Sein Vater ist ein Seidenfärber – und von Färber abgeleitet ist auch der Name tintoretto, was soviel wie «kleiner Färber» bedeutet. Der Venezianer gehört zu den bekanntesten Vertretern des Manierismus. Er gilt als Schnell- und Vielmaler und hat eine unüberblickbare Menge von Werken geschaffen. Zusammen mit
>Tizian und >Paolo Veronese zählt er zum «Dreigestirn» der venezianischen Malerei.
Tintoretto. Selbstbildnis
im Alter von 70 Jahren,
1588.
Musée du Louvre Paris.
Tintoretto kommt 1518 in Venedig zur Welt.
Sein Vater heisst Battista Robusti. Er schickt seinen Sohn zu >Tizian, um die Malerei zu erlernen, aber dieser soll ihn schon nach ein paar Wochen entlassen haben. Wenig glaubhaft ist die kolportierte Anekdote, dass Tizian auf Tintorettos Talent eifersüchtig gewesen sein soll.
Dann verliert sich die Spur seiner Ausbildung, mögliche weitere Lehrer sind Bonifazio Veronese und Paris Bordone. Als eigenständiger Maler wird Tintoretto erstmals 1539 in einer Urkunde erwähnt: als «Meister Jacopo, Maler am Campo de San Cassan».
1553 vermählt er sich mit Faustina Episcopi, einer Tochter des Sekretärs eines Prokurators der Scuola Grande di San Marco. Die «Scuola» ist keine Schule, sondern der Sitz der Bruderschaft des Heiligen Markus. Von dieser erhält Tintoretto im Laufe seiner Karriere zahlreiche Aufträge für Decken- und Wandbilder, aber auch Gemälde. Ein erstes Werk für die Scuola ist das «Wunder des Markus». Damit macht der inzwischen schon 35-jährige Künstler erstmals auf sich aufmerksam.
1566 wird Tintoretto Mitglied der Akademie von Venedig.
Für die Scuola Grande di San Rocco – die wohlhabendste aller Bruderschaften, der Künstler ist dort selbst Mitglied – arbeitet er mit Unterbrechungen über 20 Jahre lang, von 1564 bis 1587, an mehr als sechzig grossformatigen Gemälden. Sie gelten als sein Hauptwerk.
>mehr über Scuola Grande di San Rocco
Auch von Venedigs Kirchen wird er mit Aufträgen eingedeckt. Berühmte Bilder sind in der Madonna dell'Orto zu sehen, in der Santa Maria della Salute und in der San Giorgio Maggiore.
Nach dem Brand im Dogenpalast 1577 erhält Tintoretto weitere prestigeträchtige Aufträge. Dazu gehört eines seiner berühmtesten Werke: das zwischen 1588 und 1592 erschaffene monumentale «Paradies» für die Wand der Sala del Maggior Consiglio. Es misst 9 x 22 Meter und ist das grösste Leinwandgemälde der Welt. Die Hunderten von Figuren malt er allerdings nicht allein. Er beschäftigt zahlreiche Mitarbeiter, darunter auch seinen Sohn Domenico (1560-1635) und Palma il Giovane (1548-1628).
Das grösste Wandbild der Welt: 22 Meter breit.
Im >Dogenpalast von Venedig.
Tintoretto lebt und arbeitet zeitlebens in seiner Heimatstadt Venedig und reist praktisch nie. Eine Ausnahme macht er 1580, als er für den Herzog Gonzaga eine Reihe von Militärbildern (den Gonzaga-Zyklus) persönlich im Herzogspalast in Mantua anbringt.
Seine letzten Werke sind die 1594 fertiggestellten «Grablegung Christi» und das «Letzte Abendmahl» für die Basilika San Giorgio Maggiore.
Kloster und Basilika auf der Insel San Giorgio
Maggiore, Venedig.
Tintoretto stirbt am 31. Mai 1594 in Venedig. Sein Grab befindet sich in der Kirche Madonna dell’Orto.
Titelbild (Ausschnitt)
Das Paradies, 1588-94. 22 Meter breit.
Von Jacopo Tintoretto (1518-1594),
Domenico Tintoretto (1560-1635) und
Palma il Giovane (1548-1628).
Dogenpalast Venedig. Foto Didier
Descouens, WikiCommons 4.0.
>Jacopo Palma d.Ä. (1480-1528)
>Jacopo Tintoretto (1518-1594)
Jacopo Tintoretto (1518-1594). Heiliger Georg, 1543-44. Hermitage St. Petersburg.
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Weitgefächertes Frühwerk
Talentiert wie er ist, versucht er sich zu Beginn seiner Malerkarriere in allen gängigen Stilen und Motiven. Dazu gehören mythologische und biblische Szenen ebenso wie profane Gemälde und Privatporträts.
1539 eröffnet er seine eigene Werkstatt in Venedig im Quartier San Cassiano. Zunächst malt er eher kleinformatige Werke, macht sich dann aber auch an Kirchengemälde wie das «Letzte Abendmahl» in der San Marcuola in Venedig. Diese werfen noch keine grossen Wellen.
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Jacopo Tintoretto (1518-1594). Hl. Markus errettet den Sklaven, 1547. Gallerie dell' Accademia Venezia.
Detail mit Marter-Werkzeugen. |
Erster Erfolg mit dem Markus-Wunder
Seinen Durchbruch feiert er 1548, als er im Kapitelsaal der Scuola Grande di San Marco sein Gemälde «Markus rettet den Sklaven» vorstellt. Die einen sind davon hell begeistert, andere Mitglieder der Bruderschaft San Marco sind geschockt. Wie kann man nur so ketzerisch sein und ihren Heiligen kopfüber zeigen? Wie auch immer, das Bild in ausgeprägter Form des >Manierismus macht aus dem bisher unbekannten Maler eine Berühmtheit.
Worum geht es im Bild? Der Legende nach soll sich ein Sklave nach Venedig begeben haben, um am Grab des heiligen Markus zu beten. Doch der Sklave hat dafür bei seinem Herrn keine Erlaubnis eingeholt.
Nun will ihn dieser hart bestrafen. Der Sklave sol öffentlich gemartert werden: Augen ausstechen, Füsse abhacken, Mund zetrümmern und so. Doch mit der Ausführung hapert es: Alle Marterwerkzeuge versagen ihren Dienst, weil der tote Heilige Markus seine rettende Hand im Spiel hat und den gläubigen Sklaven beschützt. Als der Sklavenbesitzer die wundersame Handlung sieht, erkennt er seinen Irrtum. Gemeinsam mit dem Sklaven pilgert er nun zum Grab des Heiligen Markus, um zu beten.
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Jacopo Tintoretto (1518-1594). Die Entstehung der Milchstrasse, 1575. National Gallery London.
Jacopo Tintoretto (1518-1594).
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Manierismus – was ist das?
Im Begriff steckt das Wort Maniera, also «Stil», oder «Malweise» des Künstlers. Als Manieristen bezeichnet man Maler, die ihre persönliche Malweise extrem auslegen und ausleben. Zum Beispiel mit eigenwilligen Darstellungen des menschlichen Körpers in anatomisch verdrehten, unnatürlich dramatischen Haltungen. Oder in einem besonders komplizierten Bildaufbau.
Auch Tintorettos Manierismus hat damit zu tun. Ungewöhnliche Körperverdrehungen, gewagte Verkürzungen der Körper, ein verworrener, komplizierter, schwülstiger Bildaufbau. Kunsthistorisch platziert man den Manierismus in die Zeit nach Raffael, also ab 1520 bis ca. 1600. >Florentinischer Manierismus
Der Begriff hat eine längere Wandlung hinter sich. Heutzutage wird er eher abwertend verwendet, im Sinne von Pathos und gekünstelt.
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Jacopo Tintoretto (1518-1594). Präsentation der Jungfrau im Tempel, 1553-56. Kirche Madonna dell'Orto, Venedig.
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1553: Die geniale Froschperspektive
Tintoretto illustriert hier eine Episode aus den apokryphen (=verborgenen) Evangelien.
Anna und Joachim, die Eltern von Maria, weihen ihre Tochter Gott: Als sie fünf Jahre alt ist, bringen sie sie zum Tempel von Jerusalem, wo sie mit anderen Jungfrauen erzogen werden soll.
Tintoretto lässt die Eltern weg, die 5-jährige Maria steigt allein empor. Der Tempel ist auf die Treppe reduziert – von unten gesehen. Umsäumt von Krüppeln, Bettlern, Schriftgelehrten, Frauen und Kindern.
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Jacopo Tintoretto (1518-1594). Hochzeit zu Kana, 1561. Kirche Santa Maria della Salute, Venezia.
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1561: Das Weinwunder von Kana
Das Bild handelt von der Geschichte Jesus' an einem Hochzeitsfest. Jesus sitzt unter den Gästen. Da kommt Maria auf ihn zu und meldet ihm, dass der Wein ausgegangen ist – was das Ende des Festes bedeutet hätte. Jesus will das dem Brautpaar nicht angedeihen lassen. Er lässt Wasser in die Krüge füllen und verwandelt das Wasser in Wein. Das Fest kann weitergehen. Mit dem Weinwunder von Kana setzt Jesus sein erstes von sieben Zeichen. Tintoretto macht eine farbige Show daraus – ohne das Wunder in den Mittelpunkt zu stellen, er zeigt nur das Füllen der Wasserkrüge.
>mehr über die sieben Wunder Jesu
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Jacopo Tintoretto (1518-1594). Danae, 1570. Musée des Beaux-Arts, Lyon.
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1570: Danae und der Goldregen
Eine Geschichte aus der griechischen Mythologie. Göttervater Zeus begehrt die schöne Jungfrau Danae. Ihr Vater lässt sie in ein Verliess sperren, damit Zeus sie nicht schwängern kann. Dieser lässt sich nicht abhalten und verwandelt sich in einen Goldregen, damit er in sie eindringen kann.
>wie andere Künstler Danae malten
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Jacopo Tintoretto (1518-1594). Die Verkündigung, 1583-87. Scuola Grande di San Rocco, Venedig. |
1583: Der rasende Engel als Verkünder
Mit diesem von dramatischen Hell-dunkel-Tönen geprägten Bild hebt sich Tintoretto von sämtlichen Künstlern ab, die sich seit der Renaissance mit dem Thema Verkündigung befassten.
Tintoretto lässt den Engel nicht «eintreten» (wie es in der Bibel steht), sondern stellt den Überbringer der Botschaft als rasenden Eindringling dar, so, als würde er gerade das Gemäuer durchbrechen. Und die geschockte Jungfrau zeigt er nicht so lieblich wie die anderen Künstler, sondern als panikartig zurückweichende Frau.
>mehr über Tintorettos Werke in der San Rocco
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Jacopo Tintoretto (1518-1594) und Domenico Tintoretto (1560-1635). Paradiso, 1588-94. Ausschnitt. Dogenpalast Venedig. |
1588-92: Das Meisterwerk im Dogenpalast
Den Auftrag für das monumentale Gemälde an der Stirnseite der «Sala del Maggior Consiglio» im Dogenpalast von Venedig erhält eigentlich der Sieger des Ausschreibungswettbewerbs >Paolo Veronese, aber als dieser 1588 verstirbt, vergibt man die Arbeit an Jacopo Tintoretto.
Dieser fertigt das Rekordgemälde – mit 9 x 22 Meter das grösste Tafelbild der Welt – mit Hilfe von zahlreichen Mitarbeitern. Mit von der Partie sind auch sein Sohn Domenico Tintoretto (1560-1635) und Palma il Giovane (1548-1628). Neue Forschungen zeigen, dass wohl Sohn Domenico den grössten Anteil an diesem Monumentalgemälde geleistet hat.
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Jacopo Tintoretto (1518-1594).
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1594: Letztes Abendmahl – letztes Gemälde
Kurz vor seinem Tod malt er dieses «Letzte Abendmahl». Das Motiv hat er schon vorher mehrfach verarbeitet, – aber keines so chaotisch wie dieses, und keines so düster. Nur gerade das grell leuchtende göttliche Licht Jesus' erhellt den düsteren Raum, der einer Spelunke gleicht.
>mehr über das Letzte Abendmahl
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Fotos / Diashow
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