Eigentlich malt er lieber Landschaften – aber berühmt wird er für seine überragende Porträtkunst. Er ist neben Joshua Reynolds der gefragteste Porträtist im England des späten 18. Jahrhunderts. Damit seine Vorliebe für die Landschaft nicht zu kurz kommt, malt er seine adligen Kunden oft in freier Natur – und piekfein zeitgenössisch-modisch gekleidet.
Thomas Gainsborough,
Selfportrait um 1758. National
Portrait Gallery London.
Gainsborough kommt als fünfter und jüngster Sohn eines Stoffhändlers in Sudbury (Bezirk Suffolk, etwa 110 km nord-östlich von London) zur Welt. Früh fällt auf, dass er gerne Landschaftszeichnungen macht und dass er dafür talentiert ist. Also schickt ihn sein Vater als 13-jährigen nach London, um ihm ein Kunststudium zu ermöglichen. Er tritt dort in die St. Martin’s Lane Academy ein. Als 16-jähriger hat er bereits sein erstes Atelier und mit 19 heiratet er die noch nicht volljährige Tochter des Duke of Beaufort.
1746 kann er sich in London mit Gemälden an der Dekoration des Foundling Hosiptal beteiligen. Sein Einstieg als Künstler ist aber nicht berauschend. Er hält sich mit Kopien holländischer Landschaftsbilder über Wasser und kehrt zwei Jahre später nach Sudbury zurück, wo er damit beginnt, kleinformatige Porträts von Adligen vor einem Landschaftshintergrund zu malen. Der Erfolg hält sich in Grenzen.
1759 lockt ihn das modische Bath, wo er Zugang zu vornehmen Kreisen der Gesellschaft findet und sich mit Musikern wie Johann Christian Bach und Schauspielern wie David Garrick anfreundet.
Ab 1761 ist er wieder in London tätig und nimmt hier an Ausstellungen teil. Er zeigt lebhafte, gefühls- und personenbetonte Porträts und setzt sich damit von den üblichen klassisch-historisierenden und idealisierenden Darstellungen eines Joshua Reynolds ab.
1769 wird Gainsborough Gründungsmitglied der Royal Academy und reicht dort Werke für die jährlichen Ausstellungen ein. Diese verschaffen ihm einen guten Ruf – aber mit den akademischen Vorgaben kommt er nur schlecht zurecht. Seine Beziehung zur Akademie ist so problembeladen, dass er 1773 darauf verzichtet, weitere Werke einzusenden.
1774 zieht Gainsborough endgültig nach London. Nun etabliert er sich als Porträtist und bekommt sogar Aufträge vom englischen Königshaus. Er steht aber in ständiger Konkurrenz zum Akademie-Präsidenten >Joshua Reynolds. Dieser bemäkelt Gainsboroughs «fancy pictures» vor ländlichem Hintergrund und dessen Neigung, auch arme Leute zu malen. Reynolds dagegen plädiert für idealisierende Historienporträts in grossem Stil.
Zur königlichen Familie hat Gainsborough aber einen guten Draht. 1781 erhält er den Auftrag für zwei prestigeträchtige Porträts: je eines des Königs George III und der Queen Charlotte. Weitere Aufträge folgen.
In seinen späteren Jahren kann er sich vermehrt seinem Lieblingsmotiv widmen: Landschaften.
Thomas Gainsborough stirbt am 2. August 1788 im Alter von 61 Jahren an einem Krebsleiden. Er ist auf dem Friedhof der St. Anne's Church in Kew, Surrey, beigesetzt, wo auch seine Frau liegt. In Kew gibt es auch eine Gainsborough Road.
Titelbild (Ausschnitt)
Thomas Gainsborough (1727-1788).
Mr and Mrs William Hallett (The Morning Walk), 1785. National Gallery London.
Thomas Gainsborough (1727-1788). Conversation dans un parc, 1746. Musée du Louvre Paris.
Mr and Mrs Andrews, 1750. National Gallery London. |
1746: Die Konversation im Park
Schon in diesem Frühwerk zeichnet sich der Stil des Künstlers ab: Er malt nicht einfach Personen, sondern stellt diese in eine Landschaft. Damit hebt er sich von der klassischen Porträt-Malerei ab und verschafft den Bildern eine spezielle Atmosphäre.
Zwar ist in der englischen Malerei dieser Epoche das Thema «open air» nicht neu, aber bei Gainsborough ist die Landschaft nicht einfach ein Hintergrund, sondern spielt eine wichtige Rolle, wird sorgfältig und detailliert ausgeführt und hat ein Eigenleben.
Das Thema Konversation im Park erinnert an die französische Schule um >Antoine Watteau in der Zeit des >Rokoko und legt nahe, dass sich Gainsborough von dieser beeinflussen liess. Tatsächlich war er auch Schüler des französischen Kupferstechers Gravelot an der St. Martins Lane Academy in London. |
Thomas Gainsborough (1727-1788). |
1756: Chasing a Butterfly
Gainsborough heiratet schon mit neunzehn eine
Während die in diesem Bild etwa 4-jährige Margareth zielstrebig auf den Schmetterling zusteuert, wirkt die zwei Jahre ältere Mary eher zurückhaltend und besorgt. Und beschützend. Vielleicht überlegt sie sich, was passiert, wenn ihre Schwester den Sommervogel nicht erwischt, dafür aber in die dornenbewehrte Pflanze greift. Oder möchte sie nicht, dass dem Schmetterling etwas geschieht?
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Thomas Gainsborough (1727-1788). Mr and Mrs William Hallett (The Morning Walk), 1785. National Gallery London.
Joshua Reynolds (1723-1792). Portrait of Jane Fleming, 1778. The Huntington Museum, San Marino USA.
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Die ewige Rivalität mit Sir Joshua Reynolds
Gainsborough und >Joshua Reynolds gelten zu ihrer Zeit als Grossbritanniens führende Maler. Beide sind Gründungsmitglieder der Royal Academy of Art – und stehen in ständiger Konkurrenz zu einander. Reynolds bevorzugt Historienbilder in grossem Stil und mag Gainsboroughs feinfühlige «fancy pictures» nicht.
Gainsboroughs dagegen macht in seinen Werken keine Anleihe an die Antike und stellt seine Porträtierten in modischer Kleidung dar.
Beide Künstler wetteifern um die Gunst von König George III – und beide erhalten Aufträge, die Königsfamilie zu malen. 1784 sichert sich Reynolds die offizielle Rolle des Hofmalers – aber Gainsborough bleibt der persönliche Favorit des Königs, sehr zu Reynolds Missfallen.
>Sir Joshua Reynolds wird 1768 zum ersten Präsidenten der >Royal Academy of Arts gewählt. Für seine Verdienste rund um die Akademie wird er geadelt: 1769 erhebt ihn König George III als «Knight Bachelor» in den Adelsstand.
Und in einem weiteren Punkt ist Reynolds erfolgreich: Es gelingt ihm, in der englischen Malerei die Historienmalerei zu erneuern und bei einem breiten Publikum hoffähig zu machen. Mit seinen akademischen Diskursen stellt er für lange Zeit die alleinige Autorität innerhalb der englischen Kunsttheorie dar – was wiederum Gainsborough missfällt.
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Thomas Gainsborough (1727-1788). Portrait of Queen Charlotte and King George III, 1781. Royal Collection UK. |
1781: Queen and King
Diese Porträts werden 1781 in der Royal Academy ausgestellt und zunächst im Speisesaal der King's Apartments im Buckingham House aufgehängt, später (1950) nach Windsor Castle verlegt. Der König zeigt die Windsor Uniform, die heute noch von den männlichen Mitgliedern der königlichen Familie in Windsor getragen wird.
Das Kleid der Königin besteht aus goldbesetzter Seide. Ihr Haar ist gepudert. Wird sich hier Gainsborough untreu? Ganz im Sinne seines Kontrahenten Reynolds gibt er dem Bild einen historischen Touch: Im Hintergrund ist ein antiker Tempel erkennbar.
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Thomas Gainsborough (1727-1788). Woman in Blue (Portrait of Duchess of Beaufort), 1779-81. Eremitage
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Women in Blue
In diesem Gemälde von gediegener Eleganz bildet Gainsborough eine unbekannte Schönheit ab. Er zeigt sie in zeitgenössischer Frisur und von modischen Stoffen umhüllt.
Mit sanften Pinselstrichen erzielt er eine Wirkung von zarter Haut und schafft einen pastellähnlichen Effekt in der Kleidung. Das Bild kommt bei seinen Zeitgenossen sehr gut an, und sogar sein grosser Rivale Sir Joshua Reynolds anerkennt, dass das ein Werk von hoher Qualität ist. Heute ist es in der Eremitage St. Petersburg zu sehen.
Mit solchen Porträts beweist Gainsborough, dass er durchaus auch die Ateliermalerei im Griff hat – obwohl er sonst seine Porträts mehrheitlich und mit Vorliebe in der freien Natur malt.
Girl with Pigs
Eines der bekanntesten Bilder Gainsboroughs – es ist ein Spätwerk. Ein nachdenkliches Mädchen beobachtet, wie seine Ferkel es sich an einer Futterschüssel gütlich tun. Auch hier bekommt Gainsborough Lob von höchster Stelle: Sir Joshua Reynolds sagt dazu: «Das beste Bild, das er (Gainsborough) jemals gemalt hat oder vielleicht jemals malen wird». Gainsborough malt es 1781, etwa sieben Jahre vor seinem Tod.
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Fotos / Diashow
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