Ausstellung «Georgia O'Keeffe»
Fondation Beyeler, Riehen. Vom 22.1. - 22.5.2022.
In Europa ist sie nur wenigen Insidern bekannt – aber in den USA ist sie eine Kunstikone. Hier zählt sie zu den erfolgreichsten und teuersten Künstlerinnen aller Zeiten.
Ihr Gemälde «Jimson Weed, White Flower» von 1932 (auf Beyelers Ausstellungsplakat) erzielte bei einer Versteigerung bei Sotheby's 2014 den sagenhaften Erlös von 44 Millionen Dollar und setzte eine weltweite Rekordmarke für Künstlerinnen.
Ausstellungsplakat
Die Ausstellung ist als Retrospektive gestaltet und zeigt rund achtzig Werke der Künstlerin. Von Abstraktionen über Blumen und Wüstenlandschaften bis zu Stadtansichten mit Wolkenkratzern. Die Mehrzahl der präsentierten Gemälde stammt aus den USA.
Organisiert wird die Ausstellung in der Fondation Beyeler in Zusammenarbeit mit berühmten Museen wie Thyssen-Bornemisza Madrid, Centre Pompidou Paris und dem O'Keeffe Museum in Santa Fe.
Georgia O'Keeffe. Foto 1928 von
Alfred Stieglitz. Georgia O'Keeffe
Museum, Santa Fe.
Georgia O'Keeffe (1887-1986).
Untitled (City Night), 1970.
Georgia O'Keeffe Museum
Santa Fe, New Mexico.
Die grösste Sammlung von O'Keeffe-Werken beherbergt das gleichnamige Museum in Santa Fe (New Mexico), das elf Jahre nach dem Tod der Künstlerin eröffnet wird (1997).
Ursprünglich enthält das Museum 140 Werke, inzwischen ist der Bestand durch Ankäufe und Leihgaben auf über 1'000 angestiegen. Die Sammlung umfasst nicht nur Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle, sondern auch persönliches Besitztum der Künstlerin wie Malutensilien und Kleider – und eine grosse Anzahl von Fotografien.
Georgia O'Keeffe Museum, Santa Fe,
New Mexico. Foto John Phelan, WikiCommons.
Titelbild (Ausschnitt)
Georgia O'Keeffe (1887-1986).
Oriental Poppies (Türk. Mohn), 1927.
Weisman Art Museum, Minneapolis.
Georgia O'Keeffe (1887-1986). Early Abstraction, 1915. Milwaukee Art Museum.
Georgia O'Keeffe (1887-1986). Inside Red Canna, 1919. Sylvia Neil und Daniel Fischel. |
Von der Farmertochter zur Kunst-Ikone
Sie kommt 1887 auf der Milchfarm ihrer Eltern in Sun Prairie im Bundesstaat Wisconsin USA zur Welt und wächst dort auf. 1903 verkauft die Familie die Farm und zieht nach Williamsburg (Virginia). Ab 1905 studiert O'Keeffe am Art Institute of Chicago, muss das Studium aber aus finanziellen Gründen abbrechen und arbeitet als Illustratorin und als Kunstlehrerin in Virginia, Texas.
Ihren Durchbruch zur Künstlerin schafft sie 1916 in New York, als ihr Alfred Stieglitz, Fotograf und Direktor der berühmten «Galerie 291» an der Fifth Avenue die Chance gibt, dort auszustellen.
Die Kohlezeichnung «Early Abstraction» von 1915 gehört zu ihren Schwarz-weiss-Frühwerken.
Ab etwa 1920 entstehen nur noch grossformatige Ölgemälde, vornehmlich Natur im Nahbereich, wie Blumen, Bäume, Blätter. Mit diesem Genre macht sie sich einen grossen Namen und wird ab Mitte der 1920er-Jahre zu einer der bekanntesten US-Künstlerinnen. Von ihrer Kunst kann sie nun sehr gut leben, ihre Arbeiten erzielen Spitzenpreise.
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Georgia O'Keeffe (1887-1986). Foto 1920 von Alfred Stieglitz © George Eastman House Collections
Georgia O'Keeffe (1887-1986). From the Lake No 1, 1924. Des Moines Art Center. |
1924-1946: Ehe mit Alfred Stieglitz
Der aus New Jersey stammende Fotograf und Kunstmäzen Alfred Stieglitz (1864-1946) eröffnet 1902 seine erste Fotogalerie in New York. Drei Jahre später die Kunstgalerie «291» an der Fifth Avenue. Dort stellt er Werke von Cézanne, Matisse, Rodin und anderen Künstlern der Avantgarde aus, darunter auch O'Keeffe.
O'Keeffe steht dem Fotografen Modell – es entsteht eine Liebesbeziehung. Stieglitz produziert von O'Keeffe rund 300 Fotografien, darunter auch erotische. 1918 lässt er sich von seiner Gemahlin Emmeline Obermeyer scheiden und heiratet 1924 O'Keeffe. Das Paar lebt bis 1929 in New York.
Die Ehe verläuft schon bald nicht mehr harmonisch und O'Keeffe zieht sich phasenweise in die Wüste von New Mexico zurück. Dort ist sie fasziniert von der wilden Natur. Es folgen Jahre mit depressiven Phasen. 1933 erleidet sie einen Nervenzusammenbruch und braucht psychiatrische Hilfe. Es dauert fast ein Jahr, bis sie wieder malt.
Alfred Stieglitz stirbt am 13. Juli 1946
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Georgia O'Keeffe (1887-1986). The Shelton N.Y. with Sunspots, 1926. The Art Institute of Chicago.
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Skyscrapers of New York
Ab Mitte der 1920er-Jahre entstehen in New York gewaltige Wolkenkratzer, die als Wunderbauten gelten und die die Silhouette der Stadt radikal verändern. Zu ihnen gehören das Chrysler Building, der Ritz Tower oder auch das neue Shelton Hotel. Auch O'Keeffe ist von diesen Meisterwerken der modernen Architektur beeindruckt und hält viele davon in zahlreichen Gemälden fest.
Solche Stadtansichten malt sie zeitlebens und auch noch im fortgeschrittenen Alter, wie zum Beispiel das Gemälde «City Night» (Bild in Spalte links), das erst 1970 entsteht. |
Georgia O'Keeffe (1887-1986).Blue Line, 1919. Georgia O'Keeffe Museum, Santa Fe.
Georgia O'Keeffe (1887-1986). Series I, No 8, 1919. Lenbachhaus München.
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Erotische Malerei?
Die frühen Arbeiten O’Keeffes sind mehrheitlich abstrakt. Mit der Zeit wendet sie sich nach und nach dem Gegenständlichen zu. Vor allem mit Abbildungen von Blumen im Makrobereich. Dazu gehören Nahaufnahmen, die von Kritikern immer wieder als «verschleierte Darstellung weiblicher Genitalien» beschrieben werden.
Die Künstlerin wehrt sich gegen solche Interpretationen «Freudscher Kunst». Aber auch einige feministische Künstlerinnen bewerten ihre Arbeit in diesem Sinne – diesmal aber nicht als Kritik, sondern als Verherrlichung: Sie feiern O'Keeffe als «Urheberin der weiblichen Ikonographie». O'Keeffe ist auch damit nicht einverstanden und weigert sich in der Folge, an feministischen Kunstprojekten mitzuarbeiten.
Auf der anderen Seite setzt sich O'Keeffe durchaus für die US-Frauenbewegung ein und tritt der 1915 gegründeten «National Woman’s Party» (NWP) bei. Sie bleibt über drei Jahrzehnte deren Mitglied. Die NWP führt zwar die Bezeichnung «Party» in ihrem Namen, tritt aber nicht als politische Partei auf und nimmt auch nicht an Wahlen teil, sondern setzt sich vor allem für Frauenrechte ein.
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Georgia O'Keeffe (1887-1986). Grey Hill Forms, 1936. University of New Mexico Art Museum.
Georgia O'Keeffe (1887-1986). Pelvis with the Distance, 1943. Indianapolis Museum of Art at Newfields.
Georgia O'Keeffe (1887-1986). Misti – A Memory, 1957. Georgia O'Keeffe Museum Santa Fe.
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Wüstenlandschaften in New Mexico
O'Keeffe ist eine Einzelgängerin. Sie erkundet ihre neue Wahlheimat New Mexico in ihrem Ford Model A, den sie sich 1929 angeschafft hat. Sie liebt diese karge Landschaft und verarbeitet sie zu Werken, die sie in New York ausstellt und gut verkaufen kann – obwohl es auch Stimmen gibt, die ihre zahllos gefertigten Wüstenbilder als eine Art «Massenproduktion» kritisieren.
1945 baut O'Keeffe eine verlassene Hacienda in Abiquiú (80 km nördlich von Santa Fe) in ein Wohnhaus mit Atelier um.
1946 erleidet ihr Gatte Alfred Stieglitz in New York eine zerebrale Thrombose und stirbt am 13. Juli. O'Keeffe verbringt die nächsten drei Jahre in New York, um den Nachlass zu regeln. Danach lässt sie sich 1949 definitiv in New Mexico nieder.
Gegen Ende der 1950er-Jahre – sie ist jetzt bereits über 70-jährig – unternimmt sie noch Rafting-Touren auf dem Colorado River. Es folgen Reisen in die Bergregionen von Peru und Japan und auch nach Europa.
1972 – mit 85 – malt sie ihr letztes Ölgemälde. Sie leidet an einer Makuladegeneration und verliert nach und nach ihre Sehkraft. Schon fast blind, holt sie sich die Hilfe von Assistenten, um weiterhin Kunst schaffen zu können.
Georgia O’Keeffe stirbt am 6. März 1986
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Fotos Ausstellung
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