David Diehl (1976)


Man kann nicht davon ausgehen, dass alle Neapolitaner den Zürcher Künstler kennen – aber sein Meisterwerk, die Maradona-Ikone mit dem Heiligenschein, die kennt jeder. Wer ist David Diehl?

 

David Diehl kommt 1976 in Aarau zur Welt und arbeitet seit über zwei Jahrzehnten in Zürich als Maler und Illustrator. Er studierte an der Zürcher Hochschule für Gestaltung und ist heute als freier Künstler unterwegs. Einen Namen hat er sich mit seinen konzeptuellen Serien gemacht – vor allem mit seinen Fussball-Ikonen. Sein malerisches Werk umfasst aber auch Natur und Alltag. Zudem beschäftigt er sich mit Collagen, in denen er gebrauchte Materialien verarbeitet und sie in einen
neuen Zusammenhang bringt.

 

 

David Diehl

 


Vor allem bekannt – oder gar berühmt – macht er sich dann mit seinen Fussballer-Porträts. Und als ihm bewusst wird, dass – vor allem in Italien – Fussballstars wie Heilige verehrt werden, beginnt er, diese mit Heiligenschein zu malen – als Ikonen.

 

Mit seinem Meisterwerk, einem Porträt des argentinischen Superstars Diego Maradona (mit doppeltem Heiligenschein!!), macht er sich international einen Namen als Fussball-Illustrator und bekommt fortan auch direkt Aufträge von grossen Fussballclubs – aus London, München und Los Angeles.

 

 

Diehls Atelierwand.

 

Brasiliens Superstar Neymar.

 

 

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David Diehls künstlerisches Werk auf das Malen von Fussballstars zu beschränken, greift indessen zu kurz. Sein >Portfolio beweist das Gegenteil: Er ist als Künstler sehr vielseitig unterwegs. Er zeichnet, malt und aquarelliert beliebige Themen aus Natur und Alltag und schafft auch spezielle Collagen.

 

 

>David Diehls Portfolio (PDF)

 

>Website David Diehl

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

David Diehl (1976). Diego Maradona als Ikone

mit doppeltem Heiligenschein, 2016.

 

 

 

 

 

 

Ganz Napoli feiert und verehrt seinen «Heiligen»: Diego Maradona.

 

Maradona in allen Gassen...

 

Maradona in der Pizzeria...

 

...und verehrt über den Tod hinaus.
 

 

Diego Maradona – der Heilige von Neapel

 

Die Story des Diego Maradona und des Fussballclubs SSC Neapel klingt wie ein Märchen. Im Sommer 1984 kämpft der Club noch gegen den Abstieg. In ihrer Verzweiflung suchen die Süditaliener nach Verstärkung. Und holen den argentinischen Superstar Diego Maradona nach Neapel. Für damals sagenhafte 13.5 Milliarden Lire (7.5 Mio Dollar) wechselt er vom FC Barcelona zum SSC Neapel. Maradona wird von 75'000 begeisterten Fans im Stadio San Paolo empfangen.

 

Und was danach geschieht, ist ein veritables Fussballmärchen. Der SSC Neapel beginnt zu siegen. Und gewinnt grosse Titel. Unter Maradonas Führung holt Napoli zwei italienische Meisterschaften (1987 und 1990), gewinnt die Coppa Italia (1987) und den UEFA-Pokal, die heutige Champions League (1989). Die 80er-Jahre werden zur goldenen Ära des SSC Napoli.

 

Und Maradona wird in Neapel zum Heiligen verklärt. Seine Verehrung kennt keine Grenzen, sie geht weit über das Fussballstadion hinaus, sie erfasst die ganze Stadt. Maradona-Porträts prangen von den Hauswänden, Maradona-Fahnen in allen Gassen, Neugeborene werden Diego getauft. Halb Süditalien ist im Maradona-Taumel.

Maradonas Zeit in Neapel endet dann unrühmlich. Drogenprobleme und Skandale überschatten seine Erfolge beim Verein. Wegen Kokainmissbrauchs wird er gesperrt. 1991 verlässt er Napoli. Doch auch Jahre nach seinem Abschied und selbst nach seinem Tod im Jahr 2020 bleibt Maradona der Superheld. Das Stadion wird nach ihm benannt und in den Herzen der Fans lebt er weiter.

 

Und an den Hauswänden Neapels prangt tausendfach sein Konterfei – das berühmteste wurde geschaffen von einem Zürcher Künstler: David Diehl.

 

 

David Diehls berühmtestes Gemälde: Diego Maradona mit dem doppelten Heiligenschein.

 

Die berühmteste Maradona-Ikone

 

Dieses einer Ikone nachempfundene Gemälde mit doppeltem Heiligenschein malt David Diehl im Jahr 2016, also vier Jahre vor dem Tod Maradonas.

 

2023 besucht Diehl Neapel und sieht mit eigenen Augen, was ihm bisher nur zugetragen worden ist: Seit Maradonas Tod 2020 hat sich das Ikonenbild in Neapel tausendfach vervielfältigt. Es prangt als Malerei an Hauswänden, erscheint auf den Fahnen der Fans, als Aufkleber in Kiosken und als Tattoos auf der Haut von Napoli-Ultras.

 

Wissen die Neapolitaner, wer der Urheber dieser Ikone ist? Eher unwahrscheinlich. Die massenhafte Reproduktion hat sie aus ihrem künstlerischen Kontext gelöst. Und die Verehrung gilt nicht dem Künstler, sondern dem Fussballheiligen Maradona. Diehl darf trotzdem stolz sein, wie sich sein Werk verselbständigt hat, wie es zu einem Kultobjekt geworden ist, wenn auch losgelöst vom Schöpfer. Eine echte Ikone eben.


 

Das Internet sorgt für die Verbreitung von Diehls Ikonen. Der Brasilianer Ronaldinho bekommt auf seinen Post 250'000 Likes.

 

Der argentinische Superstar Lionel Messi.

 

Diehls Idee mit den Ikonen

 

Wie kam der Künstler auf die Idee, Diego Maradona als Heiligen zu malen? In einem Interview mit dem englischen Fussballmagazin «These Football Times» erklärt der Künstler das so:

 

«Es begann mit einer Icon-Serie, in der ich mit Bildern aus einer italienischen Fussball-Enzyklopädie arbeitete, die in den 1970er Jahren erschien. Darin waren viele Spieler abgebildet. Ich erkannte auf diesen Bildern, dass die Spieler eine Aura hatten wie Menschen auf Heiligenbildern. Es war dieser stoische, ruhige Blick nach vorne, der etwas Ausserweltliches hatte, der mich packte. Damit fing alles an. Von da an begann ich, Bilder von Fussballern mit diesem besonderen Ausdruck zu malen.»

 

Für den Künstler war es naheliegend, mit jenem Material zu arbeiten, das zur Zeit der Ikonenmalerei verwendet wurde. Also mit echtem Blattgold. Das verleiht seinen Werken einen exklusiven Touch. Als Bildträger verwendet er Kiefernholz. Das trägt zur Wirkung als «Ikone» bei.

 

>was ist eine Ikone?

 

 

 

Los Angeles Galaxy

 

Matchheft des
FC Arsenal London

 

Zeitschrift «Elf Freunde».
 

 

Internationale Anerkennung als Illustrator

 

Die grossen Fussballclubs werden auf Diehls Kunst aufmerksam – von diesen erhält er nun konkrete Aufträge. Für die Los Angeles Galaxy malt er
die Stars Steven Gerrard, Robbie Keane und Giovani dos Santos. Arsenal London bestellt ein Porträt von Olivier Giroud. Und der FC Bayern eines von Ottmar
Hitzfeld. Diehl sagt dazu*):

 

«Es gab einen Moment, in dem Fussballklubs der
Arbeit von Fussball-Illustratoren viel Aufmerksamkeit schenkten. Plötzlich war es cool, dass solche Bilder von Hand gemacht waren und nicht die Ästhetik der Fifa-Computerspiele hatten.»

 

Diehl profitiert vom Boom der Fussball-Illustration, das Magazin «4-4-2» zählt den Zürcher irgendwann zu den berühmtesten Fussball-Illustratoren der Welt. Diese Anerkennung habe ihn zwar gefreut, sagt
Diehl. Doch aus künstlerischer Perspektive seien jene Auftragsarbeiten unbefriedigend gewesen. Ausser L.A. Galaxy bestellt kein Klub ein Bild mit einem Heiligenschein; die Vereine fürchten, die Darstellung könnte die religiösen Gefühle ihrer Fans verletzen. Zudem muss Diehl die Vorgaben von PR-Abteilungen erfüllen, seine Bilder sollen möglichst
unkontrovers und glattgebügelt sein.

 

*) Text aus einem NZZ-Artikel 2024
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