Man könnte vor Neid erblassen. Wenn es stimmt, dann war der Zürcher Künstler aus Kyburg genau zur Stelle, als 1812 Napoleon in Moskau einmarschierte und die Stadt in Besitz nahm. War Oeri tatsächlich vor Ort? Sein Werk «Der Brand von Moskau, im Hintergrund der Spasskaya Turm, 1812» deutet das an. Möglich ist natürlich auch, dass er die Szenen aus dem Kopf gemalt hat.
Hans Jakob Oeri, gemalt in Paris von
Jacques Louis David, 1804.
Wie auch immer – in Russland hält er sich auf zu dieser Zeit. Acht Jahre lang, von 1809 bis 1817, als Maler und Zeichenlehrer im Dienste russischer Herren. In Moskau arbeitet er bei einem Berater des Zaren, bei Graf Arkadij Ivanovic Markov. Klingt besser, als es ist: Bezahlung und Unterkunft sind lausig, Oeri wird darüberhinaus auch noch als Diener missbraucht und schliesslich sogar gefeuert, weil er sich an die Nichte seines Bosses ranmacht.
Er zieht weiter nach Kasan und
St. Petersburg. Nach acht glücklosen Jahren in Russland entschliesst er sich zur Rückkehr. Ein mühsamer Weg nach Hause. Im Pferdewagen bis an die Ostsee, dann per Schiff nach Lübeck und von dort – da er völlig mittellos ist – zu Fuss (!) nach Zürich. In die Trittligasse, wo er in einer Dachkammer seines Bruders unter kommt.
Dabei hatte seine Karriere so hoffnungsvoll begonnen. Er kam 1782 in Kyburg zur Welt, als Sohn eines Pfarrers. Und hatte schon 1803 das Privileg nach Paris zu ziehen, wo sein Lehrer der grosse Jacques Louis David war, der persönliche Porträtist von Kaiser Napoleon. Oeri bewies Talent, vor allem bei Porträts, fand sich aber auch in der Historienmalerei zurecht, die damals in den Kunstakademien den höchsten Stellenwert hatte.
1820 – nach seinem glücklosen Abstecher nach Russland – machte er sich in Zürich einen Namen als Porträtist. Die Zürcher Crème de la Crème liess sich von ihm malen. Oder zeichnen. In einer von Oeri erfundenen neuen Zeichentechnik. Die Resultate sind veblüffend. Detailgenau und präzise wie Fotografien. Hans Jakob Oeri stirbt 86-jährig am 24. Februar 1868 in Zürich.
Ausstellung im Kunsthaus Zürich vom 12.8. - 23.10.2016 |
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1812: Oeri in Moskau
Das Bild heisst «Der Brand von Moskau, im Hintergrund der Spasskaya Turm» und entstand 1812. Also genau dann, als Napoleon mit seiner 500'000-Mann-Armee in Moskau war. Und zwar als Sieger. Aber da die Russen sich weigerten, eine Kapitulation zu unterzeichnen (sie waren einfach nicht da...), musste Napoleon schliesslich den Rückzug antreten.
Durch Russlands Weite in Schnee und Eis, ständig in verlustreiche Schlachten verwickelt, starben seine Soldaten unter den russischen Kugeln, erforen, verhungerten, und die «Grande Armée» wurde völlig aufgerieben.
Oeris Bild zeigt Moskau in Flammen. Unklar ist bis heute, ob das Feuer von den Franzosen oder von den Russen selbst gelegt wurde. Unten links Franzosen, die Kunstschätze plündern.
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1820: Oeri zurück in Zürich: Selbstportrait
So malte er sich, als er gerade mal 38 Jahre alt war. Die Strapazen, die der Künstler in Russland und auf seiner beschwerlichen Heimreise erleiden musste, sind in seinen Augen zu lesen. Traurig, desillusioniert, hoffnungslos.
Zum Glück kam er bei seinem Bruder an der Trittligasse in Zürich unter, der als Werkzeugbauer ein geregeltes
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1829: Erfolgreich als Porträtist
Oeri fand schliesslich einen Weg, um sich als Künstler über Wasser zu halten. Sein Talent und seine erstklassige Ausbildung bei Jacques Louis David in Paris halfen ihm dabei. Und Zürichs High Society wollte Porträts. Gemalt und gezeichnet. Da war Oeri in seinem Element.
Bild: Maria Hess, 1829.
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1835: Erfinder einer neuen Zeichentechnik
Oeri entwickelte eine Technik, die Werke wie Fotografien aussehen liess. Jedes Detail erkennbar, knallscharf. Dank feinsten Kreidestrichen.
Er kämpfte zeitlebens um Anerkennung dieser Methode und hoffte, sie an einer «eidgenössischen Kunstakademie» unterrichten zu dürfen. Diese Traumakadamie wurde aber nie gegründet. Bild: Margaretha Albertine Werdmüller, 1835. |
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Noch ein Meisterwerk
Diese Zeichnung ist ein weiterer Beweis für Oeris Talent. Es heisst «Männlicher Rückenakt, sitzend» und wurde zwischen 1803 und 1807 geschaffen, also in seiner Pariser Zeit.
Es ist 58 x 45 cm gross, gezeichnet mit schwarzer Kreide auf Papier. Das Werk ist so detailliert gezeichnet, dass es fast wie eine Fotografie wirkt. Kunsthaus Zürich. |
Chloe, |
1803: In Paris bei Jacques Louis David
Sein Lehrer ist kein Geringerer als der grosse Jacques Louis David, der persönliche Porträtist von Kaiser Napoleon (sein berühmtestes Werk, die «Krönung des Kaisers» von 1804 hängt im Louvre).
>mehr über Jacques Louis David
«Chloe», 1806-08, ist das einzige erhaltene grossformatige Ölgemälde von Hans Jakob Oeri mit mytholgischem Inhalt. Es bildet den Höhepunkt seiner akademischen Lehrzeit.
Es entstand vermutlich im Atelier seines Lehrers Jacques Louis David. Die Idylle berichtet von der Erinnerung der verliebten Chloe an den vergangenen Herbst, als sie den schlafenden Hirten Lykas erblickt und ihn mit Blumen bekränzt.
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1851: Historienmalerei in der Schweiz
1851 feierte Zürich den 500. Jahrestag des Beitritts zur Eidgenossenschaft. Hans Jakob Oeri und Conrad Zeller (1807-1856) erhielten den Auftrag, für die Festhütte die Dekoration zu malen. «Heimkehr der Zürcher aus der Schlacht bei Dättwyl 1351» heisst das Werk, bei dem Oeri die rechte und Zeller die linke Seite malte. Das Pferd könnte sogar von einem Dritten stammen: Dem berühmten Zürcher Tiermaler Rudolf Koller (1828-1905).
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Fotos/Diashow
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