Museum Thyssen-Bornemisza, Madrid

 

Ist es das beste Museum von Madrid?
Besser noch als der Prado? Sicher ist es das Interessanteste. Weil sein Angebot vom 15. bis zum 20. Jahrhundert reicht.

 

Wer in einem einzigen Haus den Überblick über eine 500-jährige Kunstgeschichte gewinnen will, liegt hier goldrichtig. Natürlich kann man sich auch einzelne Leckereien herauspicken. Italienische Renaissance? Französische Impressionisten? Oder deutsche Expressionisten? Alles da.

 

 

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Das ehemalige Stadtpalais «Villahermosa»
beherbergt die Thyssen-Sammlung.

 

 

Beim Namen Thyssen denkt man sofort an Stahl. An Thyssen-Krupp-Stahl. Weltberühmt. Weltberüchtigt. Den Grundstein für ihr Stahlimperium legten die Thyssens um 1850 herum mit einer Drahtfabrik und einer Bank. August Thyssen (1842-1926) war der Mann, der das mächtigste europäische Stahlwerk aufbaute.

 

Augusts jüngster Sohn hingegen, Heinrich (1875-1947), hatte es nicht so mit Stahl. Mit den Erbanteilen der Thyssengruppe in der Tasche ehelichte er zunächst eine ungarische Adlige und wurde so zum Baron. Dann zog er 1932 nach Lugano und machte sich einen Namen als Kunstsammler. Er baute eine beachtliche Sammlung auf – mit über 500 Werken. Nach seinem Tod 1947 wurden diese unter den Söhnen aufgeteilt.

 

Einer der Söhne, Hans Heinrich (1921-2002), setzte sich für die Erhaltung der Sammlung ein: Er kaufte seinen Geschwistern die Gemälde ab und erweiterte die Kollektion durch Zukäufe. Ab 1949 machte er sie der Öffentlichkeit zugänglich – im Tessin, in der Villa Favorita in Castagnola.

 

Hans Heinrichs Gattin ab 1985, die Spanierin Carmen Cervera, hielt Lugano-Castagnola nicht für den idealen Ort. Nach und nach überzeugte sie ihren Ehemann, für die wertvolle Sammlung einen «würdigeren Standort» zu suchen. Am besten in Spaniens Hauptstadt. In Madrid bot sich ein Stadtpalais aus dem 18. Jahrhundert an, die «Villahermosa» – und das erst noch an perfekter Lage ganz in der Nähe des Prado. Keine Frage, das war würdig genug für die Sammlung.

 

Das Stadtpalais wurde zu einem Museum umgebaut und bot Platz für die gesamte Kollektion. 1992 konnte das neue «Museum Thyssen-Bornemisza» in Anwesenheit von König Carlos I und Königin Sophia feierlich eröffnet und dem Publikum übergeben werden. Heute zieht es jährlich rund eine Million Besucher an.

 

 

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Museum Thyssen-Bornemisza.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Domenico Ghirlandaio (Domenico di Tommaso
Bigordi, Florenz, 1449-1494). Porträt von
Giovanna Tornabuoni, 1488. Museo
Thyssen-Bornemisza, Madrid.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Baron Hans
Heinrich Thyssen-Bornemisza
(1921-2002).

 

Vom Stahlimperium zum Adelstitel

 

August Thyssen (1842-1926) baut das Stahlgeschäft auf. Sein jüngster Sohn Heinrich (1875-1947) hat es mehr mit den schönen Künsten. Er heiratet 1906 die ungarische Baronesse Bornemisza, lässt sich vom Schwiegerpapa adoptieren und ist fortan Baron Thyssen-Bornemisza de Kàszon.

 

1932 zieht er in die Schweiz und wird anerkannter Kunstsammler. Sein Sohn Hans Heinrich (1921-2002) studiert ab 1940 in Bern und Freiburg Recht, Wirtschaft und Kunst und wird 1950 Schweizer Staatsbürger.

 

Von seinem Vater erbt Hans Heinrich Anteile am Industrieimperium, den Adelstitel und Teile der wertvollen Gemäldesammlung. Diese erweitert er in den folgenden Jahren mit grossem Elan.

 

 

 

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Baronessa
Carmen Thyssen-Bornemisza (*1943).

 

 

Von der Miss zur Baronessa


Die 1943 in Sitges/Katalonien bürgerlich geborene Carmen «Tita» Cervera ist Model und 1961 Miss Spanien. Durch die Heirat mit Hans Heinrich Thyssen wird sie 1985 zur Baronessa.

 

Sie ist seine fünfte Ehefrau (für sie selbst ist es die dritte Ehe, ihre erste hatte sie mit Schauspieler Lex Barker).

 

Zur Kunstszene stösst sie dank Hans Heinrichs Gemäldesammlung. Sie knüpft Kontakte zu spanischen Kunstkreisen und organisiert dort Ausstellungen. Unter ihrem Einfluss wird die Sammlung Thyssen von Lugano-Castagnola nach Madrid verlegt. Das Paar verkauft die Kollektion 1993 dem spanischen Staat.

 

 

Aus der Sammlung

 

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Perlen des 15. und 16. Jahrhunderts

 

Eines der Aushängeschilder der Sammlung ist dieses

Werk von Domenico Ghirlandaio (Domenico di Tommaso Bigordi, Florenz, 1449-1494). Es zeigt ein Porträt von Giovanna Tornabuoni aus dem Jahr 1488.

 

In dieser Abteilung sind auch Meisterwerke von Caravaggio zu sehen (zum Beispiel die Santa Catalina von Alexandrien, 1597); von Gentile Bellini, Hans und Lucas Cranach, Holbein, Paris Bordone, Roger van der Weyden, Piero della Francesca, Tintoretto, Veronés, Tizian und so fort.

 

 

 

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17. und 18. Jahrhundert

 

Eine gloriose Zeit für Maler, als es die Fotografie noch nicht gab. Da konnte, nein, da musste man alles mit dem Pinsel festhalten. Städte wie Venedig und Rom, Landschaften – und natürlich Menschen. Vor allem Porträts der Adligen waren gefragt, aber auch Darstellungen von Normalbürgern. Diesen jungen Mann mit Laute hat Jan Hermansz van Bijlert 1625 gemalt. Weiter zu sehen: Canaletto, Frans Hals, El Greco, Zurbaran, Gainsborough, Rubens...

 

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19. Jahrhundert

 

Die Zeit der historischen Moderne mit den Epochen Romantik, Realismus und Impressionismus brachte die Malerei auf einen neuen Level. Jetzt zeigten die Künstler, was SIE sahen und WIE sie es sahen.

 

Die Thyssens haben die Superstars jener Zeit zusammengetragen – von Alfred Sisley bis Vincent van Gogh und allem was dazwischen liegt. Es ist eine Augenweide. Bild: Paul Gauguin.

 

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20. Jahrhundert

 

Unfassbar, welche Fülle in dieser Abteilung geboten wird. Die Palette reicht von den französischen Impressionisten bis zu den deutschen Expressionisten rund um Kirchner (Bild links), von Surrealismus bis Pop Art.

 

Das Museum glänzt mit Namen wie Kandinsky, Chagall, Hopper, Dali, Miro, Klee, Kupka, Picasso, Matisse...

und und und.

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