Ausstellung «Konstellation 10 – Nackte Tatsachen»
im Kunstmuseum Thurgau, Kartause Ittingen.
Vom 7.9.2019 - 13.4.2020
Wie kommt es, dass man in einem ehemaligen >Kartäuserkloster Aktbilder ausstellt? Ganz einfach: Im Depot des Kunstmuseums Thurgau – das seinen Sitz in der Kartause Ittingen hat – schlummern zahllose Akte. Und die muss man doch dem Publikum von Zeit zu Zeit auch mal zeigen.
Kirche und Nacktheit, das ist eine komplexe Sache. In der Antike regte man sich über nackte Haut nicht auf. Und zu Beginn des Christentums vor zweitausend Jahren auch nicht. Erst im Verlaufe der Jahrhunderte entwickelte die Kirche den Begriff der «Sünde». Weil man damit das Volk in den Griff bekam. Nach und nach erliessen die Priester immer mehr Gebote und Verbote, das «Sündenregister» wuchs im wahrsten Sinne des Wortes. Und je mehr Sünden man den Leuten einreden konnte, desto grösser wurden die Beträge, die man im Ablasshandel von den reuigen Sündern verlangen konnte. Die Angst vor der Hölle war allgegenwärtig. Und die erpressten Summen gewaltig. Ganze Kirchenpaläste wurden so finanziert, sogar der >Petersdom in Rom.
Erstaunlich ist aber, dass es der Kirche bis heute gelingen konnte, Erotik und Nacktheit so nachhaltig als Sünde zu deklarieren. Das gilt übrigens nicht nur für die christliche Kirche. Auch bei den Muslimen kamen die Verbote und Kleidervorschriften erst nach und nach – Jahrhunderte nach der Gründung der Religion.
Die westlichen Künstler der Renaissance fanden stets Mittel und Wege, die Kirchenverbote zu umschiffen: Sie griffen auf antike Themen zurück und malten eine nackte >Danae im Goldregen oder entlockten einem Marmorblock eine Venusschönheit. Oder stellten eine nackte Sünderin wie die >Heilige Maria Magdalena bloss (von der bis heute niemand weiss, warum man sie zur Sünderin erklärt hat). Aber die durfte man nackt abbilden, klar, sie war schliesslich eine Sünderin!
Hans Bach (1946-2019). Stehende Eva, 1985. Kunstmuseum Thurgau.
Die Künstler, die jetzt im Kunstmusemum Thurgau ausgestellt werden, brauchten keine Tricks. Sie malten, zeichneten und schnitzten einfach nackte Menschen, Männlein und Weiblein. Der Reiz, Akte zu malen und zu modellieren, ist unverändert hoch geblieben. In der Kartause Ittingen sind grossartige Werke dabei.
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Titelbild (Ausschnitt)
Robert Wehrlin (1903-1964),
Liegender Akt, 1937.
Kunstmuseum Thurgau.