Er gilt als der Begründer des Pointillismus – also der Kunst, aus Punkten Bilder zu malen.
Georges Seurat kommt 1859 in Paris zur Welt, in eine Familie der Mittelschicht, die ihm eine gute Ausbildung ermöglicht. Er besucht das Gymnasium und wird schon während der Schulzeit durch einen Onkel in die Kunst eingeführt. Beim Bildhauer Justin Leqquien nimmt er Zeichenkurse. Ab 1878 studiert er an der Ecole des Beaux-Arts in Paris.
Georges Seurat mit 29 Jahren.
Foto 1888, WikiCommons.
Nach und nach löst er sich von der klassischen Malerei und befasst sich mit dem Impressionismus. Allerdings ist er mit solchen Bildern nicht erfolgreich. Am
>Salon de Paris wird sein (heute berühmtes) Werk «Une baignade à Asnières» von der Jury abgelehnt. Seurat gründet in der Folge mit anderen Malerkollegen (darunter auch Paul Signac) 1884 die «Société des Artistes Indépendants» und stellt sein Werk im >Salon des Indépendants aus.
1887 nimmt Seurat an einer Ausstellung der belgischen Künstlergruppe «Les Vingt» (kurz Les XX) teil, die sich das Ziel setzt, neue unkonventionelle Kunst zu fördern. Les XX hat ein gutes Gespür für die Moderne – davon zeugen die grossen Namen der Geförderten wie Auguste Rodin, Camille Pissarro, Paul Signac, Henri de Toulouse-Lautrec oder eben auch Georges Seurat.
Im selben Jahr formiert sich auch die von Paul Signac gegründete Gruppe der Neoimpressionisten. Den Begriff «Neoimpressionismus» prägt ein Kunstkritiker: Félix Fénéon. Dieser ist ein Bewunderer des neuen Malstils von Seurat. Mit seinen Beiträgen in der Fachliteratur sorgt er dafür, dass nicht nur der Divisonismus als Malstil, sondern auch der Name Seurat weit herum bekannt wird.
1889 nimmt Seurat ein zweites Mal an einer Ausstellung der Künstlervereinigung «Les XX» teil. Nach internen Querelen entfernt er sich aber nach und nach von dieser Gruppe.
Im selben Jahr begegnet er Madeleine Knobloch, mit der er in einem Atelier in der Passage de l’Elysée-des-Beaux-Arts zusammenlebt, und die ihm 1890 einen Sohn schenkt: Pierre Georges Seurat.
Georges Seurat stirbt am 29. März 1891 an Diphtherie – und zwei Wochen später stirbt auch sein Söhnchen an der gleichen Krankheit. Seurat ist auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris beigesetzt.
Paul Signac, Félix Fénéon und Maximilien Luce erstellen nach Seurats Tod in dessen Atelier ein Inventar seines Nachlasses. Seine Geliebte Madeleine Knobloch erhält als Erbteil einige Werke davon.
Titelbild (Ausschnitt)
Georges Seurat (1859-1891).
«Dimanche après-midi sur l'île de la Grande Jatte», 1884-86. Art Institute of Chicago.
Georges Seurat (1859-1891). Angelica at the rock, 1878. Kopie nach Ingres «Roger délivrant Angélique». Norton Simon Museum, Pasadena.
Die Vorlage von Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780-1867). Roger délivrant Angélique, 1819. Musée du Louvre, Paris.
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Einstieg akademisch-klassisch
Wer von Seurat spricht, denkt sofort an die von ihm begründete Kunst mit den Punkten. Aber er kommt nicht als Pointillist zur Welt, sondern macht seinen Weg zum Maler ganz klassisch.
Seine Studienjahre verbringt er an der akademisch geprägten École des Beaux-Arts in Paris. Im Louvre findet er Werke grosser Meister, die er kopiert.
Dieses Gemälde «Roger befreit Angélique» fertigt Georges Seurat 1878, also im Alter von 19 Jahren. Es ist eine Teil-Kopie des gleichnamigen Werkes von Jean-Auguste-Dominique >Ingres von 1819. Es basiert auf der epischen Geschichte von Ludovico Ariosto >Orlando Furioso aus dem Jahr 1516 und zeigt einen Ritter, der eine Prinzessin vor einem Seemonster rettet.
In Seurats Kopie kommen weder der Ritter noch das Seemonster vor, er konzentriert sich auf die nackte weibliche Figur in ihrer Notlage: Sie ist an einen Felsen gefesselt. Zu Studienzwecken fertigt der junge Seurat mehrere Versionen dieses Sujets.
Eine davon kauft – 16 Jahre später – sein Malerkollege >Edgar Degas für seine eigene Privatsammlung.
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Georges Seurat (1859-1891). Der Mäher, 1881-82. Metrop. Museum of Art, New York.
View of the Seine, 1882-83. Metrop. Museum of Art, New York.
Une baignade à Asnières, 1884. National Gallery London. |
Nächster Schritt: Impressionismus
1879 besucht Seurat in Paris die Ausstellung der Impressionisten, in der Monet, Degas und Pissarro zu sehen sind. Der eben in Mode gekommene neue Stil >Impressionismus fasziniert ihn – nun wendet er sich diesem zu und löst sich langsam vom klassischen Stil.
Am >Salon de Paris ist Seurat nicht besonders erfolgreich. Ein einziges Mal, 1883, akzeptiert die Jury eine Arbeit von ihm, ein gezeichnetes Porträt. Im Folgejahr verweigert man die Annahme eines Werkes, das heute zu seinen berühmtesten zählt: «Une baignade à Asnières».
Seurat und seine Malerkollegen nerven sich über die Entscheidungen der Salon-Jury und über die ständigen Ablehnungen der modernen Bilder.
Sie organisieren sich in der «Société des Artistes Indépendants» und schaffen damit ihre eigene Ausstellung, den >Salon des Indépendants. Zu den Gründungsmitgliedern gehört neben Seurat auch Paul Signac.
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Seurat und der Pointillismus |
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Georges Seurat (1859-1891). Dimanche après-midi sur l'île de la Grande Jatte, 1884-86. Art Institute of Chicago.
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Seurat gilt zwar als der Begründer des Malstils Pointillismus, aber er selbst bezeichnet sich noch als >Divisionist, als Teilungsmaler.
Mit seinem Gemälde «Un dimanche après-midi sur l'île de la Grande Jatte» (1884-86) bringt er den Stein ins Rollen. Er verwendet für sein Bild ganz kleine Punkte (Points, daher Pointillismus).
Der Begriff Pointillismus kommt erst später auf. Es ist >Paul Signac (1863-1935), der nach Seurats Tod 1891 die «Kunst mit den Punkten» fördert und bekannt macht.
In der Folge «punkten» immer mehr Künstler und entwickeln Seurats Stil weiter: mit feineren und gröberen Punkten. Zu ihnen zählen >Segantini, van Rysselberghe, Pissarro, Cariot und Cross.
Der Kunstkritiker Félix Fénéons schafft dann den Begriff Neo-Impressionismus, dem er den Pointillismus unterordnet.
>Bilder von Paul Signac
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Georges Seurat (1859-1891). Young Woman powdering herself, 1888-90. Courtauld Gallery London.
Detail.
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Jeune Femme se poudrant, 1888-90
Ein eindrückliches Beispiel von Seurats Malstil mit den feinen Punkten. Es zeigt die Geliebte des Künstlers, Madeleine Knobloch, mit der er ab 1890 zusammenlebt und einen Sohn zeugt: Pierre Georges, der 1891 zur Welt kommt, aber noch als Säugling stirbt.
Als das Gemälde 1890 der Öffentlichkeit präsentiert wird, hält Seurat seine Beziehung zu Madeleine Knobloch noch geheim.
Es wäre das einzige Selbstporträt gewesen, das Seurat je gemalt hat. Auf Anraten eines Freundes hat er es mit der Blumenvase überpinselt. Das kam allerdings erst im Jahr 2014 ans Licht, als das Gemälde mit modernster Technologie gründlich untersucht wurde und man unter den Blumen sein Porträt entdeckte.
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Georges Seurat (1859-1891). Le Cirque, 1891. Musée d'Orsay, Paris.
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1891: Sein letztes Gemälde
«Le Cirque» wird im März 1891 im Salon des Indépendants ausgestellt – in unvollendetem Zustand. Stellenweise ist der weisse Grund noch sichtbar. Der blaue Rahmen gehört zum Bild, vom Künstler gemalt. Georges Seurat stirbt nur wenige Tage nach der Ausstellung.
Das Gemälde geht danach an Seurats Mutter. Sie hängt es in den Raum, in dem der Künstler starb. Um 1900 herum erwirbt es Paul Signac, dann der amerikanische Sammler John Quinn, der es 1927 dem Louvre schenkt. Seit 1977 ist es im Musée d'Orsay zu sehen.
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Fotos / Diashow
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