Martha Haffter (1873-1951)

 

Sie kommt in einer wohlhabenden Familie als Tochter des Regierungsrates Konrad Haffter in Frauenfeld zur Welt und darf das Künstlerleben einer gut situierten Bürgerstochter führen.


 

Martha Haffter, Selbstporträt
ohne Datum. Kunstverein Frauenfeld.

 

 

Von 1893 bis 1900 erhält sie an der kunstgewerblichen Abteilung des Technikums Winterthur ihre künstlerische Grundausbildung.

 

Als 26-Jährige reist Martha Haffter nach München, um dort an der «Damenakademie» des Münchner Künstlerinnenverbandes zu studieren. Dorthin kehrt sie jährlich zurück, für mehrmonatige Aufenthalte bis 1939. Auch in Basel ist sie künstlerisch tätig, im «Damenatelier» des Schweizer Malers und Grafikers
Fritz Burger (1867-1927).

 

1902 bis 1905 darf sie die Pariser Kunstschulen >Académie Julian und >Académie de la Grande Chaumière besuchen. Diese Besuche wiederholt sie immer wieder, verbringt jeden Frühling zwei, drei Monate in Paris und geniesst dort nicht nur ihr Studium, sondern auch die Freuden der Stadt wie Oper und Theater. Ihre Eltern «fördern» sie nicht gross, aber dafür wird sie von ihrem Onkel unterstützt, dem Arzt Elias Haffter.

 

Erste Ausstellungsbeteiligungen hat Martha Haffter im «Künstlerhaus» der Kunstgesellschaft Zürich und an weiteren Ausstellungen in der Schweiz und in Frankreich. Ihre Werken kommen zwar gut an, aber die grosse Anerkennung in Paris bleibt aus. Dieser Umstand scheint sie aber nicht zu beunruhigen – sie ist mit sich selbst zufrieden, wenn sie malen kann.

 

Ab 1944 – da ist sie über 70 Jahre alt – lebt sie zurückgezogen in ihrem Elternhaus «Zum Nussbaum» in Frauenfeld. Neben Porträts und Kinderbildern malt sie Akte und Blumenstills, aber auch Landschaften und Stadtansichten.

 

Sie stirbt im Alter von 78 Jahren am 31.12.1951
in Frauenfeld.

 

Ihr Nachlass befindet sich im Staatsarchiv Thurgau.

1999 widmet ihr das Kunstmuseum Thurgau eine Retrospektive. 2019 stellt der Kunstverein Frauenfeld im «Bernerhaus» rund 90 Gemälde und Zeichnungen sowie bisher unveröffentlichte Skizzen und Dokumente aus. 2020 zeigt das Kunstmuseum in der >Kartause Ittingen mehrere Werke Martha Haffters im Rahmen der Ausstellung >Frauen erobern die Kunst.

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Martha Haffter (1873-1951).
Kinder auf dem Schulweg, 1928.

Kunstverein Frauenfeld.

 

 

 

 

 

 

Zeichenstudien

 

Kunstmuseum Thurgau

 

 

1894: Erste Zeichenstudien

 

Ihre Grundausbildung holt sich Martha Haffter von 1893 bis 1900 im Technikum Winterthur, das damals noch ganz jung ist. Es beginnt seine Ausbildungstätigkeit erst 1874, da ist Martha gerade ein Jahr alt.

 

Das Technikum wurde in erster Linie für die Ausbildung von Bauhandwerkern, Mechanikern, Chemikern und Geometern errichtet – aber daneben gab es damals auch noch eine Abteilung für kunstgewerbliches Zeichnen und Modellieren. Später wurde diese aufgelöst und durch Abteilungen für Maschinenbau, Hoch- und Tiefbau ergänzt.  

 

Schon Haffters ersten Arbeiten zeigen ihr zeichnerisches Talent, wie die «Studie eines bärtigen Mannes» und der gekonnte «Stehende Akt» belegen.

 

 

Martha Haffter (1873-1951). Bild zweier Mädchen beim Zeichnen, ohne Jahr. Kunstmuseum Thurgau.

 

Martha Haffter (1873-1951).
Akt, ohne Jahr. Kunstmuseum Thurgau.

 

Resistent gegen neue Strömungen

 

In Paris kommt sie zwar mit der Avantgarde in Kontakt, hält aber nicht viel von Futurismus, Expressionisten oder vom Surrealismus. Sie bleibt zeitlebens beim Impressionismus und bei der akademischen Kunst.

 

Für die «fauven», farbüberladenen neue Stile der Avantgardisten kann sie sich nicht beigeistern und schliesst sich lieber jenen Modernen an, die eine poetisch-realistische Malerei im Stil von Camille Corot oder Eduard Manet pflegen.

 

Rückblickend schreibt sie 1946 einem Redaktor eines Kunstlexikons: «Ich habe nie das Geringste getan, um bekannt zu werden, sondern habe einfach für mich Freude gehabt an meiner Kunst.»

 

Ihre fast poetischen Bilder sind eine Augenfreude und finden Anklang bei zahlreichen Ausstellungen in der Schweiz und in Frankreich, aber in den 1920er-Jahren erwarten die Jurys der meisten Aussteller immer «modernere» Werke. Expressionismus, Fauvismus und anderes Neues. Die lieblichen Gemälde der Martha Haffter haben es immer schwerer, angenommen zu werden.

 

 

Martha Haffter (1873-1951). Grossmutter. Kunstverein Frauenfeld.

 

Nicht versessen auf Anerkennung

 

Wo andere Künstler wie >Edouard Manet ein Leben lang verbissen darauf aus sind, von wichtigen Ausstellern wie dem >Salon de Paris anerkannt zu werden, scheint ihr das nicht viel bedeutet zu haben. Sie wäre wohl auch nie auf die Idee gekommen, ihr Leben vom künstlerischen Erfolg abhängig zu machen oder gar Suizid zu begehen wie die Luzerner Künstlerin >Sonja Sekula.

 

Sie ist vielmehr so etwas wie ein Musterbeispiel für eine wohlsituierte Bürgerstochter, die die Malerei zwar zum Beruf machen möchte, aber nicht um jeden Preis. Sie untersteht auch nie wirklich dem (materiellen) Zwang, dieses Ziel zu erreichen. Das Schicksal vieler Künstler, die mit ihrer Kunst Hunger leiden und es doch nie schaffen, bleibt ihr erspart.

 

Ohne Druck kann sie ihr Künstlerleben führen. Mit viel Freude am Malen. Ohne den Zwang, es ganz nach oben schaffen zu müssen.

 

 

Martha Haffter (1873-1951). Promenade und evangelische Kirche Frauenfeld. Kunstverein Frauenfeld.
 

 

Alltägliches in Frauenfeld

 

Wenn sie in ihrer Heimat in Frauenfeld unterwegs ist, zieht sie durch die Quartiere der Stadt auf der Suche nach alltäglichen Motiven.

 

Diese dürfen auch unspektaklär sein – das scheint es zu sein, was sie mag. Sie zeichnet und malt, was sie sieht. Mehr will sie offenbar nicht.

 

Noch heute fragt man sich, warum die talentierte Malerin den Sprung in die Moderne nicht vollziehen wollte. Nur die Künstlerin selbst weiss es.

 

Sie zeichnet und malt ein Leben lang und erreicht durchaus eine gewisse Popularität – im Thurgau wird sie sogar zur bekanntesten Künstlerin. Und dennoch gerät Martha Haffter schon bald nach ihrem Tod im Jahr 1951 in Vergessenheit.

 

 

Martha Haffter (1873-1951). Frauenakt, ohne Jahr. Kunstmuseum Thurgau.

 

Ausstellung «Frauen erobern die Kunst»

 

In der Kartause Ittingen fand 2020 eine vom Kunstmuseum Thurgau organisierte Ausstellung unter dem Titel «Frauen erobern die Kunst» statt. In dieser wurden auch mehrere Werke der «einheimischen Tochter» Martha Haffter präsentiert.

 

>Ausstellung 2020

 

 

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Fotogalerie Martha Haffter