Francesco Hayez (1791-1882)


Er gilt als der wichtigste Romantiker Italiens, der
sich vor allem mit historischen und mythologischen Szenerien einen glänzenden Namen schafft, aber ebenso mit der Porträt- und Akt-Malerei.

 

 

Francesco Hayez (1791-1882), Selbstporträt
um 1860. Galleria degli Uffizi, Firenze.

 

 

Francesco Hayez kommt in Venedig zur Welt – in ärmlichen Verhältnissen. Sein Vater, ein französischer Fischer aus Valenciennes, und seine Mutter Chiara aus Murano haben fünf Söhne. Francesco ist der jüngste. Die Familie kommt kaum über die Runden, also wird Francesco einer wohlhabenden Tante in Mailand anvertraut. Deren Gatte Francesco Binasco ist ein gebildeter Kunsthändler und sehr belesen. Auch der junge Hayez interessiert sich schon früh für mythologische Schriften. Binasco erkennt Hayez' künstlerisches Talent und schickt ihn zu einem Kunstrestaurator in Venedig in die Lehre.

 

Dann wird Hayez Schüler des venezianischen Malers Francesco Maggiotto (1738-1805), bei dem er drei Jahre lang studiert. Seine Arbeiten werden rasch anerkannt: 1805 gewinnt er einen Preis für Aktzeichnung.

 

1806 wird er in den Malkurs der Akademie der Schönen Künste in Venedig aufgenommen, wo er beim neoklassischen Maler Teodoro Matteini (1753-1831) studiert. 1809 gewinnt er einen Wettbewerb der Akademie von Venedig – der Preis ist ein einjähriger Aufenthalt an der Accademia di San Luca in Rom.

 

In Rom stellt er sich dem berühmten italienischen Bildhauer >Antonio Canova vor, der von Hayez' Potenzial überzeugt ist. Er ermuntert ihn, mit einer Abschlussarbeit am Wettbewerb der Akademie in Venedig teilzunehmen. Das Werk «Rinaldo und Armida» kommt so gut an, dass man Hayez ein viertes Studienjahr offeriert.

 

Um 1814 herum arbeitet Hayez in Rom und zieht dann nach Neapel, wo er von Neapels König Gioacchino Murat I (einst Kavallerie-Offizier unter Napoleon) beauftragt wird, das Bild «Odysseus am Hof ​​von Alcinoo» zu malen.

 

Nach und nach schafft sich Hayez auch einen ausgezeichneten Ruf als Porträtmaler. Mitte der 1830er-Jahre porträtiert er die bekannte «Salondame» Clara Maffei. In ihrem «Salotto Maffei» in Mailand treffen sich Literaten und Künstler, die sich für das Risorgimento (für die Einheit Italiens) stark machen – auch Hayez gehört dazu.

 

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts zählt Hayez zu den berühmtesten und anerkanntesten Malern Italiens. 1850 wird er zum Direktor der Accademia di Brera ernannt.

 

 

Francesco Hayez (1791-1882). La
Meditazione, 1850. Privatkollektion.



Hayez ist ein ausgesprochen produktiver Künstler und malt in seiner langen Karriere hunderte wenn nicht tausende von Bildern. Seine Produktion umfasst historische und mythologische Gemälde, aber auch Theaterszenen, Porträts und Akte.

 

Auffällig ist, dass in seinem Oeuvre nur wenige biblische Werke vorkommen und Altarbilder ganz fehlen – möglicherweise aufgrund der napoleonischen Invasionen, während der viele Kirchen und Klöster in Norditalien entweiht wurden.

 

Hayez' Bilder enthalten oft allegorische oder verborgene politische Botschaften. Er selbst steht politisch für den Kampf um die nationale Einheit Italiens (Risorgimento), die noch zu seinen Lebzeiten erreicht wird (1871).

 

Francesco Hayez wird 91 Jahre alt und stirbt am
12. Februar 1882 in Mailand.

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

1841-Francesco Hayez (1791-1882).

Betsabea al Bagno, 1841-42. Brera Milano.

 

 

 

 

 

 

 

Francesco Hayez (1791-1882). Laocoonte, 1812. Pinacoteca di Brera.

 

 

 

 
 

 

1812: Die andere Laokoon-Darstellung

 

Das Gemälde entsteht in Rom und unterscheidet sich von herkömmlichen Laokoon-Darstellungen deutlich. Sie zeigt die ganze Szenerie vor Troja (im Hintergrund die Stadt und das hölzerne Pferd), während die meisten anderen Künstler sich auf die Todesszene mit den Schlangen konzentrieren.

 

>mehr über Laokoon

 

 

Die Arbeit wurde für den Malwettbewerb von 1812 in der >Brera Milano ausgeführt, bei dem die jungen Maler Hayez und de Antoni zu gemeinsamen Gewinnern der Ausstellung erklärt werden.

 

 

Francesco Hayez (1791-1882). Rinaldo e Armida, 1812-13. Accademia Venezia.

 

1813: Rinaldo und Armida

 

Eine der stärksten Produktionen aus Hayez' Frühwerk. Es ist eine Art «Teststück». Der berühmte Bildhauer >Antonio Canova findet das Gemälde so gut, dass er Hayez empfiehlt, es in einen Wettbewerb an die Akademie Venedig zu senden. Es kommt sehr gut an und beschert ihm ein viertes Studienjahr.

 

Die Geschichte Rinaldo und Armida stammt aus Torquato Tassos Epos «Das befreite Jerusalem» von 1574. Im Mittelpunkt der Handlung steht Rinaldo, ein christlicher Ritter, der in Jerusalem kämpft. Seine Geliebte Almirena gerät dort in Gefangenschaft der bösen und mächtigen Zauberin Armida, der Königin von Damaskus, und wird zum Spielball der feindlichen Lager.

 

 

Francesco Hayez (1791-1882). Venere che scherza con due colombe (Ritratto della ballerina Carlotta Chabert), 1830. Museo d'Arte Moderna Trento e Rovereto.

 

 

1830: Kritik an der schönen Venus

 

Das Bild zeigt ja eigentlich nicht die mythologische Göttin der Liebe Venus, sondern die Ballerina Carlotta Chabert. Das hielt die Kritiker aber nicht davon ab, den Künstler wegen der «falschen Proportionen» zu tadeln. Nicht ganz zu unrecht.

 

In seinen Memoiren schreibt Hayez: «Ich muss gestehen, dass diese Figur (...) aufgrund ihrer Form nicht den erhofften Adel der Schönheit hat. Das Modell war zwar nicht wirklich mangelhaft, aber (...) der Respekt, den ich vor der Wahrheit habe, nahm mir die Kühnheit, es nach der klassischen antiken Schönheit zu verbessern. Aber ich hätte nicht daran gedacht, eine so bittere Kritik zu verdienen, wie sie auf mich einschlug, als man meine Venus als das widerlichste Weib des Vulgären bezeichnete.»

 

 

 

Francesco Hayez (1791-1882).
Porträt von Carla Maffei, 1835. Privatsammlung.

 

 

 

 

1835: Porträt der Gräfin Carla Maffei

 

Carla Maffei (1814-1886) ist eine italienische Schriftstellerin und Risorgimento-Unterstützerin (Kampf um die Einheit Italiens). Mit 17 heiratet sie den Dichter Andrea Maffei (1798-1885).

 

Berühmt ist sie vor allem für ihren Salon in Mailand, den «Salotto Maffei», der Literaten, Künstler, Gelehrte, Komponisten und Pro-Risorgimento-Persönlichkeiten anzieht. Dazu gehört auch Francesco Hayez, der dieses Porträt von Carla malt, das er dann ihrem Ehemann schenkt. Zu jener Zeit hat Hayez bereits einen ausgezeichneten Ruf als Porträtmaler.

 

 

1839-Francesco Hayez (1791-1882). Odalisca, 1839. Brera Milano.

 

 

1839: Odalisken und Akte

 

Eines seiner Lieblingsthemen sind Darstellungen von Harems und Haremsdamen – typisch für die Maler der Romantik. Exotische Szenerien ermöglichten es den Künstlern, Akte zu malen, die sonst in der Gesellschaft der damaligen Zeit nicht akzeptabel waren. Auch Odalisken (in der Regel versteht man darunter Prostituierte) gehören zu diesem «erlaubten» Spektrum, weil dabei ja nur käufliche Frauen abgebildet werden und keine Damen der anständigen Gesellschaft.

 

 

Francesco Hayez (1791-1882). Il bacio, 1859. Brera Milano.

 

1859: Der Kuss – mehr als Romantik

 

Sein wahrscheinlich bekanntestes Werk ist
«Der Kuss» aus dem Jahr 1859, das allerdings nicht nur – wie es auf den ersten Blick erscheinen mag – einen romantischen Hintergrund hat, sondern auch eine politische Botschaft enthält.

 

Es symbolisiert die Zerrissenheit jener Zeit, als Italien und Frankreich in ständigen Kriegshändeln standen. Das Paar – sie eine Italienerin, er ein Franzose, beide erkennbar an den Landesfarben ihrer Bekleidung – küsst sich innig zum Abschied, denn er muss in den Krieg ziehen.

 

 

Francesco Hayez (1791-1882). La distruzione del Tempio di Gerusalemme, 1867. Galleria dell'Academia Venezia.

 

Detail.

 

 

1867: Zerstörung des Jerusalem-Tempels

 

Mit diesem fast 2 x 3 Meter grossen Werk besiegelt Hayez symbolisch seinen Ruhm als erfolgreichen Historienmaler, er ist jetzt bereits 76 Jahre alt.

 

Hayez schenkt es 1867 der Accademia Venezia, wo er mehr als ein halbes Jahrhundert zuvor seine künstlerische Ausbildung bekam. Mit diesem beeindruckenden Werk voller Aktion und Details beginnt er schon sechs Jahre früher und macht dafür Dutzende von vorbereitenden Zeichnungen und Studien, die heute in der Accademia Venenzia aufbewahrt werden.

 

Das Gemälde zeigt die Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch die Römer am 30. August 70 n.Chr. in jenem dramatischen Moment, in dem das Massaker seinen Höhepunkt erreicht: Das Gebäude steht bereits in Flammen und das Gemetzel ist voll im Gange.

 

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