Es ist ein Quantensprung gegenüber dem «alten» Kunsthaus. Der neue Chipperfieldbau ist eine Wucht. Die neuen Sammlungen hieven das Museum auf Weltklasseniveau. Alles zürcherisch Kleinkarierte ist verschwunden – das neue Haus ist imposant, majestätisch, grosszügig. So gar nicht mehr zwinglianisch wie vieles in der Stadt. Einfach nur eindrücklich und überwältigend.
Es war ein langer Weg von der Idee zum Projekt und zur Fertigstellung. Zwei Jahrzehnte lang wurde gerungen, mussten zahllose Einsprachen abgewehrt und Volksabstimmungen gewonnen werden.
Nun ist es vollbracht. Am 9. Oktober 2021 konnte das stolze 206-Millionen-Werk dem Publikum übergeben werden. Das lange Warten hat sich gelohnt. Mit diesem Erweiterungsbau ist das Kunsthaus Zürich in eine neue Liga aufgestiegen und zeigt nun Weltklassewerke, für die man bisher weit reisen musste.
>Entstehung des Chipperfield-Neubaus
David Chipperfields Neubau
Blick aufs alte Kunsthaus
Grosszügig und weiträumig
>Chronik Chipperfield-Neubau (PDF)
>mehr über den Chipperfield-Bau
>Geschichte des Kunsthauses (PDF)
Auguste Renoir (1841-1919). Irène Cahen d'Anvers, 1880.
Paul Cézanne (1839-1906).
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Highlights aus der Sammlung Emil Bührle
Emil G. Bührle (1890-1956) war im Ersten Weltkrieg 1914-18 Kavallerieoffizier. Nach dem Krieg trat er in die Magdeburger Werkzeugmaschinenfabrik ein. Diese kaufte 1923 die Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon. Bührle übersiedelte 1924 nach Oerlikon und wurde hier Geschäftsführer.
Zur Produktion von Waffen kam es, als die «Oerlikoner» die insolvente Maschinenfabrik Seebach kaufen konnten und damit die Patente für eine 20-Millimeter-Kanone erhielten. Von nun an wurden in Oerlikon nicht nur Werkzeugmaschinen hergestellt, sondern auch Waffen. Als dann das Magdeburger Mutterhaus 1927 selbst in finanzielle Nöte geriet, erwarb Bührle mit Hilfe seines Schwiegervaters 15 Prozent der Aktien. 1929 wurde er Mehrheitsaktionär der Oerlikon-Bührle Holding AG und 1937 Schweizer Bürger.
>Emil Bührle als Waffenproduzent
Bührle und das Kunsthaus Zürich haben eine lange gemeinsame Vergangenheit. Bührle trat immer wieder als Gönner und Mäzen auf, mit Kunstwerken und vor allem mit der Finanzierung des grossen Ausstellungssaals, dem «Bührle-Saal», der 1958 als Erweiterungsbau dazu kam >mehr
>Bührle und das Kunsthaus Zürich
Aber so ganz warm wurde man nie mit dem «deutschen Waffenfabrikanten». Schon in den 1930er Jahren hatte er begonnen, sich als Kunstsammler zu betätigen. Während den Kriegsjahren 1939-1945 stieg er zum reichsten Schweizer auf und verfügte über das notwendige Kapital, hochkarätige Kunstobjekte zu erwerben.
Heute wirft man dem Kunstsammler Bührle vor, von der antisemitischen Verfolgung im «Dritten Reich» profitiert zu haben und in besetzten Gebieten, vor allem in Frankreich, günstig zu Gemälden gekommen zu sein, die damals vor den Nazis flüchtenden Juden gehörten.
Wie in anderen Ländern verliefen nach dem Krieg die Restitutionsbemühungen auch in der Schweiz zögerlich. Zwischen 1941 und 1945 soll Bührle 93 Gemälde erworben haben, von denen dreizehn als Raubgut eingestuft und zurückgegeben werden mussten.
Einige davon (neun) kaufte der Rüstungsindustrielle gleich wieder zurück. Bis heute wird darüber gestritten, ob damit alle diesbezüglichen Verpflichtungen erfüllt sind.
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Sammlung Bührle – eine Zukunft
Die Ausstellung im Kunsthaus Zürich (Chipperfieldbau) geht der Frage nach, wie und von wem Emil Bührle während der Nazi-Zeit 1933-1945 und danach Gemälde für seine Kunstsammlung erworben hat. Wer war Emil Bührle? Was für Waffen hat er produziert? Wie war sein Verhältnis zum Kunsthaus Zürich? |
Edgar Degas (1834-1917). Femme s'essuyant, 1896-98. Sammlung Bührle. Kunsthaus Zürich. |
Die Stiftung Sammlung Emil Bührle
Die Stiftung Bührle verfügt heute über mehr als 600 Kunstwerke. 170 davon sind 2021 als Dauerleihgabe dem Kunsthaus Zürich übergeben worden und können für mindestens 20 Jahre im neuen Erweiterungsbau von David Chipperfield bewundert werden.
>Fotogalerie Highlights im Kunsthaus Zürich
>Liste aller Werke der Bührle-Sammlung
Diese Liste enthält sämtliche 633 Werke, die Emil Bührle
>mehr über die Sammlung Emil Bührle
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>Highlights aus der Bührle-Sammlung
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Maurice de Vlaminck (1876-1958). La Danseuse du Rat Mort, 1905-06.
Amedeo Modigliani (1884-1920). Jeanne Hébuterne assise, 1918.
Pablo Picasso (1881-1973). Le Couple (Les Misérables), 1904.
Marc Chagall (1887-1985). Le Juif à la Thora, 1940-1959.
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Highlights aus der Sammlung Merzbacher
Werner Merzbacher, geboren 1928 in Öhringen (Baden-Württemberg), kam 1939 mit einer Gruppe jüdischer Flüchtlingskinder in die Schweiz. Seine jüdischen Eltern starben 1943 im Holocaust im KZ Majdanek.
In Zürich bekam er ein Stipendium für die Mittelschule und jobbte im Schauspielhaus als Statist und Stuhlaufsteller. Als ihm die Schweiz nach dem Krieg die Einbürgerung verweigerte, emigrierte er 1949 in die USA. Dort lernte er seine Frau kennen: Gabrielle Mayer. 1951 heirateten die zwei.
In Alaska absolvierte er seinen US-Militärdienst und wurde danach im Pelzhandel tätig. 1964 zog das Paar mit ihren drei Kindern nach Zürich, wo Merzbacher zunächst Partner der Pelzfirma Mayer & Cie wurde und ab 1989 Alleininhaber der Gesellschaft.
Werner und Gabrielle Merzbacher begannen in den 1960er- Jahren, ihre Kunstsammlung aufzubauen. Ganz bei null mussten sie allerdings nicht beginnen, denn Gabrielles Grossvater, der Pelzkaufmann Bernhard Mayer, hatte schon den Grundstock mit Werken von Picasso, Matisse, van Gogh und weiteren gelegt.
Werner Merzbacher hat eine ganz spezielle Vorliebe beim Kunstsammeln: ihm gefallen vor allem farbige Werke, wie sie Ernst Ludwig Kirchner, Wassily Kandinsky u.a. malten. Über seine Sammelleidenschaft führte 2006 die Zeitschrift BILANZ ein
>Interview mit Werner Merzbacher
Werner Merzbacher wirkte auch im Vorstand der Vereinigung Zürcher Kunstfreunde und war im Kunsthaus Zürich Mitglied der Sammlungskommission.
1999 zeigten Gabrielle und Werner Merzbacher ihre Bilder erstmals öffentlich, und zwar in Jerusalem anlässlich der 50-Jahr-Feier des Staates Israel. Die Ausstellung hiess «The joy of color». Weitere Ausstellungen folgten 2001 in Japan, 2002 in London, 2006 im Kunsthaus Zürich («Fest der Farbe») und 2012 in der Westschweiz, in der Fondation Pierre Gianadda in Martigny.
>Ausstellung «Fest der Farbe» 2006 im Kunsthaus Zürich
Seit den 1960er-Jahren haben Gabrielle und Werner Merzbacher über 100 Kunstwerke zusammengetragen. 65 davon sind ab 2021 für mindestens zwanzig Jahre im Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich zu sehen – als Dauerleihgabe.
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