Ausstellung «Retrospektive Kiki Kogelnik»

im Kunsthaus Zürich vom 22.3. bis 14.7.2024

 

Kiki Kogelnik (1935-1997)


Die plakativen und farbstarken Werke der in Graz geborenen Künstlerin faszinieren – und provozieren manchmal auch. Ist Kogelnik eine Vertreterin der Austria PopArt? Ja, aber nicht nur. Ihr Werk ist sehr vielfältig – Zeichnungen, Gemälde, Objekte, Installationen, Film.

Sie arbeitet mit verschiedensten Materialien: Metall, Keramik, Vinyl, Kunststoff, Aluminium, Glas.

 

 

Ausstellungsplakat

 

 

Kiki Kogelnik kommt 1935 in Graz zur Welt.
Ihre Studien absolviert sie in Wien. Zunächst in der Universität für angewandte Kunst, dann in der Akademie der bildenden Künste. In den 1950er-Jahren gehört sie einer avantgardistischen Künstlergruppe um Otto Mauer an. Sie reist dann quer durch Europa. In Paris lernt sie zahlreiche Künstler kennen, auch amerikanische Maler und Bildhauer.

 

 

Kiki Kogelnik Selfie um 1970.

Kiki Kogelnik Foundation, Wien und
New York.

 

 

In die USA reist sie erstmals 1961. Dann pendelt sie zwischen New York und Wien. 1962 lässt sie sich dauerhaft in New York nieder. Dort kommt sie in Kontakt mit dem abstrakten Expressionismus und mit der amerikanischen PopArt.

 

1964/65 hat sie ihre ersten Einzelausstellungen in Nordamerika: in Toronto, Washington DC und New York. 1966 heiratet sie in London den Arzt George Schwarz, die beiden haben einen Sohn: Mono.

 

Die Werke, die ab 1967 in ihrem New Yorker Atelier entstehen, thematisieren die Geschehnisse jener Zeit: den Eintritt der Amerikaner in den Vietnamkrieg, die Feminismusbewegung, die Eroberung des Weltraums,
die Mondlandung 1969.

 

Im Rahmen der 1970er-Feminismusbewegung setzt sie sich kritisch und augenzwinkernd mit den weiblichen Schönheitsidealen auseinander. In ihrer Serie «Women» zeigt sie Frauen in künstlichen und überrissenen Posen – so, wie sie in den damaligen Modezeitschriften vorkommen.

 

1978 bezieht sie ihr neues grosses Wohn-Atelier an der Lafayette Street in New York. Das gibt ihr Raum für neue Disziplinen. Sie befasst sich mit Filmprojekten und neuen Materialien wie Vinyl, Plastik, Keramik. 1987 richtet sie sich auch im Haus ihrer Mutter in Bleiburg (Kärnten) ein Atelier ein.


Mitte der 1990er-Jahre beginnt sie, mit Glas zu arbeiten – wohl am berühmtesten «Glasstandort», den man sich denken kann: in Murano. Hier entstehen u.a. die «Venezianischen Köpfe», die zu ihren bekanntesten (Glas)Werken gehören.

 

Kiki Kogelnik stirbt am 1. Februar 1997 in Wien an den Folgen eines Krebsleidens im Alter von nur 62 Jahren. Sie ruht in einem Familiengrab in Bleiburg.

 

Ein Jahr nach ihrem Tod zeigt die Galerie Belvedere Wien eine erste umfassende Retrospektive. In New York wird eine Privatstiftung eingerichtet: die «Kiki Kogelnik Foundation», die auch einen Sitz in Wien hat.


Die Kiki Kogelnik Stiftung verwaltet den Nachlass der Künstlerin und unterstützt internationale Ausstellungen – wie zum Beispielauch die Retrospektive 2024 im Kunsthaus Zürich.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)
Kiki Kogelnik (1935-1997).

Desire, 1979. Sammlung Robert Towbin

und Lisa Towbin. Foto: Kogelnik-Retrospektive
2024 im Kunsthaus Zürich.

 

Kiki Kogelnik (1935-1997). I lost my chewing gum, 1960. Kiki Kogelnik Foundation.

 

1960: Anfänge mit abstrakter Kunst

 

In den 1950er-Jahren gehört Kiki Kogelnik einer Avantgarde-Künstlergruppe um Monsignore Otto Mauer an. Otto Maurer (1907-1973) ist ein römisch-katholischer Priester und gleichzeitig Kunstsammler mit eigener Galerie für Avantgarde-Kunst. In dieser Galerie (St. Stephan, Wien) kann Kogelnik 1956 ihre Arbeiten erstmals in einer Gruppenausstellung zeigen. Zu jener Zeit sind ihre Werke noch durchwegs abstrakt.

 

Das Gemälde I lost my chewing gum entsteht in Paris, wo Kogelnik auf Künstler des abstrakten Expressionismus wie Sam Francis oder Joan Mitchell trifft. Diese beeinflussen Kogelniks Kunst –  erkennbar am wilden, breiten Pinselstrich und an pinkigen Farbtönen.

 

 

Kiki Kogelnik (1935-1997). Marylin, 1962.
Kiki Kogelnik Foundation.

 

1962: Pop-Ikone Marylin Monroe

 

1962 lässt sich Kiki Kogelnik dauerhaft in New York nieder. Dort kommt sie mit verschiedenen Künstlern der US-PopArt in Kontakt.

 

Die berühmtesten Marylin-Werke stammen von >Andy Warhol, der vom blonden Superstar ganze Serien erstellt. Kiki greift das Thema auch auf – malt aber ihre Marylin kopflos und fokussiert ganz auf den fülligen Körper des Sexsymbols, den sie mit übertriebenen Rundungen karikiert.

 

Mit diesem Werk von 1962 löst sie sich von ihren bisherigen abstrakten Werken und wendet sich nach und nach der figurativen Malerei zu.

 

 

Kiki Kogelnik (1935-1997). Fly me to the moon, 1963. Sammlung Mono Schwarz-Kogelnik, New York.

 

1963: Fly me to the moon

 

Zu diesem Werk sind mehrere Interpretationen möglich. Es könnte sich auf den gleichnamigen populären >Song beziehen, der von zahlreichen Sänger:innen wie Julie London oder Frank Sinatra interpretiert wurde. Sinatras Version bezog sich ganz konkret auf die Apollo-Space-Missionen.

 

Ein anderer Hintergrund könnte auch Präsident
John F. Kennedys berühmte Rede sein, in der er dem Volk versprach, bis 1969 einen Mann auf den Mond zu schicken – was dann tatsächlich auch geschah.

 

Eine dritte mögliche Interpretation: Mit den (links im Bild) stilisierten fallenden Bomben weist Kogelnik (vielleicht) darauf hin , dass der schöne Traum eines Flugs zum Mond auch Kriegen zum Opfer fallen könnte.

 

 

Kiki Kogelnik (1935-1997). Bombs in Love, 1964. Kiki Kogelnik Foundation.

 

 

1964: Die verliebten Bomben

 

Dieses Werk entsteht 1964 zu einer Zeit, als die USA mit der Bombardierung Hanois den Krieg gegen Nordvietnam beginnen.

 

In der US-Bevölkerung regt sich dagegen Widerstand. Es entsteht der berühmte Antikriegs-Slogan der Hippie-Bewegung «Make love, not war», den die Künstlerin mit diesem Werk gewissermassen vorweg nimmt. Es besteht aus zwei echten Bombengehäusen, die miteinander verschweisst sind und die – so der Titel – in einander verliebt sind.

 

Kiki Kogelnik (1935-1997). Dynamite Darling, 1972. Kiki Kogelnik Stiftung.

 

Now is the Time, 1972. Artothek des Bundes, Österreich.

 

 

1972: Women Paintings

 

Die Serie dieser «Frauenbilder» fällt in die Epoche der Emanzipationsbewegung in den USA – hat aber auf den ersten Blick damit wenig zu tun. Auf den zweiten schon eher: Mit dieser Serie stellt die Künstlerin das vorherrschende Frauenbild zur Diskussion und hinterfragt mit ihrer Arbeit die Zur-Schau-Stellung des weiblichen Körpers, der in einer zunehmend vom Konsum gesteuerten Gesellschaft missbraucht wird.

 

Im Unterschied zu ihren amerikanischen Kolleg:innen steht Kogelnik diesem Konsumverhalten skeptisch gegenüber.

 

Als Vorlagen für diese Serie von plakativen und grossformatigen Werken dienen der Künstlerin amerikanische Modezeitschriften, in denen die Models in besonders extremen Verrenkungen und gekünstelten Haltungen posieren.

 

Die Figuren wirken wie Parodien und vermitteln den Eindruck von Comics. Sie lehnen sich aber auch an Werbegrafiken an und erinnern stark an die amerikanische PopArt.

 

Die monochronen Hintergründe sind im airbrush-Verfahren erstellt.

 

 

Kiki Kogelnik (1935-1997). It hurts with a scissor, 1974-76. Centre Pompidou Paris.

 

 

1974: Aufruf gegen häusliche Gewalt

 

Kiki Kogelnik will sich zwar nicht als Feministin an vorderster Front verstanden wissen. Das heisst aber nicht, dass sie sich nicht doch mit brennenden Frauenthemen befasst. Mit diesem Gemälde thematisiert sie die häusliche Gewalt, denen Frauen oftmals ausgesetzt sind.

 

Ob sich die Künstlerin dabei auf eigene Erfahrungen beruft oder ob sie das Thema nur generell anspricht, ist unklar. In ihrem typisch plakativen Werk gibt sie dem «Instrument der Gewalt» (hier eine Schere) einen aggressiven Gelbton. In einem ähnlich aufgebauten Werk ist es eine ätzende Flüssigkeit.

 

 

 

Kiki Kogelnik (1935-1997). Leda with Swan, 1978. Kiki Kogelnik Foundation.

 

 

1978: Schluss mit der Opferrolle der Frau

 

Mit diesem Werk gibt Kogelnik Gegensteuer zu einer berühmten Geschichte aus der griechischen Mythologie. Diese handelt von Verführung und Vergewaltigung durch den Göttervater Zeus.

 

Es ist die Geschichte von >Leda mit dem Schwan.
In Kogelniks Gemälde ist die Frau aber kein Opfer, sondern eine selbstsichere und ihrer sexuellen Macht bewussten Frau, die den Spiess umdreht und ihrerseits mit den Männern spielt. Was sie von diesen hält, zeigt die Künstlerin im Bild – es sind fünf Frösche, die um die Frau «werben».


 

Kiki Kogelnik (1935-1997). ABC, 1986. Glasierte Keramik. Kiki Kogelnik Foundation.

 

1986: Werke aus glasierter Keramik

 

Noch in den 1970er-Jahren beginnt Kogelnik mit der Verarbeitung von Keramik – zuerst in New York, später «zuhause» in Bleiburg im Haus ihrer Mutter.

 

Die Künstlerin verwendet jetzt das neue Material in ständig wechselnden Formen. Dieses 1986 als Wandbild konzipierte «Alphabet» ist eine Keramikinstallation aus 26 «Buchstaben», Symbolen und Figuren.

 

 

Kiki Kogelnik (1935-1997). Pineapple Head, 1995. Muranoglas. Kiki Kogelnik Foundation.

 

 

1995: Arbeiten aus Muranoglas

 

Schon bisher mit zahllosen Materialien unterwegs – Metall, Keramik, Vinyl, Kunststoff, Aluminium – arbeitet Kogelnik ab 1994 erstmals in Murano auch mit Glas. In diesem Jahr entsteht ihre berühmte Glasserie unter dem Titel «Venetian Heads».

 

Die «Heads» werden in einer sehr kleinen Auflage hergestellt – nur je sieben Exemplare – und sind bei Sammlern beliebt. Ein Kopf aus dieser Serie («Renaissance-Head», Nr. 3/7) wurde 2021 an einer Auktion in Amsterdam für über 42'000 US-Dollar ersteigert.

 

 

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Werke in der Retrospektive 2024