Ausstellung «RAGAMALA für alle Sinne»

Museum Rietberg Zürich vom 20.9.24-19.1.25

 

Indische Bilderkunst
voller Poesie und Musik

 

Dass Musiker das Bedürfnis haben können, für ein Meisterbild eine Ode zu komponieren – das kennen wir. Aber hier, bei den Ragamalas, läuft es genau umgekehrt. Hier versuchen die Maler, Töne einzufangen und diese in Bilder zu übersetzen. So wird die Ausstellung zu einer multimedialen Erfahrung.

 

 

Ausstellungsplakat

 

 

Was heisst Ragamala? Es handelt sich um eine einzigartige indische Kunstform. Sie verbindet Bilder, Musik und Poesie miteinander. Die Musik ist dabei die Ausgangslage. Maler übersetzen die Töne in Bilder und Dichter schmücken die Bilder mit Versen.


Ragamalas entstanden erstmals im 15. Jahrhundert an Indiens Königshöfen. Die Bilder und Verse handeln von Begehren, Verlangen und Herzschmerz – so klingt auch die Musik.


Für die Mitglieder des Königshofes müssen diese Ragamalas eine willkommene Bereicherung gewesen sein. In ihren herrschaftlichen Gemächern, zusammen mit ausgewählten Gästen, lauschten sie der Musik und erfreuten sich an den Bildern. Verbunden mit gutem Essen, Getränken und Düften. Sinnliche Genüsse und ein spirituelles Erlebnis.

 

 

Kishan, Todi Ragini, Folio aus einer Ragamala-

Serie, Hyderabad, 1775-1800. Ausschnitt.

Museum Rietberg Zürich.

 


Im Museum Rietberg sind rund vierzig dieser Meisterwerke in ihrer künstlerischen Einheit – Musik, Poesie und (Miniatur)Bild – zu erleben.

 

 

Bundi Werkstatt Devgandhar Ragini Folio 17
aus einer Ragamala-Serie. Wahrscheinlich Kota,

1680-1690. Museum Rietberg Zürich.

 

 

 

Dekkan Maler, Bilaval Ragini, Ragamala-

Buch Hyderabad, 1720-40.

Museum Rietberg Zürich.

 

 

 

 

 

 

 

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Titelbild (Ausschnitt)

Bikaner Werkstatt, Folio 19 aus
einer «Mughal-inspirierten
Bikaner Ragamala Serie»
Bikaner, um 1640.
Museum Rietberg, Zürich.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Basis des Ragamala ist die Musik. Die Bilder versuchen, ihren Inhalt umzusetzen.

 

 

Patamanjari Ragini.
Mewar Meister,
Udaipur. Folio aus der «G.K. Kanoria Mewar Ragamala Serie» Udaipur,
1690-1700.
Pigmentmalerei auf Papler. Museum Rietberg Zürich.

 

Was sind Ragas?

 

Ragas bilden die Grundlage für die Komposition der klassischen indischen Musik. Ein Raga besteht aus einer bestimmten Auswahl von Tönen – Haupttöne und meist fünf bis sieben auf- und absteigende Tonfolgen. Jeder Raga hat charakteristische melodische Phrasen – aber die Musiker sind frei, diese zu improvisieren. So klingt die Musik auch in unseren mozartlich-vivaldisch verwöhnten Ohren. Sie klingt, vornehm ausgedrückt: gewöhnungsbedürftig.

 

 

Und was sind Ragamala-Bilder?


Wörtlich übersetzt soll es «Girlanden von Ragas» bedeuten, also etwa «Verehrung» dieser Musik. An den Königshöfen Indiens ab dem 15. Jht waren Ragamalas eine beliebte Kunstform. Sie – und die passenden Verse dazu – thematisieren vorwiegend das Gefühl der Liebe in all seinen Schattierungen – Verlangen, Romantik, Hingabe und Melancholie.

 

Die kleinformatigen Bilder (Miniaturen) wurden wie einzelne Buchseiten gelesen oder in einem intimen Rahmen betrachtet. Oder ungerahmt an die Wand gehängt. Manchmal schmückten grossformatige Ragamala-Bilderserien als Fresken die Wände königlicher Paläste. Sie zieren zum Beispiel die Wände des obersten Gemaches im Palast von Bundi.

 

Zu bestimmten Anlässen und Festen lud die königliche Familie Kunstfreunde dorthin ein, um Bilder und Fresken zu betrachten. Und der Musik zu lauschen, die Sinne anzuregen und sich den Gefühlen der Liebe und des Heldentums hinzugeben.

 

 

Malashri Ragaputri.

 

Malashri Ragaputri

 

Wo immer mein Blick auch hinwandert, meine Augen möchten in seine Augen schauen. Ich vermeide jeden Blick, der nicht seiner ist, doch sein Blick bleibt mir versagt! Wo soll ich dieses Geheimnis verbergen, wenn nicht in meinen Augen?

 

Bild: Noch nicht identifizierter Kota Meister. Folio aus der Kota Narayana Ragamala-Serie. Kota um 1770.
Pigmentmalerei auf Papier.


>Musik Malashri Ragaputri

 

 

Gambhira Raga.

 

Gambhira Raga

 

Frau: Mein König, ich habe meine Welt hinter mir gelassen, ich bin mit dir gekommen. Von nun an bist du mein Ein und Alles! Mann: Fürchte dich nicht, meine Liebe, diesen trügerischen Fluss müssen wir überqueren, unsere Zweifel hinter uns lassen, auf diese neue Reise wollen wir in Liebe gehen! Uns gemeinsam eine wunderschöne Zukunft schaffen.

 

Bild: Meister der ersten Generation nach Manaku und Nainsukh von Guler. Folio aus der Zweiten Guler Ragamala Serie, Pohari-Gebiet, um 1790. Pigmentmalerel auf Papier.


>Musik Gambhira Raga

 

 

Hindola Raga.

 

 

 

 

Hindola Raga

 

Ich bin der Frühling, der König aller Jahreszeiten.
Ich bringe die Farben der Liebe und Freude.
Meine Düfte mögen eure Herzen füllen, lass uns gemeinsam voll Entzücken schaukeln, ganz wie die Natur sich in meinen Klängen wiegt.

 

Bild: Noch nicht identifizierter Kota Meister.
Folio aus der «Kota Narayana Ragamala Serie»
Kota, um 1770, Pigmentmalerei auf Papier.

 

>Musik Hindola Raga

 

 

Madhumadhavi Ragini.

 

 

 

 

Madhumadhavi Ragini

 

Oh Pfau! Dein Ruf schreckt mich. Mehr noch als der blendende Blitz. Daran denkend, auf welche Art er mir seine Liebe zeigen würde, kleidete ich mich in den grünen Sari, den er am meisten liebt. Oh Pfau! Dein Ruf verwirrt mich ... Warnt dein 'piya piya' mich, dass mein Piya, mein Geliebter, gar nicht kommen wird?

 

Bild: Noch nicht identifizierte Kangra Werkstatt.
Folio aus einer Ragamala Serie Pahari Gebiet, wahrscheinlich Kangra, um 1850. Pigmentmalerei auf Papier.

 

>Musik Madhumadhavi Ragini


 

Dhanashri Ragini.

 

 

 

 

Dhanashri Ragini

 

Mein leeres Bett verhöhnt mich in meiner Einsamkeit.
Voll Verzweiflung zeichne ich ihn, wie ich ihn in meinen Träumen sehe. Wie soll ich seinem Bild gerecht werden, wenn der Schmerz unserer Trennung meine Augen verschleiert? Meine Tränen machen es mir unmöglich, sein schönes Gesicht nachzuzeichnen.
Die Erinnerung an ihn bleibt unfertig auf dem Papier.

 

Bild: Noch nicht identifizierter Kota Melster. Folio aus der Kota Narayana Ragamala-Serie Kota, um 1770.
Pigmentmalerel auf Papier.

 

>Musik Dhanashri Ragini

 

 

Savant-Sarang Ragini.

 

 

Savant-Sarang Ragini

 

Wie sollen mir so wenige Tröpfchen Rosenwasser helfen? Ich brenne vor Verlangen. Rufe Wolken, Donner und Regen herbei! Und rufe ihn ...

 

Bild: Noch nicht identifizierter Kota Meister. Folio aus der «Kota Narayana Ragamala-Serie», Kota um 1770.
Pigmentmalerei auf Papier.

 

>Musik Savant-Sarang Ragini

 

 

Indisches Musikinstrument. Kalebasse (Klang-körper) aus Holz,
Messing, Stahl- und Messingsaiten, 20. Jahrhundert. Museum Rietberg Zürich.

 

Die klassische indische Musik


Sie hat eine lange Tradition. Obwohl sie sich im Laufe der Jahrhunderte dynamisch weiter entwickelte, gibt es bis heute allgemein gültige Prinzipien. Diese gelten für die religiöse und klassische, aber auch für die zeitgenössische Musik.


Das wichtigste Prinzip sind Ragas (= melodische Strukturen), die Tonfolgen und Klangfarbe eines Musikstücks festlegen. In einem Konzert folgen die Musiker keiner ausgeschriebenen Partitur. Die Ragas bilden die Skala der Töne, zu denen sie improvisieren.

 

Damit soll eine emotionale Wirkung auf die Zuhörenden erreicht werden.


 

Manish Soni (1981). Entstehung des Megha Raga
Bhilwara, 2024.
Pigmentmalerei auf Papier.

 

Manish Soni (1981).

 

 

Fortführung der alten Bildtraditionen


Nach der Unabhängigkeit Indiens verloren viele Maler ihre königlichen Förderer und Auftraggeber. Darunter litt die Ragamala-Kunst. Aufgrund fehlender Aufträge stellen die meisten Künstler heute nur noch Kopien von Miniaturen für Touristen her.


Für die Ausstellung hat das Museum zwei der bekanntesten zeitgenössischen Miniaturmaler aus Indien und Pakistan eingeladen: Manish Soni (1981) und Murad Khan Mumtaz (1980) übersetzten jeweils ein Raga in eine zeitgenössische Bildsprache. Die Ausstellung zeigt mehrere Bilder dieser zeitgenössischen Maler.


Manish Sonis Bildbeitrag ist eine Interpretation des «Megha Raga» – einer Saga über die Monsunwolken. Soni stammt aus einer Familie traditioneller Maler in Indien und wurde von seinem Vater und Grossvater ausgebildet.

 

 

Ausstellung 2024: Indische Miniaturen

 


 

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