstanden ist. Seit dem Mittelalter gilt Lukas als Schutzheiliger der Maler. Hier sitzt er vor einer Staffelei und malt eine Madonna. Seine Gesichtszüge ähneln dem Künstler Niklaus Manuel.
Auf dem Gemälde blickt er in die Höhe – gerade hat er eine Vision der Madonna erlebt, dier er jetzt wie in Trance malt. Niklaus Manuel versetzt Lukas in seine eigene Epoche und verpasst ihm einen Mantel nach der neuesten Mode der Gelehrten.
Das Bild gehörte zu einem zweiflügeligen Altar, der für die Berner Dominikanerkirche geschaffen wurde (heute Französische Kirche).
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Niklaus Manuel genannt Deutsch (1484-1530). Petrus erhält den Himmelsschlüssel, 1516-18. Kunsthaus |
1516: Petrus und der Himmelsschlüssel
Das Bild heisst auch «Schlüsselübergabe an Petrus» und stammt aus den Jahren 1516-1518. Der Künstler malt Petrus in Übergrösse und deutet so an, dass er Herr des Himmels wird. Neben ihm schwebt eine Kirche, in der er gemäss Jesus' Weisung dessen Grab anlegen soll.
Der für seine religiösen Werke berühmte Künstler malt 1520 sein letztes Bild und setzt sich danach vehement für die Sache der Reformation ein.
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Albrecht Kauw (1621-1681). Kopie eines Fragmentes von Niklaus Manuels Totentanz. |
1517: Der zerstörte Totentanz
Um 1516/17 beginnt Niklaus Manuel mit einem seiner berühmtesten Werke: Dem «Totentanz», den er an die über 80 Meter lange Mauer des Dominikanerklosters in Bern malt. Das Werk ist nicht mehr erhalten. Als die Klostermauer 1660 abgerissen wurde, um die Zeughausgasse bei der französischen Kirche zu erweitern, wurden sämtliche Gemälde zerstört.
Erhalten geblieben sind aber Kopien des Strassburger Malers Albrecht Kauw (1621-1681). Diese werden im Berner Historischen Museum aufbewahrt.
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Niklaus Manuel genannt Deutsch (1484-1530). Enthauptung Johannes des Täufers, 1520. Kunstmuseum Basel.
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1520: Die Enthauptung Johannes des Täufers
Das Gemälde gilt als das Meisterwerk seiner künstlerischen Karriere. Es beschreibt eine grauslige Szene: Der abgeschlagene Kopf des Johannes wird gleich auf Salome's Tablett gelegt.
Hintergrund: Johannes beschimpft Herodes Antipas, die Frau seines Bruders geheiratet zu haben. Nun verlangt Herodes Gattin (Herodias) Johannes' Tod. Bei einer Geburtstagsfeier des Herodes führt dessen Tochter Salome einen Tanz auf, der ihn dermassen begeistert, dass er ihr schwört: «Um was du mich auch bitten wirst, ich werde es dir geben bis zur Hälfte meines Reiches» (Markus 6, 23). Salome ist unsicher und berät sich mit ihrer Mutter...
>mehr über Johannes den Täufer
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Niklaus Manuel genannt Deutsch (1484-1530). |
1522: Kritik an Papst und Kirche
In «Fassnacht-Spylen» und anderen Schriften übt Niklaus Manuel Kritik an der katholischen Kirche. Er wirft dem Papst Machtmissbrauch vor und kämpft gegen den Ablasshandel.
Damit unterstützt er die Ideen des Zürcher Reformators >Huldrich Zwingli und des Genfers Johannes Calvin und befeuert mit aller Kraft die Reformation in Bern.
Besondere Wirkung in Bern und Umgebung erzeugen seine in Theatorform aufgeführten Fasnachtsspiele mit ihrer fundamentalen Papst- und Kirchenkritik.
Sie werden 1523 in Bern nicht nur aufgeführt, sondern auch gedruckt. Niklaus Manuel wird so zum populärsten Literaten der Stadt. Als Mitglied des Kleinen Rates und als Reformator wirkt er mit bei der Säuberung der bernischen Kirchen von «Götzenbildern» – auch eigene Werke mit biblischen Szenen werden dabei Opfer des Bildersturms.
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Fotos / Diashow
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