Ausstellung «Hortus Conclusus – im Garten der Sinne». Kulturort Weiertal, 26.5. bis 8.9.2024.

 

Vom Reich der Sinne

zum Garten der Sinne


«Im Reich der Sinne» – so heisst der weltbekannte Film des Japaners Nagisa Oshima aus dem Jahr 1976. Dieser erzählt die berühmte sinnlich-toxische Geschichte zwischen dem Inhaber eines Geisha-Betriebs und seiner Dienerin. Der Film verursachte einen Skandal.

 

Einen Skandal will die Initiatorin und Kuratorin der Ausstellung, Maja von Meiss, natürlich nicht provozieren. Aber der Filmtitel «Reich der Sinne» war zu wohlklingend und zu verlockend, um ihn nicht für ihre eigene Veranstaltung in «Garten der Sinne» umzuwandeln. Der vollständige Titel der Ausstellung lautet

 

Hortus Conclusus – im Garten der Sinne

 

Und was bedeutet «Hortus Conclusus»? Wörtlich übersetzt ein «geschützter Garten». Solche finden sich vor allem in Klöstern – als «Mariengärten». Es sind Gärten der Kontemplation und der Sinne.

 

 

 

 

Sinne sollen auch im Paradiesgarten von Maja und Rick von Meiss geweckt werden. Mit diesem Ziel wurden Künstler:innen eingeladen, ihre Ideen zu präsentieren, die dem Motto «Garten der Sinne» Leben einhauchen.

 

Insgesamt 17 Projekte sind zustande gekommen –
ausgedacht von sechzehn Frauen und sieben Männern aller Altersklassen, von Jahrgang 1938 bis 1990. Alle siebzehn neu entwickelten künstlerischen Projekte nehmen Bezug auf den Paradiesgarten des Kulturortes Weiertal, wo sich Natur und Landschaft mit Kunst verbinden. Im Garten der Sinne eben.

 

 

Die Kuratorin Maja von Meiss und ihr
Gatte, der Gartengestalter
Rick von Meiss.

 

 

Das sind die Künstler:innen (alphabetisch)

Brigitte Baserga, Notta Caflisch, Margaretha Dubach, Elisabeth Eberle, federstahl.ch, Markus Fehr, Flora Frommelt, Sylvia Geel, Sabina Gnädinger, San Keller & Daniel Züsli, Brigitt Lademann, LAST nico lazúla I ruedi staub, Maboart Mickry3, Barbara Stirnimann, Marion Strunk, Eva Wandeler.

 

 

Die Veranstaltung läuft vom
26. Mai bis 8. September 2024.
Öffnungszeiten Do-Sa 14-18 Uhr, So 11-17 Uhr.
Eintritt Fr. 10.–, Saisonkarte Fr. 25.–

Anfahrt im Auto: In Navi eingeben
Rumstalstrasse 55 Winterthur
 

 

 

>Veranstaltungsprogramm (PDF)

 

>Website Kulturort Weiertal

 

 

 

 

 

 

Titelbild

Flora Frommelt, Rapperswil.

Bubbles aus Plexiglas im Weiher des

Kulturortes Weiertal. Foto Maja von Weiss.

 

 

 

 

 

>2024 Hortus Conclusus – Garten der Sinne

 

>2023 Biennale 8 Weiertal «Common Ground»

 

>2022 Ausstellung Weiertal «Von Wegen»

 

>2021 Biennale 7 Weiertal «Vorüber_gehend»

 

>2019 Biennale 6 Weiertal «Paradise Lost»

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Barbara Stirni-mann, Pfungen. Nature morte sur l'herbe, 2024.

 

Vorbild Edouard Manet, 1863.

 

 

Nature morte im Garten der Sinne

 

Braucht es denn im Paradies Kleider? Natürlich nicht, weg damit! Und da liegen sie nun im Gras, die Blusen, Röcke und Hosen. Aber wem gehören sie? Und wohin sind die Menschen verschwunden? Baden sie vielleicht nackt im Gartenweiher?

 

Vorlagengeber ist der französische Maler Edouard >Manet, der mit seinem Bild Déjeuner sur l'herbe Furore gemacht hat. In diesem zeigt er eine nackte Frau beim Picknick zusammen mit zwei (bekleideten) Herren. Am Salon de Paris war man entsetzt und lehnte es ab, das Werk auszustellen. Manet zeigte es dann am Salon des Réfusés. Es wurde zum Skandal, aber gleichzeitig machte es den Künstler berühmt.

 

Marion Strunk, Zürich.
wollen, 2024.

 

 

 

Der zärtlich umwickelte Baum

 

Marion Strunk spielt mit den Worten «wollen» und «Wolle». Zu wollen gehört auch der Wille. Wenn der Wille besteht, einem Baum etwas Gutes zu tun, dann liegt die Idee nahe, ihm einen wärmenden Pullover zu schenken, der ihn vor Wind und Wetter schützt. Die Künstlerin tut das mit einem kuscheligen Wollfaden. Und weil der Baum Aufmerksamkeit möchte, passt ein knallroter Wollfaden perfekt.

 

Ihre Wortspiele gehen noch weiter: «Umgarne den Baum!». Oder «Nimm du den Faden auf!».

 

 

Elisabeth Eberle, Zürich. I never promised you a rose garden, 2024.

 

 

Darf man die Natur be-sitzen?

 

Die Installation besteht aus drei Liegestühlen, die Besucher:innen zur Kontemplation einladen. Die Stühle sind mit bunten Abbildungen von Magnolien bedruckt. Diese stammen aus einer früheren Arbeit der Künstlerin – aus der Serie «fruits».

 

Führen diese hübschen Kontemplations-Hilfsgeräte zu höheren Erkenntnissen? Möglich. Vielleicht fällt aber den darin Meditierenden ein Apfel aus dem «Garten der Sinne» auf den Kopf und bringt sie zurück in die Realität, die zurzeit nicht gerade rosig ist.

 

 

Mickry 3, Schlieren.
Freunde des naturnahen Gartenbaus,
2024.

 

Betontröge kontra Gartenidylle

 

Nein, die Betontröge passen nicht in den «Garten der Sinne». Sie stehen deshalb nur im Empfangsbereich – auf einem Kiesweg. Sie wirken mit ihren Steinfüssen (mal gehend, mal stehend) zwar niedlich und sind hübsch bepflanzt – aber sie stehen als Zeichen des Protestes. Als tadelnder Verweis auf jene «Gartenfreunde», die ihre Wiese entsorgt oder mit Betonplatten überdeckt haben, damit der Garten «nicht so viel Arbeit verursacht». Hinter dem enigmatischen Künstlernamen Mickry3 stecken drei Künstlerinnen aus Schlieren: Dominique Vigne, Nina von Meiss und Christina Pfander.

 

 

Sylvia Geel, St.Gallen.
Lovely killers contained, 2024.

 

Die Vernichter von Biodiversität

 

Sylvia Geels Weckruf an moderne «Gartenpfleger», die Gartenarbeit tunlichst vermeiden möchten und diese an Maschinen abgeben. Den wenigsten ist bewusst, dass diese so praktischen Mähroboter Killermaschinen sind. Sie zerhacken alles, was ihnen in die Quere kommt. Blumen, Gräser und Insekten. Die Geräte sind so dumm, dass sie nicht einmal einen Igel als Hindernis erkennen und mit ihren scharfen Klingen alles Kleingetier zerhacken. Sylvia Geel verpasst ihren «Lovely killers» einen giftigen Farbton – als Abschreckung?

 

 

Brigitte Lademann, Dübendorf. Stiefelbrunnen, 2024.

 

Der pissende Stiefelbrunnen

 

Ein Hingucker am Weiher des Gartens der Sinne. Ausgangspunkt sind Stiefel, die man sich aus dem banalen Grund überzieht, um trockenen Fusses durch nasse Gegenden zu kommen.

 

Bei Brigitte Lademann halten die Stiefel aber nicht dicht, sondern werden mit Wasser gefüllt. Falls es denn überhaupt Wasser ist. Was da aus dem grossen, männlich wirkenden Superstiefel spritzt, könnte doch auch... Hallo, gibt es da jemanden, dem dieser Gedanke nicht auch aufgekommen ist...?

 

 

Daniel Meili und Bruno Lötscher, Zürich. feder-stahl.ch, 2024.

 

Von der Leichtigkeit des Federstahls

 

Das Zürcher Duo präsentiert mehrere verblüffende Stahlarbeiten. Im Gartenbereich steht eine Konstruktion aus Federstahl, die sich dem Rhythmus des Windes wunderbar harmonisch hingibt.

 

Fast schon magisch sind die Bewegungen dieser genialen Federstahl-Installation, die in der Galerie Weiertal zu bewundern ist. Wie kann sich Stahl bloss so fein bewegen, fragt man sich. Und: Könnte es ein Perpetuum Mobile sein? Es scheint nie still stehen zu wollen... einfach wundersam.

 

 

Sabina Gnädinger, Winterthur. hidden tree, 2024.

 

Die Gespiegelte Natur

 

Diese bewegliche Konstruktion aus Spiegeln umarmt den Stamm eines Obstbaumes und verändert ihr Aussehen ständig – mal bildet sie ein geschlossenes Rund, mal spiegelt sie die Natur in zahlreichen Facetten – zur Freude der Besucher:innen. Der hier heimische Graureiher fand das aber nicht so toll: Als er sich darin sah, glaubte er, das sei ein Widersacher auf seinem Territorium. Und attackierte die schöne Installation so heftig, dass sich hinterher Blutspuren am Spiegel fanden.

 

 

Brigitte Baserga-Vogt, Alten. AnderschARTig, 2023-24.

 

 

Das Froschweib und anderes Archaisches

 

Statt Gartenzwergen platziert die Künstlerin im Garten der Sinne archaische Naturwesen, die offenbar aus den umliegenden Wäldern eingewandert sind. Sie sollen, so heisst es, in Vollmondnächten zum Leben erwachen. Wie der Weiertalteufel, die Vogelfrau, der Milchdrachen und dieses Froschweib, das im Weiher auf einem Baumstumpf sitzt und eben zum Sprung anzusetzen scheint. Aber eben nur in speziellen Vollmondnächten.

 

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