Alfred Sisley (1839-1899)

 

Er gehört zu den Impressionisten der ersten Stunde,
die sich 1873 zu einer Gruppe vereinten, in der Monet, Renoir, Cézanne & Co den Takt angaben. Sisleys Name erreichte nie diesen Klang, aber der Künstler blieb zeitlebens ein Anhänger der Plein-air-Malerei und des >Impressionismus.

 

 

Alfred Sisley um 1876. Portrait von

Pierre-Auguste Renoir (1841-1919).

Foto: Lewis Larned Coburn Memorial

Collection, Art Institute Chicago.

 

 

Sisley kommt 1839 in Paris zur Welt – seine Eltern sind aber britischer Herkunft. Vater William Sisley ist mit seinem Seidenhandel in Südamerika wohlhabend geworden, die Mutter ist eine gebildete Musikkennerin. Mit 18 schickt man Alfred nach London, dort soll er eine kaufmännische Karriere machen. Das ist aber nicht sein Ding, und so kehrt er 1861 nach Paris zurück und erhält hier seine Ausbildung im Atelier des Schweizer Malers >Charles Gleyre.

 

Hier lernt er 1862 Monet, Renoir, Bazille und Pissarro kennen. Diese jungen Künstler – Sisley inklusive – sind vom Malen im Freien (plein-air) gepackt und ziehen mit ihrer Staffelei in die Landschaft, wo sie mit Begeisterung versuchen, die Stimmung des Sonnenlichts einzufangen. Sie tun das mit einfachen, schnellen Pinselstrichen und verzichten dabei auf Details.

 

Dabei entsteht ein Malstil, den man später >Impressionismus nennen wird. In der Akademie der bildenden Künste und im >Salon de Paris kommt der neue Stil gar nicht gut an. Die Bilder werden abgelehnt. Und kaufen mag diese Gemälde auch niemand. Noch nicht. Für Sisley ist das zunächst kein Problem – oder zumindest ein viel kleineres als für seine Kollegen – er wird ja seinem reichen Vater unterstützt.

 

1866 lernt Sisley Marie-Eugénie Lescouezec kennen, eine in Paris lebende Bretonin. Das Paar hat zwei Kinder: Pierre (1867) und Jeanne (1869). Zu einer Heirat kommt es aber erst 1897.


Mit dem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich 1870/71 ändert sich Sisley finanzielle Lage schlagartig. Papas Geschäft geht bankrott und Alfred verliert Vaters Zustupf. Nun soll er von der Malerei leben. Das gelingt aber nicht und für den Rest seines Lebens muss er bös unten durch.

 

Immerhin wird er gelegentlich von Gönnern unterstützt, sodass einige Reisen nach Grossbritannien möglich werden. Dort malt er 1874 impressionistische Landschaftsbilder der Themse.


Bis 1880 lebt und arbeitet Sisley auf dem Land westlich von Paris. Dann zieht er mit seiner Familie in ein kleines Dorf in der Nähe von Moret-sur-Loing, in der Nähe des Waldes von Fontainebleau, wo die Maler der >Barbizon-Schule zu Beginn des Jahrhunderts tätig waren.


1897 bereist Sisley mit Marie Grossbritannien erneut, sie heiraten am 5. August im Standesamt von Cardiff in Wales. In Penarth malt Sisley Ölbilder vom Meer und den Klippen. Es ist sein letzter Aufenthalt in Grossbritannien, der Heimat seiner Vorfahren. Im Oktober 1897 kehrt das Paar Sisley nach Frankreich zurück.


1898 beantragt er die französische Staatsbürgerschaft, die jedoch abgelehnt wird. So bleibt Sisley bis zu seinem Tod britischer Bürger. Er stirbt am 29. Januar 1899 im Alter von 59 Jahren in Moret-sur-Loing an Kehlkopfkrebs.

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Alfred Sisley (1839-1899).

Le Chemin de Monbuisson à

Louveciennes, 1875.

Musée de l'Orangerie Paris.

 

 

 

 

 

 

 

 

Alfred Sisley (1839-1899). Dorfstrasse in Marlotte, 1866. Albright-Knox Art Gallery, WikiArt.

 

Sisleys Lehrmeister: Ein Schweizer

 

Der Waadtländer Maler Charles Gleyre ist der klassischen Malerei verbunden. In seiner Pariser >Malschule unterrichtet er (heutige) Grössen wie Albert Anker oder James Whistler. Aber auch Monet, Renoir und Sisley. Obwohl selbst ein akademisch geschulter Klassiker, spielt Gleyre eine wichtige Rolle in der Entwicklung des >Impressionismus. Er ermutigt nämlich seine jungen Schüler, ausserhalb des Ateliers zu malen und hilft so der plein-air-Malerei auf die Beine.

 

Sisley malt zunächst auch klassisch. Eines seiner Frühwerke kann er sogar im >Salon de Paris zeigen: «Die Dorfstrasse in Marlotte», 1866. Seine späteren Werke, alle impressionistisch, haben im Salon keine Chance mehr.

 

>mehr über Charles Gleyre

 

 

   

 

Alfred Sisley (1839-1899). Sommer bei Argenteuil, 1876. Sammlung Bührle, Kunsthaus Zürich.

 

Alfred Sisley (1839-1899).
Le Chemin de Monbuisson à Louveciennes, 1875. Musée de l'Orangerie Paris.

 

 

Sisley, der blütenreine Impressionist

 

Kaum hat er den Stil der Impressionisten entdeckt, kommt er nicht mehr davon los. Seine Leidenschaft gilt zeitlebens der Plein-air-Malerei. Während andere Künstler im Laufe ihrer Karriere mit mehreren Malstilen experimentieren, bleibt Alfred Sisley dem Impressionismus ein Leben lang treu.

 

Auf den meisten seiner Bilder spielt der Himmel eine wichtige Rolle. Sisley formuliert das so:

 

«Das eigentliche Mittel ist der Himmel. Er darf nicht nur Hintergrund sein. Im Gegenteil, er verleiht mit seinen verschiedenen Ebenen dem Bild Tiefe. Und über seine Form, sein Arrangement in Zusammenspiel mit der Wirkung und dem Aufbau des Bildes verleiht er ihm auch Bewegung. Gibt es etwas Grossartigeres und Bewegenderes als das, was im Sommer häufig zu sehen ist? Ich meine einen strahlend blauen Himmel mit schönen, weissen, dahinziehenden Wolken (…) Ich beginne ein Bild stets mit dem Himmel.»

 

(Zitatquelle: www.artinwords.de)

 

 

Alfred Sisley (1839-1899). Boote auf der Seine, 1877. Courtauld Gallery London.
 

 

Lieblingsmotiv: die Seine bei Paris

 

Seine Liebe zur Seine entdeckt er schon früh. Ab 1870 malt er ihre Ufer rund um Paris in zahllosen Varianten.

 

Besonders angetan haben es ihm das geschäftige Leben auf dem Fluss, die Boote und die Lastkähne, die zu jener Zeit für die Industrie ein wichtiges Transportmittel sind.

 

Alfred Sisley (1839-1899). Lastkähne auf dem Kanal Saint-Martin, 1870. Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz», Winterthur.

 

Sorgenkind Salon de Paris

 

Die Impressionisten der ersten Stunde haben keine Chance, ihre Werke im >Salon de Paris unterzubringen. Der neue Stil ist in der Akademie verpönt. Als die Salonjury Sisleys Bilder 1873 erneut ablehnt, schliesst er sich als Mitbegründer der «Société anonyme des artistes peintres, sculpteurs et graveurs» an.

 

Zu dieser Gruppe gehören Monet, Renoir, Pissarro, Degas, Cézanne, Sisley und ein Dutzend weitere, darunter eine Frau: >Berthe Morisot.

 

Die Gruppe organisiert nun eigene Ausstellungen – am Salon de Paris vorbei. Eine erste findet 1874 statt. Und zwar in den Räumen des Pariser Schriftstellers und Fotografie-Pioniers Gaspard-Félix Tournachon, besser bekannt unter dem Namen Nadar.

 

 

>mehr über die Gruppe der Impressionisten


 

 

Alfred Sisley (1839-1899). Brücke bei Hampton Court, 1874. Museum Wallraf-Richartz Köln.

 

Alfred Sisley (1839-1899). Regatta bei Hampton Court, 1874. Kunsthaus Zürich, Stiftung Sammlung E.G. Bührle.

 

Malen in England: Hauptmotiv Themse

 

In England malt er im Sommer 1874 – was sonst: impressionistische – Bilder. Er ist in London und in Hampton Court an der Themse unterwegs. Während seines dreimonatigen Aufenthalts in England entstehen etwa vierzehn Gemälde.

 

London als Stadt ist für ihn kein lohnendes Motiv – er malt nur eine einzige Stadtansicht. Wie in Frankreich bevorzugt er auch in England ländliche Gegenden.

 

Diese beiden Beispiele zeigen, wo der Künstler bevorzugt seine Staffelei platziert: Am einen Ufer der Themse, sodass er im Vordergrund den Fluss und hinten das gegenüberliegende Ufer mit den Aktivitäten abbilden kann.

 

Bei einem weiteren Grossbritannien-Aufenthalt
1897 – rund zwei Jahre vor seinem Tod – malt Alfred Sisley ausnahmsweise auch Bilder vom Meer und von den Klippen von Penarth. Seine grosse Liebe aber gilt zeitlebens den Flüssen.

 

 

 

Alfred Sisley (1839-1899). L'Eglise de Moret au soleil du matin, 1893. Kunst Museum Winterthur.

 

 

Spätwerk – die Kirche von Moret-sur-Loing

 

Fast alle seiner rund 900 impressionistischen Gemälde zeigen Landschaften, Wälder und Flüsse. Architektonische Darstellungen – wie diese Kirche hier – bilden eher Ausnahmen. Die Kirche befindet sich in jenem Ort, wo sich Sisley 1889 sesshaft macht: in Moret-sur-Loing.

 

Zwischen 1893 und 1894 malt er die spätgotische Kirche in zahlreichen Varianten – es sind total vierzehn in verschiedenen Blickwinkeln und Tageszeiten, mal bei Licht und mal bei Regen. Sie gehören zu seinen Spätwerken und entstehen rund fünf Jahre vor seinem Tod.

 

 

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