Wer im Mittelalter die Alpen überqueren wollte,
musste von robuster Natur und gut zu Fuss sein. Da war man tagelang auf primitiven Trampelpfaden unterwegs, musste tiefe Schluchten und tobende Bäche queren und war schutzlos Stürmen ausgeliefert. Da war es gut zu wissen, dass es einen Heiligen gab, der einem Mut und Halt bot. Einen wie Sankt Gotthard.
Hat Gotthard vielleicht so ausgesehen?
Gotthard von Hildesheim heisst er, man kennt ihn auch unter dem Namen Godehard von Bayern. Er kommt 960 im niederbayrischen Reichersdorf zur Welt und erhält seine Ausbildung im Kloster Niederaltaich. In diesem wird er als 33-Jähriger zum Abt gewählt. Seine wichtigste Regel lautet: Ora et Labora (Bete und arbeite) – so wie es die Benediktiner vorschreiben. Im Jahr 1022 wird Gotthard zum Bischof von Hildesheim ernannt. Er macht sich einen Namen als Förderer von Bildung und als Gründer von Kirchen und Klöstern. Er stirbt am 5. Mai 1038 in Hildesheim.
Rund hundert Jahre nach seinem Tod wird er 1131
heilig gesprochen. Er soll zahlreiche Wunder vollbracht haben wie die Heilung von Blinden und Lahmen. Dann soll er vielen Bauarbeitern das Leben gerettet haben beim Bau von Kirchen und Klöstern. Auch habe er die Fähigkeit besessen, durch sein Beten die Bauarbeiten zu beschleunigen (!). Ferner habe er Nahrungsmittel auf wundersame Weise vermehrt – wie einst Jesus bei der >Brotvermehrung. Zum Heiligen erklärt ihn 1131 Papst Innozenz II aber auch für sein frommes Leben, für seine Reformarbeit in den Klöstern und für seine pastorale Arbeit als Bischof.
Heute gilt Gotthard als Schutzpatron der Stadt Hildesheim und des Landes Bayern. Aber auch der Krankenhäuser, der Bauern und Viehhirten – und natürlich, besonders bedeutsam für den Gotthard – der Reisenden. Die katholische Kirche ehrt ihn jährlich mit einem Feiertag. Es ist der 5. Mai.
Im Jahr 1230 widmet man dem Heiligen auf der Passhöhe eine Kapelle. Deshalb heisst der Gotthard seither auch so. Die Kapelle wird im 14./15. Jht ausgebaut (Neuweihe um 1431) und ist heute noch in Betrieb. Sie befindet sich in der Nähe des Hospizes und steht dem Publikum offen.
Caspar Wolf (1735-1783). Gotthard-Hospiz und Wegkapelle im Jahr 1777. Aargauische
Kantonalbank Aarau.
>mehr über den «Alpen-Pionier» Caspar Wolf
Caspar Wolf (1735-1783). Alte und neue
Gotthardstrasse neben der Reuss oberhalb
Hospental, 1777. Museum Caspar Wolf Muri.
Vielleicht sollten wir den Heiligen mal in seiner Kapelle beim Gotthard-Hospiz besuchen. Und zu ihm beten.
Nicht (mehr), um uns vor den lauernden Gefahren des Passes zu schützen, wie das zu seiner Zeit nötig war. Aber vielleicht könnte er sich nützlich machen, indem er etwas gegen die stundenlangen Staus vor dem Tunnel unternimmt.
Der heilige Gotthard von Hildesheim.
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(Heiliger des St. Gotthard-Passes)
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(Heiliger des San Bernardino-Passes)
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(Heiliger des Grossen St. Bernhard-Passes)
Titelbild (Ausschnitt)
Rudolf Koller (1828-1905).
Die Gotthardpost, 1873. Kunsthaus Zürich.
Geschichtliches zum St. Gotthard-Pass |
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Caspar Wolf
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Wie bekam der Gotthard seinen Namen?
Der Gotthardpass wird erst ab 1230 so benannt. In alten Schriften vor 1230 wird der Pass noch Monte Tremulo genannt. Ob das mit «tremulösen» Wetterbedingungen zu tun hat? (tremulös = bebend, zitternd)
Im Jahr 1230 wird auf der Passhöhe eine Kapelle für den Heiligen Gotthard geweiht – und ab jetzt heisst der Pass St. Gotthard.
Etwa um die gleiche Zeit, 1230, wird auch erstmals eine Teufelsbrücke erwähnt. Wie diese genau aussah, weiss niemand. Es war eine Holzbrücke mit dem Namen «Der stiebende Steg». Vor dem Bau dieses Steges ist die Überwindung der 300 Meter tiefen Schöllenen-Schlucht und der Reuss ein kaum zu überwindendes Hindernis. Die erste Teufelsbrücke aus Stein entsteht 1595.
1799 erlangt die Teufelsbrücke internationale Aufmerksamkeit. Im Zuge der >französischen Revolution hat man dort die Monarchie abgeschafft. Die Russen halten dagegen – in einer Koalition mit den Monarchien England und Österreich (die aber den Russen hier nicht zu Hilfe eilen). Die Schlacht um den Gotthardpass erreicht ihren Höhepunkt an der Teufelsbrücke, die von den Franzosen hartnäckig verteidigt wird. Zwar schafft General >Suworow mit seinen Truppen – unter verheerenden Verlusten – den Durchbruch an der Teufelsbrücke und erreicht den Urnersee – aber dort angekommen geht die >Leidensgeschichte der Russen weiter.
Erheblich beschädigt wird dabei auch die Brücke, sodass sie länger unpassierbar bleibt. Wie sie nach der Reparatur ausgesehen haben könnte, zeigt das Gemälde des englischen Malers >William Turner aus dem Jahr 1806.
1827-1830 baut der Kanton Uri eine neue Gotthard-Strecke samt mehreren Brücken, darunter auch eine neue Teufelsbrücke.
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Rudolf Koller (1828-1905). Gotthard-post, 1873. Kunsthaus Zürich.
Rudolf koller (1828-1905). Gotthard-strasse, 1873. Kunsthaus Zürich. |
1775: Die Strasse wird kutschentauglich
Eine wichtige Ausbauphase findet 1775 statt, als die Strasse für Pferdekutschen befahrbar gemacht wird. Das bedeutet eine entscheidende Verbesserung für den Waren- und Personenverkehr.
Das wohl berühmteste Gemälde des Gotthards ist die Gotthardpost des bekannten Schweizer Tiermalers Rudolf Koller. Er malt dieses dynamische Werk des talwärts stürmenden Fünfspänners im Auftrag der Nordostbahn. Es ist ein Geschenk an den Erbauer des Gotthardtunnels, Alfred Escher.
Mit der Inbetriebnahme des Tunnels und der Gotthardbahn 1882 kommt die mit Pferdekutschen betriebene Gotthardpost an ihr Ende. Die allerletzte Postkutsche mit Pferdegespann fährt 1926 über den Pass.
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Tremola
Die heutigen Passstrecken |
1827: Eröffnung der ersten Tremola-Strasse
Es ist und bleibt der spektakulärste Abschnitt der alten Gotthard-Passstrasse. Sie führt von der Passhöhe in den Süden bis Airolo und ist berühmt-berüchtigt für ihr Kopfsteinpflaster und die engen Serpentinen.
Die Tremola spielt lange eine wichtige Rolle im Strassenverkehr über den Gotthard, erhält dann aber bei der Eröffnung des Bahntunnels 1882 starke Konkurrenz durch die Eisenbahn.
Heute ist die Tremola eine historische und touristische Attraktion. Auf der alten Serpentinen-Strasse werden heute noch Radrennen und Oldtimer-Rallyes veranstaltet.
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Philipp Fleischer (1850-1927). |
1882: Eröffnung des ersten Bahntunnels
Der Gotthard-Bahntunnel wird 1882 eingeweiht.
Der erste Bahntunnel ist 15 Kilometer lang und verbindet Göschenen im Norden mit dem südlichen Airolo.
2016 wird dann der Gotthard-Basistunnel eröffnet. Dieser ist mit einer Länge von 57,1 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt.
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Alte und neue Teufelsbrücke über der Reuss, heute.
Von Andermatt bis Airolo über den Gotthard-Pass. Foto GoogleMaps.
Die neue südliche Autostrasse von der Passhöhe ins Tessin.
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1953-1983: Ausbau der Passstrasse
Nach dem Zweiten Weltkrieg wird 1953 die obere neue Teufelsbrücke errichtet, eine Mischung aus Granit, Beton und Stahlbeton. Sie wird 1998 saniert und ist bis heute Teil der modernen Gotthard-Pass-Strecke. Ab 1953 beginnt der Kanton Uri im Norden mit dem Ausbau der Schöllenenstrasse inklusive einer neuen Teufelsbrücke. Das ist ein Meilenstein für die internationale Nord-Süd-Verbindung per Automobil.
In den 1950er-Jahren sind allerdings noch viele Autos nicht geeignet für solche Strapazen. Man sieht sie dann am Strassenrand stehen, gestoppt von Pannen und kochenden Kühlern (das ist eine konkrete Erinnerung des Schreibenden).
1977 wird im Tessin die Umfahrungsstrasse der Tremola-Strecke eröffnet. Sie umgeht die alte Tremola grossräumig und führt über dreizehn Brücken, durch Tunnels und lange Lawinengalerien.
Im Sommer 1983 wird als letztes Teilstück der neuen Gotthardstrasse die Umfahrung von Andermatt dem Verkehr übergeben werden.
Damit steht die Passstrasse, wie man sie heute kennt.
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Eingang zum Gotthard-Tunnel. Foto WikiMedia.
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1980: Eröffnung des Autotunnels
Ein weiterer Meilenstein am Gotthard. Nach einer Bauzeit von zehn Jahren wird der Autotunnel am
Dass damit der Andrang auf diese Strecke enorm wächst und damit auch die Staus zunehmen, ist eine andere Geschichte.
Jetzt kann vielleicht der Heilige Gotthard dafür sorgen, dass sich der Verkehr wieder beschleunigt – so wie ihm das um 1020 herum bei den Bauarbeiten für Kirchen und Klöster gelungen sein soll.
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Auch die beiden anderen grossen Alpenpässe
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San Bernardino |
San Bernardino
Er ist deutlich jünger als der heilige Gotthard. San Bernardino stammt aus Siena und wird 1450 zum Heiligen ernannt. 1404 wird er zum Priester geweiht und beginnt seine Tätigkeit als franziskanischer Wanderprediger. Als solcher ist er bekannt dafür, besonders eindrucksvolle und kraftvolle Predigten zu halten – er gilt als «Moralprediger». Bernardino stirbt am 20. Mai 1444 in L’Aquila (Italien) und wird 1450 von Papst Nikolaus V heilig gesprochen. In diesem Jahr errichtet man ihm eine Kapelle auf dem San Bernardino-Pass.
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Sankt Bernhard
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Sankt Bernhard
Er ist der Namensgeber der Alpenpässe
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