Angelika Kauffmann (1741-1807)


Sie ist Schweizerin und macht – als Frau – eine
für damalige Zeiten beispiellose Karriere: In London schafft sie es zur anerkannten und gefeierten Malerin, wird Mitglied der Royal Academy of Arts und spielt in der Londoner Gesellschaft des 18. Jahrhunderts auch eine wichtige Rolle in der Mode: Ihre korsettfreien Kreationen bieten den Frauen neue Freiheiten und werden zum Trend.

 

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Angelika Kauffmann, Selbstporträt, 1784.

Neue Pinakothek München.

 

 

Angelika Kauffmann kommt 1741 in Chur zur Welt. Ihr Vater, Johann Joseph Kauffmann, ist Porträtmaler. Er stammt aus Schwarzenberg im Bregenzerwald und entdeckt früh das überragende Talent seiner Tochter. Weil es damals für Mädchen keine ordentlichen Schulen gibt, unterrichtet der Vater sie in Malerei und die Mutter – eine gebildete Hebamme – bringt ihr Sprachen bei. Deutsch, Italienisch, Englisch, Französisch.

1752 zieht die Familie nach Como, Angelika bekommt in Mailand Unterricht in Malerei und Musik. Sie ist in beidem hoch begabt, kann sich nicht entscheiden. Als die Mutter 1757 stirbt, ist sie 16. Nun trifft sie die Entscheidung doch: Sie will Malerin werden. Den Moment der Entscheidung hält sie viele Jahre später, 1791, in einem ihrer berühmtesten Bilder fest: «Am Scheideweg zwischen Musik und Malerei».

Nach dem Tod der Mutter zieht sie mit ihrem Vater nach Schwarzenberg, wo sie 1757 gemeinsam eine Kirche neu ausmalen. Es folgen weitere Aufträge im Bodenseeraum, in Florenz, Rom und Neapel.

 

1764 dann ihr Durchbruch als Malerin. Mit dem berühmten Bildnis von Johann Joachim Winckelmann, dem deutschen Archäologen und Kunstwissenschafter.

 

Entscheidend für ihre Karriere wird der Umzug nach London 1766. Ihr Vater ist mit dabei, er unterstützt sie unermüdlich. Zu ihren Förderern gehört auch Joshua Reynolds – der einflussreichste englische Maler dieser Epoche. Angelika Kauffmann ist um 1768 schon so berühmt und als Künstlerin anerkannt, dass sie Gründungsmitglied der Royal Academy wird. Zudem ist sie eine gesellschaftliche Grösse geworden und ein Vorbild in Sachen Mode.

 

Ihre erste Ehe ist ein Flop. Sie fällt auf einen Heiratsschwindler herein, der sich als schwedischer Graf ausgibt. Die Ehe wird 1768 wieder geschieden. Ihr Vater bringt sie dann mit dem venezianischen Maler Antonio Zucchi zusammen, den sie 1781 heiratet. Das Paar lässt sich in Rom nieder. Ihr Atelier wird zu einem beliebten Treffpunkt. Berühmte Romreisende lassen sich porträtieren oder geben Historiengemälde in Auftrag, unter anderem Kaiser Joseph II, die königliche Familie von Neapel und Sizilien oder Zarin Katharina die Grosse von Russland.

 

1795 stirbt ihr Gatte Antonio Zucchi. Nun nehmen religiöse Themen eine immer wichtigere Rolle in ihrem Schaffen ein. Am 5. November 1807 stirbt sie selbst im Alter von 66 Jahren in Rom und wird unter grosser Anteilnahme der Römer in der Kirche Sant'Andrea delle Fratte beigesetzt. Dort ruht auch ihr Gatte.

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Angelika Kauffmann (1741-1807).

Christus und die Samariterin, 1796.

Neue Pinakothek München.

 

 

 

 

 

 

Dieses Buch von Gabriele Katz gibt einen lebendigen Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse in London des 18. Jahrhunderts. Über die adligen und königlichen Sitten, über Mode, Kunst und Künstler. Und über Angelika Kauffmanns persönlichen Aufstieg in die Elite bis hin zur Mitgliedschaft in der Royal Academy of Art. Die Roman-Biographie ist 2022 im Südverlag erschienen.

 

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Angelika Kauffmann
(1741-1807). Selbstporträt 1791. Am Scheideweg zwischen Musik und Malerei. The St. Oswald Collection, Nostell Priory, Yorkshire.

 

 

1757: Angelika will Malerin werden

 

Die sowohl in Musik wie Malerei begabte Künstlerin entscheidet sich kurz nach dem Tod ihrer Mutter 1757 für die Malerei, da ist sie 16-jährig. Die Entscheidung fällt ihr nicht leicht. Viele Jahre später dokumentiert sie das in einem Gemälde:

Am Scheideweg zwischen Musik und Malerei.

Dieses Werk erstellt sie erst 1791. Die Figur der Malerei – also die Künstlerin selbst – zeigt auf einen weit entfernten Tempel: «Da will ich hin!».

 

Eine zweite Version aus dem Jahr 1792 befindet sich im Puschkin-Museum in Moskau.

 

 

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Angelika Kauffmann (1741-1807). Bildnis Johann Joachim Winckelmann, 1764. Kunsthaus Zürich.

 

 

1764: Johann Joachim Winckelmann

 

Mit diesem Ölgemälde schafft Angelika Kauffmann den Durchbruch zur anerkannten Malerin.

 

Winckelmann (1717-1768) ist ein deutscher Archäologe. Er gilt als der Begründer der wissenschaftlichen Kunstgeschichte. Sein Werk «Geschichte der Kunst des Altertums», dient bis heute als Grundlagenwerk der Kunsttheorie. Er begann sein Studium als Theologe, studierte dann Medizin und betrieb daneben philosophische und historische Studien.

 

In Rom fand er als Erster heraus, dass viele römische Skulpturen Kopien von griechischen Werken waren. 1763 wurde er von Papst Clemens XIII zum Aufseher der Altertümer im Vatikan ernannt.  

 

 

Angelika Kauffmann (1741-1807). Joshua Reynolds, 1767.

 

 

1766: Guter Draht zu Joshua Reynolds

 

Angelika übersiedelt 1766 zusammen mit ihrem Vater nach London. Dort lernt sie den berühmten Maler >Joshua Reynolds kennen, der sie warm aufnimmt und fördert. Er wirft ein Aufge auf sie und macht ihr den Hof, Angelika lehnt aber ab. Trotzdem bleibt ihr Reynolds gut gewogen. Die beiden porträtieren sich gegenseitig. Er ist es auch, der die Malerin ermutigt, sich mit Historienmalerei zu befassen, der seiner Meinung nach «höchsten Stufe der Malerei».

 

Angelika Kauffmann (1741-1807). Hektor verlässt Andromache, 1767. National Trust.

 

1767: Einstieg in die Historienmalerei

 

Mit diesem Gemälde aus der griechischen Mythologie startet Angelika Kauffmann in die Historienmalerei. Es zeigt eine Episode aus Homers Ilias. Hektor nimmt Abschied von seinem Sohn und seiner Frau Andromache, um in den Krieg um Troja zu ziehen. Hektor wird sterben, Andromache und ihr Sohn werden daran zugrunde gehen.

 

 

Johann Zoffany (1733-1810). Mitglieder der Royal Academy, 1771-72. Royal Collection London.

 

In der Mitte Präsident Reynolds als Platon im schwarzen Rock, neben ihm William Hunter als Aristoteles.

 

An der Wand Porträts von Mary Moser und Angelika Kauffmann.

 

1768: Gründungsmitglied der Royal Academy

 

König George III gründet 1768 die Royal Academy of Arts, um für die britische Kunst auch eine Akadmie zu schaffen, wie sie in anderen Ländern bereits besteht. Er ernennt >Joshua Reynolds zum ersten Präsidenten und erhebt ihn ein Jahr später in den Adelsstand, zu Sir Joshua Reynolds.

 

Die Akademie zählt bei der Gründung 34 Künstler. Angelika Kauffmann und die abwertend als «Blumenmalerin» bezeichnete Londonerin Mary Moser (1744-1819) werden als einzige Frauen aufgenommen. Dass überhaupt Künstlerinnen dabei sind, ist eine Sensation.

 

Dort entsteht das Gruppenbild der Mitglieder von Johann Zoffany. In der Mitte Präsident >Reynolds als Platon, rechts daneben William Hunter als Aristoteles, links daneben >Benjamin West, der nach dem Tod Reynolds 1792 der nächste Präsident der Academy wird.

 

Damit die beiden Frauen – Mitglieder der Academy – nicht total vergessen gehen, malt der Künstler zwei Porträts von ihnen an die Wand (oben rechts). Zwei ältliche und missmutig dreinblickende Frauen. Es sind Angelika Kauffmann und Mary Moser. Angelika ist da 27, Mary 24...

 

Künstlerinnen, selbst als Akademie-Mitglieder, ist der Zutritt zum Zeichensaal der Royal Academy strikte verboten. Hier halten sich manchmal auch nackte Männer als Modelle für die Aktmalerei auf. Man wolle «die moralische Unbescholtenheit der Frauen schützen», heisst es. Und dass Frauen Männerakte malen, ist ganz und gar undenkbar.

 

 

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Angelika Kauffmann (1741-1807). Antonio Zucchi, 1781. Gatte der Künstlerin. WikiArt Public Domain.

 

1781: Antonio Zucchi – Kauffmanns Gatte

 

1768 fällt Angelika auf einen blendend aussehenden Heiratsschwindler herein, der sich als Graf ausgibt, was er nicht ist. Zudem ist er schon verheiratet. Die Ehe mit Angelika wird noch im gleichen Jahr annulliert. Die am Boden zerstörte Künstlerin schwört, «nie mehr eine romantische Beziehung einzugehen».

 

Deshalb kommt jetzt auch ein älterer Mann in Frage – auf Empfehlung von Angelikas Vater. Es ist der fünfzehn Jahre ältere Antonio Zucchi. Der 1726 in Venedig geborene Maler ist zunächst in Rom tätig und zieht dann nach London. Dort arbeitet er mit mehreren Künstlern zusammen an Interieurs der Architekten Robert und James Adam. 1770 wird Zucchi Mitglied der Royal Academy of Arts.

 

1781 heiraten Zucchi und Angelika Kauffmann in London. Zucchi ist aber mehr als nur Ehemann – er amtiert auch als ihr Förderer und Manager.

 

1782 bezieht das Paar ein Haus mit Atelier auf dem Pincio in Rom – nahe der Spanischen Treppe. Zucchi stirbt 1795 in Rom. Er und Angelika Kauffmann sind in der römischen Kirche Sant' Andrea delle Fratte beerdigt.

 

 

 

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Angelika Kauffmann (1741-1807). Der junge Goethe, 1787. Goethe Nationalmuseum, Weimar.

 

1787: Der junge Goethe bei Angelika

 

Angelika Kauffmann lebt schon seit einigen Jahren in Rom, als Goethe (1749-1832) sie dort besucht. Die Künstlerin wird zu einer seiner engsten Vertrauten während seines Romaufenthalts. Mehrfach beschreibt Goethe die Malerin, ihre Arbeit und ihre gemeinsamen Unternehmungen in seinem Bericht Italienische Reise. Der Dichter liebt ihre Kunstsammlung und ihre musikalischen Vorführungen und liest im Rahmen der von ihr organisierten Dichterlesungen aus seiner kurz zuvor fertig gestellten «Iphigenie».

 

Über ihr gemeinsames Kunstgeniessen schreibt der Dichterfürst: «Mit Angelika ist es gar angenehm, Gemälde zu betrachten, da ihr Auge sehr gebildet und ihre mechanische Kunstkenntnis so gross ist. Dabei ist sie sehr für alles Schöne, Wahre, Zarte empfindlich und unglaublich bescheiden, sie hat ein unglaubliches und als Weib ungeheures Talent».

 

 

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Angelika Kauffmann (1741-1807). Amor und Psyche, 1792. Kunsthaus Zürich.

 

 

1792: Amor und Psyche

 

Griechische Mythologie und auch biblische Motive spielen eine grosse Rolle in Kauffmanns Schaffen. In diesem lieblichen Gemälde verarbeitet sie das Märchen von Amor und Psyche.

 

Es geht um die wundervolle Liebesbeziehung des geflügelten Gottes Amor mit der sterblichen Königstochter Psyche, die zum glücklichen Ende hin auch unsterblich wird.

 

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Angelika Kauffmann (1741-1807). Christus und die Samariterin, 1796. Neue Pinakothek München.

 

1796: Christus und die Samariterin

 

Was sind Samariter? Angehörige des Volkes der Samaritaner. Sie sahen sich als Vertreter des alten Israels. Bei den damaligen Juden galten sie als Abtrünnige. Der «barmherzige Samariter» geht auf ein Gleichnis Jesu' im Neuen Testament zurück (Lukas 10, 30-37). Dort geht es um einen Schwerverletzten, den ein jüdischer Priester achtlos liegen lässt und der dann Hilfe von einem Samariter bekommt.

 

Die Geschichte im Bild ist aber eine andere. Sie handelt von einer Samariterin, die Wasser trinken will und dabei am Brunnen auf Jesus trifft. Er sagt zu ihr: «Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen, wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben. Vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fliesst» (Johannes 4, 5-15).

 

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