Ausstellung «KIMONO Kyoto to catwalk»

Museum Rietberg Zürich vom 8.9.23 bis 7.1.24

 

 

Der Kimono als Kulturgut

 

Für wenig Modebewusste (wie mich) ist der Kimono ein exotisches Kleidungsstück mit japanischem Hintergrund. Wörtlich übersetzt heisst Kimono nicht mehr als «ein Ding zum Anziehen». Seine Geschichte reicht mehr als tausend Jahre zurück , und für Japaner – Frauen wie Männer – verkörpert der Kimono Kultur und Status.

 

 

Ausstellungsplakat

 

 

Die Ausstellung im Museum Rietberg bietet eine grossartige Gelegenheit, sich mit diesem Kulturstück zu befassen. Ab 1603 (dem Beginn der >Edo-Zeit) wurde der Kimono von allen Schichten getragen – von Frauen, Männern und Kindern – und ab Mitte des 17. Jhts entwickelte sich in Kyoto eine eigenständige Kimono-Modekultur.

 

Dabei bot der gerade Schnitt des Kimonos eine perfekte Fläche für wunderbare Musterungen und künstlerische Gestaltungen, die Bezug auf japanische Literatur und Poesie nahmen.

 

Ideal für Muster: der gerade Schnitt.

 

 

Anfangs des 17. Jahrhunderts – noch vor der Isolation Japans 1642 – wurden Kimonos zum ersten Mal nach Europa exportiert. Schon bald wurde er auf den Laufstegen der ganzen Welt gezeigt, in neuen Formen, die Elemente des Kimonos in westlichen Modekreationen enthielten. Die Ausstellung gibt einen guten Überblick über diese Entwicklung bis in die heutige Zeit.

 

 

Mode von 2016: Kimono-
Ensemble von Yoshiki.

 

 

Neben den prachtvollen und farbenfrohen Kimono-
Moden präsentiert die Ausstellung eine umfangreiche Sammlung von japanischen Kunstwerken – vor allem Holzschnitte – zum Thema. Darunter sind Werke berühmter japanischer Künstler wie Kitagawa Utamaro (1753-1806) oder Utagawa Hiroshige (1797-1858).

 

 

Liebespaar unter einem Kirschbaum,

Farbholzschnitt, 1788, von Kitagawa

Utamaro (1753-1806).

 

 

Ansicht der Shoppingstrasse Surugacho,

im Hintergrund der Berg Fuji, 1843.
Utagawa Hiroshige (1797-1858).

 

 

 

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>mehr über die Edo-Epoche (1603-1868)

 

>Japan nach der Edo-Epoche (1868- 1890)

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Utagawa Toyokuni (1769-1825). Edo (Tokyo),

1820-25. Feuerwerk über der Ryogoku-Brücke,

Detail.

 

 

 

 

 

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Utagawa Kunisada (1786-1864).
Edo (Tokyo). Farbholzschnitt. Frauen in Kimonos bei der Toilette und im Kimono-Geschäft Daimaruya, rechts der Verkäufer. 1847-52.

 

Edo-Zeit – was ist das?

 

Kimonos hatten ihre Blüte während der Edo-Zeit. Diese Epoche begann etwa um 1600 und zeichnet sich durch die Vereinigung des Landes aus, als Shogune (eine Art Herzöge und Feldherren) die davor herrschende «Zeit der streitenden Reiche» beendeten. Neues Zentrum des Landes wurde Edo (das heutige Tokyo). Japan erhielt damals das Gesicht eines Nationalstaates, wie wir ihn heute kennen. Die Folge davon war Frieden, politische Stabilität und Aufblühen von Kunst und Kultur für rund 250 Jahre. Samurai, die unter dem Kaiser noch blosse Soldaten waren, wurden zu Mitgliedern der Regierung.

 

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Stehende Kurtisane, Edo (Tokyo), 1710. Von Kaigetsudo Dohan (aktiv 1710-16).

 

 

Geisha beim Spaziergang am Ufer, 1818. Von Teisai Hokuba (1771-1844).
Edo (Tokyo).

 

 

Von Kurtisanen und Geishas

 

Kurtisanen hatten in der Gesellschaft des alten Japan eine sehr hohe Stellung. Bei diesen Edel-Prostituierten trafen sich die wichtigsten Männer des Landes: Politiker, hohe Militärs, Dichter, Künstler und reiche Kaufleute.

 

Das Bordell-Leben eines Mädchens begann damals schon in früher Kindheit. Familien, die Geld benötigten, vermieteten ihre Töchter an einen Bordell-Besitzer – per Vertrag. In guten Bordellen begann die Ausbildung schon im Alter von fünf bis sieben Jahren. Diese erhielten sie von einer Lehr-Kurtisane. Diese war für Unterkunft, Versorgung und Ausbildung des Mädchens verantwortlich. Und auch für ihre Bekleidung. Meist trugen die Mädchen in der Ausbildung die gleiche Kleidung wie ihre Kurtisane, das heisst sie gingen im Partnerlook.

 

Eine Geisha hingegen war keine Liebesdienerin. Als Geisha-Schülerinnen suchte man Mädchen, die nicht besonders hübsch, dafür intelligent sein mussten. Geishas wurden vornehmlich in der Tanz-, Musik- und Dichtkunst ausgebildet, niemals durften sie ihren Körper anbieten.

 

Der Begriff Geisha setzt sich aus gei=Kunst und sha=person zusammen. 1779 wurden die Geishas unter staatliche Kontrolle gestellt. Ein Amt für Geishas wachte darüber, dass die Geishas für die Kurtisanen keine Konkurrenz wurden. Ihre Kleidung musste weniger bunt sein als jene der Kurtisanen.

 

 

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>Textquelle: PD Dr. Marion Grein

 

 

Utagawa Hiroshige II (1826-69). Edo (Tokyo), 1857. Die Nakano-Strasse im Yoshiwara.

 

Detail.

 

Das Vergnügungsviertel von Tokyo

 

Das berühmteste Vergnügungsviertel in Edo (=Tokyo) war das Yoshiwara. Es war auch das einzige amtlich zugelassene.

 

Besonders spektakulär verlief die Frühlingsparade der hochrangigen Kurtisanen, die – gehüllt in ihre prächtigsten Gewänder – durch die Strassen zogen, im Gefolge von «Lehrtöchtern» und weitere Entourage.

 

In diesem Farbholzschnitt von Utagawa Hiroshige ist die zentrale Figur ungewöhnlich: Es ist ein extravagant gekleideter junger Mann inmitten der Kurtisanen.

 

 

Utagawa Toyokuni (1769-1825). Edo (Tokyo) um 1825. Farbholzschnitt.

 

Detail.
 

 

Männliche Prostituierte für die Hofdamen.

 

Geschlechterfluidität und sexuelle Zweideutigkeit waren charakteristische Merkmale der Kultur und Mode der >Edo-Zeit (Edo=Tokyo) die von 1603 bis 1868 dauerte.

 

Das Bild – ein Farbholzschnitt – zeigt Damen eines Samurai-Haushalts, die eine Gruppe von jungen Männern herbeigerufen haben, die für die «Abendunterhaltung» sorgen sollen.

 

Die beiden stehenden Figuren und die Person mit dem Saiteninstrument sind junge männliche Prostituierte in Frauenkleidern.

 

Alle drei tragen aufwendig gestylte Frisuren und
Kimonos im Frauen-Stil.

 

Kamishimo, ein zweiteiliges Ensemble für Männer der Samurai-Klasse.
Kyoto um 1800.

 

 

 

 

Der Kamishimo für die Samurai

 

Die meisten Männer der Samurai-Klasse trugen zu formellen Anlässen einen Kamishimo. Er besteht aus einem plissierten Hosenrock (Hakama) und einer offenen, ärmellosen Jacke mit breiten Schultern (Kataginu). Dieses Exemplar wurde vermutlich von einem jungen Mann getragen.

 

Was ist ein Samurai?

 

Samurai ist die Bezeichnung für einen Krieger im vorindustriellen Japan. Im Begriff steckt das Wort «dienen». Ursprünglich waren die Samurai Soldaten im Dienste des Kaisers und der Adelsstämme.

 

Durch die Etablierung des Shogunats (etwa einem Herzogtum in Europa entsprechend) während der >Edo-Zeit konnten die Samurai zur regierenden Schicht aufsteigen.

 

 

 

Frau im Kimono, ihren Obi (Gürtel) zurechtrückend. Utagawa Kunisada (1786-1864). Edo (Tokyo), 1843-47.
 
 

Die flache Oberfläche des Kimonos erlaubt die Anbringung aufwendiger Muster.

 

Die Blütezeit des Kimonos

 

Diese war während der >Edo-Periode von 1603-1868 (Edo=Tokyo). Es war eine Ära besonderer politischer Stabilität, wirtschaftlichem Wachstums und städtischer Entwicklung. Das Zentrum der Produktion von prachtvollen Kimonos lag zunächst in Kyoto, doch bald wurde sie von Tokyo (Edo) abgelöst. Edo, nach dem diese Periode benannt ist, war die Hauptstadt der Shogun, der Militärherrscher Japans.

 

Am Anfang des 18. Jahrhunderts war Tokyo die grösste Stadt der Welt, mit einer pulsierenden Vergnügungskultur voller Glamour und Erotik, die als die «fliessende Welt» (ukiyo) bekannt wurde.


Mode spielte im Japan der Edo-Zeit eine wichtige soziale und wirtschaftliche Rolle. Die Nachfrage nach den neuesten Modellen förderte technischen Fortschritt. Ein Starkult um Kurtisanen und Kabuki-Schauspielern kurbelte den Modemarkt erst recht an. Kimonohersteller, Fachgeschäfte und Verlage nutzten diese kommerziellen Möglichkeiten.

 

 

Was genau ist ein Kimono?

 

Kimonos sind gerade geschnittene Kleidungsstücke, die an der Taille mit einem Gürtel (Obi) zusammen gehalten werden. Während in der westlichen Mode der Körper betont wird, spielt er in der japanischen Bekleidung eine geringe Rolle – wichtiger ist die Gestaltung und Musterung des Kimonos. Weil dieser eine flache Oberfläche aufweist, sind aufwändig gestaltete Muster möglich.


In der Edo-Zeit nannte man den Kimono Kosode, «kleine Ärmel», da die Ärmel eine enge Offnung für die Hand hatten. Kimonostoffe wurden in einer wachsenden Zahl von Fachgeschäften angeboten. Die weniger zahlungskräftige Kundschaft erwarb dort die Stoffe und nähte den Kimono zuhause selbst, während die prächtigen Kimonos der wohlhabenden Elite besondere Auftragsarbeiten waren.

 

 

 

Utagawa Toyokuni (1769-1825). Edo (Tokyo), 1820-25. Feuerwerk über der Ryogoku-Brücke.

 

Kokettieren mit dem roten Unterrock.

 

 

Das Spiel mit der roten Unterwäsche

 

Dieser Farbholzschnitt von Utagawa Toyokuni besteht aus zwei übereinander liegenden Bildern. In der oberen Hälfte sieht man eine Menschenmenge auf einer Brücke versammelt, um sich an einem Sommerabend ein Feuerwerk anzusehen. Alle Männer und Frauen tragen schlicht gemusterte Kimonos. Diese sind von der Kleiderordnung erlaubt, hingegen war die teure Farbe Rot verboten.

 

Das Verbot galt aber nicht für Unterwäsche – hier gab es keinerlei Beschränkungen. Im unteren Teil des Bildes (gewissermassen unter der Brücke) ist eine Frau abgebildet, die den Saum ihres Kimonos anhebt, um ihre rote Unterwäsche zu enthüllen.

 

Solch halb-verdecktes Tragen der begehrten Farbe Rot entwickelte sich zur Mode: Das Zeigen eines roten Unterrockes war aufreizender als die Darbietung nackter Haut.

 

 

 

 

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