Amedeo Modigliani (1884-1920)


Ein tragisches Leben. Wie ein roter Faden zieht sich seine schwächelnde Gesundheit durchs Leben. Er wird nur 35 Jahre alt.

 

 

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Amedeo Modigliani (1884-1920).
Selbstportrait 1919, Ausschnitt.
Museu de Arte Contemporane, Sao Paulo.
Fotoquelle: The Yorck Project.

 

 

Schon mit elf holt er sich eine Brustfellentzündung. Dann mit vierzehn einen Typhus – damals noch eine tödliche Krankheit – er überlebt. Aber dann befällt ihn eine schwere Tuberkulose. Diese hat ihn fest im Griff, bis an sein Lebensende.

 

Geboren wird er 1884 im italienischen Livorno. Die Modiglianis sind jüdische Sepharden mit spanischen Wurzeln. Mit ihrem Geschäft – Holz und Kohle – gehen sie noch vor Amedeos Geburt in Konkurs. Der 14-jährige Amedeo kann dennoch eine private Zeichen- und Malschule besuchen. Dann lernt er im Atelier von Gino Romiti das Aktmalen. Akte werden dereinst sein Markenzeichen sein.

 

Wegen seiner Lungenprobleme reist er mit seiner Mutter in den Süden, nach Neapel, Capri, Rom. In Florenz schreibt er sich 1902 in die «Scuola libera di Nudo» ein, danach in eine weitere Schule für Aktzeichnen in Venedig. Während dieser Studienzeit beginnt er, Haschisch zu konsumieren.

 

1906 zieht er nach Paris. Französisch beherrscht er gut, seine Mutter stammt ja aus Marseille. Im Quartier von Montmartre lebt er im berühmten «Bateau-Lavoir», das schon vielen armen Künstlern als billige Bleibe gedient hat. Das wenige Geld, das ihm seine Mutter schicken kann, reicht kaum zum Überleben.

Dann lernt er den Arzt Paul Alexandre kennen. Dieser ist von seiner Arbeit begeistert, kauft ihm ein paar Bilder ab und vermittelt ihm Porträtaufträge. Aber erst 1909 erhält Modigliani seinen ersten bezahlten Auftrag: Es ist ein Porträt der Baronin Marguerite de Hasse de Villers. Durch Dr. Alexandre kommt er in Kontakt zum Bildhauer Constantin Brancusi. Er bezieht ein Atelier in Montparnasse und widmet sich 1910 bis 1913 seiner heimlichen Liebe: der Bildhauerei.

 

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 – vom Militär wegen seiner schwächelnden Gesundheit freigestellt – findet er in Paul Guillaume einen Kunsthändler, der ihn vertritt und seine Werke präsentiert. Allerdings mit wenig Verkaufserfolg. Modigliani geniesst die Zeit in Montmartre dennoch. Mit seinen Malerkollegen Utrillo und Soutine führt er ein ausschweifendes Leben.

 

Zum Glück tritt 1916 der polnische Kunsthändler Leopold Zborowski auf den Plan. Er bestellt dreissig Akte. Die schönen Nackedeien werden 1917 in der Galerie Berthe Weill ausgestellt und erzeugen einen Skandal. Das verhilft Modigliani zwar zu etwas Bekanntheit, zu Ruhm und Geld reicht es aber nicht.

 

Es ist die einzige Einzelausstellung im Leben des Amedeo Modigliani. Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits vom Tode gezeichnet. Sein persönliches Glück in der Beziehung zur 19-jährigen Jeanne Hébuterne hält keine drei Jahre und endet in einem Drama. Begraben sind beide im Pariser Friedhof Père Lachaise.

 

 

 

 

 

 

Titelbild

Amedeo Modigliani (1884-1920).

Nu couché, 1917. Ausschnitt.
Collection Liu Yiqian, Shanghai.

Foto WikiCommons.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Die Jüdin, 1908. Privatsamlung. Fotoquelle: The Yorck Project.

 

1908: Expressionistische Porträts

 

Obwohl Modigliani vor allen durch seine weiblichen Akte bekannt und berühmt wurde, spielen Porträts eine bedeutende Rolle in seinem künstlerischen Schaffen. Das expressionistische Gemälde «Die Jüdin» gehört zu seinen frühen Werken und wird 1908 am «Salon des Indépendants» ausgestellt.

 

Wie die streng blickende Frau heisst, ist unbekannt, ebenso, ob das Werk zu Lebzeiten des Künstlers einen Käufer fand.

 

 

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Frauenkopf aus Sandstein, 1912. Metropolitan Museum of Art,
New York.

 

 

1910-1913: Wunschberuf Bildhauer

 

Modiglianis grösster Wunsch ist es, Bildhauer zu werden. 1909 lernt er in Paris den rumänischen Bildhauer Constantin Brancusi kennen, der ihn darin bestärkt. 1911 kann er einige seiner archaisch wirkenden Steinskulpturen im Atelier des portugiesischen Künstlers Amadeo de Souza-Cardoso ausstellen. Bis 1913 befasst er sich intensiv mit der Herstellung von Skulpturen. Er kann seine Arbeiten am Pariser Herbstsalon 1912 zeigen, doch die wenigen Verkäufe reichen nicht zum Leben.

 

Das Material für die Herstellung von Skulpturen ist sehr teuer. Zu teuer für Modigliani, der chronisch an Geldmangel leidet. Er fühlt sich zwar zur Bildhauerei hingezogen, muss sich aber letztlich von seinem Traum verabschieden und sich wieder der Malerei zuwenden.

 

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Portrait Beatrice Hastings, 1915. Sammlung Ritter. The Yorck Project.

 

1914: Alkohol, Haschisch und Opium

 

Seine schwächliche Gesundheit hält Modigliani nicht davon ab, das Leben als Bohémien abzufeiern. Mit seinen Malerkollegen Maurice Utrillo und Chaim Soutine zieht er in Montmartre um die Häuser. Drogen, Alkohol und Frauen. Die Presse freuts, sie kommt zu ihren Schlagzeilen.

 

Als er dann eine Liebesbeziehung zur fröhlichen englischen Schriftstellerin Beatrice Hastings eingeht, nehmen die Ausschweifungen etwas ab. Aber nicht ganz. Hastings selbst schreibt als Gesellschaftsreporterin in der englischen Zeitung «The New Age» über Modiglianis Haschisch- und Alkoholkonsum, «...unter dem er nichts Gescheites zustande bringt».

 

 

 

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Female Nude, 1916. Courtauld Gallery, London.

 

1916: Auftrag für dreissig Aktgemälde

 

Ein Glücksfall im Leben des Künstlers: Er lernt den polnischen Kunsthändler und Dichter Leopold Zborowski kennen. Dieser unterstützt Modigliani in vielfacher Weise: Er bietet ihm Unterschlupf in seiner Wohnung und einen Arbeitsplatz, bezahlt ihm ein Taggeld, das Malmaterial und die Honorare für die Aktmodelle. Und vor allem: Er bringt den Künstler dazu, wieder regelmässig zu arbeiten.

 

Schliesslich bestellt Zborowski dreissig Aktgemälde und sorgt dafür, dass diese in einer Ausstellung gezeigt werden: in der Galerie der Kunsthändlerin Berthe Weill.

 

 

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Liegender Frauenakt auf weissem Kissen, 1917. Staatsgalerie Stuttgart.

 

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Sitzender Akt, 1917. Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen.

 

1917: Skandal in der Galerie Berthe Weill

 

Dezember 1917: Modigliani hat endlich seine erste Einzelausstellung. Eine Menge neugieriger Leute versammelt sich vor der Galerie, denn im Schaufenster hängt das Bild einer nackten Frau! Dumm nur, dass die Galerie genau vis-à-vis eines Polizeipostens liegt. Die Gendarmen greifen ein. Geht gar nicht, eine Nackte, bei der man die Schamhaare sieht! Skandal! Es droht die Auflösung der Ausstellung. Soweit kommt es dann aber nicht, nur das Schaufenster wird geräumt, in der Galerie werden die Bilder noch drei Wochen lang gezeigt.

 

Es ist ein Medienereignis. Der Name Modigliani wird nun bekannt – aber Geld, das er so dringend nötig hätte, bringt es nicht ein. Er verkauft nur gerade zwei Zeichnungen zu je 30 Francs.

 

Seine erste (und einzige) Einzelausstellung ist also ein Flop. Immerhin ist jetzt die Presse auf den jungen italienischen Maler aufmerksam geworden und berichtet endlich über ihn und seine «skandalöse» Aktmalerei.

 

 

 

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Porträt Jeanne Hébuterne, 1918. Privatsammlung Paris. The Yorck Project.

 

1917-1920: Die letzten Jahre

 

Im April 1917 lernt Modigliani die 19-jährige Jeanne Hébuterne kennen, die an der Academie Colarossi studiert. Das Paar zieht ans Mittelmeer (Nizza und Cagnes-sur-Mer) wo einige Porträts entstehen, die Modigliani nach Paris zum Verkauf schickt. Im November 1918 bringt Jeanne eine Tochter zur Welt, Modigliani anerkennt die Vaterschaft der kleinen Giovanna.

 

Als Jeanne 1919 erneut schwanger wird, verloben sich die beiden, eine Heirat ist vereinbart. Doch dann schlägt die Tuberkulose wieder zu.

 

Am 24. Januar 1920 stirbt Modigliani in Paris, und einen Tag später nimmt sich die im achten Monat schwangere Jeanne das Leben: sie stürzt sich aus dem 5. Stock in den Tod.

 

 

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Fotos / Diashow

 

 

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