Ausstellung «Meret Oppenheim – Mon exposition»
im Kunstmuseum Bern vom 22.10.21 bis 13.2.2022

 

 

Meret Oppenheim (1913-1985)
«Mon exposition»


So wünscht man sich eine Ausstellung!
Sie gibt lebendige Einblicke in die Biographie der Künstlerin und präsentiert eine erstaunliche Fülle von Werken. Von den Anfängen bis in ihr Todesjahr 1985, sauber gegliedert nach ihren Schaffensorten. Meret Oppenheim hautnah.

 

 

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Ausstellungsplakat.

 

 

«Mon Exposition» heisst die Ausstellung, weil sie auf ein Projekt zurück greift, das die Künstlerin 1983 aufgleiste: Eine imaginäre Retrospektive auf ihr Lebenswerk, mit 200 ausgewählten Arbeiten, die sie in zwölf Zeichnungen festhielt. Werke, die ihr wichtig waren und mit denen sie sich angemessen repräsentiert fühlte. Gezeigt wurde die Ausstellung 1984 in der Kunsthalle Bern. Oppenheims «Instruktionsblätter» sind jetzt in der Ausstellung 2021/22 in Bern zu sehen.

 

 

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«Mon exposition», 1983. Blatt 1 von total zwölf
Blättern 65 x 50 cm. Sammlung Bürgi, Bern.

 

 

1931 entscheidet sich Oppenheim, Künstlerin zu werden. Sie zieht nach Paris, lernt dort >Hans Arp,
>Alberto Giacometti und >Max Ernst kennen. Sie verkehrt mit Surrealisten wie >Marcel Duchamp und >André Breton und schafft in dieser Zeit Kunstwerke, die sie selbst als Surrealistin berühmt machen. Mit ihren Ikonen >Frühstück im Pelz oder «Ma Gouvernante», die 1936 an der Londoner «International Surrealist Exhibition» gezeigt werden, begründet sie ihren internationalen Ruf.

 

 

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Meret Oppenheim. Foto
Ausstellung Kunstmuseum
Bern 2022.

 

 

Eine Frau als Künstler?

 

Damals war Kunst noch weitgehend Männersache – Frauen hatten einen schweren Stand. Es wäre wohl übertrieben, Meret Oppenheim als «Feministin» zu bezeichnen. Aber sie war sich ihrer speziellen Rolle als Künstlerin bewusst. Und stolz darauf, es unter Männern geschafft zu haben.

 

Mit der Zeit wird sie zur Verfechterin eines «androgynen Geistes» und lehnt die Trennung in eine männliche und weibliche Kunst ab. Sie verzichtet deshalb auch bewusst auf Teilnahmen an spezifischen «Frauenausstellungen».

 

 

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Meret Oppenheim (1913-1985). «Dort fliegt sie,
die Geliebte», 1975. Kunstmuseum Olten.

 

 

 

Dennoch wird sie in der Kunstszene immer wieder auf ihr Frausein angesprochen. Aber sie besteht darauf, dass es nur eine Kunst gibt – egal ob von Männern oder Frauen gemacht. Sie findet: Männer besitzen weibliche Komponenten und Frauen männliche Komponenten – nur werden letztere bei den Frauen mehr unterdrückt.

 

Als sie 1975 – als erste Frau überhaupt – den Basler Kunstpreis erhält, nutzt sie die Chance und geht damit an die Öffentlichkeit, gewissermassen im Dienste der Frauenbewegung. In ihrer Rede bei der Preisübergabe prangert sie die immer noch vorherrschende Minderbewertung der «weiblichen Künstler» an.

 

 

 

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Titelbild

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Meret Oppenheim (1913-1985).

Das Leiden der Genoveva, 1939.

Kunstmuseum Bern.

 

 

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Meret Oppenheim (1913-1985).
1933 in Paris. Schweizerisches Literaturarchiv Bern.

 

 

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Meret Oppenheim (1913-1985). 1958, beim Restaurieren eines Gemäldes. Foto Walter Studer©Peter Studer.

 

Surrealistin oder nicht?

 

Natürlich ist sie das – auch wenn sie sich selbst nicht so sieht. 1982 erklärt sie: «Wenn man mir immer wieder das Etikett Surrealistin anhängt, kann ich es nicht ändern, es ist nun mal passiert. Aber es interessiert mich nicht so. (…) Es ist für mich einfach immer ein Weiterleben: Heute kommt das, morgen das; heute >Op Art, dann kommt wieder was. Da suche ich mir aus, was ich mag, ob das jetzt Rauschenberg und Jasper Johns sind oder ob es Pollock ist.»

 

Ist sie eigentlich Schweizerin? Ja. Sie kommt aber in Berlin zur Welt. Ihr Vater ist ein deutscher Arzt, ihre Mutter eine Schweizerin. Offiziell wird Meret Oppenheim 1949 Schweizer Staatsbürgerin durch Heirat mit dem Basler Wolfgang La Roche. Mit ihm lebt sie bis zu dessen Tod 1967 in Bern. Ab 1954 hat sie in Bern ihr eigenes Atelier.

 

Ab 1932 lebt und arbeitet sie abwechselnd in

Paris, Basel, Bern und in Carona (Tessin).

 

1982 wird Meret Oppenheim mit dem Grossen Preis der Stadt Berlin geehrt. Kurz vor ihrem Tod wird sie Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Am Tage der Vernissage zu ihrem Buch «Caroline», am 15. November 1985, stirbt sie in Basel.

 

 

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würgeengel

Meret Oppenheim (1913-1985). Votivbild (Würgeengel), 1931. MASI Lugano.

 

Der Würgeengel, 1931

 

Obwohl sie aus einer gutbürgerlichen Familie stammt, ist sie sich schon in jungen Jahren bewusst, dass sie die Rolle der klassisch-traditionellen Ehefrau und Mutter nicht spielen will. Sie weiss bereits mit 18, dass sie keine Kinder zur Welt bringen möchte.

 

Um das bildlich festzuhalten, zeichnet sie diesen eindrücklichen Würgeengel. Sie versteht das Werk als Auflehnung gegen das «alte Bild der Frau». Die aquarellierte Zeichnung zeigt eine modisch gekleidete und geschminkte Frau. Sie hält einen Säugling im Arm, aus dessen durchgeschnittener Kehle Blut fliesst.

 

Meret Oppenheim heiratet zwar mit 36 Jahren, bleibt aber zeitlebens kinderlos. Ihren Gatten lernt sie über ein Inserat kennen: Der Basler Chemielaborant Wolfgang La Roche suchte 1945 per Zeitungsannonce nach einer Partnerin für Ausfahrten mit seiner Harley-Davidson, woraufhin sich Oppenheim bei ihm meldete. Nach der Heirat 1949 zog das Paar nach Bern. 


 

1932-1937: Die Pariser Jahre

 

gouvernante

Meret Oppenheim (1913-1985). Ma Gouvernante, 1936-67. Moderna Muset Stockholm.

 

frühstück im pelz

Meret Oppenheim (1913-1985). Frühstück im Pelz, 1936. Museum of Modern Art New York.

 

 

Oppenheims Ikonen des Surrealismus

 

In Paris wird Oppenheim Teil der surrealistischen Gruppe rund um >André Breton.

 

In dieser Zeit entstehen ihre berühmtesten Werke, wie die zusammen gebundenen Highheels auf einem Silbertablett: Ma gouvernante, 1936. Das Werk erinnert an ein Poulet, das frisch aus dem Ofen kommt.

 

Auch ihr weltberühmtes Frühstück im Pelz
Tasse, Untertasse und Löffel mit Pelz besetzt – (nicht an der Ausstellung in Bern) entsteht in dieser Phase. Diese Ikone ihres Schaffens wurde zusammen mit der «Gouvernante» in London an der «International Surrealist Exhibition» von 1936 ausgestellt.

 

 

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1937-1948: Die Zeit in Basel

 

genoveva

Meret Oppenheim (1913-1985).
Das Leiden der Genoveva, 1939.
Kunstmuseum Bern.

 

 

ungezählte_gesichter

Meret Oppenheim (1913-1985). Einige der ungezählten Gesichter der Schönheit, 1942.
Privatsammlung.

 

 

 

daphne

Meret Oppenheim (1913-1985). Daphne und Apoll, 1943. Lukas Moeschlin, Basel.

 

Fantasiereiches aus der «Provinz»

 

Als die in Deutschland lebende Familie Oppenheim aufgrund ihres jüdischen Namens Probleme mit den Nazis bekommt, muss Dr. Erich Oppenheim seine Arztpraxis schliessen. Die Familie zieht nach Basel und auch Meret verlässt Paris und zügelt nach Basel – in die Provinz. So jedenfalls empfindet die Künstlerin die Schweiz nach den Jahren in Paris.

 

Oppenheim fühlt sich abgenabelt und in ihrer Kreativität eingeschränkt. In ihrem Gemälde
«Das Leiden der Genoveva»
(1939) greift sie die Genoveva-Sage auf, mit der sie sich identifiziert. Die Legende handelt von einer Pfalzgräfin Genoveva, die – zu Unrecht – der Untreue bezichtigt und in eine Höhle verbannt wird >mehr

 

Oppenheim muss sich wie Genoveva verbannt gefühlt haben. Sie spürt, dass sie nicht mehr die gleiche ist und setzt dieses Gefühl in ihrem Werk um, indem sie eine schwebende Figur ohne Arme malt.

 

In anderen Werken wie «Einige der ungezählten Gesichter der Schönheit» zeigt Oppenheim ihre grenzenlose malerische Fantasie. Da gibt es Fabelwesen, einen Vogel im goldenen Käfig, einen geknuddelten Hasen und statt eines Menschenkopfes mysteriöse Wolkengebilde.

 

Daphne und Apoll ist ein «Ausflug» in die griechische Mythologie. Oppenheim kreiert ihre eigene fantasievolle Interpretation dieses Klassikers, den schon im Mittelalter dutzende von Künstlern aufgegriffen haben: Die Story: Weil Apoll Daphne bedrängt, lässt sich die schöne Daphne Büsche am Körper wachsen, um nicht mehr begehrt zu werden... >mehr

 

In Basel besucht Oppenheim auch Kurse für Malerei an der Kunstgewerbeschule. Sie beschäftigt sich daneben mit Modeentwürfen und beteiligt sich an einer Ausstellung für fantastische Möbel. Trotzdem fällt sie in Basel – aus ihrer Sicht die «Provinz» – in eine Schaffenskrise. Sie ist mit ihren bisherigen Werken unzufrieden und zerstört viele davon.

 

 

 

ab 1949: In der Berner Kunstszene

 

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Meret Oppenheim (1913-1985). Der grüne Zuschauer, 1959. Öl auf Lindenholz mit Kupferblech. Kunstmuseum Bern.

 

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Meret Oppenheim (1913-1985). Eichhörnchen, 1960-69. Kunstmuseum Bern.
 

 

Abstraktes und Surreales

 

Mit der Heirat des Baslers Wolfgang La Roche wird Oppenheim Schweizerin. Das Paar zieht 1949 nach Bern. 1954 richtet sich die Künstlerin hier an der Kesslergasse ein Atelier ein und wird Teil der neuen avantgardistischen Berner Kunstszene.

 

Es entstehen grössere abstrakte Skulpturen wie
«Der grüne Zuschauer»
(1959) oder die «Urzeit-Venus» (1962), bei der von der Liebesgöttin allerdings nicht mehr viel zu erkennen ist: Es ist ein kegelförmiges Gebilde ohne Arme und mit angedeutetem Strohkopf. In dieser Phase schnitzt Oppenheim auch Masken.

 

1967 stirbt ihr Gatte. Oppenheim zieht 1968 in eine Dachwohnung mit Atelier an der Zieglerstrasse und legt sich einen weiteren Wohnsitz zu: in Carona im Tessin. 1968 bekommt sie in Bern ihre erste Einzelausstellung, kann aber kein einziges Werk verkaufen.

 

1972 erwirbt sie in Paris ein Atelier und pendelt ab jetzt zwischen Bern, Carona und Paris.

 

Mit dem Werk «Eichhörnchen» erweitert die Künstlerin ihre Materialpalette durch Natur und Kommerzartikel. Das Bierglas mit dem künstlichen Schaum ist ein Scherzartikel, der Fellschweif markiert ein Eichhörnchen und gleichzeitig den Henkel des Bierglases. Surrealismus pur.

 

 

 

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Der Oppenheim-Brunnen auf dem Waisenhausplatz in Bern. Errichtet 1983.

 

 

Oppenheim-Brunnen 1983, Bern

 

Zwei Jahre vor ihrem Tod 1985 setzt sich die Künstlerin mit dem Oppenheim-Brunnen auf dem Waisenhausplatz in Bern ein Denkmal. In der Bevölkerung kommt das Gebilde allerdings schlecht an und wird zunächst verspottet.

 

Aber der Brunnen existiert noch immer und wird mehr und mehr beachtet und geschätzt. Er verändert sich stetig – je nach Jahreszeit wachsen verschiedene Pflanzen nach.

 

 

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Ausstellung Meret Oppenheim
«Mon exposition» im
Kunsmuseum Bern, 2021/22.

 

 

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