2023 feiert das Marc-Chagall-Museum in Nizza
sein 50-jähriges Bestehen. Zwei Dinge sind besonders an dieser Kunststätte: Erstens wurde sie einem noch lebenden Künstler gewidmet und zweitens beherbergt sie Chagalls schönste biblische Werke – grossartig und grossformatig.
Das 1973 gebaute Musée Marc Chagall Nizza.
Zu diesem 50-Jahre-Jubiläum blickt eine Ausstellung auf ein halbes Jahrhundert künstlerisches Schaffen des weltberühmten Künstlers zurück. Man stellt aber nicht nur seine Werke aus, sondern lässt diese durch zeitgenössische Persönlichkeiten begleiten. Sie stammen aus unterschiedlichen künstlerischen Kulturen und teilen mit dem Publikum, was die Figur Chagall in ihnen auslöst. Es sind Schriftsteller, Musiker, Tänzer, Parfümeure, Blumendesigner und bildende Künstler, die die Ausstellung mit ihren Beiträgen ergänzen.
Die Ausstellung findet in drei Sequenzen statt:
vom 28. Januar bis 30. April 2023, vom 13. Mai bis
4. September 2023 und dann ab dem 16. September 2023 bis 8. Januar 2024.
Marc Chagall, 1975.
Foto Ralph Gatti©AFP, Musée
Marc Chagall, Nice.
Das Museum weist eine einmalige Besonderheit auf: Es ist hauptsächlich Chagalls religiösen Werken gewidmet. Deshalb gab man ihm 1973 auch den Titel «Marc-Chagall National Biblical Message Museum».
Das Museum beherbergt eine exklusive Serie von siebzehn Gemälden mit biblischen Botschaften des Alten Testamentes. Chagall schenkte diese grossformatigen Werke 1966 dem französischen Staat. Sie illustrieren die Genesis, den Garten Eden und den Exodus.
Allerdings wuchs die Sammlung immer weiter. Inzwischen ist aus der biblischen Gemäldesammlung ein umfassendes monografisches Marc-Chagall-Museum entstanden, zumal der Künstler dem Museum auch noch Buntglasfenster und Skulpturen schenkte. 1986 erwarb das Museum mit Hilfe von Sponsoren eine komplette Sammlung von vorbereitenden Skizzen der Werke aus dem Alten Testament. Dazu zehn weitere Gemälde. Heute verfügt das Museum über eine der grössten Sammlungen von Chagall-Werken.
Zum Museum gehört auch ein grosser Garten, an dem Chagall selbst mitgearbeitet hat – unter dem Motto «Am Anfang kreierte Gott den Garten Eden...». Oliven, Zypressen, Pinien, Eichen und vorwiegend weisse und blaue Blumen – auf Chagalls Wunsch.
>Jakobs Traum von der Himmelsleiter
>Moses und der brennende Busch
>Die Vertreibung aus dem Paradies
Titelbild (Ausschnitt)
Marc Chagall (1887-1985). Le Paradis, 1961.
Musée Marc Chagall, Nice.
Marc Chagalls biblische Szenen aus dem Alten Testament |
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Marc Chagall (1887-1985).
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Die Schöpfung des Menschen
Aus der biblischen Schöpfungsgeschichte, der >Genesis. In diesem 3 x 2 Meter grossen Gemälde verarbeitet Chagall aber nicht nur biblische Szenen. Im oberen Teil, über der sich drehenden Sonne, sind und verschiedene Figuren zu erkennen. Eine davon ist Christus am Kreuz. Seine Lenden sind mit dem typischen Schal umgürtet, den die Juden in der Synagoge tragen. Für Chagall verkörpert hier Jesus die im Zweiten Weltkrieg geopferten Juden.
Im Mittelteil taucht ein Engel mit Adam aus dem Urmeer auf, in dem Chagall einige vor dem Menschen erschaffene Tiere darstellt – wie die gerollte Schlange unterhalb von Adam. Der Engel trägt ein Hosenkleid – damit identifiziert sich der Künstler selbst als Überbringer der göttlichen Botschaft.
Ganz unten rechts in der Ecke ist winzig klein Eva zu erkennen, die Adam die «verbotene Frucht» anbietet, den berühmten Apfel. In diesem kleinen Porträt weist der Künstler auf den Sündenfall hin.
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Abraham, Detail.
Marc Chagall (1887-1985). Abraham et les trois anges, 1960-66. Musée Marc Chagall, Nice. |
Abraham und die drei Engel
In dieser biblischen Geschichte (Genesis, Kap 18) geht es um Abraham und seine Frau Sara. Ihr künden die Engel – die Boten Gottes – an, dass sie noch im hohen Alter einen Sohn gebären werde. Als Sara das nicht glauben will, versichern die Engel, dass für Gott nichts unmöglich sei.
Aber nicht nur das. Als Abraham erfährt, dass Gott plant, die sündhafte Stadt Sodom zu zerstören, bittet er die Engel, das zu verhindern. Die Engel versprechen, dass sie die Stadt verschonen würden, wenn auch nur zehn fromme und gerechte Menschen darin gefunden würden.
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Marc Chagall (1887-1985). Le Sacrifice d'Isaac, 1960-66. Musée Marc Chagall, Nice. |
Abraham opfert (fast) Isaak
Gott fordert Abraham auf, seinen Sohn Isaak zu opfern. Abraham ist bereit, diesem Befehl zu gehorchen. Er macht sich mit Isaak auf den Weg zum Berg Moria, entzündet das Opferfeuer, legt Isaak auf den Altar, zückt sein Messer – aber da erscheint ein Engel und hält ihn zurück. Der Engel lobt Abrahams Glaubensfestigkeit und sagt, nun wisse Gott, dass Abraham ihm gehorsam sei. Schliesslich opfert Abraham einen Widder.
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Marc Chagall (1887-1985). Jacobs Dream, 1960-66. Musée Marc Chagall, Nice.
Die Akrobaten.
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Jakobs Traum von der Himmelsleiter
Auch in diesem Bid (2.80m breit) vermischt Chagall Biblisches mit Profanem. Worum geht es? In einem Traum sieht der Patriarch Jakob, wie Engel eine Leiter, die bis in den Himmel führt, auf- und absteigen. Beri Chagall werden die Engel zu tanzenden Akrobaten. Das erinnert an das Zirkusleben, das Chagall so sehr liebte und belegt die Lust des des Künstlers, profanen und biblischen Themen zu verschmelzen.
Der nächtliche Charakter der Traumszene wird durch die Verwendung eines betörenden Violetts verstärkt.
Rechts, im grossen blauen Bereich des Gemäldes, führt der schwebende Engel einen Kerzenständer mit sich. Dieser erhellt nicht nur die Nacht, sondern verkörpert auch das hoffnungsvolle Licht der göttlichen Botschaft.
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Marc Chagall (1887-1985). Jacob Wrestling with the Angel, 1960-66. Musée Marc Chagall, Nice. |
Jakob kämpft mit dem Engel
Jakob ringt mit einem Mann. Im Laufe des Kampfes erkennt er, dass sein Gegner übernatürliche Kräfte hat – denn es ist ein Engel. Der Engel verletzt Jakob, aber dieser gibt nicht auf und kämpft mutig weiter.
Am Ende des Kampfes sagt der Engel zu Jakob: «Du sollst nicht mehr Jakob heissen, sondern Israel; denn du hast mit Gott gekämpft und gewonnen.»
Der Name Israel, den Jakob erhielt, wurde später auf das ganze Volk Israel übertragen.
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Marc Chagall (1887-1985).
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Adam und Eva im Paradies
Auf der linken Seite des fast drei Meter breiten Gemäldes stellt der Künstler die Erschaffung Evas dar, die ja gemäss Bibel aus einer Rippe Adams geformt wurde.
Bei Chagall taucht Eva aus einer Wolke auf – aber gleichzeitig weist er auf die Rippe Adams hin, indem er diesen unten (in gelb) mit erhobenem Arm und seine rechte Seite mit der Wunde präsentierend darstellt. Über Evas Wolke malt Chagall ein Schrecken einflössendes fliegendes Mischwesen.
Die rechte Bildhälfte wird von der Versuchung dominiert. Eva und Adam, eng umschlungen (mit zusammengezählt zwei Armen und drei Beinen). Eva ist gerade dabei, Adam die «verbotene Frucht» zu präsentieren, die vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse stammt. Und weil das Urpaar der Versuchung nicht widerstehen kann, wird es aus dem Paradies vertrieben werden...
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Marc Chagall (1887-1985). Adam et Eve chassés du Paradis, 1961. Musée Marc Chagall, Nice.
Detail: Der Engel verjagt Adam und Eva.
Adam und Eva auf dem roten Hahn.
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Die Vertreibung aus dem Paradies
Ein zorniger Engel verjagt Adam und Eva aus dem Paradies. Was ist geschehen? Natürlich konnten Eva und Adam der Versuchung nicht widerstehen und assen von der «verbotenen Frucht».
Jetzt sind sie so schlau wie Gott – und das missfällt diesem. Schuld will niemand sein. Eva sagt, sie sei von der Schlange verführt worden, Adam erklärt, Eva hätte ihn überredet. Gott bestraft sie alle...
Chagall zeigt in diesem Gemälde die Unruhe, die im Paradies nach dem Sündenfall entstanden ist. Alles ist im Fallen begriffen, umgestürzte Bäume, Vögel mit Ziegenköpfen, gefügelte Fische.
Adam und Eva reiten bei ihrer Flucht aus dem Paradies auf einem roten Hahn – bei Chagall ein Symbol für Vitalität und Fruchtbarkeit. Sie scheinen der Zukunft der Menschheit entgegenzufliegen.
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Marc Chagall (1887-1985). |
Noah und der Regenbogen
Die Geschichte rund um die Arche Noah ist hinlänglich bekannt, aber was hat es mit dem Regenbogen auf sich? Der kommt nach dem ganzen Drama ins Spiel, nämlich nach dem Abklingen der Flut. Gott verspricht Noah, nie wieder die gesamte Erde durch eine Flut zu zerstören. Als Zeichen dieses Versprechen setzt den Regenbogen in den Himmel.
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Marc Chagall (1887-1985). Moïse devant le buisson ardent, 1960-66. Musée Marc Chagall, Nice.
Detail: der brennende Busch. |
Moses und der brennende Busch
Das Bild ist über drei Meter breit. Die Geschichte markiert den Beginn von Moses' Berufung als Anführer des Volkes Israel und verkörpert gleichzeitig den Anfang der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei. Kapitel 3 im Buch Exodus erzählt von Moses, der zu dieser Zeit ein Hirte in Midian war. Eines Tages sah er einen brennenden Busch, der jedoch nicht verbrannte.
Moses ging zum Busch um zu untersuchen, was da vor sich ging. Da sprach plötzlich Gott zu ihm aus dem brennenden Busch. «Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen (...) Nun bin ich herab gekommen, um sie aus der Versklaverei durch die Ägypter zu befreien.»
Daraufhin beauftragte Gott Moses, das Volk Israel aus der ägyptischen Sklaverei in das verheissene Land zu führen.
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Marc Chagall (1887-1985). Moses Receiving the Tablets of the Law, 1960-66. Musée Marc Chagall, Nice. |
Moses und die Gebotstafeln
Auf dem Berg Sinai übergibt Gott Moses die berühmten Tafeln mit den zehn Geboten für sein Volk. Aber weil Moses 40 Tage lang von seinem Volk getrennt ist, verlieren die Menschen den Glauben, fertigen ein goldenes Kalb an, beten dieses an und beginnen um es herumzutanzen. Moses ist so verbittert über diesen Götzendienst, dass er die Gebotstafeln zerschmettert und die Schuldigen bestraft.
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Marc Chagall (1887-1985).
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Moses' Klopfen des Felsens
Die Geschichte findet sich Kap 17 des Buches Exodus. Moses führte das Volk Israel durch die Wüste auf dem Weg zum verheissenen Land Kanaan – satte vierzig Jahre lang. Unterwegs litten sie furchtbar unter Wassermangel. Die Menschen begannen zu murren und beklagten sich bei Moses, dass sie verdursten würden.
Da wandte sich Moses an Gott. Dieser sagte zu Moses: «Nimm deinen Stab und versammle die Gemeinschaft. Dann sollst du vor ihren Augen auf den Felsen schlagen, damit Wasser aus ihm fliesst, sodass das Volk trinken kann.»
Moses schlug zweimal auf den Felsen. Sofort floss Wasser aus dem Felsen hervor, und das Volk Israel und ihr Vieh konnten ihren Durst stillen. Das «Klopfen des Felsens» symbolisiert die göttliche Hilfe und die Versorgung des Volkes Israel – selbst in schwierigen Zeiten.
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Fotos / Diashow |
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>biblische Werke von Salvador Dalì
>Du sollst dir kein Gottesbild machen
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