Die Kürzestform seiner Karriere geht so: Er will Maler werden, schafft es nicht, schreibt ein Buch darüber und wird zur Dichtergrösse.
Gottfried Keller kommt am 19. Juli 1819 in Zürich zur Welt. Sein Vater ist Drechslermeister – ihn verliert er schon im Alter von fünf Jahren. In Zürich muss er in die Armenschule. Mit 15 geht er dann an die Kantonale Industrieschule, aber dort schmeisst man ihn raus. Nun will er Maler werden. Beim Vedutenmaler Peter Steiger darf er kopieren und kolorieren. Mit 18 bekommt er Malunterricht bei Rudolf Meyer – für ein paar Monate.
Bildnis Gottfried Keller, 1886. Von
Karl Stauffer-Bern (1857-1891).
Kunsthaus Zürich.
Er will mehr. 1840 reist er nach München, um sich als Autodidakt weiterzubilden. Wird Mitglied des Münchner Kunstvereins, kann dort Bilder ausstellen. 1842 schickt Keller sein Ölgemälde «Heroische Landschaft» an die Schweizer Kunstausstellung – erfolglos. Er kehrt nach Zürich zurück. Hier malt und zeichnet er noch einige Zeit, doch dann gibt er 1843 die Malerei als Berufsziel endgültig auf.
Jetzt wendet er sich der Schriftstellerei zu. 1848 beginnt er ein Studium an der Universität Heidelberg. Dort spielt auch eine (unglückliche) Liebesepisode: Er verliebt sich in Johanna Kapp. Die ist allerdings bereits mit dem deutschen Philosophen Ludwig Feuerbach verbandelt. Die unglückliche Liebe liefert ihm immerhin Stoff für schöne Liebesgedichte.
In Berlin schreibt er dann ab 1850 seinen ersten Roman. «Der grüne Heinrich» ist eine Autobiographie. Sie handelt von seiner Malerkarriere. Vom Scheitern des Pinslers. Das Buch erregt Aufsehen.
1855 kehrt er als freier Schriftsteller nach Zürich zurück. 1856 entsteht sein Roman «Die Leute von Seldwyla». Darin behandelt er die Asylpolitik der Schweiz.
1861 wird er zum Staatsschreiber des Kantons Zürich gewählt. So sichert er seinen Lebensunterhalt. Ab 1874 entstehen berühmte Werke wie «Kleider machen Leute» und «Die missbrauchten Liebesbriefe».
1876 legt er sein Amt als Staatsschreiber nieder und schreibt an seinen «Zürcher Novellen». Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits ein berühmter und hoch angesehener Schriftsteller und Dichter.
Im höheren Alter pflegt Gottfried Keller enge Freundschaften zu den Malern >Arnold Böcklin und >Rudolf Koller. Er verstirbt am 15. Juli 1890 in Zürich. Sein Grabstein findet sich auf dem Friedhof Sihlfeld in Zürich.
Titelbild (Ausschnitt)
Gottfried Keller (1819-1890).
Heroische Landschaft, 1841-42.
Zentralbibliothek Zürich.
Gottfried Keller – der Maler? Alle Welt kennt ihn als Schriftsteller....
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Foto SIK-ISEA, Zürich. |
Die Kinderzeichnung
In Zürich besucht er von 1825 bis 1831 die Armenschule. In dieser Zeit beginnt er zu zeichnen und zu aquarellieren. Diese Kinderzeichnung stammt aus dem Jahr 1829 und heisst «Knabe mit Vögeln im Wald» – zu sehen in der Zentralbibliothek Zürich.
Seinen ersten Malunterricht bekommt er mit 18 Jahren vom Regensdorfer Maler Rudolf Meyer (1803-1857).
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Die felsige Waldpartie
1840 reist Gottfried Keller nach München, um sich autodidakt weiter zu bilden. Er wird Mitglied des Münchner Kunstvereins und kann dort einige seiner Werke ausstellen – aber nicht verkaufen.
Felsige Waldpartie, Zentralbibliothek Zürich. |
Skizze zu
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Die heroische Landschaft
Dieses Bild zeigt eine klassische heroische Landschaft (ein spezieller Typus der Landschaftsmalerei, wie er oft in Gemälden der griechischen Mythologie vorkommt). Es ist eine künstlerische Fantasie. Auf menschliche Figuren verzichtet Keller. Der Entwurf dazu stammt aus dem Jahr 1841 und ist auf Papier mit schwarzer Kreide und Pinsel gefertigt.
Das relativ grosse Ölgemälde (88.7 x 118.3 cm) entsteht in der Münchner königlichen Akademie der Künste 1842.
Der Künstler schickt es nach Zürich an die jährliche Schweizer Kunstausstellung, es wird dort aber nicht angenommen. Gottfried Keller hätte sich dafür einen Preis von 15 Louisdor (nach heutigem Wert etwa 500 Euro) vorgestellt, es lässt sich aber nicht verkaufen, auch später in Basel und Bern nicht.
Danach bleibt das Bild für 60 Jahre verschollen und taucht dann in Wien bei einem Händler wieder auf. 1920 kauft es die Gottfried-Keller-Stiftung für 10'000 Franken.
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Der Grüne Heinrich (1854-55)
Sein erster Roman, ein autobiographisches Werk. Gottfried Keller verarbeitet darin sein persönliches Scheitern als Maler. «Grün» nennt er seinen Heinrich, weil er eine Kleidung trägt, die aus der grünen Uniform seines früh verstorbenen Vaters geschneidert wird, gemeint ist aber auch «grün hinter den Ohren» im Sinne von unreif. Der Roman kommt gut an, Keller selbst ist damit allerdings nicht zufrieden und schreibt 1879 noch eine zweite Fassung.
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Sigismund Righini
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Koller, Böcklin, Keller...
Bis 1910 gab es in Zürich das «Künstlergütli». Dann musste es dem Neubau der Universität weichen. Es diente zahlreichen Künstlern als Versammlungs- und Ausstellungslokal und als Wirtschaft.
Gottfried Keller, Arnold Böcklin und Rudolf Koller sollen hier oft verkehrt haben – und sorgten für Anekdoten. So berichtet der Kunstkritiker Albert Fleiner (1849 - 1902) in seinen Erinnerungen, Böcklin und Keller seien auf dem steilen Weg runter in Richtung Hirschengraben ausgerutscht:
«Da lagen sie nun übereinander und hatten Mühe, auf dem abschüssigen vereisten Pfade wieder festen Stand zu gewinnen, der grösste Dichter und der grösste Maler, den die Schweiz hervorgebracht hat, ein ganz respektables Häuflein Kunst!».
Quelle: https://www.gottfriedkellerzuerich.ch
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Gottfried-Keller-Denkmal in Zürich Enge. Von Otto Charles Bänninger (1897-1973). |
Das Gottfried-Keller-Denkmal
Es steht in der Gartenanlage beim Hafen Enge in Zürich und wurde 1963 von Otto Charles Bänninger (1897-1973) geschaffen. Es ist ein Geschenk an die Stadt Zürich der Swiss Re Versicherung, die damals ihr hundertjähriges Bestehen feierte.
Das mehrteilige Kunstwerk besteht aus einem Block, der die Titel von Gottfried Kellers literarischen Werken enthält sowie einer Stele mit dem überlebensgrossen Haupt des Dichters. 2015 wurde das Denkmal komplett restauriert.
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Gottfried-Keller-Stiftung |
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Die Gründerin der Gottfried-Keller-Stiftung |
Die Gottfried-Keller-Stiftung
Sie heisst zwar so, aber Gottfried Keller selbst hat mit der Stiftung wenig zu tun: er ist nur ihr Namensgeber. Eigentlich müsste die Stiftung
Sie durchlebt ein wahres Drama, als sie mit dem Maler Karl Stauffer eine Liebesbeziehung eingeht. Ihr Mann, Sohn des Bundesrates Emil Welti, lässt sie in eine psychiatrische Klinik einweisen, Stauffer wirft man «Vergewaltigung einer Geisteskranken» vor. Stauffer begeht 1891 Suizid, Lydia Welti wenig später auch. Vorher gründet sie aber noch ihre Stiftung mit dem Zweck, bedeutende Kunstwerke der bildenden Kunst zu erwerben.
>mehr über Lydia Welti und ihre Stiftung
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