Max Ernst (1891-1976)


Ein ganz Grosser unter den deutschen Surrealisten. Er stammt aus dem Rheinland und kommt am 2. April 1891 in Brühl zur Welt. Malerei studiert er nie – die Grundlagen dazu bringt ihm sein Vater bei, ein Taubstummenlehrer. An der Universität Bonn studiert Max ab 1910 Kunstgeschichte, dazu Philosophie und Psychologie. An die Malerei wagt er sich als Autodidakt, als er 1911 >August Macke kennenlernt.

 

 

Max Ernst um 1909 in Brühl.
Foto Wikipedia.

 

 

Aber dann bremst ihn 1914 auch schon der Erste Weltkrieg aus. Er muss an die Front, kämpft in Frankreich und Polen. Als er den Krieg überlebt hat, empfindet er das als Wiedergeburt. Er schreibt: «Max Ernst starb am 1. August 1914. Er kehrte zum Leben zurück am 11. November 1918 als junger Mann, der hoffte, ein Magier zu werden...». Ist er ein Magier geworden? Ja. Als Dadamax, als querdenkender Literat, als surrealistischer Künstler.

 

Nach dem Wahnsinn des Krieges ist zunächst «sinnfreie Blödelei» angesagt: Ernst wird 1919 Mitbegründer der Kölner Dada-Bewegung, in der auch seine Ehefrau Luise Straus-Ernst mitmacht. Und Hans «Jean» Arp, sein Freund.

 

Dann lernt er André Breton kennen und stösst so zur Gruppe der Surrealisten. Er zieht nach Paris. Ab 1924 ist er bereits ein wichtiges Mitglied in Bretons Gruppe der Surrealisten.

 

1925 eröffnet er sein erstes Atelier in Paris und erfindet neue Maltechniken wie die Frottage und die Grattage, später auch das Drip-Painting (mit dem Jackson Pollock weltberühmt werden sollte). Erste Verträge mit Sammlern und Händlern sichern Ernst ein geregeltes Einkommen. Mit Joan Mirò arbeitet er an Bühnenbildern.

 

1933 werden seine Werke von den Nazis als «entartet» diffamiert. An der Münchner «Ausstellung für entartete Kunst» stellt man zwei seiner Arbeiten hämisch zur Schau. In Paris kann er dann 1938 an der «Exposition Internationale du Surréalisme» vierzehn Werke zeigen. Dort nimmt man ihn ernst. Er ist sogar als technischer Beirat der Ausstellung tätig, zusammen mit Salvador Dalì. 

 

Dass der deutsche Künstler nun in Paris lebt, schützt ihn nicht vor der Verfolgung durch die Nazis. 1939 wird er von den Franzosen als «verfeindeter Deutscher» im Lager «Les Milles» bei Aix-en-Provence interniert. Dort muss er KZ-ähnliche Zustände mit 2000 Mitgefangenen erleiden. Dank der Intervention des französischen Literaten Paul Eluard kommt er aus der Haft frei. Doch dann wird er 1940 von der Gestapo verhaftet, es gelingt ihm aber die Flucht.

 

Durch die Unterstützung der US-amerikanischen Kunstsammlerin >Peggy Guggenheim und dem Fluchthelfer Varian Fry – Leiter des Emergency Rescue Commitees – gelangt er via Portugal nach New York. In einem «Clipper», einem luxuriösen Wasserflugzeug, das sich nur die Reichsten der Welt leisten können. Im Dezember 1941 heiratet er Peggy Guggenheim.

 

1942 lernt er die amerikanische Malerin Dorothea Tanning kennen, sie ist 32, er 51. Von Peggy Guggenheim lässt er sich scheiden. Ernst und Tanning heiraten 1946 in Beverly Hills/Kalifornien. Danach bauen sie sich in der Wüste von Arizona mit eigenen Händen ein primitives Dach über dem Kopf und arbeiten dort in aller Abgeschiedenheit. 1948 wird Ernst amerikanischer Staatsbürger.

 

 

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Max Ernst mit Dorothea Tanning, 1948.

Foto Robert Bruce Inverarity. Smith-
sonian Institute.

 

 

1953 verlässt das Paar Ernst/Tanning die Wüste Arizonas und übersiedelt nach Paris. Auf der Biennale von Venedig 1954 ehrt man Ernst mit dem grossen Preis für Malerei. Nun gehört er zu den Etablierten. 1958 wird er französischer Staatsbürger.

 

Aus gesundheitlichen Gründen nimmt er sich einen Wohnsitz im Süden Frankreichs, in der Provence. 1975 erleidet er einen Schlaganfall und begibt sich zur Pflege nach Paris. Dort stirbt er am 1. April 1976 – genau einen Tag vor seinem 85. Geburtstag.

 

 

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Max Ernst mit 84 Jahren.
Foto © Dutch National Archives,
The Hague.

 

 

Seine Ehefrau Dorothea überlebt ihn um mehr als drei Jahrzehnte. Sie wird 101 Jahre alt und stirbt 2012 in New York.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Titelbild (Ausschnitt)

Max Ernst, «L'ange du foyer» (Der Hausengel),

1937. Pinakothek der Moderne, München.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Knabe im Wald, 1913. Kunsthaus Zug, Sammlung Kamm.

 

 

1913: Max Ernst als Expressionist?

 

Seine ersten Werke sind klassische Landschaften. Als er 1911 >August Macke (Mitglied >Blauer Reiter) kennenlernt, beschliesst er, Maler zu werden – als Autodidakt. 1913 beteiligt er sich an einer Ausstellung der Rheinischen Expressionisten. Doch seine expressionistische Phase hält nicht lange.

 

Als er nach dem Ersten Weltkrieg in Paris mit den französischen Surrealisten um >André Breton in Kontakt kommt, ist sein Weg vorgezeichnet. Er wendet sich dem Surrealismus zu.

 

 

dada

Dada-Collage von Jean Arp, 1919.

 

1919: Dada-Mitbegründer in Köln

 

Mit dem fünf Jahre älteren >Hans Arp verbindet ihn eine lebenslange Freundschaft. In Köln begründen die beiden (gemeinsam mit Johannes Theodor Baargeld) die Kölner Dada-Gruppe «minimax dadamax». Mit von der Partie ist auch Ernsts Ehefrau Luise Straus-Ernst (mit der er einen Sohn hat, Jimmy). Die Kölner Dada-Ausstellung von 1920 erregt den Unmut des Publikums und wird von der Polizei mehrmals geschlossen. Max' Mitwirkung in der Dada-Bewegung führt auch zur Entfremdung zwischen Vater und Sohn.

 

 

gala

Salvador Dalì (1904-1989). Portrait Gala, 1944. Teatre Museu Gala Salvador Dalì, Figueres.

 

 

1922: Ménage à trois bei den Eluards

 

Zwei Jahre langt lebt Ernst beim Dichter Paul Eluard und seiner Frau Gala. Deren Haus in Eaubonne bei Paris bemalt er mit paradiesischen Gärten und Fabelwesen. Ernst verliebt sich in Gala, es entsteht eine Ménage à trois, die Eluard zunächst duldet. 1924 wird es ihm zu viel, er «flieht» nach Saigon, Gala und Ernst folgen ihm. Der «Dreier» wird beendet – das Ehepaar Eluard kehrt nach Paris zurück.

 

1929 besuchen die Eluards Salvador Dalì in Cadaqués. Dabei verliebt sich Dalì in die zehn Jahre ältere Gala. Eluard schluckt die «Affaire» und reist allein nach Paris zurück. Gala entscheidet sich für eine Zukunft mit Dalì, lässt sich 1932 von Eluard scheiden und heiratet Dalì 1934 in Paris. Als Ehefrau und Manager des Künstlers gelingt es ihr, Dalì zum Superstar des Surrealismus aufzubauen.

 

>mehr über Salvador Dalî

 

 

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Les cages sont toujours imaginaires, 1925. Kunsthaus Zürich.

 

1925: Vögel und imaginäre Käfige

 

Zu Vögeln hat Ernst zeitlebens eine magische Beziehung. In vielen seiner Werke tauchen vogelähnliche Geschöpfe auf. Er stellt sich seine Geburt aus einem Vogelei vor, das seine Mutter in ein Adlernest gelegt hat. Der fast zeitgleiche Tod seines rosa Kakadus «Hornebom» mit der Geburt seiner jüngsten Schwester Apollonia (Loni) im Jahr 1906 prägt ihn. Er entwickelt daraufhin sein Alter Ego mit Vögeln: «Loplop» und «Hornebom», der «Vogelobere». Später positioniert sich der Künstler auch als «Schnabelmax».

 

 

100tetes

«La femme 100 têtes», von Max Ernst, 1929.

 

1929: Max Ernst, der Literat

 

Ab 1929 veröffentlicht Ernst eine Reihe von Collage-Romanen, darunter «La femme 100 têtes». Es sind dies eine Art von «Comicstrips», zusammengestellt aus Holzstichen, Enzyklopädien und Romanen. Einige Collagen parodieren berühmte Kunstwerke, andere zeigen Ernsts skurrile Traumwelt – ganz im Sinne des Surrealisten.

 

1935 verfasst er den Text für einen Ausstellungskatalog des Kunsthauses Zürich unter dem Titel «Was ist Surrealismus?»

 

 

 

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Vier bemalte Steine. Kunsthaus Zürich.

 

 

1935: Bei Alberto Giacometti im Bergell

 

Im Geburtshaus von Alberto Giacometti in Stampa (Bergell/Graubünden) bemalt er Steine, die «in Millionen von Jahren durch Eis und Wasser geformt wurden». «Aus kindlicher Freude», wie er sagt. Und als Poesie an die Natur. «Vier bemalte Steine» heisst dieses Werk, das im Kunsthaus Zürich zu sehen ist. Insgesamt bemalt er 14 Steine, einige sind noch in Giacomettis Heim. >mehr

 

 

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L'ange du foyer (Der Hausengel), 1937. Pinakothek der Moderne München.

 

1937: Ausstellung «Entartete Kunst»

 

In der von den Nazionalsozialisten organisierten Ausstellung in München werden zwei Werke von Max Ernst gezeigt. Das Gemälde «Die Schöne Gärtnerin» (1923) wird in einem gesonderten Raum ausgestellt – unter dem Motto «Verhöhnung der deutschen Frau». Das Werk gilt als verschollen.

 

>mehr über entartete Kunst

 

1937 entsteht unter dem Eindruck des Spanischen Bürgerkriegs das Gemälde «L’Ange du foyer» (Der Hausengel). Es bildet ein Ungeheuer mit gefletschten Zähnen und ausgefahrenen Krallen ab, das die Erde bedroht.

 

 

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Leonora Carrington. Foto wikiart.org.

 

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Carrington (1917-2011). Cocodrillo, Mexico City, 2000. Foto Carlos Valenzuela, WikiCommons.

 

 

1938: Leonora Carrington (1917-2011)

 

Mit der englischen Malerin und Schriftstellerin Leonora Carrington zieht Max Ernst 1938 nach Saint-Martin d'Ardèche in Südfrankreich, wo die beiden gemeinsam Plastiken erschaffen. Als er nach Kriegsausbruch in französischen Lagern interniert wird, trennen sich ihre Wege.

 

Leonora Carrington verlässt Europa 1940 in Richtung Mexiko und macht sich dort einen Namen als surrealistische Malerin und Bildhauerin. 1947 stellt sie ihre Werke in der Galerie Pierre Matisse in New York aus, – als einzige surrealistische Malerin.

 

Dabei verfolgt sie ihren eigenständigen Stil und wird eine anerkannte Künstlerin – vor allem in Mexiko. 1970 wird sie Gründungsmitglied der mexikanischen Frauenbefreiungs-Bewegung. 2011 stirbt sie in Mexico-City.

 

 

 

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La Toilette de la Mariée, 1940. Peggy Guggen-heim Collection, Venedig.

 

 

1941: Flucht in die USA

 

Ernst hat das Glück, dass er in der amerikanischen Kunstsammlerin Peggy Guggenheim eine grosse Unterstützerin hat. Sie hilft dem Künstler nicht nur finanziell, sondern lässt auch ihre Beziehungen zum Leiter des Emergency Rescue Commitees – Varian Fry – spielen und setzt sich dafür ein, dass Ernst ein Visum für die USA erhält.

 

Im Juli 1941 kommen Ernst und Guggenheim in New York an und heiraten im Dezember des gleichen Jahres.

 

Aber schon 1942 lernt Ernst Dorothea Tanning kennen und trennt sich von Peggy Guggenheim, die Scheidung findet 1946 statt.

 

 

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Max Ernst mit Dorothea, 1948.
Foto Robert Bruce Inverarity. Smith-
sonian Institute.

 

 

1946 ehelicht Ernst die amerikanische Malerin Dorothea Tanning (1910-2012). Das Paar lässt sich in der Wüste von Arizona nieder.

 

Das Paar bastelt sich in Sedona/Arizona ein einfaches Haus und widmet sich abgeschieden der Kunst. Beide versuchen, die hier geschaffenen Werke zu verkaufen – mit mässigem Erfolg.

 

 

 

 

 

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Capricorn, 1948.
Nationalgalerie
Berlin.

 

1948: Capricorn (Steinbock)

 

Ernst erschafft diese Grossplastik aus Zement in Sedona/Arizona. Eine Abformung in Gips ist heute in der Nationalgalerie in Berlin zu sehen. 1964 wird die Figurengruppe auch in Bronze gegossen. Ein Exemplar davon ist im Max-Ernst-Museum in seiner Geburtsstadt Brühl ausgestellt, ein weiteres in der National Gallery of Art in Washington. Das Original aus Zement ist nur noch teilweise erhalten. Capricorn ist eines der bekanntesten Werke des Künstlers.

 

1953 verlassen Max und Dorothea Arizona und übersiedeln nach Europa. Neuer Wohnort: Paris.

 

 

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Vater Rhein, 1953. Kunstmuseum Basel.

 

1954: Grosser Preis der Biennale Venedig

 

Ein besonderer Prestigeerfolg: Im Juli 1954 erhält Max Ernst den Grossen Preis der Biennale von Venedig. Das verschafft ihm internationale Geltung und neue Perspektiven.

 

Mit dem Preis kauft er sich ein Haus in Huismes im Departement Loire. Dort können jetzt Max und Dorothea in Ruhe arbeiten. In ihren Ateliers entstehen bedeutende Werke. Aus gesundheitlichen Gründen hält sich Ernst ab dem Jahr 1964 auch viel im Süden Frankreichs auf: in der Provence.

 

 

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Naissance d'une Galaxie, 1969. Fondation Beyeler, Riehen-Basel.

 

1969: Naissance d'une Galaxie

 

Sieben Jahre vor seinem Tod schafft Ernst dieses Werk als «poetische Antwort» auf die Mondlandung der US-Astronauten von 1969.

 

Die Fondation Beyeler hat davon ein Poster aufgelegt, das fast gleich gross ist wie das Original in Öl auf Leinwand, nämlich 92 x 73 cm.

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Fotos / Diashow

 

   
   

 

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