Ausstellung «TUTU» im Haus Konstruktiv, Zürich.
Vom 30. Mai bis 8. September 2019.
Der Berner wächst in Neuenburg auf und zieht 1965 nach Paris. Dort arbeitet er als Assistent von Jean Tinguely und Daniel Spoerri. Seine ersten Werke bestehen aus Zahlen, Buchstaben und Punkten auf weissem Grund. 1966 gründet er in Paris mit drei Kollegen die >Künstlergruppe BMPT.
Die BMPT wird schon 1967 wieder aufgelöst. 1968 tritt Mosset der politischen Gruppe «Vive la Révolution» bei und gründet – als Harley Davidson Töff-Fan – einen Motorradclub. Treffpunkt des Clubs ist sein Atelier an der Rue de Lappe in Paris. Die Motorradromantik im Stil der «Easy Riders» (Film von Dennis Hopper von 1969) gehört zu Mossets Lebensstil und steht auch für seine Auflehnung gegen bestehende Normen. Schwere Motorräder spielen in seinen Kunstausstellungen – als ergänzende Objekte – immer wieder eine Rolle.
1977 zieht Mosset nach New York. Dort kommt er mit Vertretern des «Radical Painting» in Kontakt. Diese versuchen sich in der gegenstandslosen Kunst, abseits vom Figürlichen wie vom Abstrakten. Im Zentrum des Radical Painting steht die Farbe und insbesondere deren Auftrag und Wirkung. Mosset interpretiert das auf seine Weise: Er konzentriert sich auf einen Farbauftrag, der ohne individuellen Duktus (Pinselstrich) auskommt.
In Williamstown (US-Bundesstaat Kentucky) beteiligt er sich an einer Ausstellung für Radical Painting. 1985 hat er seinen Auftritt auch in der Schweiz: Das Museum für Moderne Kunst in La Chaux-de-Fonds zeigt seine geometrischen Werke, ein Jahr darauf das Aargauer Kunsthaus. 1990 nimmt er für die Schweiz an der Biennale in Venedig teil.
1996 heiratet Mosset die Amerikanerin Elizabeth Cherry und zieht mit ihr nach Tucson, Arizona, wo sie heute leben und arbeiten.
Titelbild
Olivier Mosset (1944). Untitled, 2014.
Acryl auf Leinwand. Galerie Lange + Pult.
Haus Konstruktiv Zürich, Ausstellung 2019.
Untitled, 1966. |
1966: Zweihundertmal identische Kreise
Wie kommt man auf die Idee, zweihundertmal eine weisse Leinwand von einem Meter im Quadrat mit einem ewig gleichen schwarzen Kreis zu bemalen? Die Antwort kennt wohl nur der Künstler selbst. Und vielleicht auch noch seine drei Kollegen der 1966 in Paris gegründeten Gruppe «BMPT», die allesamt in einem Manifest erklären, «keine Maler sein zu wollen». Die Künstlergruppe wollte «die vorherrschende Malerei grundlegend hinterfragen und bei Null beginnen», löste sich aber ein Jahr später bereits wieder auf.
>mehr über die Künstlergruppe BMPT
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1977: Monochrome Flächen
Ab 1974 hat Mosset genug von seinen schwarzen Kreisen. Jetzt malt er zweifarbige vertikale Streifen. Und als er 1977 in New York auf Künstler des «Radical Painting» trifft, wendet er sich der flächigen Monochromie zu. Nun experimentiert er mit verschiedenen Farben und Formen und sucht nach Wegen, die Spuren des Farbauftrages zu minimalisieren.
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None of Your |
1985: «None Of Your Goddam Business»
Nach den monochromen Werken beschäftigt er sich mit abstrakt-geometrischen Gemälden in zwei bis drei Farben. Offenbar nervt ihn die Frage, was diese darstellen sollen. Deshalb gibt er diesem Werk den Titel «Non Of Your Goddam Business», zu gut deutsch: Geht dich einen feuchten Dreck an.
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2010: Red Cross
Nun folgen monochrom-geometrische Arbeiten auf «shaped canvases» (zugeschnittene Leinwände). Der Farbauftrag auf diesem Kreuz ist Acryl. Ein weiteres Werk, das an der Ausstellung in Zürich gezeigt wird, hat die Form und die Farbe eines goldenen Sterns.
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2013: Hommage an Marcel Duchamp
Einzelne «shaped canvases» (zugeschnittene Leinwände) bilden das Wort TUTU. Hinter diesem Wort verstecken sich zwei Dinge: Erstens die Bezeichnung für ein Tutu, also ein Ballettkostüm. Zweitens ist es eine Hommage an den französisch-amerikanischen Dadaisten und Surrealisten Marcel Duchamp. Oder genauer: An eine seiner Ballerina-Zeichnungen.
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2014: Grossformatig und farbig
Die Ausstellung 2019 im Haus Konstruktiv zeigt acht grossformatige quadratische Farbflächen in Braun, Gelb, Blau, Rot, Violett, Grün, Orange und Magenta. Sie gehören zu einem Werk von total zehn Gemälden. In diesen wollte der Künstler die Spuren des Malauftrags auf ein Minimum reduzieren. Das ist gelungen – die Werke wirken tatsächlich so, als hätten sie nie einen Pinsel gesehen.
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2019: Ephemere Kunst vor dem Museum
Für die Eröffnung der Ausstellung 2019 im Haus Konstruktiv präsentiert Mosset Eisblöcke, die langsam vor sich hinschmelzend das Zeitliche segnen. An der heissen Mai-Sonne von 2019 sind sie nach fünf Tagen Vergangenheit. «Ephemer» steht ja schliesslich für «vergänglich».
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Fotos / Diashow
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