Ausstellung «Italia – zwischen Sehnsucht und
Massentourismus» im Kunst Museum Winterthur Reinhart, 12.3. - 11.9.2022

 

Italia – oder die Sehnsucht
nach der «guten alten Zeit»


Die moderne Generation Menschen erlebt Italien nur noch als Massentourist. Überfüllte Städte und Strände, mühsame Anfahrt auf verstopften Strassen. Dabei war der gelobte Süden noch vor 60, 70 Jahren ein Sehnsuchtsort. Und erst im 18./19. Jahrhundert! Da gab es kaum einen Künstler, der nicht mindestens einmal in die Kunstmetropolen Florenz oder Rom zog, um antike Werke zu studieren oder den Meistern der Renaissance nahe zu sein.

 

 

 

 

Die Ausstellung in Winterthur geht diesen Spuren nach. Sie zeigt auf, wie die damaligen «Touristen» Land und Leute erlebten, wie das noch fast unberührte Italien aussah und wie die Künstler es in ihre Werke einfliessen liessen. Gewiss, viele dieser idealisierten Bilder verkünden von einer Idylle, die es in Realität wohl nie gab. Die meisten Menschen Menschen waren arm und selbst die illustren und so fotogenen Ruinen aus der Antike standen für eine «gute alte Zeit», die wahrscheinlich nicht existierte. Aber die Sehnsucht danach... die gab es schon immer.

 

 

Carl Blechen (1798-1840). Das Kapuzinerkloster
bei Amalfi, 1829. Kunst Museum Winterthur

Reinhart am Stadtgarten.

 

 

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Ausstellung zeitgenössische Kunst

«Nord-Süd» und Italiens «Arte Povera»

 

Parallel zur Ausstellung «Italia» zeigt das Kunst Museum Winterthur unter dem Titel «Nord-Süd» Werke zeitgenössischer Kunst nach 1960.

 

In der Abteilung «Süd» werden dabei italienische Künstlerinnen und Künstler vorgestellt, die sich der
«Arte Povera» verschrieben haben.

 

Marisa Merz (1926-2019). Scarpetta, 1970.
Kunst Museum Winterthur.

 

 

In der Abteilung «Nord» werden Werke präsentiert, die in der gleichen Epoche (nach 1960) nördlich der Alpen entstanden sind, mehrheitlich geschaffen von deutschen Künstlern.

 

 

Georg Baselitz (1938). Die Frau
aus dem Osten II, 1983.

Kunst Museum Winterthur.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Johann Georg von Dillis (1759-1841).

Lecco Ameno und der Monte Vico auf Ischia,
1830. Kunst Museum Winterthur Reinhart.

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Louis-Léopold Robert (1794-1835). Neapolitanischer Fischer mit Mädchen aus Ischia, 1827. Kunst Museum Winterthur Reinhart.

 

Idyllisches aus der «guten alten Zeit»

 

Der Neuenburger Louis-Léopold Robert (1794-1835) war ein Schüler von >Jacques-Louis David und zog mit dessen Unterstützung schon 1818 nach Rom. Dort machte er sich einen Namen als «Briganten»-Darsteller (Räuberbanden), aber auch als Autor von Idealbildnissen von Italienerinnen in bunten Volkstrachten. In diesem Genre brachte er es zu hoher Anerkennung durch Künstlerkollegen wie Eugène Delacroix oder seinem Lehrer Jacques-Louis David. Heinrich Heine bewunderte seine Gemälde: «Apotheose des Lebens; bei Anblick desselben vergisst man, dass es ein Schattenreich gibt und man zweifelt, ob es irgendwo seeliger und lichter sey als auf dieser Erde».

 

 

Johann Martin von Rohden (1778-1868). Aquädukt bei Rom, 1796. Kunst Museum Winterthur Reinhart.

 

 

Aufschwung der Landschaftsmalerei

 

Jahrhundertelang war die Landschaftsmalerei ein untergeordnetes Fach. Landschaften wurden allenfalls als Hintergründe verwendet – doch ab etwa 1800 begannen die Künstler, wirklichkeitsnahe Motive zu malen. Sie fertigten vor Ort Skizzen an und studierten die Wirkung des Lichtes. Im Atelier brachten sie dann die Landschaften zum Leben – in eine Form des idealisierten Realismus.

 

 

Arnold Böcklin (1827-1901). Villa am Meer, 1878. Kunst Museum Winterthur.

 

 

Arnold Böcklin (1827-1901). Villa am Meer, 1878.
Detail.

 

 

 

Der Traum von der Villa am Meer

 

Der Symbolist Arnold Böcklin ist vor allem für sein Hauptwerk weltberühmt: für seine morbide und schauerliche Toteninsel, die er in fünf Versionen malte und die heute in Basel, New York, Berlin und Leipzig hängen (eine Version ist verschollen).

 

>mehr über Böcklins Toteninsel

 

Die «Villa am Meer» aus dem Jahr 1878 des Kunstmuseums Winterthur ist ein Vorläufer davon. Er beschäftigte sich jahrelang mit ihr und fertigte mehrere Entwürfe und Versionen davon an. Diese hier ist die letzte und gilt als Vorläufer zur Totelinsel.

 

Wer träumte nicht von einer Villa am Meer! Böcklins «Traum» allerdings wird von einer unerträglichen Melancholie geprägt. Die Gebäude sind verfallen, die Stimmung düster. Und die einzige Figur auf dem Gemälde ist eine einsame, verzweifelte und offensichtlich trauernde Frau. Der Künstler war mit seinem Werk zufrieden, er schrieb: «Es geht eine wunderbare Trauer und Melancholie durch das Bild».

 

 

Jan Asselijn (1610-1662). Italienische Landschaft mit Reiterin an einem Brunnen.
Kunst Museum Winterthur.

 

 

Italien-Idylle aus dem 17. Jahrhundert

 

Der niederländische Maler Jan Asselijn (1610-1662) bereiste Italien bereits 1635. Er zählte zu den einflussreichsten nordischen Künstlern, die südliche Ideallandschaften malten. In Rom wurde er Mitglied der «Bentvueghels» (niederländisch «Federvögel»), einer Vereinigung von Künstlern aus dem Norden, die sich mit römischen Landschaften befassten.

 

Typisch für Asselijn war, dass er die alten Gemäuer von Rom mit Menschen und Tieren kombinierte und so idyllische Szenen hervorbrachte.

 

 

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Fotos Ausstellung «Italia»

 

 

Zeitgenössische Kunst ab 1960. Ausstellung «Süd».

 

Marisa Merz (1926-2019). Ohne Titel, 1990. 2. Kunst Museum Winterthur Reinhart.

 

 

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>Fotos Ausstellung
Süd

 

 

 

Arte Povera – was ist das?

 

Eine italienische Kunstbewegung der späten 1960er und 1970er-Jahre, die vornehmlich von Künstlern aus Rom und Norditalien begründet wurde.

 

Der Begriff, wörtlich «arme Kunst», wurde 1967 durch den Kunstkritiker und Kurator Germano Celant geprägt, nachdem dieser in seiner Heimatstadt Genua eine Ausstellung mit Arbeiten von italienischen Künstlern unter dem Titel «Arte Povera» organisiert hatte.

 

Die Werke der Arte Povera sind typischerweise räumliche Installationen aus gewöhnlichen und alltäglichen Materialien (Holz, Metall, Erde, Glas, Draht etc). Das Kunst Museum Winterthur verfügt über eine grössere Anzahl von Werken der
Nachkriegszeit, vor allem aus der Zeit nach 1960.

 

 

>mehr über die «Arte Povera» (PDF)

   

Zeitgenössische Kunst ab 1960. Ausstellung «Nord».

 

Gerhard Richter (1932). Ölgemälde ohne Titel, 1992. Edelstahlkugel Piz Sella, 1992. Kunstmuseum Winterthur.

 

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>Fotos
Ausstellung Nord

 

 

Gerhard Richter und die Symbolik

 

Die Ausstellung «Nord» zeigt u.a. Werke von Gerhard Richter, Isa Genzken, Eva Hesse, Imi Knoebel, Thomas Schütte, Andreas Slominski, Pia Fries, Hans Brändli, Thomas Scheibitz, Georg Baselitz, Klaus Merkel und Rita McBride.

 

In Raum A sind drei Werke von Gerhard Richter zu sehen: Ein abstraktes Ölgemälde, ein goldenes Kreuz und eine Kugel aus Edelstahl.

 

Das Kreuz aus purem Gold an der Wand soll die Proportionen des Künstlers aufweisen und wird so zu einer Art symbolischem Selbstbildnis.

 

Die Stahlkugel trägt den Namen «Piz Sella». Sie soll alles spiegeln, was um sie herum vorgeht. Gleichzeitig ist sie so undurchdringlich wie ein Gebirge, dessen Namen sie trägt.