Auguste Rodin (1840-1917)


Dreimal versucht der junge Rodin, an der Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts von Paris aufgenommen zu werden – und dreimal scheitert er. Er gibt nicht auf und setzt seine Künstlerkarriere ohne «offizielle Ausbildung» fort.

 

Er macht seinen Weg. An der Weltausstellung in Paris von 1900 – da ist er 60 Jahre alt– ist er dann mit über 170 Werken präsent – und geniesst die Rolle als Frankreichs Bildhauer-Superstar. Mit seinen Hauptwerken «Le Penseur», «Höllentor», «Bürger von Calais» und «Le Baiser» macht er sich unsterblich und zählt heute zu den bedeutendsten Bildhauern, die je gelebt haben.

 

 

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Auguste Rodin.

 

 

 

Rodin kommt am 12. November 1840 in Paris zur Welt. Sei Vater arbeitet als Beamter bei der Polizei. Auguste möchte Künstler werden und versucht vergeblich, in der Ecole des Beaux-Arts aufgenommen zu werden. Also versucht er es ohne Akademie und wird Schüler beim klassischen Bildhauer Albert Ernest Carrier-Belleuse. Er folgt seinem Meister nach Brüssel, aber die beiden verstehen sich nicht, man trennt sich 1870 im Streit.

 

Er arbeitet weiter in Brüssel, unterbricht diese Zeit aber durch eine ausgedehnte Reise nach Italien, wo er die Werke von >Michelangelo und >Donatello studiert. Danach macht er sich hinter die französischen Kathedralen, um gotische Arbeiten zu studieren.

 

Zurück in Brüssel realisiert er 1877 seine erste Bronze-Skulptur. Sie heisst «L'Age d'airain» (übersetzt Bronze-Zeitalter) und zeigt einen nackten Soldaten in Lebensgrösse.

 

1883 lernte Rodin >Camille Claudel kennen. Sie wird zuerst seine Schülerin, später seine Muse und Geliebte. Die Romanze hält zehn Jahre, dann trennen sich die zwei wieder.

 

 

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Ein Werk seiner Schülerin Camille Claudel
(1864-1943). Vertumne et pomone,

1886-1905. Musée Rodin Paris.

 

>mehr über Vertumnus und Pomona

 

 

 

 

1894 lässt sich Rodin in Meudon nieder. Inzwischen ist er schon so berühmt, dass er an der Weltausstellung von 1900 in Paris in einem eigenen Pavillon über 170 Werke präsentieren kann. Er steht im Zenith seines Schaffens und wird 1904 zum Präsidenten der «International Society of Sculptors, Painters and Gravers» gewählt.

 

Im Pariser «Hôtel Biron» installiert er ein weiteres Atelier – dort, wo heute das >Musée Rodin steht. Er beschäftigt einen berühmten Literaten als Privatsekretär: Rainer Maria Rilke.

 

Auguste Rodin stirbt am 17. November 1917 in Meudon im Alter von 77 Jahren. Auch in Meudon gibt es heute ein Musée Rodin – dort im Park ist er auch beerdigt.

 

 

 

 

>Musée Rodin Paris

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Auguste Rodin (1840-1917).

La Petite Fée des eaux, 1903. Gips.

Musée Rodin Paris.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Auguste Rodin (1840-1917). Das Eherne Zeitalter (Die Bronzezeit), 1875-76. Musée Rodin Paris.

 

1877: Rodins erste Bronzeskulptur

 

Für den Künstler der Beginn seiner Bronzezeit. Und so nennt er die Plastik auch: «L'Age d'airain», übersetzt «Bronzezeit». Es ist seine erste frei stehende Skulptur in Lebensgrösse (178 cm hoch).

 

Dem Werk wird anfangs die Anerkennung verwehrt, weil man hinter dieser perfekten naturalistischen Abbildung den Abguss eines lebenden Modells vermutet.

 

Inzwischen zählt es zu den Meisterwerken der modernen Bildhauerei. Von ihm werden zahlreiche Abgüsse erstellt. Der erste steht im Musée Rodin Paris, ein weiterer im Musée d'Orsay.

 

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Auguste Rodin
(1840-1917).
Le Penseur, 1880.
Musée Rodin, Paris.

 

 

 

 

1880: Le Penseur (der Denker)

 

Sein wahrscheinlich berühmtestes Werk. Zunächst heisst es «Dante» oder «Poète» und wird für das Tympanon des «Höllentors» (Porte de l'Enfer) modelliert.

 

1888 stellt Rodin ein Kleinformat der Skulptur in Kopenhagen aus und 1902 schafft er eine zwei Meter hohe monumentale Version davon, die an Werke von Michelangelo erinnert. Der denkende Muskelprotz. Im Laufe der Zeit sind mehr als zwanzig Abgüsse davon erstellt worden. Dieser hier steht im Park des Musée Rodin in Paris, eine weitere Kopie im Rodin-Museum in Meudon. Und auch der Vatikan besitzt ein Exemplar.

 

>mehr über den Denker

 

 

 

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Auguste Rodin
(1840-1917).
La Porte de l'enfer, 1880-1917. Kunsthaus Zürich.

 

 

 

La porte de l'enfer (Höllentor), 1880-1917

 

Ein Lebenswerk. Schon 1880 erhält Rodin vom französischen Staat den Auftrag, ein Bronzeportal für das neue Musée des Arts Décoratifs in Paris zu entwerfen. Er arbeitet 37 Jahre daran und baut ständig neue Figuren ein, so auch den «Denker».

 

Der erste Bronzeguss entsteht erst 1926, also ein Jahrzehnt nach seinem Tod. Ein Abguss steht im Garten des Musée Rodin in Paris, ein weiterer vor dem Kunsthaus Zürich.

 

 

>mehr über das Höllentor

 

 

 

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Auguste Rodin (1840-1917). Le Baiser, Terrakotta, ca. 1881. Musée Rodin, Paris.

 

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Auguste Rodin
(1840-1917).
Le Baiser, 1888.
Musée Rodin, Paris.

 

 

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Auguste Rodin
(1840-1917).
Le Baiser, 1898.
Musée de l'Orangerie, Paris.

 

 

 

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Paolo et Francesca dans les nuages, 1903-04. Musée Rodin Paris.

 

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Musée des Beaux-Arts, Lyon.

 

 

Das Drama von Paolo und Francesca

 

1881: Le Baiser (der Kuss)

 

Ausgangswerk ist ein 85 cm hohes Terrakotta-Modell, aus dem die Bronzeskulptur entsteht. Danach schafft der Künstler Versionen dieses Sujets in mehreren Grössen und Materialien.

 

Die Marmor-Skulptur, die heute im Musée Rodin zu sehen ist, besteht aus pentelischem Marmor und ist 1.81 m gross. Die Figuren sind aus einem Block herausgearbeitet.

 

1888 findet der französische Staat Gefallen an diesem Sujet und bestellt für die Weltausstellung 1889 eine lebensgrosse Ausführung in Bronze.

 

Der Künstler arbeitet fast zehn Jahre daran – immerhin reicht es noch für für die nächste Weltausstellung von 1900. Es werden mehrere Kopien davon erstellt, die heute in Kopenhagen und London zu sehen sind. Und eine davon auch in Paris: sie steht vor dem >Musée de l'Orangerie.

 

Hinter dem «Kuss» steckt ein veritables Drama: Paolo und Francesca. Rodin hat die Figuren für dieses Meisterwerk beim italienischen Dichter Dante Alighieri (1265-1321) ausgeliehen, bei


>Dantes Göttlicher Komödie

 

Das ist die Geschichte in Kurzform: Francesca hätte Paolos Bruder Gianciotto heiraten sollen, aber dieser ist so hässlich, dass man glaubt, Francesca würde ihn zurückweisen. Also schickt man den schönen Paolo nach Ravenna, um die Hochzeit zu vollziehen. Francesca willigt ein und verbringt die Hochzeitsnacht mit Paolo. Am Morgen dann der Schock, als Francesca ihren echten Ehemann kennen lernt. Francesca und Paolo verlieben sich ineinander und leben eine zehnjährige Affäre. Eines Tages erwischt Gianciotto die Ehebrecher in flagranti und tötet sie. 1581 sollen die beiden in einem Marmorsarkophag in der Kirche des Heiligen Augustus in Rimini gefunden worden sein... noch immer eng umschlungen, im Tode vereint.

 

1903: Francesca und Paolo in den Wolken

 

Für Rodin geht die Geschichte des berühmten Liebespaares aus dem 14. Jahrhundert noch weiter: Nachdem die beiden als Ehebrecher von Gianciotto ermordet wurden, leben sie nun (als Marmorskulptur) weiter in den Wolken.

 

Von diesem Sujet fertigt der Künstler zahllose Versionen. Neben dieser zarten Darstellung der Liebenden gibt es die beiden auch in einer ziemlich erotischen Form: Paolo ausgestreckt auf dem Rücken, Francesca ebenfalls auf dem Rücken, quer über der Brust Paolos.

 

 

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Auguste Rodin (1840-1917). Femme accroupie, grosse Fassung, 1906-08. Bronze. Kunsthaus Zürich.

 

 

 

 

1906: Femme accroupie (Die Kauernde)

 

In diesem Werk weicht der Künstler von allen klassischen Darstellungen ab. Eigentlich ist es für das «Höllentor» bestimmt. Im Laufe der Zeit hat Rodin mehrere Figuren daraus isoliert und zu eigenständigen Werken werden lassen (wie der «Denker» oder dieses hier). Ausgangsmaterial ist Terrakotta. Die Bronzeskulptur weist eine Besonderheit auf: Sie ist im Stil «non-finito» gerfertigt, heisst: Gewisse Teile – hier die Füsse und die Hände – sind nur roh bearbeitet.

 

 

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Fotos / Diashow

 

 

>Musée Rodin Paris

 

>Ausstellung Rodin-Arp, Beyeler Riehen-Basel 2021

 

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