Jan Davidsz de Heem (1606-1684)

und Cornelis de Heem (1631-1695)


Vater und Sohn – beide gelten als herausragende Künstler in der Zeit des >Golden Age der Niederlande und beide erwerben sich den Ruf grosser Stilllife-Maler. Allerdings nimmt der Ältere, Jan Davidsz, in der Kunstgeschichte bis heute den bedeutenderen Platz ein. Er gilt als Pionier der Gattung «Prunk-Stillleben».

 

 

Jan Davidsz de Heem, 1636.

Von Jan Lievens (1607-1674).

British Museum London.

 

 

Jan Davidsz de Heem kommt 1606 in Utrecht zur Welt. Sein Vater ist ein Musiker. Um 1620 herum zieht er nach Leiden und erhält dort vermutlich bei Balthasar van der Ast seine erste Ausbildung als Stillleben-Maler. 1626

wird er Mitglied der Leidener Lukasgilde und damit anerkannter Maler. Schon in seinen ersten Werken fällt auf, wie präzise und lebensecht er Blumen, Früchte und Gegenstände wiedergeben kann. Das wird sein späteres Markenzeichen.

 

 

Die Prunk-Stillleben

 

1631 heiratet Jan und zieht 1636 nach Antwerpen. In dieser aufstrebenden Stadt umgeben sich wohlhabende Kaufleute gerne mit Luxus und prächtigen Gemälden.

Ein perfekter Nährboden für die neue Gattung von «Prunk-Stillleben». Diese bestehen aus opulenten Arrangements von Blumen, Früchten, Muscheln, Hummern und allem, was kostbar ist. Jan Davidsz de Heems ist ein Pionier auf diesem Gebiet.

 

1644 stirbt seine Frau Aeltje. Kurze Zeit später heiratet er Anna Catherina Ruckers, die Tochter eines berühmten Antwerpener Orgelbauers. Das verstärkt seine guten Beziehungen zur Antwerpener Oberschicht noch. Die Aufträge sprudeln.

 

In den 1650er-Jahren ist er auf dem Zenith. Nun erhält er auch noch Aufträge von niederländischen und spanischen Adligen – seine Prunk-Stillleben sind europaweit gefragt.

 

Dann aber kommt es 1672 zum katastrophalen «Rampjaar», als die Niederlande von Frankreich (unter Louis XIV) attackiert werden, während England gleichzeitig einen Seekrieg gegen die Niederlande beginnt. Die Invasion kann zwar noch abgewehrt werden, aber Land und Politik geraten in ein Chaos. Das beeinflusst auch den Kunstmarkt negativ.

 

Nach 1680 zieht sich der Künstler zunehmend aus dem öffentlichen Leben zurück. Er verbringt seine letzten Lebensjahre arbeitend in Antwerpen, ist jedoch nicht mehr so produktiv.

 

Jan Davidsz de Heem stirbt am 26. April 1684 in Antwerpen. Bis heute gilt er als einer der führenden Stilllebenmaler. Sein Sohn Cornelis tritt in seine Fussstapfen – aber nie ganz aus dem Schatten seines Vaters.

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Jan Davidsz de Heem (1606-1684). Stillleben mit Früchten und Hummer. Gemäldegalerie Berlin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jan Davidsz
de Heem (1606-1684). Prunk-stillleben mit Hummer, 1669. Staatliche Kunstsammlungen Dresden.

 

Jan Davidsz
de Heem (1606-1684). Still Life with a Roemer, 1652. Statens Museum for Kunst Copenhagen.

 

Jan Davidsz
de Heem (1606-1684). Stillleben mit Früchten und Hummer. Gemäldegalerie Berlin.

 

 

Jan Davidsz de Heem
– Erfinder der Prunk-Stillleben


Was ist ein Prunk-Still? Eine besondere Form von Stillleben, die sich in der niederländischen und flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts entwickelt hat, also in der Zeit des >Golden Age.

 

Prunkstillleben sind aufwändige Arrangements von luxuriösen Dingen, die opulent und überladen dargestellt werden: Exotische Früchte, prächtige Blumen, teure Stoffe, Edelsteine und Instrumente, wertvolles Geschirr, extravagante Nahrungsmittel wie Muscheln und Hummer. Diese Stillleben sollen den Reichtum der Auftraggeber dokumentieren – meist wohlhabende Kaufleute – und den Überfluss zeigen, wie er in der Zeit des Golden Age herrscht.

 

Malerisch zeichnen sich Prunkstillleben durch feinste und detaillierteste Ausarbeitung aus. Akribisch genau wird jedes Detail erfasst (Beispiel im Bild oben: Die Fliege auf dem Hummer!) und in einer, wie wir heute sagen würden, «fotorealistischen» Form wiedergegeben. So naturgetreu, dass sogar welke Früchte dargestellt werden.


Verwelkende Blumen oder Früchte können auch einen symbolischen Charakter haben. Dabei geht es um die Darstellung der Vanitas, der Vergänglichkeit des Lebens. Als Symbole dienen dabei Totenschädel, Sanduhren, verwelkende Blumen oder umgefallene Gläser. Sie sollen den Betrachter (und auch die damaligen wohlhabenden Auftraggeber) daran erinnern, dass materieller Reichtum und weltlicher Genuss vergänglich sind und das Leben endlich ist.

 

Jan Davidsz de Heem gilt als Erfinder und Pionier
der Prunk-Stillleben. Auch seine beiden Söhne Cornelis (1631– 1695) und Jan Jansz (1650–?) wurden Maler und spezialisierten sich auf Stillleben. Cornelis war damit sehr erfolgreich, wurde aber nie so berühmt wie sein Vater und stand zeitlebens in seinem Schatten.

 

 

   

Cornelis de Heem (1631-1695)

 

Cornelis de Heem (1631-1695). A Garland of Fruit, Bowes Museum, Barnard Castle UK.

 

Cornelis de Heem (1631-1695). Nature Morte mit Hummer und Früchten. Cleveland Museum of Art. Foto Saiko WikiCommons.

 

 

Cornelis de Heem (1631-1695). Vanitas Stillleben mit Totenkopf, 1659. Foto Web Gallery
of Art.

 

 

Cornelis de Heem (1631-1695). Still Life of Flowers and Fruit, 1685. National Trust, UK.
 

 

In den Fussstapfen des Vaters

 

Cornelis wächst inmitten dieser künstlerischen Pracht auf und kann mitverfolgen, wie sein Vater Jan Davidsz als Meister der Prunk-Stills Erfolge feiert. Cornelis wird nicht nur von ihm unterrichtet, die beiden arbeiten auch gemeinsam. Der künstlerische Einfluss des Vaters auf den Sohn ist so gross, dass ihre Stillleben schon bald nur noch schwer auseinander zu halten sind. Beide Künstler zeichnen sich durch eine ausgesprochene Liebe zum Detail aus.

 

Cornelis de Heem wird 1631 in Leiden geboren. 1636 zieht die Familie nach Antwerpen um. Sein Vater bringt ihm das Handwerk als Still-Maler bei und beschäftigt ihn in seiner Werkstatt. Schon mit 13 Jahren tritt er in die Lukasgilde von Antwerpen ein und wird selbständiger Maler.

 

Während der 1660er Jahre entwickelt Cornelis allmählich seinen eigenen künstlerischen Stil. Dieser bleibt zwar von der Schule seines Vaters geprägt, birgt aber teils noch subtilere Kompositionen.

 

1667 lässt er sich in Utrecht nieder. 1676 wird er Mitglied der Lukasgilde in Den Haag, wo er in den kommenden Jahren tätig ist. In dieser Zeit sind Blumenbilder besonders gefragt. Cornelis Werke bestechen vor allem durch ihre naturgetreue Darstellung und ihren Detailreichtum.

 

In den 1680er Jahren kehrt Cornelis nach Antwerpen zurück, wo er seine letzten Lebensjahre verbringt. Hier malt er seine üppigsten Stillleben, die nicht nur in den Niederlanden geschätzt werden, sondern auch in ganz Europa Käufer finden.

 

Cornelis de Heem ist auch für seine Vanitas-Werke berühmt, die von der Vergänglichkeit des Lebens handeln. In diesen baut er Totenköpfe und Skelette ein. Cornelis de Heem stirbt 1695 in Antwerpen.

 

 

Im Schatten seines Vaters?

 

Künstlerisch und maltechnisch steht Cornelis seinem berühmteren Vater in nichts nach. Beide sind bekannt und berühmt für akribische Detailgenauigkeit und ihre Meisterschaft, die Dinge realitätsgetreu darzustellen.

 

Woran liegt es also, dass Cornelis bis heute im Schatten seines Vaters steht? Es könnte damit zusammen hängen, dass er sich damit begnügte, den Motiven und dem Malstil seines Vaters zu folgen, ohne aber eigene Innovationen beizutragen. Das lässt ihn eher als «Erben» und weniger als eigenständigen Künstler erscheinen. Unbestritten ist aber, dass beide de Heems zu den grössten Stillleben-Malern des niederländischen >Golden Age zählen.