Ausstellung Wayne Thiebaud
Fondation Beyeler Riehen-Basel, 29.1. bis 21.5.2023

 

Wayne Thiebaud (1920-2021)


In den USA ist er eine Ikone, in Europa kennt man kaum seinen Namen. Dabei hat er sogar Schweizer Wurzeln – er ist ein Enkel schweizerischer Einwanderer.

 

 

Ausstellungsplakat.

 

 

Die Fondation Beyeler widmet ihm die erste Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum. Satte Farben spielen in Thiebauds Werken eine bestimmende Rolle. Deshalb kommen auch immer wieder Farbtöpfe vor (wie im Titelbild von 1987: Two Paint Cans).

 

Thiebaud kommt 1920 in Mesa, Arizona, zur Welt. Mit seiner Familie zieht er dann nach Südkalifornien, wo er den grössten Teil seiner Kindheit verbringt. Die Schule schliesst er in Long Beach ab. Während seiner Highschool-Jahre macht er eine Lehre in den Walt Disney Studios und zeichnet dort Comics. Von 1938 bis 1949 arbeitet er als Cartoonist und Designer in Kalifornien und New York City. Von 1942 bis 1945 dient er als Künstler in der Armee in der First Motion Picture Unit.

 

1949 schreibt er sich am San Jose State College ein, bevor er zum Sacramento State College wechselt, wo er 1951 einen Bachelor-Abschluss und 1952 einen Master-Abschluss erwirbt.


1960 wird er Assistenzprofessor an der University of California, wo er bis 1991 Kunststudenten unterrichtet. Er kommt auch in Kontakt zu Popart-Künstlern wie Willem de Kooning, Franz Kline, Robert Rauschenberg und Jasper Johns. Während dieser Zeit beginnt er, Bilder von in Fenstern ausgestellten Lebensmitteln zu malen.

 

1961 lernt Thiebaud den Kunsthändler Allan Stone (1932–2006) kennen. Dieser verhilft ihm, als Künstler Fuss zu fassen.

 

1962 werden Thiebauds Werke zusammen mit Roy Lichtenstein, Andy Warhol, Jim Dine, Phillip Hefferton, Joe Goode, Edward Ruscha und Robert Dowd in der Ausstellung «New Painting of Common Objects» gezeigt. Diese Exhibition gilt als eine der ersten Pop-Art-Ausstellungen in den USA.


Thiebaud ist zweimal verheiratet. Mit seiner ersten Frau, Patricia Patterson, hat er zwei Kinder und mit seiner zweiten Frau, Betty Jean Carr, einen Sohn, Paul Thiebaud. Dieser wird Kunsthändler und übernimmt nach dem Tod von Allan Stone 2006 die Rolle als Vermarkter der Werke seines Vaters.

 

Wayne Thiebaud stirbt am Weihnachtstag 2021

im Alter von 101 Jahren in seiner Residenz in Sacramento.

 

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Wayne Thiebaud (1920-2021).

Two Paint Cans, 1987. Wayne Thiebaud

Foundation.

 

 

 

 

 

 

Wayne Thiebaud (1920-2021). Pie Rows, 1961. Wayne Thiebaud Foundation.

 

Girl with Ice Cream Cone, 1963. Hirshhorn Museum, Washington.

 

Girl with Pink Hat, 1973. San Francisco Museum of Modern Art.

 

 

Satte Farben, starke Kontraste

 

In seinen jungen Jahren hat er eine Vorliebe für Cartoons und Comicstrips. Er beginnt seine berufliche Laufbahn als Werbegrafiker und arbeitet zunächst als Schildermaler, dann als Zeichner bei Walt Disney. Später entwirft er Filmplakate und zeichnet Cartoons. Sein Geld verdient er in der Werbung. Ende der 1940er-Jahre nimmt er ein Kunststudium auf.

 

Erst in den 1960er-Jahren beginnt Thiebaud, jene Werke zu malen, für die er heute berühmt ist. Es sind Stillleben aus dem amerikanischen Alltag – aus dem «american way of life». Darunter sind auch banale Dinge wie Spielautomaten, Puppen, Farbstifte und Farbtöpfe. Besonders angetan haben es ihm Süssigkeiten und Snacks in leuchtenden Farben: Kuchen, Torten, Eis am Stiel, Lutscher, Hot Dogs, Hamburger und so weiter.

 

Er malt diese Dinge und Produkte alles andere als naturalistisch, sondern stellt sie plakativ auf einen weissen Hintergrund, ganz im Stil der Werbung, wie er es gelernt hat.

 

Für ihn charakteristisch sind die pastös aufgetragenen leuchtenden Farben, die scharfen Schatten und die Konturen in Kontrastfarben, mit denen er einen gewissen Halo-Effekt erzielt.

 

Auch seine Porträts fertigt er in diesem Stil: Satte Farben und ein weisser Hintergrund. Klassische, sanfte Hauttöne gibt es bei ihm nicht, bei Thiebaud ist alles popig – auch wenn er sich selbst nicht als Popart-Künstler sieht.

 

 

Wayne Thiebaud (1920-2021). Ripley Ridge, 1977. Whitney Museum of American Art, New York.

 

 

1977: Stadtansicht von San Francisco

 

Ripley Street Ridge zeigt eine Stadtlandschaft in San Francisco in extremer Verkürzung. Die dynamische Topographie dieser Stadt mit ihren steilen Hügeln bietet dem Künstler die perfekte Vorlage, um die räumliche Dynamik auf die Spitze zu treiben.

 

Damit das Gemälde aber nicht zu abstrakt wird, verpasst er ihm feine Details wie Verkehrszeichen, Dächer, Fenster, Strassenschilder und Häuserschatten. Die Dramatik steigert er durch die Menschenleere und die Strasse, die am Horizont im Nichts endet.

 

Wayne Thiebaud (1920-2021). Mickey Mouse, 1988. Acquavella Galleries.

 

 

 

 

1988: Mickey Mouse

 

Den Umgang mit Comicfiguren lernt Thiebaud schon früh in den Studios von Walt Disney. Von 1938 bis 1949 arbeitet er als Cartoonist in Kalifornien und in New York. Auch später scheint ihn dieses Thema noch zu faszinieren. In diesem kleinen Bild (26 x 26 cm) verarbeitet er Mickey Mouse in seinem charakteristischen Stil: satte Farben, starke Schatten, heller, leerer Hintergrund. Das kleine Werk ging im November 2019 bei einer Auktion bei Christie's für stolze 1.8 Mio Dollar an einen unbekannten Käufer.

 

Wayne Thiebaud (1920-2021). Flatland River, 1997. San Francisco Museum of Modern Art.

 

 

1997: Flatland River

 

In den 1990er-Jahren ensteht eine Reihe von Landschaften im so genannten «Hyperrealismus». Wie bei den Stadtansichten ist die Perspektive verkürzt und plakativ verzerrt dargestellt. Auch die erfundenen Farben tragen zu dieser plakativen Darstellung bei. Das grosse Ölgemälde auf Leinwand misst 96 x 147 cm und kam 1998 als Geschenk ins Museum of Modern Art San Francisco.

 

 

Wayne Thiebaud (1920-2021). Canyon Mountains, 2011-12. San Francisco Museum of Modern Art.

 

 

2011: Canyon Mountains

 

Wirklich imposant sind Thiebauds farbgewaltige Darstellungen von Steilklippen und Bergformationen. Auch hier folgt er seinem Stil der übertriebenen perspektivischen Verkürzung und schafft mit traumhaften, fantasievollen Farben eine Bilddramatik, die ihresgleichen sucht.

 

Die Ausstellung zeigt eine ganze Serie solcher Werke. Das jüngste stammt aus dem Jahr 2017 – da war der Künstler bereits 97.

 

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Fotos / Diashow