Ausstellung «Farbholzschnitte Made in Japan».
Kunstmuseum Basel vom 16.3. bis 21.7.24.


Made in Japan:

Farbholzschnitte von
Hokusai, Hiroshige, Kunisada & Co

 

Die Ausstellung bietet einen prächtigen Einblick in
die Hochblüte des japanischen Farbholzschnittes im
18. und 19. Jahrhundert und bringt uns Westlern Werke der japanischen Malerstars wie Hokusai, Hiroshige und Kunisada auf eindrückliche Art näher.

 

 

 

 

Die mächtige Sammlung an Farbholzschnitten hat
der Basler Chemiker Dr. Carl Mettler (1877-1942) zusammengetragen. Da er keine Nachkommen hatte, vermachte er seine Sammlung dem Kunstmuseum Basel.

 

Den grössten Teil seiner Sammlung erwarb er in den 1920er Jahren en bloc aus einer Genfer Privatsammlung. Die wertvollsten Blätter aus dem 18. Jahrhundert kaufte Mettler 1928 aus der Sammlung der Berlinerin Toni Straus-Negbaur (die im gleichen Jahr wie Mettler verstarb, 1942). Sie ihrerseits hatte die Werke beim legendären Pariser Händler Hayashi Tadamasa (1854–1906) erworben.

 

Die Ausstellung zeigt Bilder des Alltagslebens und des Reisens, Landschaften und Städte, Kabuki-Schauspieler, Kurtisanen und andere Schönheiten, aber auch Protagonisten aus japanischen Heldengeschichten.

 

Die in der Ausstellung präsentierten Drucke waren für den japanischen Markt bestimmt. Die meisten entstanden noch, bevor Japan in offizielle Handelsbeziehungen mit westlichen Ländern eintrat – das passierte erst 1854.

 

Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert wurden Holzschnitte in Europa mit Begeisterung gesammelt, in der so genannten Epoche des >Japonismus. Mit dem Begriff «Japonismus» wird der Einfluss der japanischen Kunst auf die Künstler der westlichen Welt zusammen gefasst. Vor allem französische Künstler waren von der japanischen Kunst begeistert.

 

Zum Beispiel übernahm >Claude Monet (1840-1926) Elemente der japanischen Malerei für Porträts und Landschaften. Sogar seinen Wassergarten in Giverny entwarf er im japanischen Stil. Dort entstanden seine berühmten Seerosenteich-Gemälde.

 

Auch >Paul Gauguin (1848-1903) liess sich vom Stil der japanischen Holzschnitttechnik inspirieren, ebenso >Vincent van Gogh (1853-1890) und vor allem
>Henri de Toulouse-Lautrec
. Viele seiner berühmten Theaterplakate sind vom japanischen Stil inspiriert.

 

 

>Saalbooklet Ausstellung_Basel_2024

 

 

 

>was ist Japonismus?

 

>mehr über Japanische Kunst (KM_Zug_2022)

 

>Japan und der Kimono (Rietberg, 2023-24)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Utagawa Hiroshige (1797-1858).

Die Soga-Brüder Tokimune und

Sekenari im Kampf mit Aiko Saburo

und Kikko Kojiro, 1844-47.

Kunstmuseum Basel.

 

 

 

Utagawa Kuniyoshi (1798-1861).
Der Held Kanchikotsuritsu Shuki,
1828-29. Kunstmuseum Basel.

 

 

 

Kitagawa Utamaro (1753-1806).

Liebschaft zwischen der Herrin und
dem Dienstmädchen, 1798-1800.
Kunstmuseum Basel.

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Utagawa Hiroshige (1797-1858).
Das Suruga-Ufer am Fluss Öi, 1841-44.

Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

 

 

 

 

>Kunstmuseum Basel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die drei japanischen Malerstars des 18./19. Jahrhunderts

 

Katsushika Hokusai (1760-1849). Der Fluss Tama in der Provinz Musashi, 1831. Kunst-museum Basel.

 

Katsushika Hokusai (1760-1849). Kusu-noki Tamonmaru Masashige und Yao no Bettö Tsunehisa, 1833-35. Kunst-museum Basel.

 

Quelle: exlibris
Manga Step by Step.

 

Katsushika Hokusai (1760-1849)

 

Hokusai war einer der Malerstars der späteren Edo-Zeit *). Er war sehr produktiv. Er wurde 89 Jahre alt und soll vierzigtausend Werke erschaffen haben, worunter 100 Ansichten des Fuji.

 

Hokusais Lehrer war Katsukawa Shunshō (1726-1793), ein Holzschnittkünstler und Maler im Stil des Ukiyo-e sowie Begründer der Katsukawa-Schule. Was heisst Ukiyo-e? Es ist ein Sammelbegriff für die japanische Druckgrafik, in der das unbeschwerte Leben und die schöne Natur dargestellt wurden – mit
Vorliebe weibliche Schönheiten und Erotik, Schau-
spieler und Sumo-Ringer, aber auch Fauna, Flora und
Landschaften. Der Begriff Ukiyo-e bedeutet übersetzt
etwa «Bild der schwebenden Welt».

 

1830 schrieb Hokusai im Vorwort zu den
«100 Ansichten des Fuji
: «Nichts von dem, was ich vor meinem 70. Lebensjahr gemalt habe, ist der Erwähnung wert». Im hohen Alter signierte er Werke mit «Alter Mann, verrückt nach Kunst». (Quelle: japanwissen.info/hokusai-manga)

 

*) als Edo-Zeit bezeichnet man den Abschnitt der japanischen Geschichte von 1603 bis 1868, in der die Tokugawa-Shogune herrschten. Edo ist der damalige historische Name der japanischen Hauptstadt, das heutige Tokio).

 

Auch für seine Manga-Skizzenbücher ist Hokusai berühmt. Manga ist der japanische Begriff für «Zeichnung» oder «Skizze», er bedeutet aber auch Comic. Hokusai zeichnete meist witzig-pointierte Momentaufnahmen, die aber mit den heutigen als «Manga» bezeichneten Figuren nichts zu tun haben. Die modernen Manga-Figuren definieren sich durch ihr «Kindchenschema» mit übertrieben grossen Augen, rundlichem Gesicht und kleiner Nase.

 

 

 

Utagawa Hiroshige (1797-1858). Der Fluss Abe, 1833-34. Kunstmuseum Basel, Kupferstich-kabinett.

 

Utagawa Hiroshige (1797-1858). Auf Reise, 1843-44. Kunstmuseum Basel, Kupferstich-kabinett.

 

Utagawa Hiroshige (1787-1858). Kirschblüte in der Nakanochö-Strasse, 1842. Kunst-museum Basel.

 

 

Utagawa Hiroshige (1797-1858)


Hiroshige machte sich einen grossen Namen mit Darstellungen von Landschaften und Städten.

 

Er stammte aus einer niederrangigen Samurai-Familie (Samurai ist die Bezeichnung für einen Krieger im vorindustriellen Japan. Im Begriff steckt aber auch das Wort «dienen»).

 

Bevor Hiroshige Maler wurde, arbeitete er in Edo (heute Tokio) als Beamter bei der Feuerwehr. Erst als er seinen erblichen Posten 1832 an seinen Sohn übergeben hatte, begann er sich hauptberuflich als Holzschnitt-Künstler zu beschäftigen.

 

In Edo erreichte er grosse Berühmtheit mit seinen Darstellungen des Tokaido, dem er zwanzig verschiedene Serien widmete.

 

Der Tokaido war eine der wichtigsten Handelsstrassen Japans, auch als Ostmeerstrasse bekannt. In der Edo-Zeit verband sie die Hauptstadt Edo (heute Tokio) mit der kaiserlichen Hauptstadt Kyoto.

 

Sein Werk, insbesondere seine letzte Druckserie «100 berühmte Ansichten von Edo» wurde von westlichen Künstlern wie Vincent van Gogh und Claude Monet begeistert aufgenommen.

 

 

 

Utagawa Kunisada (1786-1865). Kabuki-Akteur Iwai Kumesaburo III als die Himmlische Weberin, 1859. Kunstmuseum Basel.

 

Utagawa Kunisada (1786-1865). Kabuki-Akteur Ichikawa Ebizo V als Chöbei (1), 1836. Kunst-museum Basel.

 

 

 

Utagawa Kunisada (1786-1865)


Sein Lehrmeister war Utagawa Toyokuni I, der auf Holzschnitte mit Figurendarstellungen spezialisiert war. Dabei handelte es sich vor allem um Kabuki-Motive als auch um Darstellungen schöner Frauen.

 

Was heisst Kabuki? Es ist die Bezeichnung für das traditionelle japanische Theater des Bürgertums der Edo-Zeit. Kabuki besteht aus Gesang, Pantomime und Tanz. Ein wichtiges Merkmal des Kabuki ist die Mie, eine charakteristische Pose des Darstellers.

 

Eine Kabuki-Vorstellung war ein ganztägiges gesellschaftliches Ereignis, in dessen Verlauf auch gegessen und getrunken wurde. In den Wandelgängen der Theater konnte man die anwesenden Schauspieler bewundern. Zum Kabuki gehört eine üppige, farbige Bühnenausstattung. In historischen Dramen trugen die Darsteller Kumadori, heisst: dick und maskenhaft aufgetragene Schminke.

 

Kunisada betrieb eine grosse Werkstatt und soll mehr als zehntausend Werke geschaffen haben.
Mehrfach arbeitete Kunisada auch mit Hiroshige – er scheint viele Freunde gehabt zu haben und bestens vernetzt gewesen zu sein.

 

Dass Kunisada den Namen seines Meisters übernahm und als Toyokuni II auftrat, war wohl ein Affront gegen den tatsächlichen Toyokuni der zweiten Generation, der früh starb. Kunisada war somit eigentlich der Toyokuni der dritten Generation.


 

Schönheiten und Kurtisanen

 

Eishosai Choki (aktiv 1786-1809). Die Kurtisane Senzokuaus dem Haus Akatsutaya, 1795. Kunstmuseum Basel.

 

Kitagawa Utamaro II (aktiv 1800-1831). Die Kurtisane Takigawa aus dem Ögiya-Bordell, 1810. Kunstmuseum Basel.

 

Eishosai Choki (aktiv 1786-1809)

Kitagawa Utamaro (aktiv 1800-1831)

 

Weibliche Schönheiten waren ein stets beliebtes Motiv. Die Gattung hiess bijinga («Schönheiten») und zeigte oftmals Kurtisanen, also hochrangige Prostituierte, aber auch Geishas, also kultivierte Unterhaltungskünstlerinnen. Eine attraktive Erscheinung und aufwendige Ausstattungen gehörten zur professionellen Inszenierung. Künstlermotive waren aber auch Liebespaare und Frauenfiguren, die für die alltägliche Schönheit standen.


Bei den meisten dieser Werke handelte es sich nicht um individuelle Porträts, auch wenn die Figuren mit Namen benannt wurden, sondern um die Darstellung eines generellen Schönheitsideals.

 

Schauspieler und Kurtisanen hatten in der Edo-Zeit einen Sonderstatus und wurden als Kunstfiguren kultisch verehrt — so sehr, dass die Regierung in den 1840er-Jahren die Abbildung von Schauspielern zeitweise verboten hat.

 

Aber vergeblich: Farbholzschnitte zeigten trotzdem Porträts der Schauspieler. Zwar ohne Namen, aber so, dass sie an ihren Gesichtszügen zu erkennen waren. Die Schauspieler des japanischen Theaters waren ausschliesslich Männer. Darsteller von Frauenrollen behielten ihr weibliches Äusseres oftmals auch abseits der Bühne bei.

 

Nach dem Ableben von Schauspielern erschienen jeweils Gedenkdrucke.

 

 

 

Interessantes über Holzschnitte

 

Kitagawa Utamaro (1753-1806). Horogaya-Mückennetz. Stillung des Babys, 1794-95. Kunst-museum Basel.
 

Utagawa Yoshifuji (1828-1887). Sehen, 1847-1852. Aus einer Serie zu Hören, Sehen und Sprechen. Kunst-museum Basel.

 

 

Suzuki Harunobu (1725-1770). Eine Frau hält ihrem Geliebten den Brief einer anderen vor, 1767. Kunst-museum Basel.

 

 

Drucke im japanischen Alltag

 

Im japanischen Alltag waren gedruckte Bilder omnipräsent: Bilder, Plakate, Verpackungen, Werbezettel oder Buchillustrationen – alles wurde im Holzschnittverfahren produziert.

 

Die preisgünstigen Drucke wurden oft auch als Dekoration im Haus verwendet. Vorzugsweise auf Wandschirmen oder – im schmalen Hochformat – an Pfosten oder Säulen angebracht.


Farbholzschnitte wurden meist zu Festtagen herausgegeben und dienten als Souvenir. Einige zeigten Gottheiten des Shintoismus oder des Buddhismus – sie sollten Glück bringen oder Unheil abwenden. So glaubte man zum Beispiel, dass der Dämonenaustreiber Shöki vor bösen Mächten und Krankheiten schütze. Drucke mit diesem Motiv wurden daher oft an Hauseingängen platziert.

 

Obwohl die Farbholzschnitte meist in grosser Auflage gefertigt wurden und deshalb ein Massenprodukt waren, wurden sie mit grosser Raffinesse entworfen und aufwändig gedruckt.

 

Japanische Farbholzschnitte entstanden im

Hochdruckverfahren ohne Presse: Dabei wurde ein Papierbogen auf das mit Farbe bestrichene Relief der Druckplatte gelegt und abgerieben. In frühen Holzschnitten wurden nur die schwarzen Linien gedruckt und die farbigen Binnenflächen von Hand koloriert.

 

Beim Farbholzschnitt werden Konturlinien und Binnenflächen nacheinander von verschiedenen Platten gedruckt, samt Mustern, Farbverläufen und Reliefstrukturen.

 

Bei der Herstellung gab es eine klare
Arbeitsteilung.

 

– der Verleger war für das Konzept zuständig

– der Künstler zeichnete den Entwurf

– der Holzschneider fertigte die Druckplatten

– der Drucker brachte das Motiv aufs Papier

– der Verleger sorgte für Marketing und Verkauf

 

Die Qualität eines Farbholzschnittes hing also nicht nur vom Künstler allein ab.


 

 

 

Fotogalerie (Werke in der Ausstellung)

 

 

>mehr über Japanische Kunst (Kunstmuseum Zug_2022)

 

>mehr über Japan und den Kimono (Rietberg Zürich, 2023-24)

 

>Was ist Japonismus?