Die Geschichte des Jakobswegs reicht weit ins
Mittelalter zurück und ist eng mit der Legende um das Grab des Apostels Jakobus verbunden. Nach der Überlieferung wurde er nach seinem gewaltsamen Tod in Jerusalem auf wundersame Weise nach Spanien (Galizien) überführt und dort begraben. Um das Jahr 820 soll ein Einsiedler namens Pelayo durch eine göttliche Eingebung auf das Grab aufmerksam geworden sein. Der zuständige Bischof Teodomiro bestätigte dann das Grab als «Grab des Apostels Jakobus des Älteren».
Jakobsweg-Pilger:innen am Ziel vor der
Kathedrale Santiago de Compostela.
Die Westseite der Kathedrale.
Die Nachricht von der Entdeckung des Grabes des heiligen Jakobus verbreitete sich im 9. Jahrhundert in ganz Europa und Santiago de Compostela wurde zum wichtigsten Wallfahrtsziel des Christentums. Im Hoch- und Spätmittelalter entstand ein dichtes Netz von Pilgerwegen, die alle nach Santiago de Compostela führten. Die bekannteste Route ist der Camino Francés, der von den Pyrenäen durch Nordspanien bis nach Galizien verläuft und im 11. Jahrhundert als Hauptverkehrsachse für Pilger ausgebaut wurde.
Die Pilgerfahrt war damals für viele die einzige grosse Reise ihres Lebens. Könige, Adlige und Kirchenfürsten förderten den Bau von Herbergen und Hospizen entlang des Weges, um Pilger zu unterstützen und die Meditation und die christliche Nächstenliebe zu leben.
Mit der Reformation und den Religionskriegen im
16. und 17. Jahrhundert ging die Zahl der Pilger stark zurück. Erst ab den 1970er Jahren erlebte der Jakobsweg eine Renaissance und wurde zum Symbol für spirituelle Suche, Abenteuer und kulturellen Austausch. 1993 wurde der spanische Hauptweg (der Camino primitivo) als erste Wanderroute in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Die Zusatzschlaufe ans «Ende der Welt», um dort im Meer die Jakobsmuschel zu behändigen, heisst «Camino de Finisterre» und führt von Santiago de Compostela bis an den westlichen Zipfel Spaniens.
Der Camino de Finisterre wird zwar bereits in Chroniken des 12. Jahrhunderts erwähnt, dennoch zählt diese Extrastrecke offiziell nicht zum Jakobsweg. Zumal es am westlichen Zipfel weder Reliquien noch heilige Stätten Jakobus' gibt.
Im Laufe der Wiederbelebung des Jakobswegs
im 20. Jahrhundert wurde der Weg ans Meer aber wieder populär und wird von vielen Pilgern begangen. Auch wenn diese heute wissen, dass hier die Welt nicht endet. Aber für die besonders sportlichen Pilger ist die Extrastrecke eine weitere Herausforderung.
Das Cabo de Finisterre aus der Luft
gesehen (Foto Google Earth).
Pilger, die den Weg zu Fuss gehen,
bewältigen die rund 90 Kilometer lange
Strecke in drei Tagen.
Galicia, die westlichste Provinz Spaniens
im Norden von Portugal.
Die Kathedrale Santiago de Compostela.Messe um 12 Uhr mittags.
Confesiones (Beichte) von Montag bis Freitag, je 11 bis 13 Uhr.
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Von der Kleinkirche zur Kathedrale
Es heisst, dass schon Asturiens König Alfons II (791 bis 842) im 9. Jahrhundert den Jakobsweg gegangen sei. Er war es auch, der für das Grab des Apostels Jakobus eine kleine Steinkirche bauen liess.
Diese wurde später durch eine >Basilika ersetzt, die aber im 10. Jahrhundert von muslimischen Truppen zerstört wurde. Der Bischof Diego Peláez und der König von León, Alfons VI, gaben dann den Auftrag für eine >Kathedrale in romanischem Stil, die 1211 eingeweiht werden konnte. Im 17. und 18. Jht wurde sie im Barockstil umgestaltet, vor allem die Stirnseite und die Westfassade (Obradoiro-Fassade). Diese Umbauten führten im wesentlichen zum heutigen Aussehen.
Für Jakobsweg-Pilger:innen ist die Kathedrale das Endziel ihrer Wanderung. Jeweils zur Mittagszeit wird für Pilger und Gläubige eine Messe gelesen. Reine Touristen werden ersucht, für diese eine Stunde die Kirche zu verlassen.
Von Montag bis Freitag (je 11 bis 13 Uhr) können Pilger und Gläubige in mehreren separaten Räumen und in verschiedenen internationalen Sprachen ihre >Confesiones ablegen (Beichte). |
Einschiffung des Leichnams des
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Jakobus in Santiago de Compostela
Jacobus war ein Jünger Christi. Ein Apostel. Er wurde 44 n.Chr. in Jerusalem hingerichtet – von König Herodes Agrippa I. Gemäss Legende sollen Anhänger seinen Leichnam irgendwann per Boot an die galizische Küste nach Spanien überführt haben, was auf diesem Gemälde dargestellt wird.
Sie beerdigten ihn in der Gegend des heutigen Santiago de Compostela. Um 820 herum sollen Geistliche das Grab entdeckt und zum Schutz der heiligen Überreste einen Tempel errichtet haben. Daraus entstand im 9. Jht eine kleine Kirche. Um diese herum soll die heutige Stadt entstanden sein.
Und wieso heisst die Stadt Santiago? Ganz einfach: San steht für heilig und Tiago ist der spanische Name für Jakob.
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Das Sepulcrum.
Jakobus' Sarkophag in Silber.Jakobus' Statue. |
Die Reliquien Jakobus' in der Kathedrale
Im heutigen Wallfahrtsort Santiago de Compostela soll sich das Grab des hl. Jakobus befinden. Und zwar in der Krypta der Kathedrale unter dem Hochaltar, beschriftet mit «Sepulcrum Sancti Iacobi Gloriosum». Ende des 19. Jahrhunderts wurde es so umgestaltet, dass Pilger nun Zutritt zum Grab haben. Man kann da runtersteigen und den Heiligen verehren.
Der silbrige Sarkophag soll die Gebeine des Heiligen und zwei seiner Schüler enthalten. Und von welchem Papst wurde Jakobus heilig gesprochen? Von keinem Papst, denn alle Jünger Christi, heisst: alle zwölf Apostel, werden von der katholischen Kirche als Heilige geführt.
Eine Statue zum Umarmen
Über dem Hochaltar der Kathedrale steht in einem weiteren Raum eine mächtige und reich verzierte vergoldete Statue des Heiligen Jakobus, die zu den Gläubigen runter blickt. Über eine Treppe kann man zu ihr hoch steigen und sie umarmen. Eine Anleitungstafel erklärt detailliert, wie die Pilger sich ihr von hinten annähern und sie umarmen sollen – allerdings mit dem Hinweis, dass man sie nicht küssen darf. Wohl weniger aus religiösen denn aus hygienischen Gründen.
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Mit der Jakobsmuschelam Rucksack. |
Welchen «Jakobsweg» pilgerte Jakobus?
Gar keinen. Jakobus zählt zwar heute zu den drei Pilger-Heiligen (die anderen zwei: Petrus in Rom und Johannes in Jerusalem), aber nach Santiago ist er nie gepilgert – in die spanische Provinz Galizien kam er lediglich als Leichnam im Boot.
Erst im 9. Jahrhundert setzte die Tradition der Pilgerwanderungen ein – nachdem man hier mutmasslich Jakobus' Grab entdeckt hatte. Seither wandern die Pilger den «Jakobsweg» in Verehrung des Heiligen.
Welches ist der älteste Jakobsweg?
Der «Camino Primitivo» (=der ursprüngliche Weg) startete in Oviedo und ist 320 km lang. Das ist der älteste überlieferte Jakobsweg. Es heisst, dass sogar König Alfons II ihn im 9. Jahrhundert gegangen sei.
Ein anderer Klassiker ist der «Camino Francés», der in Saint-Jean-Pied-de-Port in den Pyrenäen los geht und rund 800 km lang ist. Das ist heute der meist begangene. Es gibt aber auch Jakobswege, die in Paris oder in Bayern beginnen. Letzterer führt über Einsiedeln und Genf und geht dann in den Camino Francés über.
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Meilenstein
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Kein Jakobsweg ohne Jakobsmuschel
Seit dem frühen Mittelalter dient die Muschel als Erkennungszeichen und Nachweis der Pilgerschaft. Der Besitz einer Muschel war der Beweis, den ganzen Weg gegangen zu sein – bis ans «Ende der Welt», also bis zum Kap von Finisterre – rund 90 km westlich von Santiago de Compostela, wo man sich die Muschel aus dem Meer holen musste.
Allerdings gab es schon damals in Santiago Händler, die Muscheln an Pilger verkauften, die so genannten «concheros». Und geschickte Schmiede fertigten Muscheln in Silber und Gold an, um sie an Pilger zu verkaufen.
Bis ins 13. Jahrhundert galt die Muschel als Beleg für die erfolgreich abgeschlossene Wallfahrt. Sie öffnete Pilgern Türen zu Herbergen und Mahlzeiten.
Sie ist aber auch ein Symbol: Die strahlenförmigen Linien der Muschel stehen für die vielen Wege, die alle nach Santiago führen.
Zudem hatte die Muschel einen praktischen Nutzen: als Schale, um Wasser zu schöpfen oder als Becher, um daraus zu trinken, oder auch um Spenden entgegen zu nehmen.
Wer heute den Camino de Finisterre bewandert und «bis ans Ende der Welt» pilgert, der beweist sich vor allem selbst. Und kauft dann als Belohnung für sein Durchstehvermögen die hübsche weisse Muschel mit dem Jakobskreuz an einem Souvenirstand.
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>mehr über den heiligen Jakobus
>Reisetagebuch Galizien / Santiago de Compostela / Porto
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