Max Bill (1908-1994)

 

Er ist der prominenteste Schweizer Vertreter der >konkreten und konstruktiven Kunst. Bildhauer, Architekt, Maler, Grafiker.

 

Max Bill kommt 1908 in Winterthur zur Welt. Nach einer Lehre als Silberschmied an der Kunstgewerbeschule Zürich beginnt er sich 1925 für die moderne Architektur zu interessieren. In Paris begeistert er sich für Le Corbusiers «Pavillon de l'Esprit Nouveau» und erfährt, dass 1926 in Dessau das neue >Bauhaus eröffnet wird. Dort erhält er als 18-jähriger einen Studienplatz für Architektur, Design und bildende Kunst. Unter seinen Lehrern sind klingende Namen wie Paul Klee, Wassily Kandinsky oder Oskar Schlemmer.

 

Noch bevor die Nazis 1931 das Bauhaus schliessen, kehrt er nach Zürich zurück und ist als Architekt, Bildhauer, Grafiker und Maler tätig. In Zürich-Höngg bezieht er 1933 sein eigenes Haus.

 

1936 wird Max Bill an der Triennale di Milano mit dem Grand Prix ausgzeichnet. Bis 1937 ist er Mitglied der Pariser Künstlerbewegung «Abstraction-Création». In Zürich definiert er seine Vorstellung von Konkreter Kunst und wird zum wichtigsten Vertreter der

>Zürcher Konkreten. 1938 wird er Mitglied des «Congrès International d’Architecture Moderne». Er ist auch als Publizist aktiv und gründet 1941 den Allianz-Verlag.

 

 

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Max Bill, 1970. Foto Marcel Vogt,

ETH-Bibliothek Zürich.

 

 

1944 erhält er einen Lehrauftrag an der Kunstgewerbeschule Zürich. Nach dem Zweiten Weltkrieg hält er Gastvorlesungen in verschiedenen Städten Deutschlands. 1953 wird er Mitbegründer der Hochschule für Gestaltung in Ulm und ist bis 1956 deren Rektor. Er plant und realisiert auch das Ulmer Hochschulgebäude. 1967 und 1974 hält Bill einen Lehrstuhl in Hamburg: an der Hochschule für bildende Künste.

 

Er ist in den USA, Brasilien und Peru unterwegs, sitzt in der Jury für den grossen Architekturpreis von Sao Paulo. Zurück in der Schweiz wird er Mitglied des Bundes Schweizer Architekten und richtet 1959 in London die Ausstellung «Swiss Design» aus. 1960 wird er in die eidgenössische Kunstkommission gewählt und Leiter des Departementes «Bilden und Gestalten» an der Landesausstellung «Expo» 1964 in Lausanne.

 

Max Bills erste Ausstellung in den USA findet 1963 in New York statt. 1974 organisiert er in den USA eine grosse Wanderausstellung «Max Bill». Retrospektiven bekommt er 1969 im Kunsthaus Zürich, 1974 in Buffalo und in Los Angeles sowie 1988 im Solomon R. Guggenheim Museum in New York.

 

Von 1961 bis 1968 ist Max Bill Mitglied des Zürcher Gemeinderates und von 1967 bis 1971 des Nationalrates (parteilos, portiert vom Landesring der Unabhängigen, LdU).

 

Max Bill stirbt am 9. Dezember 1994 auf dem Flughafen Berlin-Tegel. Auf seinen Flug nach Zürich wartend, erleidet er einen Herzanfall und stirbt auf dem Transport ins Krankenhaus. Seine Asche wird in der Nähe der Pavillon-Skulptur an der Bahnhofstrasse in Zürich verstreut.

 

 

 

>Detaillierter Curriculum Vitae (PDF)

 

>Haus Bill

 

>Bill Stiftung

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)
Max Bill, Pavillon-Skulptur an der
Bahnhofstrasse Zürich, 1983.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Unendliche
Schleife,
1935-1974.
Stadtgarten Essen. Foto
Volker Wagenitz, WikiCommons.

 

 

schleife

Kontinuität, Deutsche Bank, Frankfurt, 1986.
Foto Artmax, WikiCommons.

 

1935: Die Krux mit der unendlichen Schleife

 

In den 1930er-Jahren tüftelt Max Bill an Formen, die in der Natur nicht vorkommen. Eine davon nennt er «unendliche Schleife» und geht davon aus, dass er der «Erfinder» dieser Form ist.

 

Dann erfährt er von Ausstellungsbesuchern, dass es sich um ein Möbiusband handelt, das schon 1858 vom Leipziger Mathematiker und Astronomen August Ferdinand Möbius definiert wurde: Die Form ist «nicht orientierbar», hat also kein oben und kein unten. Was etwas komplex klingt, ist im Grund sehr einfach herzustellen: Ein langer Streifen Papier wird bei den Enden zu einem Ring verklebt, wobei man ein Ende vor dem Zusammenkleben um 180° verdreht. Max Bill ist von diesen Schleifen ein Leben lang fasziniert.

 

Im Stadtgarten Essen steht ein prächtiges Möbius-Exemplar aus Tranasgranit. 1980 erhält Bill von der Deutschen Bank den Auftrag, eine grosse Skulptur für den Hauptsitz in Frankfurt zu schaffen. Es entsteht die «Kontinuität» aus einem Granitblock von 180 Tonnen Gewicht. Die mächtige Skulptur sieht auch nach Möbiusband aus, ist aber keine, sondern ein Band mit zwei Kanten.

 

 

pythagoras

 

1939: Denkmal für Pythagoras

 

Ist es eine mathematisch-geometrische Umsetzung des berühmten Lehrsatzes a2 + b2 = c2?

 

Nein. Aber eine Hommage an den grossen Philosophen und Mathematiker Pythagoras. Max Bill nennt sein Werk einfach «Konstruktion mit drei Quadratgrössen». Messing, vergoldet. Ausstellung 2019 «Bauhaus Constellations» von Hauser & Wirth.

 

 

horizontal-vertikal

 

 

1942: Farben, Formen – konkrete Kunst

 

«Horizontal-vertikal-diagonal-Rhythmus» nennt Bill dieses 80 x 160 cm grosse Ölgemälde. Konkrete Kunst definiert er so: «Sie ist in ihrer letzten Konsequenz der reine Ausdruck von harmonischem Mass und Gesetz. Sie ordnet Systeme und gibt mit künstlerischen Mitteln diesen Ordnungen das Leben». Ausstellung 2019 «Bauhaus Constellations» von Hauser & Wirth in der Kunsthalle Zürich.

 

 

kugelschale

 

 

 

1955: Kugelschale

 

Die «Kugelschale mit drei gleichen Ausschnitten» gibt es in mehreren Ausführungen. Diese hier ist in der Albertina Wien in der Batliner-Sammlung zu sehen. Eine weitere steht im öffentlichen Raum in St. Gallen. Sie wurde 2005 vom oberen Graben auf den unteren Brühl vor der Tonhalle umplatziert.

 

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Halbe Kugel aus
Skulpturengruppe Karlsruhe.
Foto Kucharek, WikiCommons.

 

1966: Familie mit fünf Halbkugeln

 

Als einstiger Rektor der Hochschule für Gestaltung in Ulm (1953-1956) entwirft Max Bill ein fünfteiliges Werk für die Mathematikfakultät der Technischen Hochschule Karlsruhe. Es sind fünf Halbkugeln aus Kunststein, jede in einer anderen Form, aber alle etwa mit einem Durchmesser von 2.5 Metern. Seit 2015 befinden sich einige Kugelvarianten im Atrium der Schule.

 

 

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Reflexe aus dunkel und hell, 1975. Bauhaus Constellations 2019.

 

1975: Farbe, Raum, Licht, Bewegung

 

«Reflexe aus dunkel und hell», 1975. Seine Bildkonstruktionen verfolgen zwar meist geometrisch-mathematische Gesetze, aber lassen auch Raum für Spielereien. Das passt zu seinem Leitsatz «Konkrete Malerei und Plastik ist die Gestaltung von optisch Wahrnehmbarem. Ihre Gestaltungsmittel sind die Farben, der Raum, das Licht und die Bewegung».


 

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Pavillon-Skulptur Bahnhofstrasse Zürich, 1983.

 

1983: Pavillon-Skulptur Zürich

 

Eines seiner bekanntesten Werke. Es besteht aus dreiundsechzig identisch grossen Granitquadern (42 x 42 x 210 cm) und veredelt nicht nur die Zürcher Bahnhofstrasse (Ecke Pelikanstrasse), sondern dient dem Publikum oft auch als Installation fürs Picknick.

 

Was allerdings ganz im Sinne des Künstlers ist: Er wollte immer Orte schaffen, wo sich die Menschen niederlassen und wohl fühlen können.

 

 

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2019: Ausstellung «Bauhaus Constellations»

 

Die von Hauser & Wirth organisierte Ausstellung in den Gebäuden der Kunsthalle Zürich zeigt Gemälde und Skulpturen aus der Zeit nach dem Bauhaus von 1930 bis in die 1980er-Jahre. Vom 9. Juni bis 14. September 2019.

 

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