Man kann sich heute, im 21. Jahrhundert, fast nicht mehr vorstellen, welche Machtfülle die Monarchen damals besassen. Während ihrer Feudalherrschaft gehörte ihnen alles. Das Land, die Häuser, die Menschen, das Vieh. Und sie bestimmten über Leben und Tod, nach Belieben, nach Lust und Laune. Hauptsache, es ging ihnen gut.
Erst mit der Aufklärung um 1700 und Vordenkern wie >Hobbes, >Locke, >Voltaire, >Rousseau kam überhaupt der Gedanke auf, dass die damals vorherrschende Leibeigenschaft irgendwie nicht «normal» sein könnte. Dass jedes Individuum gewisse Rechte haben sollte. Menschenrechte. Zwar spielten auch Könige mit diesem Gedanken, wie zum Beispiel Friedrich der Grosse. Aber auch er konnte sich letztlich nicht durchringen, seine preussischen Leibeigenen in die Freiheit zu entlassen. Er starb drei Jahre vor der französischen Revolution.
Es war ein langer Reifeprozess, bis das Volk endlich begriff, dass es selbst auch ein Recht auf Leben hatte, und nicht nur Könige und Kirchenfürsten. Die Untertanen ertrugen ihr Los so lange, weil der Klerus sie im Glauben liess, das sei so in Ordnung. Gottes Ordnung. Und wer dagegen rebelliere, den erwarte das Feuer der Hölle.
Vielleicht hätte das Volk sein Los noch länger ertragen, wenn die königlichen und geistlichen Herrscher mit ihrer Prunksucht und Gier nicht übertrieben hätten. Wenn sie gezeigt hätten, dass ihnen «ihr» Volk am Herzen lag. Aber das lag es nicht. Nie. Das Volk war in ihren Augen nur dazu da, den Herrschern zu dienen. Man konnte es ausquetschen, mit Steuern belegen, bestehlen, misshandeln. Ungestraft.
Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht, sagt man. Und so war es auch in jenen Jahren in Paris, als es dem Volk immer mieser ging, als es buchstäblich am Verhungern war, während ihre Herrscher in Saus und Braus lebten.
Die französische Revolution ist der grösste Meilenstein in der Geschichte der Menschenrechte. Wer weiss, wo wir heute stehen würden, hätte es diese Revolution nicht gegeben. Vielleicht wären wir immer noch Leibeigene irgend eines Monarchen.
Gemälde Von Jean-Jacques-François Le Barbier
(1738-1826). Musée Carnavalet, Paris.
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Louis XVI.
Marie Antoinette.
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Ausgangslage und Hintergründe
Unter dem «Sonnenkönig» Louis XIV (1642-1715) ist Frankreich zur Weltmacht geworden.
Sein Nachfolger, Louis XV (1715-1774), verspielt alles, verliert wichtige Gebiete an die Engländer (z.B. Kanada), macht Schulden und treibt das Land in den Bankrott.
Sein Enkel, Louis XVI, erkennt zwar die finanzielle Notlage, schafft es aber nicht, Steuern von den Adligen und vom Klerus einzutreiben – nur das Volk wird besteuert. Und ständig mit neuen, zusätzlichen Steuern belastet.
Der König und seine verschwenderische Gemahlin, Marie Antoinette, leben in Saus und Braus, währenddem das Volk hungert. Nun hat es genug gelitten. Der Nährboden für den Volksaufstand ist gelegt.
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Karikatur von 1789. Der dritte Stand buckelt die Adligen und den Klerus. |
Die drei Stände: Adel, Klerus, Volk
Unter dem König gibt es drei Stände: Der Adel, der Klerus und die Bürgerschaft (der so genannte dritte Stand). Diese treffen sich jeweils zur Versammlung der Generalstände. Entscheidungen werden nach Ständen getroffen.
Der dritte Stand hat nicht viel zu sagen, unterliegt meist in den Abstimmungen. Nun fordern die Bürger einen neuen Abstimmungsmodus – nach Köpfen und nicht nach Ständen – eine Art Nationalversammlung. Dazu verlangen sie eine Verfassung auf der Basis von Menschenrechten unter dem Motto «liberté, égalité, fraternité».
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Die Abgeordneten schwören, dem Staat eine Verfassung zu geben.
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1789: Der Ballhausschwur vom 20. Juni
An der ersten Nationalversammlung schliessen sich die ärmeren Teile des Adels und des Klerus der Forderung der Bürger an, aus Frankreich einen Verfassungsstaat zu machen.
Aber der König spielt nicht mit. Louis XVI erklärt die Beschlüsse für ungültig und will die Versammlung mit Waffengewalt auflösen. Nun radikalisiert sich die Volksbewegung und löst den Sturm auf die Bastille aus – es ist der Beginn der Revolution.
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Sturm auf die Bastille am
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1789: Sturm auf die Bastille vom 14. Juli
Das aufgebrachte Volk plündert Munitionslager und bewaffnet sich. Die 5'000-köpfige Menge zieht zum Stadtgefängnis, zur Bastille. Zwar sind dort nur wenige politische Gefangene inhaftiert, aber die Bastille ist das Symbol für Macht.
Kommandant Launay lässt die Menge in die Vorhöfe eindringen, eröffnet dann aber das Feuer. Rund 100 Tote haben die Belagerer zu beklagen. Sie setzen sich aber am Ende durch und töten den Kommandanten, spiessen seinen Kopf auf eine Lanze und stellen ihn dem Volk zur Schau.
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Louis XVI. |
Ende des Feudalsystems? – noch nicht...
Die absolute Macht des Königs ist fürs erste gebrochen. An einer Nationalversammlung im August 1789 wird die
>Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte
verabschiedet. 1791 wird Frankreich in eine konstitutionelle Monarchie umgewandelt.
Die Exekutive liegt aber immer noch in den Händen des Königs Louis XVI.
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Sturm auf die Tuilerien.
Hinrichtung von König Louis XVI.
Robespierre. |
1792: Schreckensherrschaft der Jakobiner
Jetzt wird es komplex. Neue Gruppierungen wie die Feuillants (Anhänger der konstitutionellen Monarchie), die Girondisten (gebildetes Bürgertum mit wirtschaftlichen Interessen), die Jakobiner und die Sansculottes treten auf den Plan. Jakobiner und Sansculottes verfolgen zwar ähnliche Ziele (Abschaffung der feudalen Privilegien, sie treten für die revolutionären Ideale der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ein), unterschieden sich aber in ihrer sozialen Herkunft. Jakobiner sind eher Intellektuelle (Anwälte, Ärzte, Kleinunternehmer); Sansculottes (=«ohne Kniebundhosen») stammen aus der Pariser Arbeiterklasse.
Die Jakobiner wollen die Monarchie ganz abschaffen. Sie decken geheime Verhandlungen des Königs mit anderen europäischen Monarchien auf und klagen Louis XVI des Hochverrats an.
Nun erfolgt der Sturm auf die Tuilerien, den Pariser Sitz des Königs. Louis XVI wird verhaftet und eingekerkert. Der jakobinische Nationalkonvent vom 21. September 1792 setzt der Monarchie offiziell ein Ende. Louis XVI wird im Januar 1793 hingerichtet.
Unter dem Anführer der Jakobiner, Robespierre, folgt eine blutige Zeit der Diktatur. Robespierre vertritt die Ansicht, dass die Gegner der Republik nur die Wahl zwischen einer Änderung ihrer Überzeugungen und dem Tod haben dürfen.
In der Konsequenz verfolgen und ermorden die Jakobiner missliebige politische Gegner. Die Schreckensherrschaft dauert bis Juli 1795 – dann wird Robespierre hingerichtet.
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Paul de Barras. |
1795: Die Girondisten und das Direktorium
Nach der Hinrichtung von Robespierre im Juli 1795 werden die Jakobiner gestürzt. Nun sind die Girondisten an der Macht. Sie regieren von 1795 bis 1799 mit einem Direktorium von fünf Personen, eine davon ist Paul de Barras.
Eine neue Verfassung tritt in Kraft. Das Wahlrecht wird wieder neu definiert – zurück auf Feld 1: Nicht mehr pro Kopf eine Stimme, sondern nach dem Vermögen gewichtet. In der Aussenpolitik ist die Regierung der Girondinsten erfolglos und erleidet in den Kriegen gegen wechselnde Koalitionen in Europa Niederlagen. Das Direktorium wackelt.
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Der junge
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1802: Napoleon – Retter der Menschenrechte?
Das Chaos des Girondisten-Direktoriums ist Napoleons Chance. Die Regierung besteht jetzt aus dem 500-köpfigen «Conseil des Cinq-Cents», dem «Conseil des Anciens» und einer Exekutive, dem «Direktorium» aus fünf Personen.
Dieses wird dann auf drei reduziert, darunter Barras und Napoleon. Schliesslich nennen sich die drei «Konsuln».
Seine grösste Leistung ist die Schaffung des
>Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte 1789
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