Ausstellung «Roman Signer - Landschaft»
Kunsthaus Zürich, 4.4. - 17.8.25
«Mach doch etwas, was du verkaufen kannst!
Von deiner Kunst kannst du doch nicht leben, Bub!» mahnt ihn seine Mutter, als er vor über fünfzig Jahren
mit seinen Kunstaktionen beginnt. Mama liegt falsch.
Roman Signers explosive Ideen haben dem heute
86-jährigen Appenzeller einen international anerkannten Ruf als Aktionskünstler eingebracht. Heute lebt er gut von seiner Kunst.
Wasserspeiende Stiefel, 2025.
Foto Kunsthaus Zürich.
Das explodierende Zelt. >mehr
Roman Signer kommt am 19. Mai 1938 in Appenzell
zur Welt. Zunächst absolviert er eine Lehre als Hochbauzeichner. Ab 1966 studiert er an den Kunstgewerbeschulen in Zürich und Luzern. Es folgt ein Studienaufenthalt an der Kunstakademie in Warschau – wo er auch seine zukünftige Frau kennen lernt: Aleksandra Rogowiec.
Von 1974 bis 1995 ist Roman Signer als Lehrer und Dozent an der Schule für Gestaltung in Luzern tätig. Als freischaffender Künstler ist er seit 1972 unterwegs. Anfänglich stellt er seine Werke in Galerien und Museen aus. Ab 1981 präsentiert er seine Kunstaktionen vor Publikum im öffentlichen Bereich.
Was ihn fasziniert, sind physikalische Prozesse. Diese bindet er in seine spezielle Kunstform ein. Eine wichtige Rolle spielen dabei Wasser, Feuer – und Explosionen. Signer setzt alltägliche und banale Gegenstände wie Stühle, Tische oder Fahrräder seinen experimentellen Spielen aus, zerlegt sie oder lässt sie explodieren.
Seine Werke sind darauf angelegt, dass sie sie nur temporär zu sehen sind und dann wieder verschwinden. «So wie die Natur das macht», sagt der Künstler. «Auch diese arbeitet ständig daran, etwas zu erschaffen und dann wieder verschwinden zu lassen». Signer meint es durchaus ernst mit seiner Kunstform – aber da ist auch immer ein Augenzwinkern mit dabei. Es darf geschmunzelt werden.
Seine Aktionen finden Anerkennung in zahlreichen internationalen Ausstellungen: So an der documenta 8 in Kassel 1987, bei Skulptur Projekte Münster 1997 oder
an der 48. Biennale in Venedig 1999.
Signers Arbeiten sind heute in mehreren Sammlungen vertreten, so etwa im Kunsthaus Zug (Sammlung Kamm), das eine der grössten Kollektionen seiner Skulpturen besitzt. Dann «adelt» ihn die renommierte Galerie Hauser & Wirth, indem sie Signer unter Vertrag nimmt. In ihrem Portfolio stehen da schon Namen wie Gerhard Richter, Pipilotti Rist, Max Bill, Louise Bourgeois und dutzende weitere Kunstgrössen.
>Roman Signer im Interview
mit der NZZ, April 2025 (PDF)
Titelbild
Roman Signer (1938).
Bürostuhl, 2006. Foto: Ausstellung
Kunsthaus Zürich, 2025.
Skulpturen in der Ausstellung
Ziemlich knifflig, Signers Werk in einem Museum zu zu sehen – oder höchstens in Filmform.
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Roman Signer (1938). Leiter mit Stiefeln, Fitjar, 2012. Foto Tomasz Rogowiec ©Roman Signer.
Leiter mit Stiefeln in der Ausstellung.
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Leiter mit Stiefeln
Die in der Ausstellung gezeigte Skulptur besteht aus einem Fass, einer Leiter und einem paar Stiefel zuoberst – ganz ohne Mensch. Von diesem muss man eben annehmen, dass er da irgednwie nach oben mitgeklettert ist.
Die Skulptur «Leiter mit Stiefeln» stellt Signer aber auch im Freien auf. Das Bild oben entstand 2012 auf Fitjar (Norwegen), die Aktion fand aber auch an verschiedenen Flüssen und Seen in der Schweiz statt, insbesondere rund um St. Gallen und Appenzell.
Auch in der isländischen Landschaft platzierte Signer Aktionen, etwa den Tisch im Wasser, umgeben von schwimmendem Eis. >mehr
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Roman Signer (1938). Figur im Fass, 2012. |
Figur in Stiefeln
Ein Hingucker gleich am Anfang der Ausstellung. Es ist eine weitere Version mit Fass und Stiefeln. Ein übergrosses blaues Fass ragt in den Himmel, unten schauen zwei Stiefel raus.
Versteckt sich vielleicht in diesem Fass eine Person? Zweifel sind angebracht, denn die Figur steht stramm wie eine Eins – ganz und gar unbeweglich.
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Roman Signer (1938). Fontana di Piaggio, 1995, vor dem Kunsthaus Zürich.
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Der mobile Brunnen
Diese Skulptur steht vor dem Kunsthaus Zürich. Es handelt sich um einen dreirädrigen Kleintransporter, der in Italien seit den 1940er-Jahren Kultstatus hat.
Der Piaggio wurde speziell für die engen Gassen der italienischen Dörfer gebaut. Signer verwandelt ihn in einen mobilen Brunnen. Auf der Ladefläche im Innern des Fahrzeugs spritzt Wasser mit hohem Druck ans Dach und fliesst dann unten raus auf die Strasse vor dem Museum.
Diese Kunstaktion fand schon 1997 in Münster statt, wo der Piaggio an vierzehn verschiedenen Stellen in der Innenstadt platziert wurde. 1999 verspritzte der Piaggio das Wasser im Hof des Schweizer Pavillons an der 48. Biennale in Venedig.
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Roman Signer (1938). Sandtreppe, 1973. |
Die Sandtreppe
Das älteste Werk in der Ausstellung. Es ist eine Treppe aus Eisenblech, auf deren Stufen genau soviel Quarzsand platziert ist, wie es die Physik zulässt. Der «Trick» dabei: Aufgrund von Gesetzmässigkeiten der Natur entsteht immer derselbe Winkel. Es ist also die Natur, die diese Skulptur schafft. Dazu der Künstler: «Die endgültige Form der Skulptur entsteht von selbst. Ein Aspekt, der sich durch meine ganze Arbeit zieht: Ich mache nicht alles selber, die Natur hat immer das letzte Wort».
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Roman Signer (1938). Zeit, 1977.
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Die Zeitscheibe
Sieht aus wie eine Sonnenuhr – ist aber keine. Die «Zeitskulptur» besteht aus einer Zündschnur, die spiralförmig gerollt und mit Plastik umfasst ist. Signer legt sein Objekt auf eine Wiese und zündet die Zündschnur an. Das Feuer frisst sich dann langsam bis zum Zentrum durch – vier Stunden lang. Am Schluss sind die Zündschnur-Windungen wegen des geschmolzenen Kunststoffs untereinander verklebt und bilden diese «Zeitscheibe» – eine Skulptur ist entstanden.
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Roman Signer (1938). Kajak, 1988.
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Das zerlegte Kajak
Vergänglichkeit hat beim Künstler aber noch eine weitere Dimension: Sein Kajak verschwindet nicht, aber es findet sein funktionelles Ende, indem es fragmentiert wird. Welche Beziehung Signer zu Kajaks hat, beschreibt er in diesem Film:
>Ausstellung Signer im Kunsthaus 2025
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Filme, die Vergängliches unsterblich machen |
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Roman Signer
Roman Signer:
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«Lachen ist erlaubt – aber es ist nicht
Signer blickt auf seine Kindheit und auf seine Karriere zurück. Der 1938 geborene Künstler erzählt mit dünner Stimme, wie er seine ersten Experimente an seinem Lieblingsfluss, der Sitter, durchführte und wie er später auf seine Ideen für improvisierte Skulpturen und Aktionen kam.
Der Film dokumentiert eine ganze Reihe seiner spassigen Einfälle. Kunstaktionen, in denen meist die natürliche Physik eine Rolle spielt. Und natürlich das Spiel mit Wasser, Feuer und mit Explosionen. Es sind Momentaufnahmen, alle vergänglich. «Alles ist vergänglich», sagt Roman Signer, aber:
«Ich werde Spuren hinterlassen»
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Roman Signer
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Mit Schirm, Charme und Explosionen
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Roman Signers Kunstaktionen
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«Auch der Stuhl soll etwas erleben»
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