Kunstmuseen direkt am See findet man nur selten – das MAHN gehört zu diesem exklusiven Kreis. Zudem gehört es zu den ältesten der Schweiz: Es wurde bereits 1884 eröffnet. Also fast 30 Jahre vor dem Kunstmuseum Zürich (1910).
Blick auf das MAHN – Musée d'Art et
d'Histoire – vom Neuenburger See aus.
Das imposante Gebäude entstand nach Plänen des einheimischen Architekten Léo Châtelain (1839-1913) und beeindruckt mit seiner Fassade. Der erste Stock steht für Kunstsammlungen und Ausstellungen zur Verfügung. Im Erdgeschoss ist das historische Museum untergebracht, das einen guten Einblick in die Geschichte Neuchâtels gibt.
Einem ersten künstlerischen Highlight begegnet man bereits im Treppenhaus: Es ist ein echtes Gesamtkunstwerk aus drei monumentalen Gemälden von Léo-Paul Robert. Sehenswert sind auch die Jugendstil-Glasfenster der Fassade, die ihre Wirkung vor allem von innen entwickeln. Sie stammen vom englischen Künstler Clement Heaton (1851-1923).
Fassade des Musée d'Art et d'Histoire.
Das MAHN ist ein multidisziplinäres Museum, das nicht nur Kunstsammlungen zeigt, sondern sich auch mit der Geschichte Neuchâtels, mit angewandter Kunst und Numismatik befasst.
Zudem sind hier auch die berühmten Jaquet-Droz-Automaten zu sehen. Es handelt sich dabei um drei Androiden aus dem 18. Jahrhundert, die in feinster Uhrmacherkunst hergestellt wurden. Technische Wunderwerke der damaligen Zeit, die in ganz Europa herumgereicht und bestaunt wurden.
Die drei Jaquet-Droz-Androiden: der
Zeichner, die Musikantin, der Schreiber.
Treppenhaus.
Léo-Paul Robert (1851-1923). Treppenaufgang zum Museum.
Detail aus dem Gemälde Neuchâtel.
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Die Monumentalgemälde von
Léo-Paul Robert stammt aus Biel, hier wird er aber als Einheimischer verehrt. Als Maler hat er sich einen Namen für seine Landschaftsbilder und Allegorien gemacht. Die monumentalen Gemälde in der Stiege des Museums gehören zu seinen Hauptwerken. Sie zeigen in symbolischer Form die Hauptregionen des Kantons Neuchâtel.
Im Mittelbild sind die Musen und das geistige Leben sowie die Herrlichkeit Gottes dargestellt, dazu eine Szene aus dem Jüngsten Gericht.
Links das rustikale Leben im Val-de-Ruz: Thema ist die Wiederherstellung der geschädigten Natur durch menschliche Aktivitäten sowie Frieden und das Reich Gottes.
Das rechte Gemälde zeigt La Chaux-de-Fonds und das industrielle Leben mit den damit verbundenen sozialen Konflikten. Rechts oben thront eine Figur, die für die Justizia steht.
>mehr über die Kunst im Treppengebäude |
Bundglasfenster von Clement Heaton. |
Die Buntglasfenster der Hauptfassade
Die gesamte architektonische Dekoration des Treppengebäudes mit seinem von Engeln und Sternen übersäten Gewölbe stammt vom englischen Künstler Clément Heaton (1861-1940), ebenso die drei Buntglasfenster zur Fassade hin. Sie sind an den Jugendstil angelehnt.
Dieser breitete sich um 1900 herum auch als
Der Jugendstil war etwa bis 1920 in Mode. Auf ihn folgte die Art Deco, die ihren Ursprung in den «Wiener Werkstätten» hatte. >mehr
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Treppengebäude des Museums |
Aus der Gemäldesammlung des Museums |
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Léopold Robert (1794-1835). Deux jeunes Napolitaines se parant pour une fête, 1833. |
Léopold Robert (1794-1835)
Er ist ein Onkel von Léo-Paul Robert (siehe oben) und stammt aus La Chaux-de-Fonds. Bekannt ist er vor allem für seine Genremalerei. Sein Handwerk lernte er u.a. bei >Jacques-Louis David in Paris. Viele seiner Werke entstanden in Neapel, wo er sich ab 1822 längere Zeit aufhielt.
1832 liess er sich dann in Venedig nieder, wo er sich unglücklich in die Prinzessin Charlotte Bonaparte verliebte (eine Tochter des ältesten Bruders von Napoleon, Joseph, den Napoleon zum König von Neapel ernannt hatte). Aus Liebeskummer nahm sich Léopold Robert 1835 in Venedig das Leben.
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Albert Anker (1831-1910). Länderkinder, 1876. |
Albert Anker (1831-1910)
Die Sammlung des MAHN verfügt über eine bemerkenswerte Anzahl von Anker-Werken. Ein eindrückliches Werk ist dieses hier: «Pestalozzi et les orphelins unterwaldois à Morat».
Es zeigt, wie sich der Künstler die Ankunft der Waisenkinder in Murten vorgestellt hat – rund 80 Jahre nach dem Ereignis. Die Eltern der Waisen waren Opfer der Schlacht von Nidwalden 1798 geworden, als französische Truppen in die Eidgenossenschaft einmarschierten, um hier die Helvetische Republik zu etablieren.
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Edgar Degas (1834-1917). Femme à sa toilette, 1894. |
Edgar Degas (1834-1917)
Zu seinem Spätwerk gehört eine Serie von nackten Frauen bei der Toilette. Er zeigt sie nicht posierend, sondern als würde man sie durchs Schlüsselloch beobachten. In der Phase, in der diese Studie entsteht, verliert der Künstler nach und nach sein Augenlicht. Das erklärt, warum die Striche immer unschärfer werden.
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Aus der Sammlung des |
Die Legate von Yvan und Hélène Amez-Droz |
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Claude Monet (1840-1926). La barque-atelier, 1876.
Pierre-Auguste Renoir (1841-1919). Portrait de femme, 1900.
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Schenkungen aus dem Jahr 1979
Yvan Amez-Droz (1888-1976) war ein französischer Industrieller mit Neuenburger Wurzeln. Zwischen 1930 und 1960 baute er zusammen mit seiner Schwester Hélène eine beachtliche Kunstsammlung mit Schwerpunkt französische Moderne auf.
Ein Teil davon kam 1979 ins Musée d'Art et d'Histoire de Neuchâtel – in Form eines Legates. Es umfasst 45 Gemälde, 18 Zeichnungen, zwei Drucke und vier Skulpturen, die im Museum permanent ausgestellt sind.
Das Legat enthält Werke des 19. und 20. Jahrhundert und reicht von den Nabis und den Fauves bis zu den Pré- und Postimpressionisten. Vor allem die Impressionisten sind sehr gut vertreten, mit bedeutenden Werken von Claude Monet, Alfred Sisley, Camille Pissarro, Pierre-Auguste Renoir oder Edgar Degas.
Werke aus dem Legat Amez-Droz |
Die Jaquet-Droz-Automaten |
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Menschliche Maschinen, Vorläufer der künstlichen Intelligenz?
Der Automat, der fein säuberlich mit der Feder schreibt. |
Faszinierende Androiden
Die in den 1770er-Jahren entstandenen Maschinen sind Werke feinster Uhrmacherkunst. Es sind Figuren, die einen Zeichner, eine Musikerin und einen Schreiber in Aktion zeigen. Gebaut von Vater und Sohn Jaquet-Droz und ihren Mitarbeitern.
Sobald sie in Gang gesetzt sind, arbeiten sie völlig autonom. Der Schreiber zum Beispiel taucht die Feder ins Tintenfass, schüttelt sie leicht, damit sie nicht zu viel Tinte enthält und beginnt dann zu schreiben. Er kann jeden beliebigen Text bis zu 40 Zeichen schreiben. Der Text wird wie bei einem Schriftsetzer programmiert und im Hintergrund über zahllose hochpräzise Nockenscheiben und Zahräder gesteuert.
Für die damaligen Zeitgenossen waren die Maschinen eine Sensation. Sie wurden in ganz Europa vorgeführt, begeisterten das Publikum von Paris, Brüssel, London, Madrid und entzückten auch den französischen König Louis XVI.
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