John Chamberlain (1927-2011)


Der Amerikaner war Bildhauer, Maler, Grafiker, Objektkünstler, Filmemacher und Fotograf. Er gilt als einer der kreativsten und vielseitigsten Vertreter der amerikanischen Kunst des 20. Jahrhunderts, angesiedelt zwischen Pop Art und abstraktem Expressionismus.

 

 

John Chamberlain. Foto©2019
Estate of Marcia Corbino / Artists
Right Society (ARS), New York.

 

 

John Angus Chamberlain wird am 16. April 1927 in Rochester/Indiana geboren. Mit vier Jahren zieht er zu seiner Grossmutter nach Chicago. 1943-1946 dient er auf einem Flugzeugträger der U.S. Navy – als Coiffeur (!). Nach dem Krieg schneidet er in Detroit weiterhin Haare, belegt aber daneben noch Kurse am Art Institute of Chicago. 1955-1956 besucht er das Black Mountain College in North Carolina. Dort kommt er in Kontakt mit bedeutenden Künstlern wie Willem de Kooning und Franz Kline. Chamberlain setzt sich mit dem Abstrakten Expressionismus auseinander.

 

Dann findet er zu seinem Stil: In New York experimentiert er mit Abfallmaterial – meist Teile von Autokarosserien – und begründet seinen Ruf als «Junk Artist». Ab 1957 fertigt er seine skulpturalen Abfallkompositionen. Aus Autoteilen. Zerkleinert, gepresst, gerollt, zerknittert – und knalligfarbig lackiert. So gibt er Zerstörtem und Entsorgtem ein neues Leben.

 

Ab 1963 entstehen auch abstrakte Farbgemälde.

1966 lässt er sich in Santa Fe/New Mexico nieder. Hier arbeitet er an Skulpturen aus Fiberglas und Polyurethan-Schaum. In New York entstehen 1967 Stahlskulpturen. Ab 1968 experimentiert er – im Umkreis der Factory von >Andy Warhol – mit dem Medium Film.

 

1977 entdeckt er die Fotografie. Sein Markenzeichen: Panorama-Aufnahmen mit langen Belichtungszeiten.

Ab 1980 lebt er auf einem Hausboot in Sarasota/Florida, wo er mit verschiedenen Werkstoffen Skulpturen schafft.

 

Seine erste Einzelausstellung hat Chamberlain 1957 in New York. 1961 ist er auf der Biennale in São Paolo vertreten, 1964 auf jener von Venedig. 1971 bekommt er eine Retrospektive im Solomon R. Guggenheim Museum in New York. 1982 nimmt er an der documenta 7 in Kassel teil, 1986 folgt eine Werkschau im Museum of Contemporary Art in Los Angeles, 1991 eine grosse Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden, 1996 im Stedelijk Museum Amsterdam.

 

Für sein Werk erhält John Chamberlain zahlreiche Preise und Ehrungen, darunter Mitgliedschaften der American Academy of Arts and Letters und der American Academy of Arts and Sciences.

 

1995 erleidet der superaktive Künstler einen Herzinfarkt. Das hindert ihn aber nicht daran, weiterhin diverse Projekte anzupacken – vielleicht zu viele. John Chamberlain stirbt am 21. Dezember 2011 in New York City im Alter von 84 Jahren.

 

 

>mehr: http://www.johnchamberlain.co

 

 

>John Chamberlain im Kunsthaus
Zürich: Archaic Stooge, 1991.

 

 

 

 

 

 

 

 

John Chamberlain (1927-2011). Metal, 1959. Hirshhorn Museum Washington.

 

Junk-Art. Foto© John Chamberlain Estate, >Quelle

 

Junk-Art für Autoverrückte

 

Ob Fussballstar Ronaldo sich für Kunst interessiert, ist nicht sicher. Aber er – der mehrere Dutzend Ferrari, Lamborghini & Co in seiner Garage stehen hat – könnte durchaus Kunde von Chamberlain sein oder werden. Oder sonst einer der Milliardäre, die sich gerne lackierte Auto-Überbleibsel in ihre Büros stellen, verpackt als Kunst.

 

Chamberlain ist nicht der Erste, der aus Müll Kunst macht. Was ihn von anderen unterscheidet: Es reicht ihm nicht, ein paar rostige Teile zu arrangieren und als «Installation» zu deklarieren, nein, er verarbeitet seine Abfallteile aufwändig. Er presst, quetscht, rollt, zerknittert und formt sie zu Skulpturen und motzt sie dann mit leuchtenden Farben auf, damit sie was hergeben. So schafft er aus Altem Neues.

 

 

John Chamberlain (1927-2011).
Kora, 1963. Tate Liverpool.
 

 

Kora, 1963

 

Kora gehört zu einer Gruppe von Skulpturen, die Chamberlain aus ausrangierten Autoteilen schafft. Die einzelnen Teile sind verschweisst und/oder verschraubt. Vorher wurde noch jedes einzelne Blechstück lackiert, in leuchtenden Farben. Lila, Braun, Gelb, Blau und Grün. Kora 1963 ist eine grössere Skulptur: Sie misst 87 x 141 x 105 cm.

 

 

John Chamberlain (1927-2011). Superstarmartini, 1999. Foto
©Hauser & Wirth.

 

 

Superstarmartini, 1999.

 

Diese kleinere Skulptur (44 x 43 x 35 cm) aus lackiertem rostfreien Stahl brilliert durch ihre Farbigkeit und durch ihre ausgewogene Form, die sich perfekt im Gleichgewicht zu halten scheint. Der Künstler hat sie aus Metallteilen zu einer spannungsgeladenen und farbenfrohen Figur komponiert, die von jeder Seite aus eine andere Form zeigt.

 

 

John Chamberlain (1927-2011). Suede Dog Peas, 2000. Foto©artsy.net.

 

Horrende Preise

 

Chamberlains Autoteile-Skulpturen werden zu schwindelerregenden Preisen gekauft. Eines seiner Werke (der «Nutknacker» von 1958) ging 2018 beim Auktionshaus Sotheby's für 5.5 Mio US $ an einen (unbekannten) Käufer.

 

Wer sich auch gerne einen Chamberlain leisten würde, aber die fünf Millionen grad nicht parat hat – hier ein wertvoller Hinweis: Im Moment (Herbst 2022) bietet sich auf artsy.net eine tolle Gelegenheit: «Suede Dog Peas» aus dem Jahr 2000. Die prächtige Skulptur in der Grösse 111 × 113 × 101 cm ist für schlappe US $ 950'000 im Angebot. Jetzt zuschlagen!

 

 

   

 

John Chamberlain (1927-2011). Mannabend Ra, 1966. Urethane Foam. Solomon R. Guggenheim Museum, New York.
Foto: Kristopher McKay © Solomon R. Guggenheim Museum, New York.

 

Vielfältige Materialien

 

Berühmt ist er zwar für seine metallenen Werke aus Autoteilen, aber schon 1966 beginnt Chamberlain, auch mit anderen Materialien zu experimentieren. Er startet mit Haushaltsschwämmen, die er mit Nylonfäden zusammen schnürt, um weiche und sinnliche Formen zu erzeugen – im Gegensatz zu seinen sonst hartkantigen Autoteilen.

 

Für das Werk Mannabend Ra verwendet er Urethanschaum. Es misst 70 x 132 x 121 cm.

 

Im Laufe der Jahre verwendet Chamberlain für seine Werke auch braune Papiertüten, Schaumgummi, Holz, Eisen, farbiges Glas, Spiegel, Plexiglas, Zinn und Aluminiumfolie. «Gewöhnliche Materialien sind die besten für meine Werke», meint er dazu.

 

 

 

>YouTube-Movie

 

>YouTube-Movie

 

 

Öffentliche Monumental-Skulpturen

 

Chamberlain befasst sich nicht nur mit Junk-Art, er schafft auch monumentale Skulpturen für den öffentlichen Raum.

 

Einen Einblick in seine open-air-Grossskulpturen aus verschiedenen Materialien und Farben konnte das interessierte Publikum an der jährlich auf der >Museumsplein Amsterdam stattfindenden Artzuid bekommen. Diese hier waren an der «Artzuid 2013» zu sehen.

   

 

John Chamberlain Estate Shelter Island, NY.

 

Chamberlain Estate in Shelter Island

 

Shelter Island ist eine Kleinstadt im US-Bundesstaat New York auf der gleichnamigen Insel im Osten Long Islands. Das John Chamberlain Estate ist eine Institution, die nach dem Tod des Künstlers gegründet wurde, um dessen Werk am Leben zu erhalten und zu erforschen. Es beherbergt Werke des Künstlers und ein umfangreiches Archiv mit Briefen, Fotografien, Videos, Zeichnungen, Museumsakten und Publikationen über John Chamberlain.

 

>mehr: http://www.johnchamberlain.co