Caravaggio heisst ein Städtchen in der Lombardei, etwa 40 Kilometer östlich von Mailand gelegen. Von dort stammen die Eltern des MICHELANGELO MERISI, den heute die Welt als Caravaggio kennt. Als jenen Künstler, der die italienische Malerei auf den Kopf gestellt hat.
Er gilt als Pionier des Barocks und verpasst seinen Gemälden ein völlig neues Licht: das «chiaro-scuro», das Hell-Dunkel. Eine Revolution in der Lichtführung, die noch Generationen von Malern nach ihm beeinflusst, darunter auch Grössen wie Rubens.
Portrait Caravaggio, 1621.
Von Ottavio Leoni (1578-1630).
Biblioteca Marucelliana, Florenz.
Caravaggio ist aber auch – und vor allem – wegen seines abenteuerlichen Lebens zur Legende geworden. Er ist ein Haudegen.
Er kommt in Mailand zur Welt und durchläuft hier auch seine Lehrzeit. Dann zieht es den 19-jährigen nach Rom. Dort arbeitet er zunächst in der Werkstatt von Giuseppe Cesari – dem Maler von Papst Clemens VIII. 1594 macht er sich selbständig und lenkt die Aufmerksamkeit des kunstsinnigen Kardinals Del Monte auf sich. Weitere Kardinäle und andere hochgestellte Persönlichkeiten sorgen für neue Aufträge.
Als Künstler ist er höchst erfolgreich unterwegs –
doch dann kommt es 1606 zu einem gewalttätigen Zwischenfall, der sein ganzes Leben umkrempelt. Bei einem Strassenfest in Rom geraten sich der streitsüchtige Künstler und ein Mann namens Ranuccio Tomassoni in die Haare. Caravaggio zieht sein Schwert und fügt seinem Kontrahenten eine so schwere Verletzung zu, dass Tomassoni noch vor Ort verstirbt. Dumm nur, dass sein Opfer ein Sohn des Kommandanten der Engelsburg ist. Jetzt wird Caravaggio gejagt. Er flüchtet in den Süden Italiens, sein Mäzen Kardinal Del Monte hilft ihm bei der Flucht. In Abwesenheit wird er als Mörder ausgerufen und aus Rom verbannt.
Im Herbst 1606 kommt er in Neapel an. Dort schafft er einige Meisterwerke, muss dann aber erneut fliehen – wieder ist Gewalt im Spiel.
Er reist 1607 nach Malta, wo man ihn als berühmten Künstler begeistert empfängt. Er tritt als Bruder in den Malteserorden ein. Aus diesem schmeisst man ihn aber bald wieder raus: In einem Tumult hat er einen Ritter der Malteser verwundet. Der streitsüchtige Künstler wird eingesperrt. Er kann aus dem Gefängnis fliehen und schafft es nach Sizilien. Dort arbeitet er wieder und malt mehrere Altarbilder.
Schliesslich kehrt er nach Neapel zurück. Hier wird er Opfer eines Überfalls, schwere Gesichtsverletzungen sind die Folge. In Porto Ercole wartet er 1610 auf die erhoffte Begnadigung für seinen Mord von Rom. Diese soll tatsächlich unterwegs sein, aber sie kommt zu spät: Caravaggio stirbt am 18. Juli 1610 in einem Hospital in Porto Ercole – da ist er erst 38 Jahre alt. Die Todesursache ist bis heute unbekannt.
Titelbild (Ausschnitt)
Caravaggio (1571-1610).
Dornenkrönung, 1603.
Kunsthistorisches Museum, Wien.
Caravaggio (1571-1610). Narciso. Galleria Barberini, Rom.
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Caravaggios Markenzeichen:
Er ist zwar nicht der Erste, der mit dem Hell-Dunkel-Effekt arbeitet (Leonardo da Vinci tut das schon im 15. Jahrhundert), aber Caravaggio setzt neue Massstäbe. Er malt extrem harte Lichter – wie aus einer Spotlampe – und schält damit seine Figuren aus dem Hintergrund heraus. Das Ganze damatisiert er noch mit ebenso harten Schatten und erzeugt damit eine gewaltige Spannung in seinen Bildern.
Er gilt als Pionier des Barock, einer Stilepoche, die um 1600 beginnt und bis 1750 dauert.
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David mit dem
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Die grossen Dramen der Bibel
In diesen Werken kommt Caravaggios chiaro-scuro-Technik besonders gut zur Geltung. Zum Beispiel in «David mit dem Haupt des Goliath». Hier seine erste Version von 1600-1601, die heute im Kunsthistorischen Museum Wien hängt. Es zeigt einen knabenhaften David, der am ausgestreckten Arm das abgeschlagene Haupt des Goliath hält. Einige Kunstexperten glauben, dass der abgetrennte Kopf das Gesicht des Künstlers abbildet. Es könnte sich also um eine Art Selbstporträt handeln.
Mit dem ebenso berühmten wie gewalttätigen Sujet «Judith enthauptet Holofernes» haben sich viele grosse Künstler beschäftigt. Caravaggio hat sich bei seiner Arbeit genau jenen Moment ausgesucht, in dem Judith dem assyrischen General den Kopf abschlägt.
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Bacchus, 1596. Galleria degli Uffizi, Firenze.
Portrait der
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Schwäche für Knaben und Jünglinge
Zu Caravaggios Lieblingsmodellen gehören muskulöse Knaben, androgyne Jünglinge und stadtbekannte Dirnen. Ob der Künstler homosexuell (oder bisexuell?) war, wird bis heute diskutiert – bestätigt ist weder das eine noch das andere. Das Gemälde «Bacchus» von 1596 zeigt einen dieser als Modell bevorzugten, hellhäutigen Knaben. Es ist eines seiner ganz berühmten Werke.
Einige seiner Beziehungen zu Roms Dirnen sind dokumentiert, darunter zu «Fillide Melandroni». Es heisst, Caravaggio habe sie als Flora für einen späteren Freier porträtiert.
Frau Melandroni soll dem Künstler nicht nur als Modell für die heilige Maria Magdalena gedient haben, sondern auch für die heilige Katharina sowie für die Judith. Bis 1945 war das Gemälde im Besitz eines Berliners, seit dem Ende des Krieges ist es verschollen.
Interessant ist, dass unter Caravaggios Aktbildern nur Knaben und Jünglinge sind, aber keine Frauen.
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Grablegung Christi, 1602-03. |
Grablegung Christi, 1602-03
Für die Begräbniskapelle der Kirche Santa Maria in Vallicella schafft Caravaggio dieses Altarbild.
Bei der Ausführung des toten Christus soll sich der Künstler an der berühmten Marmorstatue der Pietà von Michelangelo aus dem Jahr 1499 (im Petersdom) orientiert haben. Das Gemälde ist heute in der Pinacoteca Vaticana in Rom zu sehen.
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Kreuzigung des hl. Petrus, 1600.
Die Bekehrung |
Petrus, Paulus in der Santa Maria del Popolo
Zwei der berühmtesten Werke Caravaggios sind in der Kapelle Cerasi der Kirche Santa Maria del Popolo in Rom zu sehen. Die «Kreuzigung des heiligen Petrus» ensteht um 1600 herum. Auftraggeber ist der päpstliche Schatzmeister Tiberio Cerasi, der das Bild für sein Grab bestellt.
In zweiten Gemälde geht es um die «Bekehrung des heiligen Paulus». Als Saulus war er noch ein gläubiger Pharisäer und Verfolger der Urchristen. Auf einer Reise nach Damaskus soll ihm ein blendendes Licht erschienen sein. Er stürzte vom Pferd und hörte die Stimme Jesu, die ihn zur Umkehr aufrief.
Drei Tage lang soll er blind gewesen sein, bis ihm in Damaskus ein Anhänger Jesu die Hand auflegte: Und «sofort fiel es wie Schuppen von seinen Augen». Der Christenverfolger Saulus wurde zum Paulus. Fortan verkündete der Bekehrte die Lehren Christi und setzte sich für die Christen ein.
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Die Enthauptung
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Monumentales für den Malteserorden
Caravaggio kommt auf seiner Flucht auch in Malta vorbei. Dort schreibt er sich als Ordensbruder bei den Maltesern ein. Als eine Art Eintrittsobolus schafft er das grösste Bild seiner Malerkarriere: die «Enthauptung Johannes des Täufers». Es misst 3.6 auf 5.2 Meter. Der Künstler zeigt einen Henker, der Johannes am Boden liegend abschlachtet, wie ein Metzger das mit einem Schaf tun würde. Nur gerade eine Person im Bild scheint darüber entsetzt zu sein: es ist eine alte Frau, die sich an den Kopf greift. Als Symbol der christilichen Barmherzigkeit?
In der Regel signiert Caravaggio seine Werke nicht. Hier macht er eine Ausnahme. Unter dem Blut des Märtyrers schreibt er: «fMichelAn», was für «Frater Michelangelo» steht. Schiesslich ist Michelangelo Merisi ja Bruder (=Frater) des Malteserordens.
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Fotos / Diashow
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