Picassos Frauen – durch die Augen
des Meisters gesehen


Er ist kein Beau. Er ist weder gross noch stark. Aber

er ist Picasso. Und hat die coolste Anmachtechnik, die man sich nur wünschen kann: «Madame, Sie sind wunderbar. Ich möchte Sie malen». Wer kann da schon widerstehen!

 

Picasso ist besessen von Frauen. Er will sie alle, er bekommt sie alle. Aber das ist auch sein Problem. Denn kaum hat er sie, findet er eine neue, die er mehr begehrt. Und dann beginnt der Stress. Für ihn, für seine Gefährtinnen. Am liebsten hätte er alle gleichzeitig, aber das wollen sie nicht, seine Frauen. Also verlässt er eine nach der anderen und macht sie zu Ex.

 

Nur einmal läuft es andersrum. Sie heisst Françoise Gilot, ist selbst Malerin. Eigentlich passt alles, sie schenkt ihm zwei Kinder. Aber dann kommt es, wie es kommen muss. Er begehrt sie nicht mehr. Und eine Neue wartet. Françoise reagiert anders als ihre Vorgängerinnen – sie verlässt ihn. Ihn, den grossen Meister. Was für ein Schlag für den erfolggewöhnten Macho! Und dass seine Françoise jetzt auch noch in einem Buch über ihn herziehen will, das passt gar nicht in sein Weltbild. Und so unternimmt er alles, um die Publikation des Buches zu verhindern. Geht vor Gericht. Und verliert den Prozess.

 

 

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Françoise Gilot / Carlton Lake:
Leben mit Picasso. Diogenes-Verlag.
Titelfoto Robert Capa.

 

 

Die Bilder, die er von seinen Frauen malt, zeigen jeweils seine momentane Gemütslage auf. In der verliebten Phase sind seine Musen Blumen und Königinnen. Aber dann, wenn die Glut erloschen ist und die Streitereien beginnen, rächt er sich an ihnen. Malt sie als verzerrte Monster, hässlich, weinend, jammernd.

 

 

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Weinende Frau (Dora Maar), 1937.
Musée Picasso, Paris.

 

 

Jede seiner Musen, Modelle und Gefährtinnen prägen und verändern seine Kunst, sie hinterlassen Spuren. Und alle von ihm Verlassenen – mit einer Aunsahme, siehe oben – kommen nie ganz von ihm los, bleiben Bestandteil seines Lebens. In vielen Fällen auch nur, weil es um Geld geht, um viel Geld. Wenn sie von ihm schon gekränkt worden sind, dann wollen sie wenigstens ihren Anteil an seinem Vermögen.

Der Faszination für Frauen und Frauenkörper bleibt Picasso bis ins hohe Alter treu – Kunst und Erotik gehören für ihn zusammen. Mit 90 schafft er ein Werk, das nahe an sein Ideal heran reicht: Maler und Modell verschmelzen förmlich ineinander.
Es heisst «Der Maler und sein Modell» und entsteht 1971, also zwei Jahre vor seinem Tod. Es hängt im Museum Berggruen in Berlin.

 

 

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Le peintre et son modèle, 1971.
Museum Berggruen, Berlin.

 

 

>100 Picasso-Frauenbildnisse 1894-1971

 

 

 

 

>mehr über Picasso

 

>Musée Picasso Paris

 

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>Ausstellung «Der junge Picasso», 2019

 

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Picassos Lovestories, chronologisch geordnet

 

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Tête de femme (Fernande),1909. Musée Picasso.

 

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1905-1912 Fernande Olivier

 

Fernande ist Picassos erste richtige Freundin (sie ist nicht so hässlich wie auf seiner Zeichnung von 1909...). Eigentlich heisst sie Amélie Lang und ist mit einem Bildhauer namens Gaston de Labaume verheiratet. Sie arbeitet als Modell und legt sich ab 1900 den Künstlernamen Fernande Olivier zu. Picasso lernt sie 1904 im berühmten Pariser Künstlertreff von Montmartre, im Bateau-Lavoir, kennen. Wo sich auch regelmässig Guillaume Apollinaire und Kees van Dongen treffen.

 

Auf den Gemälden, die Picasso von ihr macht, ist Fernande kaum zu erkennen – es sind Werke in kubistischem Stil. Nach der Trennung von 1912 arbeitet sie wieder als Modell und wird später Lehrerin. 1933 veröffentlicht sie ihre Memoiren über die Zeit mit Picasso.

 

 

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«Femme assise», 1910. Centre Pompidou, Paris.

 

1912-1915 Eva Gouel

 

Eigentlich heisst sie Marcelle Humbert. Picasso lernt sie in Paris kennen und zieht mit ihr nach Südfrankreich. Die beiden haben es gut, aber das gemeinsame Glück hält nicht. Eva wird krank. Sie hat Lungenkrebs, im Dezember 1915 stirbt sie.

 

Von Eva Gouel scheint es keine Fotos zu geben, wohl aber einige kubistische Gemälde von ihr – so wie dieses Beispielbild. Es zeigt aber sicher nicht Eva, denn es entstand schon 1910 und heisst «Femme assise».

 

 

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Portrait d'Olga, 1917. Musée Picasso, Paris.

 

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«Frau mit Hut», 1939. Museum Berggruen, Berlin.

 

 

1917- 1927 Olga Khokhlova

 

Die Tochter eines russischen Generals. Mit aristokratischen Wurzeln. Und Primaballerina des «Ballet Russe». Wow. Picasso lernt sie 1917 kennen. 1918 heiratet er sie – russisch-orthodox! Und adaptiert ihren anspruchsvollen Lebensstil. Schluss mit dem Leben als Bohémien in einfachen Künstlerkreisen – jetzt ist Luxus angesagt. Picasso kann es sich leisten. Auto mit Chauffeur und so. Aber bald merkt er, dass ihn das Leben in der High Society anwidert. Olga dagegen liebt es, sie gibt Vollgas. Es gibt Streit. Er rächt sich an ihr, indem er von ihr nur noch verzerrte, hässlich Bilder malt. Wie zum Beispiel die «Frau mit Hut».

 

Zwar bekommen die zwei 1921 einen Sohn: Paulo. Aber die Trennung ist unvermeidlich. Zumal Picasso eine neue Frau kennenlernt: Marie-Thérèse Walter. Als diese 1935 schwanger wird, verlangt Olga die Scheidung, doch der lange dauernde Streit um die Vermögensaufteilung lässt diese nie in Kraft treten. Olga stirbt zwei Jahrzehnte nach der Trennung von Picasso, 1955, an Krebs.

 

 

 

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Marie-Thérèse
>Fotosource

 

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Marie-Thérèse, 1937. Musée Picasso, Paris.

 

1927- 1939 Marie-Thérèse Walter

 

Sie ist 17 und minderjährig, als Picasso sie entdeckt. Bildhübsch, blond, mit sportlichem Körper und perfektem griechischen Profil. Was für ein Modell, was für eine Frau! denkt sich der dreissig Jahre ältere Mann. Und spricht sie an: «Ich würde Sie gerne malen. Ich spüre, dass wir zusammen grosse Dinge tun werden». Sie wird sein Modell und später seine Geliebte, 1935 kommt ihre gemeinsame Tochter Maya zur Welt.

 

Aber das Familienglück ist nicht von Dauer, weil Picasso schon wieder eine neue Frau auf seinem Radar hat: Dora Maar. Eigentlich möchte er sich nicht für die eine oder die andere entscheiden müssen. Er schafft es sogar, beide Frauen gleichzeitig an der Atlantikküste in Royan unterzubringen: Marie-Thérèse und Töchterchen Maya bekommen eine Villa, Dora Maar wird im Hotel einquartiert. Picasso pendelt zwischen ihnen. Marie-Thérèse leidet. Zerbricht. Sie kommt nie ganz darüber hinweg, auch nach der Trennung nicht. 1977, vier Jahre nach Picassos Tod, erhängt sie sich in Juan-les-Pins.

 

 

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Dora Maar à la couronne de fleurs, 1937. Museum Berggruen, Berlin.

 

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Dora Maar aux ongles verts, 1936. Museum Berggruen, Berlin.

 

1936-1943 Dora Maar

 

Ein neuer Frauentypus in Picassos Harem. Was ihn diesmal anzieht, ist nicht nur die sinnliche Seite. Er mag es, dass Henrietta Theodora Markovitch eine selbständige und selbstbewusste Person ist. Sie hat Jahrgang 1907 und ist die Tochter einer Französin und eines Kroaten. Sie wächst in Buenos Aires auf, studiert dann in Paris Fotografie und Malerei. Hier hat sie auch ihr Fotoatelier und macht sich als Fotografin einen Namen. Sie nennt sich jetzt Dora Maar. Vom Typ her ist sie die Kühl-abweisende. Das reizt den Macho. Sie wird zuerst sein Modell, dann seine Geliebte.

 

Politisch sind die zwei auf einer Linie – stramm links. Als Picasso 1937 an seinem Werk «Guernica» arbeitet, das die Gräueltaten des Generalissimo Franco anprangert, übernimmt Dora mit grossem Eifer die fotografische Dokumentation und wird dafür berühmt. Picasso/Maar bilden beruflich ein erfolgreiches Couple. Aber dann verliebt sich Pablo in eine Neue: Françoise Gilot. Dora wird depressiv, gibt sogar die Fotografie auf. Zieht sich zurück, lebt vom Verkauf von Picasso-Bildern. Sie wird 89 Jahre alt und stirbt 1997 in Paris.

 

 

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Portrait de Françoise Gilot, 1946. Musée Picasso, Paris.

 

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La femme-fleur, 1946.

 

1943-1953 Françoise Gilot

 

Eine Berufskollegin von Picasso. Sie arbeitet seit 1938 als Malerin in ihrem Pariser Studio. 1943 zeigt sie an einer Ausstellung ihre Werke – und lernt dabei Picasso kennen. Sie ist 21, er 62. Im Bild «La femme-fleur» drückt er aus, was er für sie fühlt: Sie ist zart wie eine Blume, seine Blumenfrau. Sie werden ein Paar, zeugen Kinder. 1947 kommt Claude, 1949 Paloma zur Welt. 1948 zieht die Familie in eine Villa nach Vallauris in Südfrankreich. Das komplette Glück? Mitnichten. Olga, die noch immer nicht geschiedene Ex geistert rum, und die andere Ex, Marie-Thérèse, ruft ständig an.

 

Françoise nervt sich über Pablos Harem. Und über ihn. Er beginnt an ihr rumzunörgeln, begehrt sie nicht mehr. Sie fühlt sich verlassen. Für die eigene Malerei hat sie kaum noch Zeit. Trotzdem organisiert sie 1951/52 Ausstellungen in Paris. Und verdient damit Geld. Das macht sie unabhängig. Im September 1953 verlässt sie ihn aus eigenen Stücken. Sie ist die einzige Geliebte Picassos, die das schafft. 1955 heiratet sie den Maler Luc Simon. 1964 veröffentlicht sie ihr Buch «Leben mit Picasso». Es wird ein Bestseller.

 

 

 

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Jacqueline, 1959. Berggruen, Berlin.

 

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Jacqueline mit Rosen, 1954.

 

1953-1973 Jacqueline Roque

 

«Man kann den armen Mann doch nicht alleine lassen», soll sie ausgerufen haben, als sie davon erfährt, dass Françoise Gilot Picasso verlässt. Jacqueline ist 27 Jahre alt und himmelt den Meister an, nennt ihn «Monseigneur». Klar, dass das auch einen Picasso nicht kalt lässt. Der ist inzwischen 73. Das Paar richtet sich zunächst in Cannes ein. Picasso ist hin und weg von seiner Jacqueline, sie bedeutet ihm alles, ist Modell, Geliebte und feinfühlige Lebensgefährtin.

 

1958 kauft Picasso ein Schloss: Das Château de Vauvenargues bei Aix-en-Provence. Von dort aus sieht man den Mont Sainte-Victoire, das Lieblingssujet von Paul Cézanne. Das Glück ist vollkommen. 1961 heiratet der 80-jährige Picasso seine Jacqueline. Ihr neues Heim ist jetzt in Mougins bei Cannes. Und Jacqueline löst ihr Versprechen ein: Sie bleibt bei ihrem alternden Mann, bis zu seinem Tod, am 8. April 1973.

 

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