Die geballte Macht der Medici.


Sie bestimmten mehr als 300 Jahre die Geschicke der Stadt Florenz. Im Bösen wie im Guten: als skrupellose Politiker und machthungrige Banker, aber auch als Mäzene von Kunst und Künstlern.

 

Vermutlich waren ihre Urväter Ärzte – medici – und kamen aus der toskanischen Provinz nach Florenz.

 

Im 13. Jahrhundert steigen sie ins Geldwechselgeschäft ein. Giovanni di Bicci entwickelt das Business weiter, gründet die Banco Medici. Er bediente die päpstlichen Finanzen und wurde so zu einem der einflussreichsten Bürger der Stadt. Und vor allem: einem der reichsten.

 

Sein Sohn Cosimo (1389-1464) weitet Reichtum und Macht aus, man nennt ihn «il vecchio». 1433 steckt Florenz nach dem Krieg gegen Lucca in Geldnöten. Die Medici-Gegner schlagen zu, verbannen Cosimo aus der Stadt. Er aber ist ein schlauer Fuchs, transferiert das Familienvermögen nach Venedig und wartet ab. Als Florenz vor dem Ruin steht, holt man ihn zurück. Er bedingt sich aus, die Verfassung so ändern zu dürfen, dass er künftig alle wichtigen Gremien der Stadt kontrollieren kann und zementiert seine Macht.

 

Sein Enkel Lorenzo (1449-1492) hat das Image eines Literaten und Kunstmäzens. Er kann aber auch anders. Einen Volksaufstand in Volterra lässt er mit Brutalität niederschlagen. Einem vom Papst und den Pazzi geplanten Mordanschlag entkommt er knapp, nur sein Bruder stirbt. Seine Rache ist fürchterlich. Er übergibt die Verschwörer dem Mob und lässt sie lynchen. Trotzdem erhält er den Beinamen «Il Magnifico», der Prächtige.

 

1494 werden die Medici aus Florenz vertrieben. Sie lassen sich in Rom nieder und bauen dort in kurzer Zeit ihr Netzwerk wieder auf.

 

So geschickt, dass einer der ihren zum Papst gewählt wird: als Leo X. Sein Nachfolger ist auch ein Medici, Papst Clemens VII, und der sorgt nun dafür, dass die Familie wieder an Florenz rankommt. Mit Truppen von Karl V erobert er seine Stadt zurück. Von nun an wird sie von den Medici regiert. Florenz ist jetzt eine Monarchie.

 

Bis 1737 regieren die Medici das Grossherzogtum Toscana. Als der letzte – zeugungsunfähige – Medici stirbt, fällt die Toscana an die Habsburger.

 

Das Vermögen der Medici geht an die Stadt Florenz.
Die Erbin, eine Schwester des letzten Grossherzogs, vermacht alles der Stadt. Vor allem den Palazzo Pitti und die Kunstsammlung.

 

 

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Die Erbin des Medici-Vermögens:
Anna Maria Luisa de Medici
(1667-1743), die Schwester des
letzten Grossherzogs, Gian
Gastone de Medici. Gemälde
aus dem Jahr 1689 von

Antonio Franchi (1638-1709).

 

 

 

 

 

Grosses Bild im Titel oben:
«Cosimo il Vecchio kehrt 1434 zurück
aus dem Exil», 1556-58. Von
>Giorgio Vasari (1511-1574).

 

 

 

 

 

 

>Palazzo Medici

 

>Palazzo Vecchio

 

>Palazzo Pitti

 

>Der Vasari-Korridor

 

>Die Gräber der Medici

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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1397: Giovanni di Bicci, der Bankgründer

 

(1360-1429). Ohne ihn wären die Medici nie so mächtig geworden. Giovanni mausert sich vom Geldwechsler zum Banker und gründet 1397 die Banco Medici. Und als Dienstleister für die päpstlichen Finanzen stellt er schon mal einen Fuss in die Türe des Vatikans. Giovanni ist der Vater des berühmten Cosimo, genannt «il Vecchio».

 

 

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Palazzo Medici

 

1434: Cosimo «il Vecchio», der Boss

 

1433 wird er aus der Stadt verbannt, aber nicht für lange. Florenz braucht ihn: 1434 steht die Stadt vor dem finanziellen Ruin. Cosimo (1389-1464) hilft, aber unter der Bedingung, dass er die Verfassung ändern darf. Nun kontrolliert er alle wichtigen Ämter der Stadt. Offiziell ist Florenz immer noch eine Republik, aber de facto ist Cosimo der Boss der Stadt. Um die Macht zu erhalten, lässt seine Bank grosse Summen in fromme Stiftungen fliessen, er fördert Kunst und Kultur, baut Kirchen und Klöster, gründet Bibliotheken und Akademien. Er hält sich 30 Jahre an der Macht, Florenz blüht.

 

1440 gibt er seinen eigenen >Palast in Auftrag. Als Familienresidenz und Sitz der Medici-Bank. Der Bau dauert 20 Jahre, erst 1460 ist das Haus fertig.

 

 

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1464: Piero di Cosimo «il Gottoso»

 

Il Gottoso steht für «der Gichtige». Er ist der älteste Sohn von Cosimo und seit 1444 mit der Dichterin Lucrezia Tornabuoni verheiratet. Das Bankbusiness interessiert ihn nur mässig, aber dank seines Vermögens ist er ein ausgeprägter Mäzen für Kunst und begeisterter Sammler von Büchern.

 

Zu seinen künstlerischen Schützlingen gehört der Bildhauer >Andrea del Verrocchio.

 

 

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1478: Lorenzo «il Magnifico»

 

Der «Prächtige» lebt von 1449-1492. Sohn von Piero di Cosimo. Er schlägt Aufstände nieder, übersteht 1478 den von der Florentiner Familie Pazzi und Papst Sixtus IV organisierten Mordanschlag, übt furchtbare Rache an den Verschwörern und wird trotzdem «il Magnifico» genannt. Das verdankt er seiner Vorliebe für Literatur, Kunst und Künstler.

 

In seiner Schule für Bildhauer nimmt er den

erst 15-jährigen >Michelangelo auf. Er schreibt Gedichte und plant Literaturfeste, unterhält das Volk mit Festanlässen und Umzügen. Er ist aber ein schlechter Banker, bringt die Medici-Bank an den Rand des Ruins.

 

 

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Savonarola

 

 

1494: Piero Lorenzo «der Unglückliche» flieht

 

Lorenzos ältester Sohn Piero Lorenzo (1472-1503) kümmert sich um die Bank. In der Politik ist er ein Versager. Den anrückenden Franzosen übergibt er die Festung der Stadt kampflos. Die Florentiner hassen ihn, plündern den >Medicipalast, jagen die Medici aus der Stadt. Diese fliehen nach Venedig, Bologna und Rom.

 

Der Reformprediger Girolamo Savonarola, der Missstände des Klerus und das Luxusleben der Medici anprangert, übernimmt und regiert die Stadt ab 1494. Zwingt die Bürger zu einem «einfachen Leben». Bis die genug davon haben. 1498 ist auch Savonarola am Ende. Er wird auf der Piazza della Signoria gehängt und verbrannt.

 

 

>mehr über Girolamo Savonarola

 

 

Die Medici-Päpste

 

 

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Giovanni de Medici Papst Leo X

 

 

1513: Giovanni de Medici, Papst Leo X

 

(1475-1521, sechster Sohn von Lorenzo «il magnifico»). Giovanni wird schon früh auf eine geistliche Karriere getrimmt. Mit acht ist er Domherr von Florenz, mit 14 Kardinal.

 

In Rom bauen sich die Medici ein effizientes Netzwerk auf. 1513 wird er in Rom zum Papst gewählt. Kaum im Amt, erhebt er seinen Neffen Lorenzo in den päpstlichen Adelsstand – damit ist die einstige Bankerfamilie plötzlich adlig.

 

 

 

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Giulio de Medici, Papst Clemens VII

 

1523: Giulio de Medici, Papst Clemens VII

 

Geboren 1478, Papst von 1523 bis zu seinem Tod 1534. Beim >Sacco di Roma 1527 gerät er in die Hände von Kaiser Karl V. Als dieser ihm sein Amt als Papst wieder zurück gibt, bedankt er sich: Mit der Krönung Karls zum «Kaiser des heiligen Römischen Reiches».

 

Die Medici-Päpste sind kein Gewinn für die Kirche. Leo X unterschätzt den Reformator >Martin Luther. Statt Missstände wie den Ablasshandel zu beseitigen, exkommuniziert er Luther und fördert so die Spaltung der christlichen Kirche.

 

Und Clemens VII trifft eine weitere fatale Entscheidung: Er verbietet dem englischen König Henry VIII die Scheidung von Katharina von Aragon und setzt so Englands Absplittung von Rom in Gang – die Anglikanische Kirche entsteht. Eine weitere Schwächung der römisch-katholischen Macht.

 

 

   

 

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Alessandro «il Moro»

 

1537: Alessandro «il Moro» – ermordet

 

Von seinem Vater Giulio (=Papst Clemens VII) wird er 1530 zum Herzog von Florenz ernannt. Seine Mutter ist übrigens eine schwarze Dienerin am Hof der Medici, weshalb er eine dunkle Hautfarbe hat und «il Moro» genannt wird. 1537 wird er von seinem Vetter Lorenzino ermordet. Dieser schafft es aber nicht, die Macht zu übernehmen und muss nach Venedig fliehen.

 

 

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Cosimo I

 

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Palazzo Vecchio

 

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Gattin Eleonora

 

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Palazzo Pitti

 

1537: Cosimo I, erster Herzog der Toscana

 

(1519-1574). Nach der Ermordung von Alessandro wird der erst 18-jährige Cosimo Herzog. Er greift hart durch, räumt politische Gegner aus dem Weg und setzt Rat und Senat ausser Kraft. Dann erobert er Siena – und damit die gesamte Toscana. 1537 wird er Herzog der Toscana (den Titel eines Grossherzogs erhält er erst 1569).

 

Auch Cosimo I ist – wie fast alle Medici – der Kunst zugetan. Er gründet 1563 mit Giorgio >Vasari die erste Kunstakademie Europas, die «Accademia del disegno». Sie ist nicht nur die Schule für Malerei, sondern auch eine Art Künstlergilde, der neben Vasari auch Michelangelo, Bronzino, Cellini und andere Grössen angehören.

 

Nach der Ernennung Cosimos zum Herzog der Toscana ist Florenz nun definitiv keine Republik mehr. Die Medici sind nun Adlige, die Grundlagen für die erbliche Monarchie sind gelegt.

 

1540 ziehen die Medici in den >Palazzo Vecchio an der Piazza della Signoria ein. Dort war schon jahrhundertelang der Sitz der Regierung.

 

1550 wird wieder gezügelt. Cosimos Gemahlin, Eleonora de Toledo, scheint mit dem alten Gemäuer nicht glücklich zu sein. Sie möchte raus aus der Stadt. Auf der anderen Seite des Arno kauft sie 1549 den >Palazzo Pitti. Eleonora lässt ihn um- und ausbauen, mit einem Cour d'honneur nach französischem Vorbild und mit einer Gartenanlage versehen. Der Palazzo Pitti wird zum grössten Palast der Stadt. Von 1550 an leben die Medici hier, und auch alle nachfolgenden Grossherzöge der Toscana.

 

 

 

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Francesco I de Medici, Gründer der Galleria

 

(1541-1587). Er ist der Sohn von Cosimo I und wird so nach dessen Tod 1574 Grossherzog der Toscana. Als Herrscher ist er überfordert, er setzt die Unabhängigkeit der Toscana aufs Spiel, schliesst sich Österreich und Spanien an. Wirtschaftlich geht es dem Grossherzogtum unter seiner Führung schlecht.

 

Francesco I geht aber in die Geschichte ein als Gründer der >Galleria degli Uffizi. Er ist ein echter Kunstfan.

 

 

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Ferdinando I de Medici (1587-1609)

 

Er ist der vierte Sohn von Cosimo und kommt 1549 zur Welt. 1562 wird er Kardinal und 1587 wird er der Nachfolger von Francesco I als Grossherzog der Toscana. Er ist der Gründer der Villa Medici in Rom und sammelt Kunstwerke, die er später nach Florenz überführt. Er fördert den Handel und verbessert den von Cosimo erstellten Hafen. Um mit Pisa ins Geschäft zu kommen, lässt er den «Naviglio» bauen, einen Kanal zwischen den beiden Städten.

 

 

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Cosimo II de Medici (1609-1621)

 

Sohn von Ferdinando I. Seine Mutter ist Christine von Lothringen. Geschichte schreibt er, weil er seinen Lehrer Galileo Galilei (1564-1642) zum Hofmathematiker von Pisa ernennt und diesen dann später gegen die Inquisition verteidigt. Er ist auch ein Kunstmäzen und Förderer der italienischen Malerin >Artemisia Gentileschi.

 

   
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Gian Gastone, der letzte Medici-Grossherzog.

(1671-1737). Um das Grossherzogtum Toscana steht es schlecht, als er 1723 das Amt übernimmt. Die Kasse ist leer, die Wirtschaft schwächelt. Er führt Reformen durch, setzt antisemitische Gesetze ausser Kraft, lässt die Lehren des Galileo Galilei an der Universität Pisa wieder zu. Beim Volk kommt er gut an. Im Alter lässt sein Reformeifer nach. Der homosexuelle Monarch zieht sich mehr und mehr in seinen Palazzo Pitti zurück und verfällt dem Alkohol. Am 9. Juli 1737 stirbt er kinderlos.

 

Im «Frieden von Wien» 1738 bestimmen die Grossmächte über das Schicksal des Herzogtums Toscana. Es fällt an die Habsburger.

 

 

Gibt es die Medici heute noch?

 

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Don Lorenzo de Medici. Foto ©Tim Langlotz.

 

Quelle: MERIAN – DIE LUST AUF REISEN.
 
>Link zu Merian.de/Medici

 

 

Lorenzo de Medici, *1951

 

Ja, in der 16. Generation. Lorenzo ist Schriftsteller und wächst als Sohn des Prinzen Lorenzo de Medici und der Prinzessin Irina Carrega di Lucedio nahe Lausanne auf. Er studiert Kunstgeschichte und Wirtschaftswissenschaft und lebt heute in Spanien. Über seine Familie schreibt er die Biografie «Die Medici – unsere Geschichte».

 

Er kämpft gegen das hartnäckige Gerücht, die Medici seien längst ausgestorben. Und setzt sich für die Reputation seiner Familie ein. «Der Ruf unserer Dynastie hat stark gelitten. Sie wird nicht als gütige Mäzenen und mildtätige Mächtige gesehen, sondern als üble Giftmischer und Mörder. Okay, räumt er ein, «den einen oder anderen haben wir sicher vergiftet. Doch was ist ein Toter verglichen mit all dem, was die Familie über Generationen für die Toskana getan hat? Ohne die Medici wäre Florenz eine beliebige Provinzstadt...».

 

 

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