Kloster Fischingen und die
Heilige Idda von Toggenburg


Ein Benediktiner-Doppelkloster, das vor neunhundert Jahren gegründet wurde (1138). «Doppelkloster» bedeutet, dass hier sowohl Mönche als als Nonnen arbeiteten und beteten – ganz in Sinne des Ordengründers >Benedikt von Nursia, dessen berühmteste Regel «ora et labora» heisst.

 

 

Kloster Fischingen aus der Luft

(Foto Website Kloster Fischingen)

 

 

Gründer des Klosters ist ein Konstanzer Bischof.

Er hiess Ulrich II und setzte als ersten Abt einen Einsiedler namens Gebino ein. Der Bischof liess je ein Haus für die Mönche und eines für die Nonnen errichten, dazu einen Glockenturm. Zur Zeit der Hochblüte im 13. Jahrhundert zählte die Abtei rund 150 Mönche und 120 Nonnen.

 

Um 1200 herum soll die heilige Idda von Toggenburg in einer Klause beim Kloster gelebt haben. Idda liegt heute in einem Grab in einer prächtigen Kapelle neben der Klosterkirche. Schon im 15. Jahrhundert hatte sie hier eine kleine einfache Kapelle, die um 1600 herum weiter ausgebaut wurde. Die heutige barocke Kapelle stammt aus dem Jahr 1705.

 

Im Gegensatz zu den zürcherischen Klöstern wurde das Kloster Fischingen im Zuge der Reformation 1526 nicht aufgelöst – sondern nur für ein paar Jahre «ausgesetzt». Das hat damit zu tun, dass Thurgau zu den «sieben katholischen Orten» der Eidgenossenschaft gehörte. Auf deren Initiative hin wurde das Kloster ab 1540 wieder in Betrieb genommen.

 

In den Jahren 1685 bis 1687 baute man eine neue Abteikirche und 1705 die pompöse Kapelle für die Heilige Idda. Etwa fünfzig Jahre später wurde ein Teil der Konventgebäude neu errichtet, 1761 konnten die Mönche ihre neuen Unterkünfte beziehen. Damals lebten noch etwa 130 Mönche im Kloster.

 

Die Decken- und Wandfresken der Klosterkirche wurden in den 1760er-Jahren geschaffen. Die bedeutendsten Werke im so genannten Psallierchor (=Oberer Chor) stammen vom Tiroler Johann Jakob Zeiller (1708-1783), der einen guten Ruf als Rokoko-Künstler hatte. Das grosse Deckenfresko stellt eine Verherrlichung des heiligen Benedikt dar. Weitere Fresken im Bereich der Chordecke und Medaillons schuf der Allgäuer Joseph Keller (1740-1823) aus Pfronten.

 

 

 

 

 

Weltliche Nutzung des Klosters

 

Nach dem Tod des letzten Benediktiner-Abtes
Franziskus Fröhlicher im Jahr 1848 wurde das Kloster vom thurgauischen Grossen Rat aufgehoben und ging an den Kanton über. Die mittelalterlichen Bücher der Bibliothek übernahm die Kantonsbibliothek.

 

Die Gebäude des Klosters wurden 1852 an einen Winterthurer Textilfabrikanten verkauft. Dieser liess in den Klostergebäuden Baumwollstoffe und Schuhschäfte herstellen – aber nur etwa 20 Jahre lang.

 

Dann (1875) kaufte ein Thurgauer Regierungsrat die Klosteranlage und betrieb darin eine Internationale Handelsschule – mit wenig Erfolg. 1879 folgte die katholische Waisenanstalt des Vereins Sankt Iddazell, die später als Erziehungsanstalt und Kinderheim geführt wurde.

 

Als aufgrund einer Änderung der Bundesverfassung im Jahr 1973 der Betrieb von Klöstern wieder möglich wurde, konnte 1977 auch das Kloster Fischingen wieder in die alten Gebäude einziehen. Der Verein St. Iddazell – als Eigentümer der Gebäude – beschloss und realisierte 1997 umfangreiche Modernisierungen.

 

Heute führt der Verein St. Iddazell ein weit herum bekanntes Seminarhotel mit 29 Doppelzimmern und zwei Mehrbettenräume mit zwölf und zwanzig Betten, dazu ein Restaurant.

 

Zu den weiteren Aktivitäten des Vereins gehört seit 1976 eine Sonderschule für Jugendliche mit speziellen Lern- oder Verhaltensproblemen. Ferner führt das Kloster seit 2014 eine eigene Biermarke («Pilgrim») und betreibt eine Schreinerei/Zimmerei.

 

 

 

 

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Kirche mit Anbau: Die Idda-Kapelle.

 

 

Die «Marmor»-Säulen in der barocke Kapelle der Heiligen Idda aus dem Jahr 1705.

 

Die prachtvolle Kapelle der heiligen Idda

 

Die heilige Idda von Toggenburg ist im Kloster Fischingen begraben. Ihr hat man eine grosszügie und reich ausgestattete Kapelle in der Klosterkirche errichtet. Sie ist von gewaltigen Ausmassen und sieht wie ein Anbau aus. Das ist sie auch.

 

Die heutige Kapelle in prächtigem Barock enstand erst 1705, also etwa zwei Jahrzehnte nach der Kirche. Ihre erste Kultstätte hatte Idda hier schon im
15. Jahrhundert über ihrem Grab als einfache, bescheidene Kapelle. Hundert Jahre später (1595/1625) wurde sie vergrössert. Die heutige barocke Kapelle stammt aus 1705.

 

Bauleiter für die Kapelle war der Konstanzer Jesuitenbruder Christian Hueber (1657–1713). Von welchem Künstler die Figur der heiligen Idda stammt, ist nicht bekannt.

 

Die künstlerisch beachtenswerten «Marmor»-Fakes an den Säulen der Kapelle sind das Werk eines jungen Stukateurs aus Süddeutschland, Dominik Zimmermann (1685–1766).

 

 

Gemälde zur Legende der Heiligen Idda. Unbekannter Künstler, Museum Lichtensteig.
Foto Plutowiki, WikiCommons.

 

 

Die Heilige Idda mit dem Hirsch über dem Altar ihres Grabes.

 

 

Das Fussloch am Altargrab der Heiligen Idda.

 

 

 

Wer ist die Heilige Idda von Toggenburg?

 

Ihr geschichtlicher Hintergrund liegt im Dunkeln, aber ihre Legende spielt im 13. Jahrhundert und ist spannend: Idda ist die Tochter eines Ulmer Grafen, verheiratet mit einem Grafen aus Toggenburg. Ein Rabe stiehlt ihren Ehering und der Ring gelangt irgendwie an den Finger eines Jägers. Idda wird von ihrem Gatten des Ehebruchs bezichtigt. Der bringt den (unschuldigen) Jäger um und schmeisst seine (unschuldige) Ehefrau aus dem Burgfenster. Diese fällt 400 Fuss tief über eine Felswand – aber ein Engel rettet sie und Idda überlebt wundersam. Fortan lebt sie ein Leben für Gott als Einsiedlerin bei Fischingen im Thurgau. Ihr Grab ist im Kloster Fischingen – in ihrer eigenen Kapelle.

 

Idda wird meist mit einem Hirsch abgebildet. Das ist aber kein gewöhnlicher Hirsch, sondern einer mit zwölf Flammen im Geweih. Mit diesen weist er der heiligen Idda jeden Morgen den Weg zur Frühmesse im Kloster Fischingen.

 

Wer die Heilige Idda wirklich war, ist nicht bekannt. Aber damit sie eine Historie bekommt, erfindet ein Abt von Fischingen, Franz Troger, kurzerhand eine – allerdings erst im Jahr 1704. Als Iddas Geburtsjahr setzt er 1156 ein, ihre Vermählung auf 1179, der Felssturz auf 1191, ihren Aufenthalt in Fischingen auf 1218 bis 1226. Und damit das alles seine Richtigkeit hat, bewilligt Papst Benedikt XIII im Jahr 1724 den Idda-Kult für das gesamte Bistum Konstanz.

 

Idda ist zwar nicht offiziell die Patronin der Pilger, aber sie wird von >Pilgern des Jakobswegs verehrt. Wer seine Füsse in ein spezielles «Fussloch» am Altargrab der Heiligen streckt, der darf eine wundersame Linderung seiner Fussschmerzen erwarten.

 

Inzwischen hat der Idda-Kult ausserhalb von Fischingen weitere Kreise gezogen. In der Diözese Basel wird Idda als Patronin des entlaufenen Viehs verehrt. Und auf einem 976 Meter hohen Berg auf dem Gebiet der Gemeinde Kirchberg in der Nähe des Klosters Fischingen gibt es seit 1934 einen Wallfahrtsort, die >Sankt Iddaburg.

 

 

 

Kloster Fischingen mit Kirche und Idda-Kapelle.

 

Fresken von Jakob Zeiller (1708-1783)...

 

...und Joseph Keller (1740-1823).

 

Das Motto 2025 heisst «Pilger der Hoffnung»
 

 

Fischingen als Wallfahrts- und Pilgerort

 

Seit seinen Anfängen im 12. Jahrhundert bietet das Kloster Fischingen eine Herberge für Pilger, die den so genannten «Schwabenweg» gehen. Das ist ein traditioneller Abschnitt des >Jakobswegs, der von Konstanz über Fischingen nach Einsiedeln führt und von dort via Genf und die Pyrenäen nach >Santiago de Compostela.

 

Bis heute steht Pilgern im Kloster Fischingen eine Pilgerherberge zur Verfügung. Zum Sonderpreis von Fr. 47.50 pro Nacht bekommt man zum Jubiläum im «Heiligen Jahr 2025» ein Bett im Massenschlag – vorausgesetzt, man ist als Pilger registriert. Einen Pilgerausweis kann man problemlos online buchen, zum Beispiel über jakobsweg.ch.

 

 

«Das Heilige Jahr 2025»

 

Was ist das? Ein Jubiläumsjahr der römisch-katholischen Kirche, das alle 25 Jahre gefeiert wird. Es steht unter dem Motto «Pilger der Hoffnung».

 

Pilger, die eine der Heiligen Pforten der vier Hauptbasiliken Roms durchschreiten, (Petersdom, San Paolo fuori le mura, Santa Maria Maggiore, Lateran), erhalten einen besonderen Ablass*).

 

Für das Jahr 2025 rechnet Rom mit etwa 45 Mio Pilgern und Besuchern. Auch das Kloster Fischingen rückt 2025 vermehrt in den Fokus als Wallfahrts- und Pilgerort. Es bietet sich auch als regionale Alternative zu einer Reise nach Rom an.

 

*) Was ist ein «besonderer Ablass»? Bei der Beichte wird die Schuld der Sünde bereits getilgt, aber die Konsequenzen (=Sündenfolgen), die im eigenen Leben und in der Gemeinschaft entstanden sind, werden nun in diesem besonderen Ablass aufgehoben.

 

 

Pforte zum Kloster.
 

 

Mönche im Kloster.
 

Hier wird das «Pilgrim»-Bier gebraut.

 

Noch zehn Mönche im Kloster

 

Einst – im 13. Jahrhundert – waren es 150 Mönche und 120 Nonnen – heute sind es gerade mal noch zehn Mönche, die in Fischingen arbeiten und beten. «Ora et labora» – bete und arbeite – heisst das Motto der >Benediktiner-Mönche, die es neben Fischingen auch noch in Disentis, >Einsiedeln und Engelberg gibt.

 

Meditation und Gebet sind feste Bestandteile im Leben der Mönche. Aber auch die Seelsorge spielt traditionell eine wichtige Rolle, die Betreuung von Menschen im Einzugsbereich des Klosters und von Pilgern des Jakobswegs, die sich auf dem Weg durch die Schweiz befinden. Die Mönche sind auch als Lehrer tätig und betreiben sogar ihre eigene >Website.

 


«Pilgrim», das klösterliche Bier

 

Beim Begriff Klosterbier denkt man natürlich sofrt an die Mönche, die Bier seit Jahrhunderten brauen. In Fischingen ist das allerdings nicht mehr der Fall. An die Stelle der Mönche ist eine eigenständige Brauerei getreten, die 2014 durch drei Investoren gegründet wurde. Immerhin werden für die Produktion des klösterlichen Biers unter dem Namen «Pilgrim» (=Pilger) alte klösterliche Rezepte und das klostereigene Wasser verwendet.

 

 

 

>mehr über Klöster im Mittelalter

 

>Fraumünsterabtei Zürich

 

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