Markenzeichen des Münchner Symbolisten sind
mit Erotik angereicherte Werke aus der biblischen und mythologischen Welt. Stuck repräsentiert auch den Münchner Jugendstil. Mit seiner von ihm entworfenen Villa (heute Museum Stuck) hinterlässt er ein bedeutendes Werk des Jugendstils.
Franz von Stuck, Selbstportrait im
Atelier, 1905. Alte Nationalgalerie Berlin.
Franz Stuck wird 1863 in Niederbayern (in Tettenweis, Landkreis Passau) als Sohn eines Dorfmüllers geboren. 1878 bis 1881 besucht er die Kunstgewerbeschule und bildet sich dann an der Akademie in München weiter. Zunächst ist er als Zeichner tätig und fertigt Illustrationen für Zeitschriften und Entwürfe für das Kunstgewerbe.
Erst um 1887 beginnt er mit der Ölmalerei. 1892 wird er Mitbegründer der >Münchner Secession, die sich vom hergebrachten akademischen Kunstbetrieb loslösen will – insbesondere vom damals regierenden «Malerfürsten» >Franz von Lenbach (1836-1904).
Vom Symbolisten >Arnold Böcklin angeregt und beeinflusst, befasst sich Stuck mit mythischen und allegorischen Motiven aus dem Fabelreich. Viele seiner Werke zeigen weibliche und männliche Akte, wie zum Beispiel «Die Sünde» oder «Der Kampf ums Weib». Sie entsprechen dem Zeitgeist und lassen sich gut verkaufen.
Ab 1895 ist Stuck Professor an der Münchner Akademie und unterrichtet dort unter anderem aufkommende Künstler wie Wassily Kandinsky, Giorgio de Chirico oder Paul Klee. Es heisst, Stuck sei ein kühler, eher technisch orientierter Lehrer gewesen, der wenig emotionale Bindungen zu seinen Schülern gehabt habe.
1897 heiratet er Mary Lindpaintner, die Witwe des fünf Jahre zuvor verstorbenen Münchner Arztes Julius Lindpaintner. Wie sie aussah, zeigt ein Abbild, das Stucks «Malerkontrahent» Franz von Lenbach 1894 gemalt hat: Mary als «Salome» – in akademisch-realistiischem Stil.
Mary Lindpaintner, Stucks spätere Ehefrau.
Gemalt von Franz von Lenbach (1836-1904),
1894. Neue Pinakothek München.
Einige Jahre später malt Stuck seine eigene Salome (Spalte rechts), halbnackt und ekstatisch tanzend. Ob dabei seine Gattin Mary als Modell diente, ist allerdings unklar.
Gesichert ist hingegen, dass ihm seine Tochter – die auch Mary heisst (eigentlich Maria Louise) – hundertfach Modell steht. Sie stammt aus einer unehelichen Beziehung, die Stuck mit einer gewissen Anna Maria Brandmaier hatte. Noch vor der Heirat mit Mary Lindpaintner.
1898 wird die von Stuck entworfene Jugendstil-Villa an der Prinzregentenstrasse in München fertiggestellt. Für das Möbeldesign erhält er an der Weltausstellung von Paris 1900 die Goldmedaille.
1905 verleiht ihm Prinz Luitpold von Bayern für seine Verdienste das Ritterkreuz der Bayerischen Krone. Damit wird der Künstler adelig und darf sich fortan Franz von Stuck nennen.
1909 nimmt Franz von Stuck an der internationalen Ausstellung in Venedig teil und erhält für seine Werke einen ganzen eigenen Saal – das ist auch sein Durchbruch in Italien.
1922 schreibt er sein Testament und setzt seine Tochter Maria Louise als Alleinerbin ein. Seiner Gattin Mary steht eine Leibrente von 100'000 Mark zu.
Franz von Stuck stirbt am 30. August 1928 an Herzversagen. Zwanzig seiner Kunststudenten halten die Totenwache und eine grosse Menschenmenge gibt ihm das letzte Geleit. Er wird auf dem Waldfriedhof München beerdigt. Mary, seine Gattin, stirbt ein Jahr nach ihm, 1929. Tochter Maria Louise lebt noch bis 1961.
Titelbild (Ausschnitt)
Franz von Stuck (1863-1928).
Tilla Durieux als Circe, 1913.
Alte Nationalgalerie Berlin.
Franz von Stuck (1863-1928).
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1893: Die Sünde
Eines seiner berühmtesten Bilder. Stuck stellt es an einer Ausstellung der >Münchner Secession aus, erregt damit grosses Aufsehen und macht sich einen Namen.
Das Bild wird vom blass-bläulichen nackten Körper so dominiert, dass man die mächtige Schlange, die sich um die Frau schlingt, erst auf den zweiten Blick erkennt. Der Kopf der Schlange liegt auf der Schulter der Frau. Von diesem Gemälde existieren mehrere Fassungen. Die Fassung hier ist heute in der Neuen Pinakothek München zu sehen.
>mehr über Eva und den Sündenfall
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Franz von Stuck (1863-1928). Tänzerinnen, 1896. |
1896: Die schwebenden Tänzerinnen
Zwei Frauen geben sich in luftigen Gewändern sinnlich dem Tanz hin. Das Motiv beschäftigt Stuck mehrere Jahre lang. Er fertigt davon auch Gipsreliefs.
Es besteht die Vermutung, der Künstler habe seine Mutter und seine spätere Frau Mary abgebildet. Grundlagen dieser Annahme sind Kopfstudien der Figur links sowie später entstandene Darstellungen seiner Frau Mary als Tänzerin. Auch die amerikanische Tänzerin Loïe Fuller könnte Anregungen zu diesem Werk gegeben haben.
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Jugendstil-Villa Stuck München, (heute Museum). Foto©Museen-in-Bayern.de
Stuck-Möbel.
Franz von Stuck (1863-1928). Die Wippe, 1898. Museum Villa Stuck, München.
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1898: Stucks Jugendstil-Villa
Den Münchner Jugendstil repräsentiert Franz von Stuck wie kein Zweiter. Dafür steht vor allem seine Jugendstil-Villa an der Prinzregentenstrasse. Er entwirft sie nicht nur selbst, sondern designt auch die Möbel dazu.
An der Weltausstellung 1900 wird er für diese Möbel mit einer Goldmedaille gefeiert. Und für die Villa als Gesamtkunstwerk erhält er die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität München, 1928 – kurz vor seinem Tod.
>mehr über die Stuck-Möbel (Video)
Seine Jugendstilvilla bleibt noch Jahrzehnte in Familienbesitz. Alleinerbin ist seine Tochter Maria Louise, die bis 1961 lebt. Seit 1992 ist die Villa ein Museum der Stadt München.
Für die Innenausstattung fertigt der Künstler die passenden Gemälde. Für seinen Musiksalon wählt er leicht-luftige Werke wie «Ringelreihen» oder die «Wippe». Zwei fröhlich auf einem Baumstamm schaukelnde Frauen, die eine mit entblössten Brüsten, die andere ganz nackt.
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Franz von Stuck (1863-1928). Selbstporträt mit Gattin, 1902. Privatsammlung. Foto WikiArt. |
1905: Zum Ritter geschlagen
Im Dezember 1905 erhält Franz Stuck vom Prinzen Luitpolt von Bayern einen Verdienstorden: das Ritterkreuz.
Damit wird er in den Adelsstand erhoben und darf sich nun Ritter und Franz von Stuck nennen. Nun ist er nicht mehr nur der «Malerfürst», als den er sich noch in seinem Selbstbildnis von 1902 darstellt. Ohne Malerkittel, dafür höchst elegant gekleidet, wie auch seine Gattin Mary. Dazu in einem gediegenen Raum, der wohl eher nicht sein Atelier zeigt.
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Franz von Stuck (1863-1928). Kampf ums Weib, 1905. Eremitage St. Petersburg. |
Stucks starke Frauen
1905: Kampf ums Weib. Ein symbolträchtiges Werk: Zwei ziemlich archaisch wirkende «Urtypen» männlichen Geschlechts gehen aufeinander los – im Kampf ums Weib. Und was macht die Frau? Die steht mit hoch erhobenem Haupt da und guckt sich das Gerangel mit verachtendem Blick an. Als wollte sie sagen: Prügelt euch nur, mich bekommt ihr trotzdem nicht.
Der Künstler zeichnet damit fast prophetisch
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Franz von Stuck (1863-1928). Susanna und die Alten, 1913. Privatsammlung. WikiArt.
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1913: Susanna im Bade – neu definiert
Die Geschichte von Susanna und den beiden lüsternen Alten wurde schon hundertfach gemalt. Meist stellten die Künstler die Frau als Opfer dar, verschreckt, verängstigt.
Stuck geht einen neuen Weg. Seine Susanna spielt ein Versteckspiel mit den beiden alten Richtern, die vergeblich versuchen, einen Blick auf die Nackte zu werfen. Wie schon im Gemälde «Kampf ums Weib» überträgt der Künstler die Macht auf die Frau. Keine Spur von erschreckt oder verängstigt.
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Franz von Stuck (1863-1928). Salome, 1906. Lenbachhaus München.
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1906: Salomes ekstatischer Tanz
Das biblische Motiv der Salome hat den Künstler mehrmals gereizt – er malt drei Versionen davon. Diese hier ist heute im Lenbachhaus in München zu sehen, eine weitere ist in Privatbesitz, die dritte ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen.
In beiden noch vorhandenen Werken bringt im Hintergrund ein dunkelhäutiger Diener den Kopf Johannes des Täufers auf einem Tablett. Die Bilder unterscheiden sich im Ausschnitt: Im einen ist Salome ganz abgebildet, im Werk hier ist sie angeschnitten. Und wer stand dafür Modell? Vielleicht seine Gattin Mary?
>mehr über Salome und Johannes den Täufer
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Franz von Stuck (1863-1928). Sisiphus, 1920. Galerie Ritthaler, München. |
1920: Sisiphus
Die antik-mythologische Geschichte von dem geplagten Mann, der ständig einen Stein auf den Berg rauftragen muss, ist allgemein bekannt. Sie ist bis heute im Gedächtnis der Menschen geblieben – als Sinnbild für sinnlose Tätigkeit, als Sisiphus-Arbeit.
Stuck zeigt seinen Sisiphus muskulös und kräftig – immerhin war er ja nicht irgendwer, sondern König von Korinth, so etwa um 1400 v.Chr. herum.
>mehr über den Mythos des Sisyphos
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Franz von Stuck (1863-1928). Judith und Holofernes, 1927. Foto WikiArt. |
1927: Judith und Holofernes
In einem seiner letzten Werke befasst sich der Künstler nochmals mit der biblischen Gestalt Judith (es gibt auch frühere Versionen davon). In dieser Version zeigt er Judith so, wie sie die Bibel beschreibt (Buch Judit 8.1, 7): «Sie war sehr schön von Gestalt und von blühendem Aussehen». Und er bildet auch Holofernes genau so ab, wie es in der Bibel steht: Völlig betrunken.
>mehr über Judith und Holofernes
Die meisten anderen Künstler bilden Judith mit dem abgeschlagenen Kopf des Holofernes ab – Stuck dagegen zeigt sie bildschön, hoch gewachsen, mit erhobenem Haupt, stolz. Und kurz vor der Tat.
>wie andere Künstler Judith gemalt haben
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Fotos / Diashow
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