Venezia: Monumentale Kunst

im Dogenpalast


Da malt einer das grösste Gemälde der Welt – und
dann erkennt man es kaum. Weil es in einem riesigen Raum von einem monströsen Deckenwerk förmlich erschlagen wird. Um Tintorettos Meisterwerk zu bewundern, muss man sich ganz weit nach hinten zur Stirnwand der «Sala del Maggior Consiglio» begeben. Erst wenn man vor seinem «Paradies» steht, kann man dieses prächtige Werk wirklich würdigen.

 

 

Die «Sala del Maggior Consiglio». Ganz hinten
Tintorettos Monumentalgemälde «Paradies»,
22 Meter breit, 9 Meter hoch.

 

 

Das Paradies. Von Vater Jacopo Tintoretto und
Sohn Domenico Tintoretto, 1588-94.

 

 

 

Der Dogenpalast und die Basilika San Marco
haben eine gemeinsame Geschichte. Am Anfang – etwa um 832 – gab es eine Kapelle im Palast, die dem heiligen Markus gewidmet war. In dieser platzierte man die aus Alexandria entführten Gebeine des Evangelisten Markus.

 

 

Palazzo Ducale mit Basilica di San Marco, Markus-
platz und Markusturm. Foto Google Earth.

 

 

Der Markusdom mit den fünf Kuppeln entstand 1094.
Der imposante (heutige) Dogenpalast kam 1340-1365 zur Basilica dazu, wurde dann aber mehrmals Opfer von Bränden, so in den Jahren 1483, 1547 und 1577. Immer wieder wurde die Fassade nach den alten Plänen restauriert, sodass er heute noch wie damals aussieht. Die Innenräume hingegen wurden jeweils nach dem gerade geltenden Zeitgeschmack neu gestaltet und von zeitgenössischen Künstlern bemalt.

 

Der Brand von 1577 zerstörte sämtliche Gemälde von Bellini, Carpaccio und Tizian. Nun brauchte man Ersatz. Man schrieb einen Wettbewerb aus. Als Sieger ging >Paolo Veronese hervor, aber dieser starb schon 1588, und so ging der Auftrag an Tintoretto.

 

Für das Monumentalbild in der «Sala del Maggior Consiglio» brauchten er und sein Sohn dafür sechs Jahre. Bei seiner Präsentation 1594 war es das grösste Gemälde der Welt: 22 Meter breit und neun Meter hoch.

 

Nach dem Ende der venezianischen Republik 1797 wurde der «Palazzo Ducale» Sitz verschiedenster Institutionen und Ämter. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Palast immer baufälliger wurde, beschloss der italienische Staat eine vollständige Restaurierung. Danach wurden die meisten Ämter aus dem Palast ausquartiert. Der Staat übergab das Gebäude der Stadt Venedig. 1923 wurde es in ein Museum umgewandelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seit 1966 gehört der Dogenpalast zu den «Musei Civici Veneziani», also den venezianischen Stadtmuseen, wie auch das >Museo Correr.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

«Das Paradies», 1588-1594.
Von Jacopo Tintoretto (1518-1594)

Domenico Tintoretto (1560-1635)

Palma il Giovane (1544-1628)

Dogenpalast Venedig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lazzaro Bastiani (1429-1512). Der Doge Francesco Foscari, 1480. Museo Correr Venezia.

 

Andrea Vicentino (1542-1618). Doge Sebastiano Venier, 1577. Museo Correr Venezia.

 

Die Liste der Dogen von 697 bis 1797 umfasst 115 Namen.

 

Wie mächtig waren eigentlich die Dogen?

 

Gar nicht so mächtig, wie man sich das vorstellen würde. Venedigs Dogen verfügten nicht über die Allmacht wie «Könige von Gottes Gnaden», sondern wurden von sterblichen Adligen ins Amt gewählt.

 

In frühester Zeit, also ab etwa 810, als in der Gegend um Rialto die erste Keimzelle Venedigs entstand, gab es für die Dogen noch eine Art Erbfolge. Dann, ab dem 11. Jahrhundert, wurden nicht nur die Befugnisse der Dogen beschränkt, man setzte auch dynastischen Ansprüchen ein Ende.

 

Fortan war es der «Maggior Consiglio» (die Vollversammlung des venezianischen Adels), der die Dogen nach einem aufwändigen, aber klar formulierten Regelwerk wählte. In diesem war das öffentliche und private Verhalten des Dogen im Detail geregelt, und der gewählte Doge musste einen Eid ablegen und versprechen, sich an die Regeln zu halten.

 

Der so gewählte Doge bekleidete sein Amt zwar lebenslang – hatte aber zu keiner Zeit eine alleinige Regierungsgewalt. Er präsidierte nur die wichtigsten Organe und repräsentierte die Republik nach aussen - in unzähligen Zermonien, die die Macht und die Pracht Venedigs dokumentierten.

 

Der Tod eines Dogen zog zwar ausgedehnte Beerdigungsfeiern nach sich, aber es wurde bewusst nicht getrauert, «weil die Republik niemals stirbt».

 

Sie starb dann aber doch, weil Napoleon 1797 Venedig in sein Königreich Italien eingliederte.

 

 

 

Palazzo Ducale.

 

 

Sala del Maggior Consiglio, bemalt von Veronese, Tintoretto und Palma il Giovane.

 

 

 

Wo die Dogen gewählt wurden

 

Der grösste Saal liegt in der ersten Etage des Dogenpalastes und heisst «Sala del Maggior Consiglio». Er misst sagenhafte 53 x 25 Meter und nahm die Vollversammlungen des venenzianischen Adels auf, in der die Dogen und Richter gewählt und Gesetze verabschiedet wurden.

 

Nach dem grossen Brand von 1577, in dem viele Kunstwerke von Tizian, Bellini und Carpaccio zerstört wurden, machte man sich an die Renovation der Innenräume, so auch der «Sala del Maggior Consiglio». Die Fassade des Palastes wurde nach bestehenden alten Plänen wieder im bisherigen Stil restauriert.

 

An den Längswänden wurden Episoden aus den Händeln zwischen Kaiser Friedrich Barbarossa und Papst Alexander III dargestellt; gegenüber die Geschichte Venedigs bei seinen Kreuzzügen. Die gewaltige Decke zelebriert Siege und Heldentaten der Venezier, gemalt von Veronese, Tintoretto und Palma il Giovane.

 

 

«Das Paradies», 1588-1594. Von Jacopo Tintoretto (1518-1594) und Domenico Tintoretto (1560-1635) und Palma il Giovane (1544-1628). Ausschnitt.

 

 

 
Es bedeckt die gesamte Ostwand und misst
22 x 9 Meter – das damals grösste Gemälde der Welt.

 

 

Der Entwurf von Domenico Tintoretto (1560-1635). Fondazione Querini Stampalia, Venedig.

 

«Paradies» – Tintorettos Monumentalwerk

 

Das bedeutendste Kunstwerk im Dogenpalast findet sich in der «Sala del Maggior Consiglio» an der Stirnseite des Saales an der Ostwand.

 

Für die Renovation nach dem Brand von 1577 schrieb man einen Wettbewerb aus. Sieger wurde der Venezianer >Paolo Veronese, aber als dieser 1588 verstarb, ging der Auftrag an >Tintoretto.

 

Jacopo Tintoretto wird bis heute als der Erschaffer dieses Monumentalgemäldes geführt. Neuere Forschungen haben allerdings ergeben, dass ein Grossteil durch seinen Sohn Domenico ausgeführt wurde.

 

Ursprünglich hatte Tintoretto gemäss seinem Entwurf von 1582 eine Krönung der Maria im Kopf. Offenbar setzte sich aber sein Sohn Domenico mit einem anderen Entwurf durch (heute in der Fondazione Querini Stampalia Venedig zu sehen). Dieser zeigt keine Krönung mehr, sondern eine Maria, die bei Christus Unterstützung für Venedig erbittet.

 

Maria und Christus werden von einer Engelschar getragen, zwischen ihr und Christus fliegt eine Taube, die den heiligen Geist verkörpert. Christus hält eine Weltkugel mit Kreuz in der Hand und zu seiner Linken reicht ihm der Erzengel Michael eine Waage. Unter den Engeln sind Evangelisten und Heilige abgebildet. Insgesamt sollen im Bild fünfhundert Figuren vorkommen, ein Teil davon soll historische Hintergründe haben.

 

 

>Fotodetails «Paradies»

 

 

 

Die «Sala Consiglio dei Dieci»

 

 

Deckendekoration von Gian Battista Ponchino, Paolo Veronese und Gian
Battista Zelotti. Holz, geschnitzt und vergoldet
.

 

Sala «Consiglio dei Dieci»


Ein überaus bedeutendes Gremium war der «Zehnerrat». Er wurde um 1310 gebildet, um eine Verschwörung Adliger gegen die Republik zu verhandeln und die Aufrührer zu verurteilen. Das tat der Zehnerrat dann auch, aber löste sich nach dem Urteil nicht wie geplant wieder auf, sondern wurde zur permanenten Einrichtung.

 

«Zum Schutz der Unschuldigen», wie es hiess. Aber das war nicht immer zum Nutzen der Bürger – denn der Zehnerrat verstand sich immer mehr als Kontrollbehörde. Dies sowohl in privaten wie in religiösen Dingen. Hier nahm er sich Kompetenzen heraus, die an die spanische Inquisition erinnern – seine in kürzester Zeit gefällten Urteile waren gefürchtet. Der Consiglio dei Dieci betrieb aber auch Aussenpolitik, Spionage und sah sich als Organ der Staatsverteidigung. Durch ihn erhielt die Justiz mehr Macht als je.

 


more

 

 

 

 

Fotos / Diashow