Antonio Corradini (1688-1752)


Ein italienischer Bildhauer der Extraklasse aus der Zeit des Hochbarocks. Sein Markenzeichen: Verschleierte Figuren, die er aus dem Marmor zaubert. Virtuos, magisch. Er ist dafür weltberühmt.

 

Die Quellenlage zu seinem Start ins Leben ist schwach. Er soll 1688 in Venedig geboren sein, als Sohn eines einfachen Segelpackers. 1711 tritt er in die Bildhauerschule «Arte dei Tagliapietra» in Venedig ein und kann hier bereits zwei Jahre später seine eigene Werkstatt eröffnen. Seine ersten Werke sind für die Kirche San Donato in Venedig bestimmt.

 

Dann folgen Aufträge aus ganz Osteuropa. 1716-17 vollendet er 18 Büsten und zwei Statuen für den Sommergarten des russischen Zaren Peter des Grossen in St. Petersburg.

 

In dieser Zeit schafft er auch die erste seiner berühmten verschleierten Frauen.

 

Nach Stationen in Venedig (1724-1728) und Wien (1729-1740) arbeitet er auch in Rom und zieht dann 1744 nach Neapel, wo er bis zu seinem Tod lebt und arbeitet.

 

Sein berühmtestes Werk, das Grabmal der Cecilia Gaetani dell'Aquila d'Aragona für die Cappella Sansevero, beendet er in seinem Todesjahr 1752:
Die verschleierte «Pudicizia».

 

 

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«La Pudicizia» (die Keuschheit), 1752.

Von Antonio Corradini (1688-1752).
Museo Cappella Sansevero, Napoli.

 

 

 

 

 

>Museo Sansevero, Napoli

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Sommergarten
von Zar Peter I.

 

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Marschall Graf von Schulenburg Korfu (Foto Fusslkopp)

 

 

Aufträge von Zar Peter I für St. Petersburg

 

Der Sommergarten des russischen Zaren Peter I des Grossen wird schon kurz nach der Stadtgründung in den Jahren 1704-1719 angelegt. Corradini kann 1716 für den Zaren 18 Büsten und zwei Marmorstatuen fertigen.

 

Es folgen Aufträge in Korfu (Denkmal für den venezianischen Marschall Graf von Schulenburg) und ein Altar in Rovigo, für Statuen für die Gärten von Dresden, für zahlreiche italienische Städte, Denkmäler und Skulpturen. 1724-28 arbeitet Corradini in Venedig an der Restaurierung der Treppe des Dogenpalastes und der Fassade des Glockenturms auf der Piazza San Marco.

 

 

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Velata, 1718-25.

 

1718-25: Erste verschleierte Marmorwerke

 

Corradini beginnt schon früh mit Werken, die später seine Spezialität werden sollten: Mit verschleierten Figuren. Seine erste Verschleierte zaubert er 1718 aus dem Marmor.

 

Diese «Velata» hier stammt aus dieser Zeit und ist heute im Museo del Settecento Veneziano in Venedig zu sehen: im Palazzo Ca' Rezzonico.

 

 

adonis

Adonis,
1723-25.

 

 

1723-25: Adonis

 

Das Prachtstück aus Carrara-Marmor wiegt 240 kg. Die Skulptur wird ursprünglich im Palast der venezianischen Familie Sagredo ausgestellt und enthält noch ein Pendant der Adonis verehrenden Venus.

 

Diese existiert aber nicht mehr. Der schöne Adonis ist heute im Metropolitan Museum of Art an der Fifth Avenue in New York zu bewundern.

 

 

karl VI

Kaiser Karl VI.

 

Corradini als Hofbildhauer in Wien

 

Der deutsch-römische Kaiser Karl VI bestellt bei Corradini (s)eine überlebensgrosse Statue als Herkules. Sie wacht heute stolz über den Prunksaal der Nationalbibliothek in Wien.

 

Für die Karlskirche, die Kaiser Karl VI um 1713 in Auftrag gab, um die Pest abzuwenden, fertigt Corradini mehrere allegorische Figuren, die Seitenaltäre zieren.

 

 

vermählungsbrunnen

Vermählungs-brunnen, Wien.
Stich aus 1750.

 

vermählungsbrunnen

Vermählung von Maria und Josef.

 

 

Der Vermählungsbrunnen in Wien

 

Dieser ist der Vermählung von Maria und Josef gewidmet. Auftraggeber ist auch hier Kaiser Karl VI. Er lässt diesen 18 Meter hohen Tempel mit korinthischen Säulen aus weissem Marmor errichten. Die Grundsteinlegung erfolgt 1729.

 

Corradini steuert vier Engelfiguren und die drei Hauptfiguren der Vermählungsgruppe bei: Maria, Josef und ein Hohepriester.

 

Nach dem Tod von Kaiser Karl VI im Jahre 1740 gerät Corradini in eine Schaffenskrise – er verlässt Wien und zieht nach Rom. Dort wird er mit Bildhauerarbeiten betraut (u.a. eine Büste von Papst Benedikt XIV). Er arbeitet auch beim Bau der Kuppel am Petersdom mit.

 

 

 

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Grabmal für
Cecilia Gaetani dell'Aquila: La Pudicizia, 1752.

 

pudicizia

Detail der
Pudicizia in der Cappella Sansevero.

 

1744-1752: Das Meisterwerk zum Schluss

 

Die letzten Lebensjahre verbringt Corradini in Neapel. Dort wird er mit Arbeiten an der Kapelle Sansevero beauftragt. Es geht um Verzierungen der Kapelle mit Statuen und Reliefs. Corradini fertigt dafür 36 Modelle aus Ton an. Auftraggeber ist Raimondo di Sangro, Prinz von Sansevero VII.

 

Von ihm erhält Corradini den Auftrag, ein Grabmal für dessen Mutter, Cecilia Gaetani dell'Aquila d'Aragona, zu schaffen.

 

Es wird zu seinem Meisterwerk, das bis heute Besucher aus aller Welt in die Cappella Sansevero nach Neapel lockt: «La Pudicizia», zu deutsch «Die Keuschheit».

 

In diesem Werk wächst der Meister der Verschleierungen über sich hinaus. Nur schwer fassbar, wie man den transparenten Stoff so nachbilden kann – aus Marmor! Die Frauenfigur wirkt beinahe nackt. Und sehr erotisch. Trotzdem wird das Werk in der Kirche geduldet.

 

Die Pudicizia ist vermutlich das letzte Werk des Künstlers. Corradini stirbt, noch bevor die Kapelle ganz fertig ist, am 29. Juni 1752 (oder 12. August 1752, je nach Quelle). Beerdigt ist er in der Pfarrkirche Santa Maria della Rotonda in Neapel.

 

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Fotos / Diashow

 

 

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