Dass in diesem barocken Prachtspalast aus dem
17. Jahrhundert moderne Kunst zu sehen ist, würde man wohl eher nicht erwarten. Aber es ist so: Hier ist die Galleria Internazionale d'Arte Moderna zu Hause.
Ca' Pesaro am Canal Grande
Der Auftrag zum Bau des Palazzo kam von einem Dogen – und zwar per Testament. Giovanni Pesaro lebte von 1589 bis 1659, und nach seinem Tod erteilten die Erben der Familie Pesaro den Bauauftrag für den Palazzo. An den bekanntesten Barock-Architekten Venedigs: Baldassarre Longhena. Der ist vor allem berühmt, weil er sein Leben lang an der >Santa Maria della Salute gearbeitet hat – ohne deren Fertigstellung noch erleben zu dürfen.
Die Bauarbeiten an der Ca'Pesaro begannen noch im Todesjahr des Dogen Giovanni Pesaro (1659), aber als der Architekt Longhena 1682 starb, war der Bau noch immer nicht abgeschlossen. Ebensowenig wie die Santa Maria della Salute.
Nach Longhenas Tod 1682 übernahm sein Schüler Antonio Gaspari die Bauarbeiten. 1710 konnten sie endlich beendet werden.
Der Palast wechselte dann mehrmals den Eigentümer. Die letzte Besitzerin, die Duchessa Felicità Bevilacqua La Masa, vermachte den Palast 1899 der Gemeinde Venedig. Dies mit der Auflage, dort Ausstellungsmöglichkeiten für junge Künstler der Avantgarde zu schaffen. 1902 wurde das neue Museum für Moderne Kunst eröffnet: Die Galleria Internazionale d'Arte Moderna.
Barockes und Modernes im «Piano Nobile» vereint
Die Galerie ist im ersten Stock des Palazzo untergebracht, im so genannten «Piano Nobile». Die barocke Ausstaffierung mit geschnitzten und vergoldeten Holzdecken – einige der Deckenfresken stammen von Tiepolo – kontrastiert sehr schön mit den modernen Bildern und Skulpturen des 20. Jahrhunderts.
Deckenfresken von Tiepolo
Ein weiteres Museum befindet sich im zweiten Stock:
das Museo d’Arte Orientale. Es soll rund 30.000 Objekte umfassen, viele davon aus Japan, aber auch aus China und Indonesien. Diese Sammlung wurde von Prinz Heinrich von Bourbon-Parma während seines Aufenthalts in Asien zusammengestellt. Inzwischen ist sie in den Besitz des italienischen Staates übergegangen.
Der Palazzo Ca'Pesaro ist einfach zu erreichen:
Mit einem Vaporetto der Linea No 1, die den ganzen Canal Grande bedient und an jeder Station hält. Die Schiffsstation heisst San Stae.
La Duchessa Felicità Bevilacqua La Masa (1822-1899).
Antonio Donghi (1897-1963). Le villeggianti, 1934.
Arturo Martini (1889-1947). Il bevitore, 1928. Terracotta. Ca'Pesaro Venezia
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Moderne Kunst im Barockpalast
Warum die Gräfin im Streit mit der Stadt Venedig stand, ist unklar – sie scheint ihr Vorwürfe wegen schlechter Kreditverwaltung gemacht zu haben. Vor ihrem Tod soll die Duchessa noch einen letzten Pfeil gegen die Stadtverwaltung abgeschossen haben: «Ich habe vergeben, aber nicht vergessen».
Die Duchessa Bevilacqua La Masa vermachte den prächtigen Palazzo dann der Stadt aber doch. Allerdings enthielt ihr Testament die Auflage, dass Venedig dort Arbeits- und Ausstellungsmöglichkeiten für junge Künstler schaffen solle.
Die Stadt hielt sich an die Auflage und eröffnete das Museum am 18. Mai 1902. Heute heisst es Galleria Internazionale d'Arte Moderna.
Zu jener Zeit war gerade die >Biennale di Venezia gegründet worden (1895). Diese begann nun eine wichtige Rolle zu spielen beim Aufbau des Museums im Ca'Pesaro: Hier konnte sich das Museum mit Werken moderner Künstler eindecken. Es gab aber noch eine weitere Querverbindung zur Biennale: Die Verantwortlichen des Ca'Pesaro unterstützten Künstler, die von der Biennale abgelehnt wurden. Diese durften dafür im Ca'Pesaro ausstellen.
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Gustav Klimt (1862-1918). Judith II, 1909.Detail.
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Museums-Highlight: Klimts Judith II
Wie kam dieses weltberühmte Gemälde ins Museum des Palazzo Ca'Pesaro? Ganz einfach: Man erwarb es anlässlich der Biennale di Venezia von 1910.
2015 wäre es beinahe wieder verkauft worden, als Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro auf die Idee kam, den Verkaufserlös für die Tilgung von Schulden zu verwenden. Gestoppt wurde er dann vom italienischen Kulturminister, der unmissverständlich klar machte, dass öffentliches Kulturgut unverkäuflich sei.
Dieses Werk ist Klimts zweite Version der Judith. Es unterscheidet sich von der ersten aus dem Jahr 1901 deutlich: Weniger erotisch, dafür mit mehr dekorativen Elementen.
Judith II (oder eventuell Salome?) hat keine liebliche Ausstrahlung mehr, sie wirkt mit ihren verkrampften Fingern eher aggressiv. Der abgeschlagene Kopf des assyrischen Generals Holofernes ist in der zweiten Version viel klarer herausgearbeitet als bei Judith I, wo er kaum in Erscheinung tritt.
>mehr über Gustav Klimts Judith
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Franz von Stuck (1863-1928). Medusa, 1908. |
Franz von Stuck und der Kopf der Medusa
So wenig wie Klimt würde man auch einen Franz von Stuck im Ca'Pesoro zu Venedig erwarten, aber dieses Werk hat eine ähnliche Geschichte: es wurde ebenfalls an der Biennale erworben und ziert seitdem das Museum am Canal Grande. Stuck hatte einen guten Draht zu Italien: An der Biennale di Venezia 1909 war ihm ein ganzer Saal gewidmet.
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Auguste Rodin (1840-1917). Il Pensatore, 1880-1904. Gesso patinato. |
Auguste Rodin: Der Denker
Ein echter Rodin macht sich natürlich gut in einem Museum für Moderne Kunst. Zumal es sich bei diesem Exemplar nicht um einen der zahlreich vorhandenen Bronze-Abgüsse handelt. Sondern um einen patinierten Gips, mithin also um ein Unikat.
Von Rodin gibt es im Museum noch ein weiteres bekanntes Werk zu sehen: «Die Bürger von Calais» aus dem Jahr 1889 in Gipsform.
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Marc Chagall (1887-1985). Rabbino No2, 1914-1922.
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Marc Chagalls Rabbi No 2
Dieses Werk wurde von der Gemeinde Venedig in der Biennale von 1928 erworben. Das ausdrucksstarke Gemälde zeigt einen Rabbiner. Es enstand zwischen 1914 und 1922 in Chagalls Heimatstadt Vitebsk (heute Weissrussland) – deshalb trägt es auch den Namen «Rabbiner von Vitebsk». Als Chagall 1914 nach Russland zurück gekehrt war, dachte er, er würde dort nur wenige Monate bleiben. Doch dann folgte der Erste Weltkrieg, dann die Russischen Revolution. Das zwang ihn, bis 1922 in Russland zu bleiben. 1915 heiratete er in Vitebsk seine Verlobte Bella Rosenfeld. Während seines Aufenthalts in Vitebsk wurde er Kommissar für Bildende Kunst.
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