Der US-Amerikaner zählt zu den Vertretern der Analytischen Malerei, im weiteren Sinn aber auch der Minimal Art. Seinen internationalen Ruf hat er sich mit der Beschäftigung von weisser Farbe erworben. Ryman-Werke sind in vielen grossen Museen zu sehen: vom MoMA New York über das Solomon R. Guggenheim und das Metropolitan Museum of Art bis hin zum MMK Frankfurt und die Fondation Beyeler in Riehen-Basel.
Robert Ryman, Foto WikiArt
Robert Tracy Ryman kommt 1930 in Nashville zur Welt und studiert ab 1948 am Polytechnikum in Cookeville (Tennessee), dann Musik am George Peabody College in Nashville. Von 1950 bis 1952 ist er Saxophonist bei der US Army, siedelt dann nach New York über und arbeitet als Jazz-Musiker. Nebenbei ist er im Museum of Modern Art in New York als Aufseher tätig und kommt zwischen 1953 und 1960 mit vielen Künstlern in Kontakt.
1954 gibt er die Musik auf und versucht sich malerisch am Abstrakten Expressionismus. Er verbindet Zahlen und Schriftzeichen mit abstrakten Farbzonen, reduziert dann Anfang der 1960er-Jahre seine «Farbskala» auf die Grundfarbe Weiss und konzentriert sich auf Variationen von Maltechniken und Farbaufträgen. Nun entstehen zahlreiche weisse Leinwände, die sich allein im Farbauftrag unterscheiden.
Ryman stellt 1972 der Documenta 5 in Kassel aus, dann an der Documenta 6 (1977) und 7 (1982).
Auch an der >Biennale di Venezia ist er über mehrere Jahre vertreten (1976, 1978, 1980 und 2007), ebenso auf der Whitney Bienniale (1977, 1987 und 1995). Seine erste Retrospektive widmete ihm 1974 das >Stedelijk Museum in Amsterdam.
2006 wählt ihn die National Academy of Design zum Vollmitglied. Zudem ist er seit 1994 gewähltes Mitglied der American Academy of Arts and Letters und seit 2000 der American Academy of Arts and Sciences.
Ryman gehört zu jenen wenigen Künstlern, die mit ihrer Kunst noch zu Lebzeiten reich werden. Die Preise seiner weissen Gemälde gehen schon in den frühen 2000er-Jahre durch die Decke. 2015 findet das Werk «Bridge» aus dem Jahr 1980 – das ähnlich aussieht wie das oben abgebildete «Sonett», 1981 – an einer Auktion bei Christie's in New York einen neuen Besitzer: für 20.6 Mio Dollar.
Robert Ryman stirbt am 8. Februar 2019 in Manhattan New York im Alter von 89 Jahren.
Titelbild (Ausschnitt)
Robert Ryman (1930-2019).
Untitled, 1971.
Fondation Beyeler, Riehen-Basel.
Robert Ryman (1930-2019). Sonett, 1981. Fondation Beyeler, Riehen-Basel.
Robert Ryman (1930-2019). Mayco 1966. Fondation Beyeler, Riehen-Basel.
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Was ist Analytische Malerei?
Es ist eine Kunstrichtung aus den 1970er-Jahren. Man nennt sie auch «geplante Malerei». Im Wesentlichen geht es um eine Reduzierung der Malerei, die nur sich selbst zeigt und keinen Bezug zur Welt hat, also keinesfalls eine Abbildung der Realität zum Ziel hat.
Die analytische Malerei versuchte unter Verwendung der Grundfarbe Weiss mit einfachem monochromem Farbauftrag die Qualität des Malauftrages und des Bildträgers (Leinwand, Pappe, Metall, Kunststoff) für sich wirken zu lassen.
Müsste nicht auch das berühmte schwarze Quadrat von >Kasimir Malewitsch zur analytischen Malerei gezählt werden? Es ist ja auch geplant, reduziert, monochrom und bildet nicht die Welt ab... aber hier kommt eine andere Bezeichnung zur Anwendung. Vom Künstler selbst so benannt: der >Suprematismus.
Ist die analytische (oder geplante) Malerei allenfalls eine Untergruppe der >Minimal Art? Ja und nein. Einerseits basiert die Minimal Art ebenfalls auf einer Reduktion, doch bezieht sich diese vorwiegend auf Skulpturen, also auf dreidimensionale Kunst. Beispiel >Carl Andre
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Robert Ryman (1930-2019). Untitled, 1959. WikiArt FairUse.
Robert Ryman (1930-2019). Untitled, 1971. Detail. Fondation Beyeler, Riehen-Basel.
Robert Ryman (1930-2019). Untitled, 1961. Detail. Daros Collection. |
Ist Ryman ein Vertreter der Minimal Art?
Im weitesten Sinne ja. Allerdings definiert sich die
Ryman malt zeitlebens weisse Bilder – nur in seiner Frühphase enthalten sie auch noch andere Farben, die er in weisse Gemälde einbaut (wie Untitled von 1959 mit einem grünen Fleck). Eine Ausnahme bildet das Werk von 1955 Untitled, das monochrom ganz in Orange daher kommt (siehe unten).
Allerdings sind Rymans weisse Bilder nicht einfach weiss. In jedem seiner Werke lassen sich zahlreiche Variationen entdecken.
Der Farbauftrag wechselt ständig, er arbeitet mit verschiedenen Weisstönen und stellt sie manchmal auch als Reihen auf.
Zudem variiert er auch die Formate und die Bildträger (Leinwand, Holz, Papier), malt mal mit und mal ohne Grundierung. Diese kann sowohl weiss als auch bunt sein, ganz deckend oder mit frei gelassenem Rand.
Er verwendet Öl- und Acrylfarben und trägt diese mit wechselnden Werkzeugen auf: Pinsel, Roller oder auch Holzstäbe.
Durch diese – unendlichen – Variationen entstehen Werke, bei denen auch in weissen Gemälden bunte Untertöne durchscheinen.
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Robert Ryman (1930-2019). Unit 1980. Fondation Beyeler, Riehen-Basel.
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Variationen im Farbauftrag
Ryman ist alles andere als ein Flächenmaler. Jedes seiner weissen Bilder ist ein Unikat, jedes enthält einen anderen Duktus.
In diesem Beispiel ist der Farbauftrag besonders gut zu erkennen. Er besteht aus pastös aufgetragenen Flecken und Linien. Aus der Entfernung sieht man ein weisses Bild – aber bei näherer Betrachtung ist der Farbauftrag deutlich zu erkennen. Teilweise schimmert auch noch die Grundierung durch, in diesem Fall ist sie rot-braun.
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Robert Ryman (1930-2019). Untitled (Orange), 1955. WikiArt FairUse. |
Frühwerk von 1955: Orange
Bevor sich Ryman in den 1960er-Jahren ganz weissen Bildern widmet, produziert er auch bunte monochrome Werke. Dieses ganz in Orange gehaltene Gemälde entsteht kurz nachdem Ryman 1954 die Musik aufgegeben und sich der Malerei verschrieben hat.
>mehr über die Stilepoche Minimal Art
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