Er gehört zu den berühmtesten Vertretern des >Jugendstils. Der Tscheche hat sich vor allem mit seiner Plakatkunst einen Namen gemacht. Mit seinen sinnlich-verspielten Jugendstilmädchen und den Illustrationen für die Pariser Theaterszene der Belle Epoque.
Alfons Mucha um 1899.
Selbstporträt. Mucha Museum Prag.
Er kommt am 24. Juli 1860 als Alfons Maria Mucha in Eibenschütz (heute Ivancice in der Tschechischen Republik) zur Welt. Ab 1885 studiert er zwei Jahre lang an der Akademie der Bildenden Künste in München. Sein Mäzen Graf Eduard Khuen-Belasi finanziert ihm das Studium.
1887 zieht er nach Paris, um an den privaten Kunstschulen Académie Julian und Académie Colarossi zu studieren. Für kurze Zeit teilt er sich ein Atelier mit >Paul Gauguin. Mit Buchillustrationen verdient er sich sein erstes Geld. Er lebt in ärmlichen Verhältnissen und hält sich gerade über Wasser.
Seinen Durchbruch schafft er, als ihm die berühmte französische Schauspielerin Sarah Bernhardt 1894 den Auftrag für das Theaterplakat «Gismonda» erteilt. Zwei Jahre später entwirft er sein wohl berühmtetes Plakat: Wieder für Sarah Bernhardt: «Die Kameliendame». Nun hängen seine Werke überall in der Stadt und machen ihn bekannt. Es folgen Aufträge für Aktienpapiere namhafter Firmen – alles im Jugendstil. Kunstvolle Wertschriften-Dokumente, die bis heute gesammelt werden.
Bekannt sind auch seine Werbeanzeigen und -Poster für diverse Firmen und Produkte – von Bisquits über Champagner bis Schokolade und Nestle-Kindernahrung – die ihm nicht nur Ruhm, sondern auch kommerziellen Erfolg bringen.
Ab 1904 arbeitet Mucha für zwei Jahre in den USA. Dort wird er als Star gefeiert und erhält von der New York Times eine mehrseitige Sonderbeilage. Er wird Dozent an der Akademie für bildende Künste in New York, dann auch in Philadelphia und Chicago.
1906 heiratet er in Prag Marie Chytilová, die er aus Pariser Zeiten kennt.
Erst in seiner Spätphase löst sich der Künstler vom Jugendstil und schafft zwischen 1912 und 1928 eines seiner Hauptwerke: «Das slawische Epos», ein monumentales Werk über die Geschichte der slawischen Völker. Es besteht aus zwanzig riesigen Gemälden, die er der Stadt Prag schenkt.
An der Gründung der Tschechoslowakischen Republik im Jahr 1918 ist er aktiv beteiligt. Als Künstler ist er für die Inneneinrichtung des Repräsentantenhauses zuständig und für die St. Veit-Kathedrale fertigt er Buntglasfenster. 1918 gehört er auch zu den Gründern der tschechoslowakischen Freimaurerei.
Finanziell unabhängig und wohlhabend lebt er nun mit seiner Frau und seinen beiden Kindern im Schloss Zbiroh in der Nähe von Pilsen – dort, wo er 1912 bis 1928 im grossen Schlosssaal sein Atelier hatte, um den Zyklus der Slawischen Völker zu malen.
Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen 1939 wird er verhaftet, weil er Mitglied der Freimaurer ist. Er wird verhört und interniert. Kurz darauf, am 14. Juli 1939, stirbt er im Alter von 78 Jahren an einer Lungenentzündung.
Titelbild (Ausschnitt)
Alfons Mucha (1860-1939).
Träumerei, 1897. Foto WikiArt.
Alfons Mucha (1860-1939). Theaterposter für Sarah Bernhardt «La Dame aux Camélias», 1896. Library of Congress, Washington.
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Durchbruch mit Theaterplakaten
Seine Einkünfte als Buchillustrator reichen gerade zum Leben. Alfons Mucha ist 34, als ihm die berühmteste französische Schauspielerin jener Zeit, Sarah Bernhardt, 1894 den Auftrag für ein Theaterplakat erteilt (für das Theaterstück «Gismonda»). Zwei Jahre später entwirft Mucha das Werbeplakat, das ihn auf Anhieb berühmt macht. Wieder für Sarah Bernhardt, diesmal für «Die Kameliendame» im Pariser Théâtre de la Renaissance. Nun hängt sein Werk in der ganzen Stadt und macht ihn berühmt. Es gilt bis heute als führendes Paradebeispiel des >Jugendstils.
«La dame aux camélias» ist ein Roman des französischen Autors Alexandre Dumas d. J. (1824-1895). Es wird sein grösster Erfolg (sonst steht er eher im Schatten seines berühmten Vaters, Autor der «Drei Musketiere» und «Graf von Monte Christo»). Das Buch erscheint 1848 und ist ein Renner. 1852 schreibt er es zu einem Bühnendrama um. In der «Kameliendame» erzählt Dumas seine autobiographischen Erlebnisse, die er als Zwanzigjähriger mit der Modistin und Kurtisane Marie Duplessis hatte.
Die Pariserin Sarah Bernhardt (1844-1923) spielt die Rolle als Kameliendame ab 1880 und holt sich damit Weltruhm. Das Stück wird zu ihrer Lebensrolle.
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Alfons Mucha (1860-1939). Werbung für Biscuits Lefèvre-Utile, 1896. Foto WikiArt.
Alfons Mucha (1860-1939). Werbung für Bières de la Meuse, 1897. Foto WikiArt.
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Werbung für die feinen Dinge des Lebens
Muchas Idee, den Jugendstil für Werbeplakate zu verwenden, kommt an. Ab 1896 beauftragen ihn zahllose Firmen, Werbung für ihre Produkte zu entwerfen. Seine bunten, blumigen Illustrationen treffen den Zeitgeschmack der Belle Epoque.
Die Belle Epoque (1884-1914) ist die Zeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, die «Zeit des Friedens», in der sich die Bürger immer mehr leisten können. «Schöne Dinge», die vorher dem Adel vorbehalten waren.
Es ist die Zeit, in der grosse Fortschritte in Technik, Chemie, Physik, Kultur erzielt werden, in der an Weltausstellungen alles gezeigt wird, was neu erschaffen wird. Wie die Wunderwerke in Stahl (Eiffelturm), grosse Erfindungen wie das Kino. Das Geld für das schöne Leben ist vorhanden, für Möbel, Kleider und Unterhaltung und Theater ist jetzt da – und für Luxus-Produkte, die man nur noch bewerben muss.
In diesen Markt tritt Mucha ein und schafft für zahllose Firmen Werbeanzeigen und -Plakate. Für alles, was für den neuen feinen Lebensstil steht: Von Schokolade über Bisquits bis zu Champagner und Parfüm. Seine Jugendstil-Anzeigen sind bis heute begehrte Kunstwerke. |
Alfons Mucha (1860-1939). Bon de Participation der "S.A. de l’Exposition Religieuse Internationale de 1900" von 1898. Foto Historic-Actien-Club. WikiCommons.
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Sogar Aktienpapiere im Mucha-Stil
Den Jugendstil verwendet Mucha auch für Entwürfe von Aktien- und Obligationsdokumenten – ein weiterer lukrativer Erwerbszweig. Zu seinen Kunden gehören das Warenhaus «Paris-France», das fast dreissig verschiedene Aktien und Obligationen mit Mucha-Designs herausgibt. Wie diese Aktiendokumente etwa ausgesehen haben, zeigt das Beispiel der «S.A. de l’Exposition Réligieuse Internationale de 1900». |
Alfons Mucha (1860-1939). Spring, Summer, 1898. Foto WikiArt.
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Muchas Markenzeichen – die heile Welt
Bis zum Ersten Weltkrieg bleibt Mucha seinem Stil treu. Hübsche Blumenmädchen, Sinnlichkeit, Ornamente und heile, süsse Welt. Er malt ganze Serien wie «Frühling, Sommer, Herbst, Winter» oder von Tageszeiten «Aufwachen, Mittag, Träumen, Repos de la Nuit» – was dabei nie vorkommt, ist Arbeit. Einfach das schöne Leben – und auch das noch überhöht idealisiert. |
Alfons Mucha (1860-1939). Einführung der Slawischen Liturgie, 1912. Mucha Museum Prag.
Abschaffung der Leibeigenschaft in Russland, 1914. Mucha Museum Prag.
Jan Hus predigt in der Kapelle Bethlehem, 1916. Mucha Museum Prag.
Alfons Mucha (1860-1939). Apotheose der Slawischen Geschichte, 1926. Stadtgalerie Prag.
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Spät- und Hauptwerk: Das Slawische Epos
Bis kurz vor dem Ersten Weltkrieg bleibt der Künstler «seinem» Jugendstil treu. Erst in seinem Spätwerk beginnt er, auch historische Bilder zu malen. Die Idee zum Slawischen Epos hat Mucha 1899, als er den Pavillon für Bosnien-Herzegowina für die Pariser Weltausstellung 1900 entwerfen soll.
Sein Projekt: Ein Bilderzyklus bestehend aus zwanzig grossen Gemälden über die Geschichte der slawischen Völker. Zunächst reist er durch zahlreiche slawische Länder und holt weitere Inspirationen bei Historikern und Folkloristen. Von den insgesamt 20 Gemälden, die zwischen 1912 und 1928 erstellt werden, widmen sich zehn der tschechischen Geschichte; in die anderen zehn teilen sich russische, bulgarische, serbische, kroatische und polnische Themen. Das Werk enthält auch zahlreiche religiöse Gemälde mit Schwerpunkt auf den tschechischen Protestanten.
Finanziert wird das Projekt durch den US-amerikanischen Grossindustriellen Richard Crane. Der Künstler verzichtet auf ein Honorar – er bezeichnet diese Arbeit als «seine Pflicht» – und schenkt das Werk nach Fertigstellung der Stadt Prag. Mit der Auflage verbunden, dass in Prag ein eigener Pavillon dafür erstellt werde.
Diese Auflage wird allerdings nie erfüllt. Ab 1928 werden die Bilder im Prager Messepalast gezeigt. In den 30ern werden sie archiviert und während Jahrzehnten unter Verschluss gehalten. Erst ab 1963 kommen sie wieder an die Öffentlichkeit: Sie werden im Schloss Moravsky Krumlov ausgestellt; dann 2012 wieder im Messepalast in Prag. 2016 wird der Zyklus in der Prager Nationalgalerie gezeigt und aktuell (2021) sind die Bilder im Schloss Moravsky Krumlov zu sehen.
>mehr über das Slawische Epos (Wikipedia) |
Fotos / Diashow
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