«Mein Kosmos ist weiblich. Frauen sind Dreh- und Angelpunkt in meiner Arbeit. In meinen Bildern agieren sie stellvertretend für alle Genderzugehörigkeiten», sagt die Künstlerin. Tatsächlich kommen in ihren Werken kaum Männer vor.
Ausstellungsplakat
Das Spannende und Aussergewöhnliche an Hausners Kunstschaffen ist ihre spezielle Arbeitsweise. Sie baut zunächst im Atelier Kulissen auf, in denen sie Schauspielerinnen zu einem lebendigen Bild arrangiert. Davon erstellt sie Fotografien, die dann als Vorlage für ihre Gemälde dienen. In Öl und Acryl und in satten, leuchtenden Farben.
Es sind eindrückliche, mächtige Bildnisse, die den Betrachter in den Bann ziehen. Und gleichzeitig nachdenklich machen. Was veranlasst die Künstlerin, ihre Frauenpaare so unzufrieden, so unglücklich, so abweisend darzustellen? Dieser Eindruck zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Sind es persönliche Lebenserfahrungen, die sie nicht (mehr) an das «grosse Glück» glauben lassen und die zu einer Art Resignation geführt haben? Ihr Werk «Kopfschuss» würde ganz gut zu dieser Hypothese passen.
Xenia Hausner (1951). Kopfschuss, 2002-04. Schlossberghotel.
Xenia Hausers Arbeitstechnik mit Kulissen ist kein Zufall. Die Künstlerin kommt aus dem Bereich des Theaters, studiert Bühnenbildnerin und entwirft u.a. Kulissen für die Royal Opera in Covent Garden, für das Burgtheater in Wien und für die Salzburger Festspiele. Erst 1992 wendet sie sich der Malerei zu – da ist sie schon über vierzig.
«True Lies» heisst die Ausstellung, weil ihre Werke nicht die Wirklichkeit darstellen wollen. Die Künstlerin formuliert das so: «Wahre Lügen lügen mit Bedacht. Jedes gelungene Kunstwerk lügt die Wahrheit herbei (...) Über die Fiktion der Kunst lernen wir die Welt besser verstehen. Darum geht es in meiner Kunst».
Xenia Hauser kommt 1951 in Wien zur Welt. Von 1972 bis 1975 studiert sie Bühnenbild an der Akademie der bildenden Künste in Wien und an der Royal Academy of Dramatic Art in London.
Bis 1992 schafft sie Ausstattungen für Theater, Oper und Film. Darunter das berühmte Wiener Burgtheater, die königlichen Opernhäuser von London und Brüssel, die Salzburger Festspiele.
1992 startet sie ihre Karriere als Malerin und zieht ihr gelerntes Metier – die Bühnenbildnerei – mit in ihre Arbeiten ein. 1997 hat sie ihre erste Ausstellung in der Kunsthalle Wien unter dem Titel «Liebesfragmente». Es folgen Ausstellungen in Deutschland, in New York, in Sankt Petersburg, in Schanghai, Hongkong, Moskau, Venedig, Mantova und weiteren internationalen Destinationen.
Die Ausstellung im Museum Franz Gertsch in Burgdorf zeigt in drei Räumen über zwanzig grossformatige Werke der Wiener Künstlerin. Vorher waren diese (und weitere) an einer Einzelausstellung in der >Albertina in Wien zu sehen, und davor im Puschkin Museum in Moskau.
Xenia Hausner lebt und arbeitet heute in Berlin
und in Wien.
Titelbild (Ausschnitt)
Xenia Hausner (1951). Adler und Engel,
2005. Sammlung Batliner, Albertina Wien.
Die Künstlerin beim Kulissen-Aufbau.
Xenia Hausner (1951). Exiles 2, 2017. Besitz der Künstlerin.
Detail. |
Xenia Hausners besondere Arbeitstechnik
Hausners Basisberuf ist Bühnenbildnerin. Diesen hat sie an grossen internationalen Theater- und Opernhäusern ausgeübt. Bis sie etwa vierzig war. Dann begann ihre Malerkarriere.
Nun baut sie Atelier-Bühnen. Installationen, die als Hintergründe und Räume dienen, in denen sie ihre Darstellerinnen wie Komparsen agieren lässt. Ihre Modelle sind Schauspielerinnen, die nach Hausners Anweisungen Szenenbilder darstellen. Wenn alles stimmt, wird das ganze Setting fotografiert. Die Fotografien bilden dann die Vorlage, nach denen die Künstlerin ihre grossformatigen und farbgewaltigen Gemälde erstellt.
Die vierteilige Serie Exiles, die von Flüchtlingen handelt (angeregt durch die grosse Flüchtlingswelle 2015), wurde zwei Jahre später in Öl auf Papier auf Dibond (=leichte Alu-Verbund-Platten) realisiert. Wie im Detailbild gut erkennbar, verarbeitet Hausner mit breiten Pinseln kräftige Farben und schafft damit extrem ausdruckstarke Werke.
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Xenia Hausner (1951). Das weibliche Mass, 2003. Sammlung Würth. |
Kolorierungen und Collagen
Dieses Werk besteht aus mehren Komponenten. Als Basis dient eine Schwarz-weiss-Fotovergrösserung, aufgezogen auf eine Aluplatte (Dibond). Die Künstlerin koloriert einzelne Stellen mit sanften Tönen, z.B. in den Gesichtern der beiden Frauen. Dann klotzt sie auf der s/w-Fotografie mit bunten Farben. Die Foto wird dann noch mit Kartonnagen bestückt und einem Massstab, es ist also eine Collage und wird teilweise zum 3D-Werk.
Die Aussage zum Bild: Es sind immer Frauen, die «vermessen» werden und die einem Ideal entsprechen müssen. Und: Legt man bei Frauen einen anderen Massstab an als bei den Männern?
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Xenia Hausner (1951). Cage People, 2014. Privatsammlung. |
Hongkongs Cage-People
Ein perfektes Motiv für Hausners Bühnenbild-Produktion. Sie lässt diesen käfigähnlichen Raum von einer Asiatin und einer Europäerin in ihrem Studio aufbauen. Hintergrund: In Hongkong werden solche zwei Meter kurzen Sperrholzkisten an Leute vermietet, die sich keine Wohnung leisten können. Wie eng es da ist, zeigt das Bild in der Perspektive von oben auf beklemmende Weise.
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Xenia Hausner (1951). Das blinde Geschehen, 2010. Privatsammlung Schweiz. |
Die geheimnisvolle Auto-Szenerie
Ein knutschendes Frauenpärchen auf der Rückbank eines altmodischen Automobils. Und nichts ist, wie es scheint. Während die eine Frau den Hals der anderen küsst und sie umarmt, wendet sich jene ganz offensichtlich von ihr ab. Also eher keine Lovestory. Trotzdem bemerken die beiden nicht, dass eine dritte Frau sie bei ihrem Tun beobachtet. Aber auch das ist nicht sicher. Ist es überhaupt eine Beobachterin? Und wenn ja, eine eifersüchtige Ex von einer den beiden? Oder wurde sie bei einem Unfall aufs Auto geschleudert? So verkrümmt, wie sie da liegt. Die Auflösung des «Falles» ist dem/der BildbetrachterIn überlassen...
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Xenia Hausner (1951). Round
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Round Trip
Vielleicht heisst das Bild so, weil es rund ist. Oder sind die beiden Frauen auf einem Trip? Aus dem Gesichtsausdruck der Frau rechts zu schliessen, ist sie tot unglücklich. Sie schmiegt ihren Kopf an ihre Geliebte, die offensichtlich nichts von ihr wissen will und sich von ihr abwendet.
Auffälliges Merkmal der Ausstellung, die eine ganze Reihe von Frauenpärchen zeigt: So richtig glücklich ist kein einziges.
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Xenia Hausner (1951). Unter Strom, 2012. Privatsammlung.
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Zwei Frauen unter Strom
Besser gesagt: Unter Stromkabeln. Oder allenfalls eine der beiden steht unter Strom und versucht, an die andere heranzukommen. Diese scheint daran aber kein bisschen interessiert zu sein und macht ein entsprechend gelangweiltes Gesicht. Die Aussage der Künstlerin wiederholt sich: Es ist nicht so einfach mit dem Glück in der Partnerschaft, auch nicht in lesbischen Beziehungen.
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Xenia Hausner (1951). Adler und Engel, 2005. Sammlung Batliner, Albertina Wien. |
Adler und Engel
Man soll ja Gemäldetitel nicht überbewerten. Aber hier stellt sich schon die Frage: Wer von den beiden soll der Engel sein? Die zwei Frauen bilden zweifellos ein Paar. Aber kein rundum zufriedenes, da fehlt die Harmonie, auch wenn sie sich umarmen. Beide Gesichter drücken Vorbehalte aus, welcher Natur die auch immer sein mögen.
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Xenia Hausner (1951). Blind Date, 2009. Ernst Ploil, Wien.Detail. |
Verwirrspiel beim Blind Date
Sozusagen der Höhepunkt der verwirrlichen Bilder der Xenia Hauser. Bei diesem Werk können die Betrachter und Betrachterinnen ihrer Fantasie freien Lauf lassen – von der Künstlerin ist keine Erklärung zu erwarten.
Wer trifft wen bei diesem Blind Date? Und warum krümmt sich die junge Frau vor Lachen, während die Ältere sich entsetzt das Gesicht verdeckt (und dabei gleichzeitig durch die Finger äugt)? Haben sich etwa Mutter und Tochter peinlicherweise zu einem blinden Treff eingefunden? Und was spielt der junge Mann mit dem leicht säuerlichen Gesicht für eine Rolle? Er scheint die Situation zu missbilligen. Wie auch immer. Der Künstlerin gelingt es auch mit diesem Werk prächtig, die Leute zum Denken anzuregen. Oder zu verwirren.
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Fotos / Diashow |
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