Ausstellung «Landschaften – Orte der Malerei»
Kunsthaus Zürich vom 17.7. bis 8.11.2020
Zwar gab es schon in der Antike eine Form von Landschaftsmalerei, wie man durch die Funde in den Ruinen von Pompeji weiss. Aber dann ging diese Kunst verloren und tauchte erst im Mittelalter wieder auf. Doch nicht als Landschaftsbilder, wie wir sie heute kennen. Sondern als Bühne für biblische Motive. Man wollte den Gläubigen zeigen, in welchem Umfeld sich das biblische Geschehen abgewickelt haben könnte.
Allerdings nahmen sich die frühen Künstler grosse Freiheiten heraus und schreckten nicht davor zurück, zum Beispiel die Geburt Christi statt in Bethlehem in eine europäisch geprägte Winterlandschaft zu verlegen oder Maria und Josefs Flucht nach Ägypten in einer Fantasielandschaft mit Bäumen, Bergen und Burgen stattfinden zu lassen.
Ausstellung im Kunsthaus Zürich, 2020.
Erst im 16. Jahrhundert entstanden die ersten wirklichen Landschaftsgemälde, die einen Bezug zur Realität hatten. 1520 war >Albrecht Dürer nach Antwerpen gereist, wo er seinen flämischen Kollegen Joachim Patinir traf. Er bezeichnete ihn als «ein gut Landschafft mahler». Damit schuf Dürer einen neuen Begriff in der bildenden Kunst: die Landschaftsmalerei.
Lange Zeit blieb die Landschaftsmalerei eine Domäne der Niederländer. Einer der Pioniere war der berühmte >Pieter Brueghel (d.Ä., der «Bauernbrueghel»). Er verlieh den Landschaften eine neue Dimension, indem er sie mit Menschen aus dem Alltag belebte. Sein Sohn Jan Brueghel machte sich dann einen Namen als wirklicher Landschaftsmaler. Er malte Wälder, Dörfer und Menschen und zeigte die Landschaft ganzheitlich – samt Vordergrund und fernem Horizont.
Im 17. Jahrhundert waren es dann die Holländer, die die Landschaft auf das Meer ausweiteten und Schiffe im Sturm und dramatische Wolkengebilde abbildeten.
Danach die Italiener des 18. Jahrhunderts wie
>Canaletto oder Bernardo Bellotto, die ihren Werken einen realistischen Touch verliehen, dann aber auch exakten, detaillierten Dorfansichten stimmungsvolles Licht verpassten.
Die in der Ausstellung gezeigten Werke geben einen ausgezeichneten Einblick in die Entwicklung der Landschaftsmalerei bis ins 20. Jahrhundert. Sie stammen alle aus dem Bestand des Kunsthauses Zürich.
1890 Vincent van Gogh (1853-1890).
Chaumières à Chaponval, 1890. Kunsthaus Zürich.
1907 Maurice de Vlaminck (1876-1958).
Voiles à Chatou, 1907. Kunsthaus Zürich.
Titelbild (Ausschnitt)
Joos de Momper (1564-1635) und
David Teniers (1610-1690).
Flusslandschaft mit wahrsagenden
Zigeunern, 1630. Kunsthaus Zürich.
Jan Provost |
1490: Von der Bibel- zur Landschaftsmalerei
Bis zum 15. Jahrhundert wurden Landschaften
Dieses Gemälde stammt vom Wallonier Jan Provost, der zwischen 1498 und 1505 eine Pilgerreise nach Jerusalem unternahm. Er zeigt in diesem Bild eine ganze Geschichte: Christus hängt noch am Kreuz, wird aber gleichzeitig am Grab beweint. Als weitere Elemente packt der Künstler den Tempel von Jerusalem und die ferne Stadt dazu, setzt Bäume und malt dunkle Wolken, um der düsteren Stimmung Ausdruck zu verleihen.
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Francesco Napoletano (1460-1501). Maria mit Kind, 1495-1500. Kunsthaus Zürich. |
1495: Die Landschaft im Fenster
Francesco Napoletano war ein Schüler von Leonardo da Vinci (1452-1519).
Von Leonardos >Felsgrottenmadonna inspiriert, übernimmt er Elemente aus dessen felsiger Fantasielandschaft. Er ergänzt sie mit einer Meerbucht, mit Schiffen und einer Stadt. Das Ganze stellt er als Fensterausblick dar. Die Madonna mit Kind belässt er in einem dunklen Raum – im Gegensatz zu seinem Lehrer Leonardo, der die Jungfrau mit dem Kind in einer Grotte zeigt.
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Joachim Patinir und Werkstatt (1475-1524). Landschaft mit der Entrückung der Maria Magdalena, 1520. Kunsthaus Zürich. |
1525: Patinir, der «gut landschafft mahler»
Mit dem Antwerpener Joachim Patinir wechselt das Hauptthema vom biblischen Geschehen zur Landschaftsdarstellung. >Albrecht Dürer, der ihn 1520 besuchte, bezeichnete Patinir als einen «gut landschafft mahler» und schaffte damit einen neuen Begriff in der Kunst: die Landschaftsmalerei.
Das Gemälde basiert auf der Legende von Maria Magdalena, die sich in Südfrankreich in einem Kloster niedergelassen habe. Täglich soll sie in den «Himmel entrückt» sein, um an einer himmlischen Speise teilzuhaben. Die felsige Erhebung mit dem Kloster hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Grotte von Sainte-Marie-Madeleine bei Marseille.
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Jan Brueghel (1568-1625). Sintflut mit Arche Noah, 1601. Kunsthaus Zürich.
Pieter Brueghel d.Ä. (1525-1569). Der Triumph des Todes, 1562. Museo del Prado, Madrid. |
1601: Jan Brueghel, der Landschaftsmaler
Berühmt ist er für seine Blumenstillleben, aber er gilt auch als einer der hervorragendsten Künstler der Landschaftsmalerei um 1600. Er kommt 1568 in Brüssel zur Welt, ein Jahr vor dem Tod seines Vaters, Pieter Brueghel d.Ä. (1525-1569).
Das Bild zeigt die biblische Szene der Sintflut mit der Arche Noah. Zwei von der Flut bedrohte und von Panik erfasste Menschengruppen sind durch einen Wasserarm getrennt. Die Arche schwimmt in göttlichem Licht.
1562: Pieter Brueghel d.Ä.
In seinem Gemälde «Triumph des Todes» packt er seine grausligen Todesszenen in eine ebenso grauslige Landschaft. Rundum herrscht Tod und Verderben. (Dieses Bild ist an der Ausstellung in Zürich nicht zu sehen, es hängt in Madrid im Museo del Prado).
>mehr über Pieter Brueghel d.Ä.
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Hendrick
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1620: Avercamps Winterlandschaften
Der Amsterdamer gilt als einer der besten Maler von Winter- und Eislandschaften. Er ebnet den Weg zu realistischen Landschaften und offenem Horizont.
In seinem Werk «Winterlandschaft mit Eisvergnügnen» machen die graduell kleiner werdenden Figuren die Tiefe der Landschaft erfahrbar. Avercamp vereint die gesamte Gesellschaft – Arme und Reiche – die sich auf dem Eis vergnügen.
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Jan van Goyen (1596-1656). Fischerboot beim Abrüsten am Abend, 1655. Kunsthaus Zürich. |
1655: Schiffe und dramatische Wolken
Im Gegensatz zu Avercamps Winterbildern verlegt van Goyen das Geschehen vom Boden in den Himmel, der jetzt fast zwei Drittel des Gemäldes ausmacht.
Viele holländische Maler von Schiffs- und Meerszenen übernehmen in der Folge diese Aufteilung. Und dramatische Wolkengebilde spielen fortan in der Landschaftsmalerei eine wichtige Rolle.
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Claude Lorrain (1600-1682). Küstenlandschaft mit Apollo und Cumäische Sibylle, 1665. Kunsthaus Zürich. |
1665: Mythologie in der Landschaft
Der französische Barockmaler trägt Bedeutendes zur Landschaftsmalerei bei: Er ergänzt seine Landschaften mit lyrisch-romantischen Elementen aus der Mythologie.
Hier bittet Sibylle den verliebten Apoll, er solle ihr so viele Lebensjahre gewähren, wie der Sand in ihrer Hand Körner zähle. Dummerweise unterlässt sie es aber, Apoll gleichzeitig um ewige Jugend zu bitten. Sie wird zwar uralt, aber schrumpft, bis von ihr nur noch die Stimme übrig bleibt. (Ovid, Metamorphosen, XIV, 132-153).
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Giovanni Antonio Canaletto (1697-1768). Empfang des Botschafters vor dem Dogenpalast, 1730. Kunsthaus Zürich. |
1730: Stadtlandschaft des Canaletto
Der Venezier Giovanni Antonio Canal, genannt «Canaletto», ist einer der bekanntesten italienischen Veduten- und Landschaftsmaler. Er bettet seine Stadtansichten in die Landschaft ein und gewährt Wasser und Himmel viel Raum.
Seine Architekturdarstellungen sind sehr detailliert ausgearbeitet und wirken wie Postkarten. Oder wie Fotografien. In diesem Bild zeigt er den pompösen Empfang eines Botschafters vor dem Dogenpalast.
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Bernardo Bellotto (1721-1780). Veduta di Gazzada, 1744. Kunsthaus Zürich. |
1744: Bellottos Gespür für Stimmung
Bernardo Bellotto ist ein Neffe von Canaletto. Während dieser in seinen Stadtansichten das Ideallicht wählt, spielt Bellotto mit der Stimmung des Augenblicks.
In seinem Gemälde «Veduta di Gazzada» präsentiert er nicht nur eine sorgfältige und sehr detaillierte Abbildung des Dorfes, sondern zeigt dieses zudem in einem weichen Licht des späten Nachmittags.
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Fotos der Ausstellung 2020 «Landschaften – Orte der Malerei»
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